Königreich East Anglia

Das Königreich East Anglia in frühangelsächsischer Zeit

Das Königreich East Anglia oder Königreich Ostanglien war eines der langlebigen angelsächsischen Königreiche der Heptarchie.

Geschichte

Archäologische Funde belegen, dass die Civitas Venta Icenorum in Norfolk bereits vor 450 n. Chr. als eines der ersten Gebiete Britanniens von Angelsachsen besiedelt wurde.[1] Möglicherweise waren Norfolk („Nord-Volk“) und Suffolk („Süd-Volk“) zunächst eigenständige Königreiche.[2] Die königliche Dynastie scheint ihren Ursprung in Suffolk zu haben, wo der Königssitz Rendlesham lag und Bestattungsplätze hochrangiger Personen in Sutton Hoo und Snape gefunden wurden. Die frühe Geschichte East Anglias ist kaum dokumentiert. Als erste Könige gelten Wehha, der um 571 starb und sein Sohn Wuffa (um 571–578), der Begründer der Dynastie der Wuffinger, deren Stammbaum bis auf Wodan zurückgeführt wurde. Der erste „historische“ König war Rædwald (um 593–um 625), der als Bretwalda anerkannt wurde. Diese Vormachtstellung verlor East Anglia nach Raedwalds Tod an Northumbria.[3]

Sigebert leitete um 630 die Christianisierung East Anglias ein und holte den Missionar Felix als ersten Bischof nach Dommoc (vermutlich Dunwich). In den 640er Jahren wurde East Anglia von Penda bedrängt und geriet in zunehmende Abhängigkeit von Mercia. 825 erlangte Egbert von Wessex die Vorherrschaft über Mercia und dessen Vasallenstaat East Anglia. Seit den 840er Jahren unternahmen die Wikinger Raubzüge und überwinterten 865/866 und 869/870 in East Anglia. Der letzte angelsächsische König, Edmund, fiel 869/870 im Kampf gegen die Wikinger, wurde in Bury St. Edmunds begraben und später heiliggesprochen. Seit 879 siedelten sich Dänen unter ihrem König Guthrum an.[4]

Trotz dänischer Besiedlung hinterließ das Danelag kaum Spuren in Form von Ortsnamen. Die kirchlichen Strukturen hingegen lösten sich auf: Die Bistümer Elmham und Dunwich blieben vakant und die Klöster wurden aufgegeben. Im Jahr 917 eroberten die Angelsachsen unter Edward dem Älteren East Anglia in der Schlacht von Tempsford zurück, das als Earldom (Grafschaft) im Königreich England aufging.[5]

Könige von East Anglia

Name von bis Notiz
Wehha 6. Jh. ~571 erster König von East Anglia
Wuffa ~571 578
Tyttla ~578 593/599
Rædwald ~593/599 um 625
Eorpwald um 625 627/628
Ricbert ~628 630/631
Sigebert 630/631 um 637 Heiliger
Ecgric um 637 um 640
Anna um 640 654
Æthelhere 654 655
Æthelwald 655 664
Ealdwulf 663/664 713
Ælfwald 713 749
Hun 749 ?
Beorna 749 um 760
Æthelberht I. 749 ? (auch Alberht)
Æthelred I. um 760 um 780
Æthelberht II. um 780 793/794 Heiliger
- 794 796 zu Mercia
Eadwald 796 um 800
- um 800 827 zu Mercia
Æthelstan 827 um 845
Æthelweard um 845 855
Edmund 855 870 Heiliger
Æthelred II. um 875
Oswald um 875
- um 880 917 dänische Unterkönige
- 917 - zu Wessex

Literatur

  • Henry Royston Loyn, Keith Wade: East Anglia. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 6, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-010468-7, S. 322–328.
  • D. P. Kirby: The Earliest English Kings. Revised Edition. Routledge, London 2000.
  • Michael Lapidge, John Blair, Simon Keynes, Donald Scragg (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. 2. aktualisierte Auflage. Wiley-Blackwell, Chichester 2014, ISBN 978-0470656327.

Anmerkungen

  1. Nicholas J. Higham: The Kingdom of East Anglia. In: Michael Lapidge u. a. (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. 2. Aufl. Chichester 2014, S. 158–160, hier S. 158.
  2. Jim Bradbury: Routledge Companion to Medieval Warfare. Routledge, London u. a. 2004, ISBN 0-415-22126-9, S. 139.
  3. Nicholas J. Higham: The Kingdom of East Anglia. In: Michael Lapidge u. a. (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. 2. Aufl. Chichester 2014, S. 158–160, hier S. 159.
  4. Nicholas J. Higham: The Kingdom of East Anglia. In: Michael Lapidge u. a. (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. 2. Aufl. Chichester 2014, S. 158–160, hier S. 159.
  5. Nicholas J. Higham: The Kingdom of East Anglia. In: Michael Lapidge u. a. (Hrsg.): The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England. 2. Aufl. Chichester 2014, S. 158–160, hier S. 160.