Jakob Nagel (Staatssekretär)

Jakob Nagel (m. Gürtel) 1937

Jakob Nagel (* 2. Oktober 1899 in Oberlustadt; † 14. Januar 1973 in Nürnberg) war ein deutscher Elektroingenieur, Ministerialbeamter, Herausgeber, Erfinder und Manager. Von 1937 bis 1945 war er Staatssekretär der Deutschen Reichspost.

Ausbildung bis 1928

Nagels Vater arbeitete bereits für die Reichspost als Landbriefträger. Jakob Nagel absolvierte 1916 die Realschule in Landau in der Pfalz und arbeitete danach ein Jahr im mittleren Beamtendienst, da die Mittel für die Oberrealschule, die er 1917 bis 1919 besuchte, zunächst fehlten. 1919 nahm er ein Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Karlsruhe auf und schloss im November 1923 mit dem Diplom-Ingenieur (Elektrotechnik) ab. 1924/25 war er in diesem Bereich für die Berliner AEG tätig. Im Mai 1925 trat er als Postreferendar in die Deutsche Reichspost bei der Oberpostdirektion Karlsruhe ein; im März 1927 wechselte er ins Reichspostzentralamt nach Berlin, wo er die Neuorganisation des Abnahme- und Werkstattwesens leitete. Er schloss 1928 als Postassessor ab.

Tätigkeit bei der Reichspost

1928–1937: Reichspostzentralamt und Reichspostministerium

Im Reichspostzentralamt unter Präsident Wilhelm Ohnesorge war er zunächst Abteilungsleiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung Telephonie, Telegraphie und Funk sowie der technischen Qualitätsüberwachung. Mit Beginn des Jahres 1931 wurde er Telegraphendirektor (entsprechend dem Rang eines Postrates) am Fernamt Berlin, damals einem der größten Fernsprechämter der Welt. 1932 trat er in die NSDAP ein, ohne in der Folge Parteiämter auszuüben. Im März 1933 wechselte er zusammen mit Ohnesorge ins Reichspostministerium als dessen persönlicher Referent im Rang eines Post-, bald darauf Oberpostrates. Im April 1934 wurde er zum Ministerialrat befördert und leitete ab 1935 die Abteilung IV Personalwesen im Rang eines Ministerialdirektors. In diese Zeit fallen eine Reihe von Fachaufsätzen und ein Buch über die Personalpolitik der Post 1933–1937.[1]

1937–1945: Staatssekretär

Mit Ohnesorges Beförderung zum Postminister rückte Nagel ab Februar 1937 auf dessen vorherigen Posten als beamteter Staatssekretär; Ohnesorge hatte ausschließlich Nagel vorgeschlagen und, nachdem Rudolf Heß aufgrund Nagels fehlender Verdienste um die NSDAP Einspruch erhob, ihn persönlich bei Adolf Hitler durchgesetzt. Ohnesorge setzte dafür ab Oktober 1937 für alle politischen Fragen auf die neu geschaffene, ihm unmittelbar unterstellte Ministerzentralabteilung (Min-Z), die Abteilungen „sanken damit ab zu bloßen Fachabteilungen“.[2] Nagel verfügte als Staatssekretär bis 1945 über „keinerlei politische Gestaltungsmöglichkeit“.[3] Ohnesorge entzog Nagel noch 1937 die Vertretung des Ministers durch die Hausblatt-Verfügungen 166/1937 und 167/1937. Nagel veröffentlichte ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr zu Fragen der Personalpolitik. Er übernahm dafür die Leitung der Abteilung V (Haushalt, Finanz-, Kassen- und Rechnungswesen, Postscheck- und Postbauwesen), erweitert um Angelegenheiten der Kraftpost. Außerdem übernahm er die zivile Leitung des Postschutzes. Im April 1938 wurde ihm aufgrund der Zusammenarbeit von Reichspost und Nationalsozialistischem Kraftfahrerkorps auf dem Gebiet des Kraftfahrzeug- und Verkehrswesens von der Motorgruppe Berlin ein Ehrenrang, wie schon Ohnesorge, der Gruppenführer war, verliehen. Nagel erhielt zunächst den Standartenführer, 1939 den Ober-, kurz darauf den Brigadeführer und 1943 den Gruppenführer. 1941 promovierte er an der Technischen Hochschule Berlin zum Dr.-Ing. und begründete bis zu deren vorläufiger Einstellung 1944 die Herausgabe der Zeitschrift Der Fernmelde-Ingenieur, die der Aus-und Fortbildung der Nachrichteningenieure der Post diente und deren Erlöse er dem Sozialwerk der Deutschen Reichspost spendete. 1942 erhielt er das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes. Nachdem sich Ende 1941 ein Wettrennen um die Übernahme des Postschutzes seitens der Wehrmacht, der SA und der NSDAP abzeichnete, willigte Ohnesorge in eine Zusammenarbeit mit der SS ein.[4] Daraufhin traten Anfang 1942 Nagel und andere Ministerialbeamte in die SS ein. Eine aufgrund des Eintrittes von der Führung der SS eingeholte Stellungnahme des SD-Hauptamtes bezichtigte die Eintretenden allerdings, dass sie „ihren Eintritt nur betrieben haben, um sich aus taktischen Gründen vor einem energischen Durchgreifen von seiten der SS-Führung abzusichern“. Nagel habe „keine großen Leistungen aufweisen können“.[5] Dennoch erhielt Nagel zunächst den Rang eines Sturmbannführers der Reserve als „technischer Führer“, ein Jahr später eines Obersturmbannführers der Reserve. In den Jahren 1943 und 44 erzielte er auch Einnahmen aus Patenten. Ende 1944 musste Nagel die Abteilung V für Ministerialdirektor und SS-Brigadeführer Wilhelm Köhn räumen, da dessen vorherige Abteilung Ost durch den Vormarsch der Roten Armee stark an Bedeutung verlor.[6]Anfang 1945 hielt Nagel den Führerbefehl schwarze Erde zurück, der die Zerstörung aller Funkanlagen bei Vorrücken der Alliierten befahl. So blieben die meisten Anlagen für die Nachkriegszeit erhalten; der Führerbefehl wurde auf Betreiben von Albert Speer später revidiert. Nachdem die Ministerien in einen Arbeitsstab Nord in Schleswig Holstein und in eine Alpenfestung aufzuteilen waren, ordnete Nagel am 9. April 1945 für das Reichspostministerium die Arbeitsstäbe Süd in Kelheim unter Leitung von Ohnesorge (der sich allerdings schon nach Bad Tölz abgesetzt hatte) und Nord in Bargteheide unter seiner Leitung an. In der Regierung Dönitz wurde Nagel mit der „Wahrnehmung der Geschäfte des Reichspostministers beauftragt“.[7] Am 23. Mai 1945 wurde die geschäftsführende Reichsregierung mit Nagel von englischen Truppen bei Flensburg verhaftet.

1945-48: Internierung und Entnazifizierung

Nagel wurde in den US-Internierungslagern in Butzbach und in Darmstadt aufgrund der Zugehörigkeit zum Höheren Dienst und der Tätigkeit als NSKK-Gruppenführer (ehrenhalber) interniert, aber im August 1946 bedingungslos (unconditional) freigelassen. Er strebte ab Ende 1947 die Entnazifizierung beim für das Reichspostministerium zuständigen Hauptentnazifizierungsausschuss in Detmold an; da er jedoch 1948 aufgrund eines Stellenangebotes der Regierung Perón nach Argentinien ausreiste, wurde der Fall ohne Spruch als erledigt behandelt. 1955 bestätigten mehrere ehemals mit dem Fall befasste Mitglieder des Hauptentnazifizierungsausschusses Detmold, dass eine Einstufung in Klasse III (Minderbelastete) vorgesehen war, ein Mitglied erwartete eine Änderung der Auslegungskriterien, die zu Klasse IV (Mitläufer) führen sollte. Wolfgang Lotz konstatierte 1999 in Die Deutsche Reichspost 1933–1939: „Insgesamt blieb Nagel jedoch im Hintergrund, es finden sich keine eigenen politischen Ansätze“.[8]

1948-65: Privatwirtschaft

Ab April 1948 war Nagel als technischer Berater für die argentinische Regierungsorganisation Dirección General de Fabricaciones Militares in Buenos Aires bei der Reorganisation des argentinischen technischen Nachrichtenwesens tätig. 1954 kehrte Nagel nach Deutschland zurück und war Direktor der Felten & Guilleaume Fernmeldeanlagen (FGF) in Nürnberg bis zu seiner Pensionierung 1965. Er starb 1973 in Nürnberg nach längerer Krankheit. Er ist auf dem Friedhof St. Jobst beigesetzt.

Schriften

Bücher

  • Jakob Nagel, Hans Lampe: Die Personalpolitik der Deutschen Reichspost im Dritten Reich, Berlin 1937.

Zeitschriften

  • Der Fernmelde-Ingenieur (Hg.), Berlin 1941-44.

Aufsätze

  • Die Deutsche Reichspost im nationalsozialistischen Staat, DVZ 1935, S. 211-16.
  • 2 Jahre Aufbauarbeit bei der Deutschen Reichspost, DVZ 1935, p.425-434.
  • Sozial- und Personalpolitik der Deutschen Reichspost, DVZ 1935, p. 826-837.
  • Nationalsozialistische Grundsätze der Personalpolitik der Deutschen Reichspost, DVZ 1936, S. 317-20.
  • Vortrag zur Sozial- und Personalpolitik, DVZ 1936, S. 494-97.
  • Aufgaben einer nationalsozialistischen Personalpolitik, DVZ 1936, S. 833-41.
  • Die Aufgaben der Deutschen Reichspost im Dritten Reich, DVZ 1936, S. 868-75.
  • Die Personalpolitik der Deutschen Reichspost, DVZ 1937, S. 177-80.
  • Gegenwartsfragen der Deutschen Reichspost, Archiv für Post und Telegraphie (APT) 65, 1937, S. 147-53.
  • Grundsätze für die Gestaltung großer Fernsprechnetze; Jahrbuch für Fernmeldewesen, Berlin 1942.

Literatur

Einzelnachweise

  1. S.u. Schriften.
  2. Wolfgang Lotz: Die Deutsche Reichspost 1933–1939, Berlin 1999, S. 93.
  3. Wolfgang Lotz: Die Deutsche Reichspost 1933–1939, Berlin 1999, S. 77.
  4. Gerd R. Ueberschär: Die Deutsche Reichspost 1939–1945, Berlin 1999, S. 203.
  5. Gerd R. Ueberschär: Die Deutsche Reichspost 1939–1945, Berlin 1999, S. 27.
  6. Gerd R. Ueberschär: Die Deutsche Reichspost 1939–1945, Berlin 1999, S. 30.
  7. Gerd R. Ueberschär: Die Deutsche Reichspost 1939–1945, Berlin 1999, S. 288.
  8. Wolfgang Lotz: Die Deutsche Reichspost 1933–1939, Berlin 1999, S. 31.

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