Heinrich-von-Kleist-Park

Park mit Kammergericht

Der Heinrich-von-Kleist-Park, meist kurz Kleistpark genannt, ist eine Grünanlage im Norden des Berliner Ortsteils Schöneberg (Bezirk Tempelhof-Schöneberg) zwischen Potsdamer und Elßholzstraße.

Geschichte

Hauptweg
Rossebändiger aus dem Jahr 1842/1843 von Peter Jacob Clodt von Jürgensburg (bis 1945 auf der Terrasse des Stadtschlosses) mit einem Pendant in St. Petersburg

Auf dem alten Schloss- und Apothekengarten beim Lustgarten wurde 1679 eine Bastion der neuen Festung gebaut. Als Ersatz wurde auf Anordnung des Großen Kurfürsten beim Dorf Schöneberg von Johann Sigismund Elsholtz anstatt eines vorhandenen Hopfengartens ein größerer Hof- und Küchengarten sowie landwirtschaftlicher Mustergarten angelegt. Die spätere Grünanlage erhielt erstmals 1718 die Bezeichnung „Botanischer Garten“. Ab 1801 entstand hier ein 7,5 Hektar großer regulärer Botanischer Garten im heutigen Sinn.

Kleistpark mit Blick zum Kathreiner-Hochhaus von Bruno Paul

Bevor der heutige Botanische Garten im Ortsteil Lichterfelde entstand, befanden sich dieser Botanische Garten und das zugehörige Königlich Botanische Museum mehr als zweihundert Jahre am Standort des heutigen Kleistparks. Der Naturforscher und Dichter Adelbert von Chamisso war hier von 1819 bis 1839 „Pflanzenaufseher“. Die Hauptattraktion des Botanischen Gartens war ein neues, 1858 in Glas-Stahl-Bauweise errichtetes, 17 Meter hohes Palmenhaus. Auch ein Victoria-regia-Haus wurde errichtet.

Nachdem dieser Teil Schönebergs nach Berlin eingemeindet wurde, wurde der Botanische Garten 1899–1910 wegen Platzproblemen auf die sechsmal größere Fläche der ehemaligen Domäne Dahlem verlegt. Auf einer Teilfläche des alten Standortes wurde die Radrennbahn „Botanischer Garten“ erbaut. Auf der Bahn kam es am Einweihungstag (18. Juli 1909) zur Rennbahnkatastrophe von Berlin, bei der ein Schrittmacher-Motorrad ins Publikum schleuderte, explodierte, neun Menschen tötete und über 40 schwer verletzte. Kein anderes Unglück im deutschen Radsport forderte so viele Opfer. Die Radrennbahn wurde daraufhin abgerissen.

Es war zunächst vorgesehen, anschließend das gesamte Schöneberger Areal zu bebauen. Aufgrund einer von Berliner Zeitungen gestarteten Initiative wurde allerdings etwa die halbe Fläche als Park erhalten und die Idee zur Benennung des Parks geboren: Anlässlich des 100. Todestages von Heinrich von Kleist wurde der ehemalige Botanische Garten am 21. November 1911 in Heinrich-von-Kleist-Park umbenannt.

Sein heutiges Aussehen erhielt der Park durch die Gartenarchitekten Albert Brodersen (1909–1911) und Georg Pniower (1945). Letzter hatte 1945 von den amerikanischen Streitkräften den Auftrag zur Umgestaltung bekommen, nachdem sein 10-jähriges Berufsverbot unter den Nationalsozialisten aufgehoben war. Eine seiner ersten Aufgaben war die Bergung 42 Toter aus anonymen Gräbern und deren Überführung auf Friedhöfe. Schon Ende 1945, in weniger als einem Jahr nach Baubeginn, konnte die Grünanlage fertiggestellt werden. Die sehr kurze Bauphase erreichte Pniower durch 500–550 ständige Bauarbeiter.[1]

Während die Anlage lange Zeit für die Öffentlichkeit geschlossen war, wurde sie nach der deutschen Wiedervereinigung erneut der Bevölkerung zugänglich gemacht.[2]

Ein Teil des heutigen Baumbestandes stammt noch aus dem Botanischen Garten. Die heute 5,7 Hektar große Anlage steht als Gartendenkmal unter Denkmalschutz.

Die Figur Genius des Geistes im Heinrich-von-Kleist-Park ist eine von insgesamt drei erhaltenen Sockelfiguren (neben Klio und Allegorie der Wissenschaft) eines im Zweiten Weltkrieg zerstörten Denkmals von Friedrich Wilhelm III. von Albert Wolff, das ursprünglich in der Mitte des Berliner Lustgartens und ab 1934 an dessen Westseite stand.

Seit 2002 findet jährlich unter dem Motto „Jazz an den Kolonnaden“ im Heinrich-von-Kleist-Park eine Konzertreihe (Musikfestival Berlin) statt; bereits zuvor gab es regelmäßig sommerliche Jazz-Frühschoppen.

Jenseits der Grunewaldstraße schließt sich seit dem Ende 2000 der Kurt-Hiller-Park an. Die kleine Grünfläche trägt den Namen des deutschen Schriftstellers und pazifistischen Publizisten Kurt Hiller, der laut Inschrift am Straßenschild mit dem Park als „Mitbegründer der homosexuellen Bürgerrechtsbewegung“ geehrt wird.

Bauten am Kleistpark

Königlich Botanisches Museum, Haus am Kleistpark

Umgebungskarte Kleistpark
Die Königskolonnaden von 1780
Haus am Kleistpark, ehemals Königlich Botanisches Museum
Ehemalige Staatliche Kunstschule, heute Medienhaus der UdK
Datei:DBPB 1949 51 Berliner Bauten.jpg
Briefmarke (1949) der Serie Berliner Bauten
Briefmarke (1954) zur Viermächte-Konferenz 1954

Das ehemalige Königlich Botanische Museum in der Grunewaldstraße 6/7 an der Südseite des Parks wurde in den Jahren 1878–1880 von den Architekten Zastrau (1837–1899), Haesecke und Hellweg erbaut. Auch die dort untergebrachten botanischen Sammlungen wurden 1906 nach Lichterfelde umgesiedelt, seither wurde das Museum von der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen (in der Zeit des Nationalsozialismus in Reichsstelle für Naturschutz umbenannt) genutzt. Das Gebäude kann deshalb als „Keimzelle des deutschen Naturschutzes“ bezeichnet werden. Kurzzeitig war im Gebäude auch eine Abteilung der Reichsstelle für das Schulwesen untergebracht. Ab 1923 wurde es zusätzlich von der Studiengemeinschaft für wissenschaftliche Heimatkunde genutzt. Im Januar 1944 zerstörte eine Bombe etwa ein Drittel des Gebäudes. Trotz mehrerer Bemühungen um einen Wiederaufbau wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg lediglich notdürftig instand gesetzt, der Nord-Ostflügel fehlt noch heute.

Nach dem Krieg wurde das Haus von der Hauptstelle für Erziehungs- und Schulwesen genutzt, von 1967 bis 1975 von der Volkshochschule des Bezirks Schöneberg. In dem denkmalgeschützten Gebäude, das seither Haus am Kleistpark heißt, befinden sich seit 1967 zudem das Kunstamt Tempelhof-Schöneberg, das den mittleren Saal der drei (zusammen etwa 300 m² großen) Herbariums-Säle des ehemaligen Botanischen Museums in der oberen Etage als kommunale Galerie nutzt, das Heimatmuseum und Schöneberg-Archiv sowie die Leo-Kestenberg-Musikschule.

Kunstschule, Medienhaus der Universität der Künste

Das 1920 im historistischen Stil als Staatliche Kunstschule für die gymnasiale Lehrerbildung erbaute Gebäude in der Grunewaldstraße 2–5, neben dem Haus am Kleistpark, diente bis 2000 als Fachbereich der damaligen Hochschule der Künste (HdK), heute ist es das „Medienhaus“ der Universität der Künste (UdK).

Königskolonnaden, Preußisches Kammergericht, Volksgerichtshof

Im Jahr 1910 wurden die 1780 von Carl von Gontard geplanten und von der Berliner Steinmetzfirma Zeidler & Wimmel aus Sandstein erbauten Königskolonnaden von der Königsbrücke am Alexanderplatz an den Parkzugang Potsdamer Straße versetzt. Die umgesetzten Kolonnaden waren für das von 1909 bis 1913 im historisierenden Neobarockstil, an der Stelle der ehemaligen Glashäuser des botanischen Gartens, errichtete Preußische Kammergericht an der Westgrenze des Parks vorgesehen. Vom August 1944 bis Januar 1945 tagte im Kammergericht auch der Volksgerichtshof. In dieser Zeit fanden unter anderem die von Roland Freisler geleiteten Schauprozesse gegen die Beteiligten des militärischen Widerstandes vom Attentat des 20. Juli 1944 statt.[3] Ab 1945 war das Haus Sitz des Alliierten Kontrollrats, in ihm wurde 1971 das Viermächteabkommen unterzeichnet. Als letzte alliierte Einrichtung blieb bis 1990 die Luftsicherheitszentrale der Alliierten in dem Gebäude. Nach der Wiedervereinigung wurde es in deutsche Verwaltung zurückgegeben. Heute befindet sich dort das Berliner Kammergericht, der Verhandlungssaal kann von Gruppen nach Anmeldung besichtigt werden. Zugleich ist es seit 1992 Sitz des Berliner Verfassungsgerichtshofs und der Berliner Generalstaatsanwaltschaft.

Pallasseum

Hauptartikel: Pallasseum

Das Pallasseum, im Volksmund „Sozialpalast“ genannt, ist eine 1976 errichtete Großwohnanlage an Stelle des 1973 abgerissenen Sportpalastes an der Pallasstraße.

Siehe auch

Literatur

  • Aldona Gustas: Kleistpark. In: Die gespiegelte Stadt. 200 Jahre Gedichte über Berlin. Hrsg. von Gustav Sichelschmidt. Rembrandt-Verlag, Berlin 1971, ISBN 3-7925-0178-3.
  • Ignaz Urban: Der Königlich Botanische Garten und das Botanische Museum zu Berlin in den Jahren 1878–1891. Zur Feier der Enthüllung der Eichler-Büste am 25. Oktober 1891. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1891 (=Sonderabdruck aus Engler’s Botanischen Jahrbüchern, 14. Band, Heft 4, Beiblatt Nr. 32).
  • Folkwin Wendland: Berlins Gärten und Parke von der Gründung der Stadt bis zum ausgehenden neunzehnten Jahrhundert. Das klassische Berlin. Propyläen, Berlin 1979, ISBN 3-549-06645-7, S. 186–196.
Commons: Heinrich-von-Kleist-Park – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heinrich-von-Kleist-Park. Portal "100 Jahre Landschaftsarchitektur", Jahr 1945. Abgerufen am 22. März 2014.
  2. Heinrich-von-Kleist-Park. Portal "100 Jahre Landschaftsarchitektur", Jahr 1945. Abgerufen am 22. März 2014.
  3. Kammergericht Berlin – Geschichte des Gebäudes


Koordinaten: 52° 29′ 32″ N, 13° 21′ 31″ O