Kryoelektronenmikroskopie

Kryo-elektronenmikroskopische Aufnahme eines Chaperon-Proteins in amorphem Eis (50.000-fache Vergrößerung)
Kryo-EM-Darstellung der Virushülle eines Alphavirus (Durchmesser 68 nm)

Die Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) ist eine Form der Transmissionselektronenmikroskopie, bei welcher biologische Proben bei kryogenen Temperaturen (≲ −150 °C) untersucht werden.

Gundlagen

Bei der herkömmlichen Elektronenmikroskopie einer biologischen Probe bei Raumtemperatur muss vor der Untersuchung das Wasser aus dieser entfernt werden. Dabei muss die Probe einen langwierigen, oft komplizierten und fehleranfälligen Prozess durchlaufen, bei welchem sie mit verschiedenen Chemikalien behandelt und das in ihr enthaltene Wasser sukzessive durch Kunststoff ersetzt wird. Im Rahmen dieser Behandlung können sich in der Probe Artefakte (Strukturveränderungen) bilden, welche letztendlich das Ergebnis verfälschen, oder zu Fehlinterpretationen führen würden. Die Kryo-Elektronenmikroskopie ermöglicht eine Abbildung des untersuchten Objektes nahe am nativen Zustand.

Das Kryo-Elektronenmikroskop

Das Kryo-Elektronenmikroskop als solches existiert im Grunde nicht. Jedes Transmissionselektronenmikroskop ist mit einer sogenannten Kühlfalle ausgestattet. Diese schützt die Probe während der Exposition ggü. dem Elektronenstrahl vor Kontaminationen und sorgt für eine Verbesserung des Feinvakuums im Bereich der Probe. Die Kombination einer extrem leistungsfähigen Kühlfalle (im Besonderen sogenannte Kryoboxen) mit einem Probenhalter, der einen wärmeleitfähig mit der Probenhalterung verbundenen Tank für flüssigen Stickstoff besitzt in einem Transmissionselektronenmikroskop erzeugt ein Kryo-Elektronenmikroskop. Durch die Belebung der Forschungsmethode seit ca. 2005 bauen die führenden Hersteller von Transmissionselektronenmikroskopen auch dedizierte Kryo-Elektronenmikroskope.

Methode

Probenvorbereitung

In der Kryo-Elektronenmikroskopie wird die Probe ultraschnell schockgefroren bzw. präziser formuliert: vitrifiziert. Es können typischerweise Kühlraten von >10.000 K/s erreicht werden. Vorhandenes Wasser erstarrt zu amorphem Eis. Insbesondere werden Kryo-Elektronenmikroskope verwendet, um komplexe Proteinstrukturen zu analysieren. Dabei werden die Strukturen innerhalb von Sekundenbruchteilen durch tiefkalte Flüssigkeiten wie flüssigem Stickstoff oder flüssigem Helium auf Temperaturen unter −150 °C (123 K) gekühlt.

Datenakquise

Über eine im Gerät verbautes Verstelleinrichtung wird das Präparat aus verschiedenen Winkeln analysiert.

Datenverarbeitung

Aus den erhaltenen Daten kann mit einer Routine, die durch Joachim Frank maßgeblich mitentwickelt wurde, eine 3-D-Struktur generiert werden. Die Auflösung kryo-elektronenmikroskopisch ermittelter 3-D-Strukturen erreicht derzeit 0,2 Nanometer[1] und besser.

Geschichte

Die Kryo-Elektronenmikroskopie wurde von dem Schweizer Chemiker Jacques Dubochet am European Molecular Biology Laboratory entwickelt und von Joachim Frank und Richard Henderson weiterentwickelt. 2017 wurden alle drei für ihre Arbeit mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Einen Vergleich unterschiedlicher elektronenmikroskopischer Arbeitstechniken mit der Kryo-Elektronenmikroskopie zeigt eine Arbeit zur Charakterisierung des Mycobacterium smegmatis.[2]

Einzelnachweise

  1. Resolution advances in cryo-EM enable application to drug discovery Curr Opin Struct Biol. 2016 Dec;41:194-202. doi: 10.1016/j.sbi.2016.07.009.
  2. Bleck CK, Merz A, Gutierrez MG, Walther P, Dubochet J, Zuber B, Griffiths G: Comparison of different methods for thin section EM analysis of Mycobacterium smegmatis., J Microsc. 2010 Jan;237(1):23-38, PMID 20055916