Zins

Zins (lat. census ‚Vermögensschätzung‘) ist das Entgelt, das der Schuldner dem Gläubiger für vorübergehend überlassenes Kapital zahlt.

Rechtliche Grundlage dazu sind Gesetze oder Verträge. Die Höhe von vertraglich vereinbarten Zinsen bestimmt sich in einer Marktwirtschaft grundsätzlich nach Angebot und Nachfrage. Die Höhe von gesetzlich bestimmten Zinsen kann der Gesetzgeber festlegen.

Begriffe

Das Wort Zins steht zum einen für den Zinssatz, angegeben in Prozent pro Zeitintervall, üblicherweise pro Jahr. Zum anderen steht das Wort Zins für den Zinsbetrag, also den konkreten Geldbetrag, der sich aus der Höhe des verzinsten Kapitals und dem vereinbarten Zinssatz ergibt. Zinseszins ist die Mitverzinsung desjenigen Zinses, der auf das Kapital aufgeschlagen wird. Mathematisch wird in diesem Zusammenhang zwischen der einfachen oder linearen Verzinsung und der exponentiellen Verzinsung (Zinseszins) unterschieden.

Nominalzins ist der für einen Kredit vereinbarte oder bezahlte Zinssatz, Realzins der Zinssatz nach Abzug der Inflations­rate. Es kann vorkommen, dass der Nominalzins negativ ist. Der Realzins kann auch bei positivem Nominalzins negativ sein, wenn die Inflationsrate höher ist als der Nominalzins (siehe auch Reale Größe). Effektivzins ist der Zinssatz, der sich aus der Einbeziehung des Nominalzinses und weiterer preisbestimmender Faktoren – beispielsweise Gebühren – ergibt.

Als Zinsstruktur bezeichnet man die Abhängigkeit des Zinssatzes von der Dauer einer Geldanlage.

Arten von Zinsen

Zinsen auf Geldkapital

Für eine Geldanlage werden Zinsen oder ähnliche Vergütungen bezahlt.

Geldmarktzins ist der Zinssatz für kurzfristige Kreditaufnahme auf dem Geldmarkt, besonders im Verkehr von Kreditinstituten untereinander oder zwischen Kreditinstituten und Zentralbank, wo er speziell Leitzins genannt wird.

Kapitalmarktzins ist der Zinssatz für langfristige Kredite auf dem Kapitalmarkt.

Zinsen auf Sachkapital

Miete oder Mietzins ist das Entgelt für die Überlassung von Immobilien wie Wohnungen, Büroräume, Häuser, Ferienhäuser, Garagen usw. Der Begriff Miete wird aber auch als Bezahlung für die zeitlich begrenzte Überlassung anderer Objekte und Dienstleistungen wie Autos, Werkzeug, Bagger, Mietwagen, verwendet.

Pacht oder Pachtzins ist der Zins für die Überlassung von Grundstücken und Immobilien, die der Pächter nicht nur nutzen, sondern auch bewirtschaften und die Früchte ziehen kann.

Erbbaurechtszins ist die regelmäßige Abgabe für im Erbbaurecht überlassene Grundstücke, in der Schweiz entsprechend „Baurechtszins“ genannt.

Wichtige Zinssätze

Gesetzliche Zinssätze in Deutschland

Falls eine Schuld verzinslich ist, aber ein Zinssatz nicht ausdrücklich vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben ist, gilt nach § 246 BGB ein gesetzlicher Zinssatz von 4 % p.a.

Der Verzugszinssatz ist in § 288 BGB gesetzlich festgelegt und liegt für Rechtsgeschäfte, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, 5 Prozentpunkte p.a. über dem Basiszinssatz, für Immobiliendarlehen an Verbraucher nach § 497 nur 2,5 Prozentpunkte p.a. über dem Basiszinssatz. Wenn kein Verbraucher beteiligt ist, liegt der Verzugszinssatz mit 9 Prozentpunkten p.a über dem Basiszinssatz deutlich höher. Für Prozesszinsen gilt nach § 291 BGB der gleiche Zinssatz wie für Verzugszinsen.

Der Zinssatz für Steuerzinsen beträgt nach § 238 AO 0,5 % pro Monat (6 % p.a.).

Zentralbankzinssätze

Die Zentralbanken steuern über verschiedene Finanzinstrumente die Geldpolitik ihres Währungsraumes mit so genannten Leitzinsen. Volkswirtschaftliche Ziele, die durch Beeinflussung des Zinsniveaus erreicht werden sollen, sind z. B. Preisniveaustabilität (Hauptziel der EZB) oder auch Wirtschaftswachstum/Wirtschaftabkühlung.

Zentralbankzinssätze sind unter anderem:

Marktzinssätze

Bank- und Sparkassenzinssätze

Zinstheorien

Funktionen des Zinses sind

  • Entgelt für entliehene oder gemietete Sachgegenstände oder Geld als Darlehen bzw. Kredit
  • Vergütung des Rückgabe- oder Rückzahlungsrisikos (Risikoprämie)
  • Pauschalierung von Schadenersatz (Verzugszins)
  • Inflations­ausgleich: Ausgleich für den Kaufkraft­verlust des Kreditbetrags bei Inflation.
  • Opportunitätskosten: Der Gläubiger könnte mit dem verliehenen Kapital selbst wirtschaftlich tätig werden und Gewinne erzielen, für die er sich durch Zins entschädigen lässt. Die entgangenen Gewinne werden als Kosten verstanden. Opportunitätskosten können auch durch einen Konsumverzicht entstehen.

Der theoretischen Erklärung des Zinses widmen sich Zinstheorien:

Klassisch/Neoklassisch

Im Verständnis klassischer und neoklassischer Wirtschaftswissenschaftler erfüllt der Zins (und allgemeiner das Kapitaleinkommen) eine wichtige Funktion als Allokationsmechanismus, also einen Mechanismus, der Messungen erlaubt und daher Entscheidungshilfe bietet: Eine Kühlschrankfabrik am Nordpol vermöchte womöglich tatsächlich kostendeckend zu arbeiten, dennoch wäre die niedrigere Rendite ein Indiz und Anreiz dafür, dass eine andere Investition sinnvoller wäre – für die Allgemeinheit ebenso wie für die Investoren.

Die Rendite­niveaus in unterschiedlichen Branchen (beispielsweise Flugzeuge, Autos, Informationstechnologie) sind ein Indikator für die Knappheit im volkswirtschaftlichen Sinn. Ein allgemeines Verbot von Zinsen würde also erschweren, diese Knappheit zu finden und zu beseitigen. Des Weiteren besagen die Erfahrungen aus dem islamischen Bankwesen, dass Nullzinsgebote schlichtweg umgangen werden – Kapital kann aufgrund der Liquiditätspräferenz eine Rendite fordern, und ohne Investition keine wirtschaftliche Entwicklung. Dies führt zu der Vermutung, dass selbst die Schwächsten einer Gesellschaft in einer Wirtschaft ohne Nullzinsgebot schlussendlich wirtschaftlich besser gestellt sind als in einer Wirtschaft, die das Nehmen von Zinsen bzw Kapitaleinkommen effektiv verbietet und verfolgt.

Ein hypothetischer Investor, der aus rein altruistischen Motiven handelte, müsste das Renditeniveau zuhilfenehmen, um herauszufinden, wo er am nachhaltigsten die Versorgung der Gesellschaft mit Gütern – und somit die langfristige Reduzierung der wirtschaftlichen Knappheit – unterstützt. Die Vorstellung, dass pur egoistisches und rein altruistisches Handeln sich bei besserem Wissen um die Umstände immer ähnlicher sehen, beziehungsweise der Investor, der angelockt von hohen Kapitaleinkommen die Knappheit der Allgemeinheit da beseitigt, wo sie am allergrößten ist, und so unfreiwillig altruistisch handelt, ist ein zentrales Element von Adam Smiths Unsichtbarer Hand und der klassischen liberalen Ethik.

Erklärung des Zinses nach Eugen von Böhm-Bawerk

Der österreichische Ökonom Eugen von Böhm-Bawerk (1851–1914) untersuchte als einer der ersten das Zinsphänomen systematisch. Bei der Untersuchung der Frage, weswegen man überhaupt Zinsen verlangt, stellte er fest, dass das Einkommen im Lauf des Lebens ansteigt und man daher für heute verliehenes Geld in Zukunft auch mehr zurück erwartet, da man sonst nicht bereit wäre, durch das Verleihen von Geld sparsamer sein zu müssen.

Zweitens beobachtete Böhm-Bawerk, dass Menschen ihre zukünftigen Bedürfnisse meist unterschätzen und Geld lieber sofort ausgeben („Gegenwartspräferenz“). Um sie dennoch zum Verleihen zu bewegen, müsse man ihnen als Ausgleich Zinsen anbieten.

Der dritte Grund für das Verlangen von Zinsen ist nach Böhm-Bawerk darin zu sehen, dass Arbeit bei der Herstellung von Maschinen sehr nützlich eingesetzt wird, indem sie gewissermaßen in einen Produktionsumweg geleitet werden kann. Wenn Arbeiter eine Maschine produzieren, kann hinterher mehr damit hergestellt werden, als die Arbeiter vorher leisten konnten. Es entsteht eine „zusätzliche Ergiebigkeit“, ein Produktivitätszuwachs, und ein Gläubiger kann vom Schuldner erwarten, ihn „angemessen“ daran zu beteiligen. Zinsen lassen sich danach aus der zusätzlichen Ergiebigkeit der auf einen Produktionsumweg geleiteten Arbeit erklären. Um die Arbeiter im Voraus zu entlohnen, benötigt der Unternehmer Kapital, wofür er Zinsen zahlen muss und aus der zusätzlichen Ergiebigkeit der Arbeit auch zahlen kann. Böhm-Bawerk wollte so mit einer eigenen Erklärung des Zinses ein bedeutendes Argument des Marxismus entkräften, wonach der Zins Teil des Mehrwerts ist, der wiederum durch Ausbeutung der Arbeiter durch die Kapitalisten gewonnen wird.

Der Zins ist – nach Böhm-Bawerk – nicht der Preis des Geldes, sondern der Preis für die Zeit und belohnt den Verleiher für eine hypothetische Verschiebung seines Konsums.

Erklärung des Zinses nach Ludwig von Mises

Der österreichische Nationalökonom Ludwig von Mises erklärte den Zins aus den subjektiven Wertungen der Menschen. Sie ziehen die Behebung eines unmittelbaren Unbefriedigtseins (etwa Hunger) der Behebung eines künftigen Unbefriedigtseins vor, daher wird eine bestimmte Menge heutiger Güter einer gleich großen Menge künftiger gleichartiger Güter vorgezogen. Da man demnach eine Menge heutiger Güter mit einer größeren Menge künftiger Güter wertmäßig gleichsetzen kann, ergibt sich ein Mengenunterschied zwischen diesen Gütern, der Zins.

Erklärung des Zinses nach John Maynard Keynes

Nach der Liquiditätspräferenztheorie von John Maynard Keynes beruht Zins auf der besonderen Begehrtheit des Geldes. Nach ihm ist Zins die Belohnung für die Aufgabe von Liquidität über einen bestimmten Zeitraum oder – was das Gleiche ist – für die Nichthortung von Geld.

Der Vorteil des Geldbesitzes wird von Keynes Liquiditätsprämie des Geldes genannt. Sie besteht darin, dass man mit Geld überall und jederzeit problemlos zahlen kann, nicht aber mit anderen Dingen, beispielsweise mit einem Schuldschein aus einem Kreditvertrag. Außerdem hat ein Geldbesitzer Wahlfreiheit im Angebot von Waren und Dienstleistungen, die er für sein Geld erwerben kann.

Naturgemäß haben alle Wirtschaftsteilnehmer eine Vorliebe für den Besitz von Geld, eine Liquiditätspräferenz („liquidity-preference“), wie J. M. Keynes sich ausdrückt. Sie wollen zahlungsfähig sein und unter dem Marktangebot frei wählen können. Die Liquiditätspräferenz hängt nach Keynes ab von vier Beweggründen („Motiven“) zum Halten von Geld:

  1. Einkommensmotiv („income-motive“) für die Überbrückung der Zeit zwischen Einnahme und Ausgabe des Einkommens,
  2. Geschäftsmotiv („business-motive“) für die Überbrückung der Zeit zwischen Einkauf und Verkauf einer Ware,
  3. Vorsorge- oder Vorsichtsmotiv („precautionary-motive“) aus Vorsorge für bevorstehende und unvorhersehbare Ausgaben,
  4. Spekulationsmotiv („speculative-motive“) aus der Erwartung günstigerer Gelegenheiten zur Verwendung des Geldes.

Einkommensmotiv und Geschäftsmotiv zusammen nennt Keynes auch Umsatzmotiv („transactions-motive“).

Wer Geld weggibt, gibt – nach Keynes – die Verfügung über Geld als Universalzahlungsmittel auf. Der Vorteil des Geldbesitzes, die Liquiditätsprämie des Geldes, wird beim Kreditgeschäft vom Kreditgeber an den Kreditnehmer verliehen. Für den dabei entgangenen Vorteil lässt sich der Kreditgeber einen Zins bezahlen, welcher die Höhe der Liquiditätsprämie verkörpert. Dieser Zins ist der Preis dafür, dass er über das verliehene Geld während der Laufzeit des Kredits nicht verfügen kann. Umgekehrt ist der Kreditnehmer bereit, für den erworbenen Vorteil des Geldbesitzes diesen Zins zu bezahlen.

Die Tatsache, dass Geld beim Behalten praktisch keine Nachteile (Durchhaltekosten) verursacht, macht es Kreditanbietern risikolos, ihr Geld vom Angebot zurückzuhalten, zu horten, solange ihnen der Zins für Kredite nicht hoch genug erscheint oder sie sein Steigen erwarten. Damit wird dem Wirtschaftskreislauf Geld in spekulativer Absicht entzogen und in der Spekulationskasse gehalten. Es verschwindet in der so genannten Liquiditätsfalle („liquidity trap“), wie Keynes sagt. Diese Zurückhaltung verhindert, dass der entsprechende Zinssatz gegen null sinkt. Keynes bemängelte, dass dadurch die Wirtschaft massiv gestört werden kann. Als Gegenmaßnahme schlug er eine ständige maßvolle Geldentwertung (Inflation) vor, welche gehortetes Geld entwertet und somit Geldhortung kostspielig macht.

Weitere Zinstheorien

  • Fruktifikationstheorie („Boden-Fruchtbarkeits-Theorie“): Zins als Ersatz für Bodenfruchtbarkeit (A. R. J. Turgot, Frankreich, 1727–1781),
  • Abstinenztheorie („Enthaltsamkeitstheorie“): Zins als Entschädigung für Konsumverzicht (N. W. Senior, England, 1790–1864),
  • Grenzproduktivitätstheorie: Zins entspricht der Grenzproduktivität des Kapitals (J. B. Clark, USA, 1847–1938),
  • Urzinstheorie (Geld-Mehrwerttheorie): Zins auf Grund der höheren Begehrtheit flüssiger Zahlungsmittel (S. Gesell, 1862–1930),
  • Dynamische Zinstheorie: Zins entspricht variablen Unternehmensgewinnen (J. A. Schumpeter, Österreich, 1883–1950),
  • Loanable-funds-Theorie („Theorie ausleihbarer Fonds“): Zins bestimmt sich nach Kreditangebot und -nachfrage (B. G. Ohlin, Schweden, 1899–1979).
  • Eigentumstheorie des Zinses: Zins kompensiert einem Kreditgeber den Verlust der „Eigentumsprämie“, einem immateriellen Sicherheitsertrag aus Eigentum, die in seiner „freien Verkaufbarkeit, Verpfändbarkeit und Belastbarkeit“ besteht. (Gunnar Heinsohn/Otto Steiger, Deutschland)

Historisches

Seit es Eigentum gibt, wird Zins verlangt und gezahlt. Schon die ersten Hochkulturen trafen daher Regelungen, die Höhe des Zinses zu begrenzen. In Mesopotamien ist der Codex Hammurapi überliefert, der in § 89 einen maximalen Zinssatz von 20 % für Silberkredite und 33 1/3 % für Gerstenkredite vorschrieb. Im klassischen Griechenland und Römischen Reich sind Zinssätze von 6 % bis 10 % überliefert. Auch hier bestanden gesetzliche Regelungen gegen Wucher. Die Zinssätze schwankten je nach Bonität und wirtschaftlicher Lage. Im Mittelalter bestand kein geregeltes Bankwesen. Verbindlichkeiten entstanden meist aus Notlagen, das Zinsniveau war dementsprechend hoch. Ab der Renaissance entwickelt sich wieder ein Bankwesen, beginnend in Norditalien. Gute Schuldner hatten die Möglichkeit, sich ab 4 % zu finanzieren. Auch die Höhe der Zinssätze für Staatsanleihen stabiler Staaten im 18. und 19. Jahrhundert lagen zwischen 3 % und 5 %.[1] Entsprechend legte das BGB den gesetzlichen Zinssatz auf 4 % fest (§ 246 BGB a.F.). Mit der Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg stiegen auch die Zinssätze in astronomische Höhen. Seitdem schwanken die Zinssätze mit der Konjunktur und der Inflation. Als Hochzinsphase der Nachkriegszeit gelten die 1970er Jahre, während die Zinsen sich derzeit auf niedrigem Niveau befinden.[2]

Zinsen wurden in vergangenen Jahrhunderten an bestimmten Tagen im Jahr fällig (sogenannte Zinstage) und mussten bezahlt werden (Zahltag).

Zinskritik

Seit den Anfängen des Münzwesens gibt es Kritik am Zins und Vorbehalte gegenüber Geldverleihern. Aristoteles betrachtete den Zins als widernatürlich.

„Daher wird mit allergrößter Berechtigung eine dritte Form der Erwerbstätigkeit, der Geldverleih gegen Zinsen, gehasst; denn dabei stammt der Gewinn aus dem Münzgeld selber, nicht aus der Verwendung, für die es geschaffen wurde, denn es entstand zur Erleichterung des Tauschhandels. …Zins aber ist Geld gezeugt von Geld. Daher ist auch diese Form von Erwerb am meisten wider die Natur.“

Aristoteles: Politik, Buch I, 1258b, 5-14; Meiner Verlag 2012

Der walisische Philosoph und Ökonom Richard Price veranschaulichte im 18. Jahrhundert die Unmöglichkeit, ein Kapital über Jahrhunderte durch Zinseszins exponentiell zu vermehren, mit dem Gedankenexperiment des Josefspfennigs.

In verschiedenen Religionen wurden Zinsverbote kodifiziert. Im Tanach wird Juden das Nehmen von Zinsen untereinander verboten, Nichtjuden gegenüber hingegen erlaubt. Christen wurde bis in das 18. Jahrhundert durch päpstliche Erlasse das Nehmen von Zinsen generell verboten (siehe die Enzyklika Vix pervenit). In einigen islamischen Staaten wird die Scharia so ausgelegt, dass jegliches Nehmen von Geldzinsen Wucher entspricht, und damit verboten ist. In der Praxis wurden und werden religiös begründete Zinsverbote allerdings umgangen (siehe auch Islamisches Bankwesen).

Der Kaufmann, Finanztheoretiker und Sozialreformer Silvio Gesell stellte die Freiwirtschafts­theorie auf. Danach sollte der Zins möglichst minimiert werden. Diese Freigeldtheorie kam nur in einzelnen lokalen Experimenten zur Anwendung (das bekannteste 1932/33 im österreichischen Wörgl), hat aber heute noch Anhänger und findet seit der Finanzkrise ab 2007 wieder Beachtung in den Medien. Zur Rolle der Freiwirtschaft in den Wirtschaftswissenschaften siehe dort.

Im antisemitischen Klischee des raffgierigen jüdischen Geldverleihers verbinden sich Zinskritik und Rassismus. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ist hier der Nationalsozialist Gottfried Feder besonders hervorgetreten, der das Schlagwort „Brechung der Zinsknechtschaft“ prägte. Gemeint war „Zinsknechtschaft des jüdischen Weltwucherkapitals“.

Moderne deutschsprachige Vertreter der Zinskritik argumentieren meist ökonomisch oder sozial wie Dieter Suhr, Jürgen Kremer, Helge Peukert, Bernd Senf, Helmut Creutz und Franz Hörmann. Nach Ansicht der Zinskritiker vergrößern Zinsen stetig die Schere zwischen Arm und Reich. Zudem entstünden zwangsmäßig periodische Wirtschafts- und Schuldenkrisen, aus denen Kriege folgen könnten. Weitere Kritikpunkte sind: Zeit- und Lohndiebstahl, Wachstumszwang, das (annähernd) exponentielle Anwachsen der Staatsschulden, die Ungleichbehandlung durch fehlende Einheitszinsen, das Weiterreichen von versteckten Zinsen, die in allen Produkten enthalten sind, an die Endverbraucher, was zur allgemeinen Verteuerung führt. Teilweise wird das gegenwärtige Zinswesen mit einem Ponzi-Schema verglichen.

Rechtslage in Deutschland

Das BGB bietet keine Legaldefinition des Begriffs „Zins“ an, sondern der Begriff wird vielmehr in den einzelnen einschlägigen Vorschriften bereits als bekannt vorausgesetzt.[3] Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, der zunächst auch der Bundesgerichtshof (BGH) gefolgt ist, war unter „Zins“ die fortlaufend zu entrichtende Vergütung für den Gebrauch eines in Geld oder anderen vertretbaren Sachen bestehenden Kapitals zu verstehen, die nach Bruchteilen des Kapitals berechnet wird und im Voraus dem Betrag nach bestimmt ist.[4] Der BGH hat diese Definition später in zwei entscheidenden Punkten modifiziert.

Es ist nicht mehr erforderlich, dass die Zinsschuld in zeitlich nacheinander folgenden Teilbeträgen entrichtet wird. Vielmehr kann die betreffende Summe auch auf einmal geleistet werden, es ist sogar möglich, den Gesamtbetrag von vornherein von der auszuzahlenden Kreditsumme einzubehalten.[5] Schließlich genügt es, wenn der geschuldete Zins zum Zeitpunkt seiner Entstehung der Höhe nach lediglich bestimmbar ist. Damit ist es bei Gelddarlehen möglich, die Zinshöhe an einen beweglichen Marktfaktor – zum Beispiel an einen Referenzierungszinssatz wie EURIBOR oder LIBOR – zu binden.[6] Somit wird heute der Zins allgemein als laufzeitabhängige, jedoch gewinn- und umsatzunabhängige, in Geld zu entrichtende Vergütung für die Möglichkeit des Kapitalgebrauchs definiert, die in einem Bruchteil des Kapitals ausgedrückt wird.[7]

Nach herrschender Meinung sind Zinsen die laufzeitabhängige, gewinn- und umsatzunabhängige, in Geld oder anderen vertretbaren Sachen zu entrichtende Vergütung für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals.[8] Die Zinshöhe darf auch von dem Ausgang eines ungewissen Ereignisses abhängig gemacht werden. Ansonsten ist die vertraglich vereinbarte Zinshöhe gesetzlich nicht begrenzt, weil die freie Zinsvereinbarung als Teil der Vertragsfreiheit gilt. Gesetzliche Schranken der Zinshöhe sind Sittenwidrigkeit und Zinswucher. Nicht einmal die Gleichartigkeit von Zins und Hauptschuld ist erforderlich.[9] Wesentliches Merkmal bleibt die akzessorische Natur des Zinses zu einer Hauptforderung, die meist als Kapitalschuld besteht. Ohne deren Bestand können Zinsen nicht selbständig entstehen. Das Darlehen muss zudem ausgezahlt worden sein.[10] Der Zins ist im Verhältnis zum Kapital in der Regel eine Nebenschuld, die sich regelmäßig erneuert.[11] Sind Zinsen entstanden, werden sie vom Hauptanspruch unabhängig und können selbständig eingeklagt, abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden. Wenn der Hauptanspruch erlischt, endet die Zinspflicht sogleich.[12]

Ob eine Leistung Zins ist oder nicht, hängt nicht von ihrer Bezeichnung ab („Gebühr, Provision, Spesen“), sondern richtet sich nach ihrem wahren wirtschaftlichen Zweck.[13] Keine Zinsen sind daher Vergütungen für besondere Leistungen bei der Kapitalbeschaffung und -auszahlung wie etwa Bereitstellungs„zinsen“[14] sowie Bearbeitungs- und Verwaltungsentgelte.[15] Die Rechtsprechung hat es stets abgelehnt, anders geartete Leistungen als Zinsen zu akzeptieren, wie Gewinn- oder Umsatzbeteiligungen, die unabhängig von der Höhe der Kapitalleistung und ihrer Bedeutung für den Kapitalnehmer allein auf dem Erfolg beruhen, den der Kapitalnehmer erzielt.[16] Zu den Zinsen gehören Überziehungszinsen[17] und eine einmalige Gebühr beim Teilzahlungskredit.[18] Ein zur Senkung des Nominalzinses führendes Disagio (Damnum) gehört zu den Zinsen, da es sich in der Bankenpraxis zu einem Rechenfaktor für die Zinsbemessung entwickelt hat.[19] Auch der Bundesfinanzhof stellt beim Disagio auf den Zinsbegriff des bürgerlichen Rechts ab.[20] Bei Wucherfragen steht der Effektivzins im Vordergrund, der auch alle Kosten und Nebenleistungen beinhaltet, auch Kreditvermittlungskosten.[21]

Zinsänderungsklauseln

Zinsänderungsklauseln stellen Preisanpassungsklauseln dar, die den Kreditinstituten gestatten, den bei Vertragsabschluss festgelegten Preis nachträglich zu ändern.[22] Es handelt sich um eigenständige Preisnebenabreden, die die Änderung eines vereinbarten Zinssatzes bewirken sollen. Die Kreditinstitute verfolgen hiermit das rechtlich anerkannte Ziel, Zinsänderungen auf den Kapital- und Geldmärkten an ihre Kunden weiterzugeben, ohne dass es einer Vertragsänderung bedarf. Diese Klauseln waren bereits mehrfach Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH.[23] Derartige Zinsänderungsklauseln kommen sowohl in Kreditverträgen als auch bei der Geldanlage vor. Für eine nach § 307 BGB und § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 5 BGB genügende Zinsanpassungsklausel im Kreditgeschäft bedarf es der Angabe der notwendigen Berechnungsparameter. Dabei sind als Referenzzinssätze der EURIBOR oder LIBOR geeignet. Wenn sich eine Bank in einem formularmäßigen Kreditvertrag einseitig eine Zinsänderung vorbehält, so ist eine derartige Klausel grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie lediglich eine Anpassung (Erhöhung oder Senkung) des Vertragszinses an kapitalmarktbedingte Änderungen der Refinanzierungskonditionen der Bank gemäß § 315 BGB ermöglicht. Eine solche Klausel hält der gerichtlichen Inhaltskontrolle stand.[24]

Nach § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Zinssatzänderungsrechts der Kreditinstitute unwirksam, sofern nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen der Banken für den Kunden zumutbar ist. Deshalb sind derartige unzumutbare Klauseln in Sparverträgen nichtig.[25] Die Zumutbarkeit einer Zinsanpassungsklausel sei dann zu bejahen, wenn die Interessen der Banken die für das jeweilige Geschäft typischen Interessen des Kunden überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind. Das setze eine Fassung der Klausel voraus, die nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer Änderungen dienen kann, und erfordere im Allgemeinen auch, dass für den Kunden zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Zinsänderungen besteht.[26]

Das „anerkennenswerte Interesse“ der Banken und Sparkassen, die Zinsen in Zeiten des wechselhaften Kapitalmarktes anzupassen, änderten hieran nichts. Ihnen sei zuzumuten, unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes diejenigen oder eine Kombination von ihnen auszuwählen und sie für den Kunden erkennbar und ausdrücklich zum Maßstab für künftige Zinsänderungen zu machen.

Refinanzierungsbedingte Zinsänderungsklauseln

Dabei erkennt die Rechtsprechung an, dass insbesondere der Zinssatz den wechselnden und bei Vertragsabschluss meist nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten angepasst werden muss.[27] Der BGH hat Bankkredite mit inhaltlich unbeschränkten Zinsänderungsklauseln bisher einschränkend dahin ausgelegt, dass sie den kreditgebenden Kreditinstituten Änderungen des Zinssatzes nur nach Maßgabe der kapitalmarktbedingten Veränderungen ihrer Refinanzierungskonditionen gestatten.[28] Ein berechtigtes Interesse der Kreditinstitute, ihre Zinssätze den veränderlichen Gegebenheiten des Kapitalmarktes nicht nur bei Neuabschlüssen, sondern auch bei bestehenden Verträgen anzupassen, ist vom Bundesgerichtshof für das Aktivgeschäft mehrfach anerkannt worden.[29] Ein solches Interesse ist auch für das Passivgeschäft grundsätzlich anzuerkennen, muss jedoch den vom BGH hierzu entwickelten Leitlinien entsprechen und insbesondere eine angemessene Bezugsgröße aufweisen.

Bonitätsorientierte Zinsänderungsklauseln

Bonitätsorientierte Zinsänderungsklauseln knüpfen die Höhe des vom Kreditnehmer zu zahlenden Zinssatzes an das sich aus dem aktuellen Rating ergebende Ausfallrisiko des Kreditnehmers. Dieser allein kann seine eigene Bonität und damit diese Art der Zinsänderung beeinflussen. Auslöser einer Zinsänderung sind somit nicht veränderte Marktzinsen, sondern alleine die etwaigen Ratingveränderungen des Kreditnehmers. Um diese zu berücksichtigen, wird in aller Regel im Kreditvertrag eine Vereinbarung getroffen, wonach sich die vorher festgelegten Kreditmargen je nach eintretenden Ratingveränderungen ebenfalls verändern sollen (so genannte „margin grids“ oder „margin ratchets“). Dadurch soll erreicht werden, dass die Kreditmargen mit der Erhöhung des Ausfallrisikos (also mit Ratingverschlechterung) automatisch ansteigen sollen und umgekehrt, ohne dass es hierzu neuer vertraglicher Vereinbarungen bedarf.

Diese Abwälzung des Bonitätsänderungsrisikos auf den Kreditnehmer ist anerkannt, wie auch die Ansprüche auf Nachbesicherung[30] zeigen.[31] Die Nachbesicherung ist ebenfalls an Bonitätsverschlechterungen geknüpft, wie sie durch eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse eintreten kann. Diese Art der Zinsänderungsklauseln ist von der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt.[32] Der mit der Veränderung eines individuellen Ausfallrisikos verbundene Wechsel in eine andere Ratingklasse („Ratingmigration“) stellt einen sachlichen Grund für eine Zinsänderung dar.[33]

Siehe auch

Literatur

Wiktionary: Zins – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Zins – Zitate
  • Peter Müller: Ein paar Prozent Streit – Er wurde gehasst und geliebt, erlaubt und verboten: Eine kleine Geschichte des Zinses. Hrsg.: Die Zeit. 2003 (Online [abgerufen am 4. September 2015]).

Einzelnachweise

  1. Matthias Schlecker: Geschichte des Kredits. (text/html) April 2008, abgerufen am 4. September 2015.
  2. Diskont- und Lombardsatz der Deutschen Bundesbank sowie Sonderzins bei Unterschreitung des Mindestreserve-Solls. (text/html) Deutsche Bundesbank, abgerufen am 4. September 2015.
  3. Münchner Kommentar zum BGB, Bernd von Maydell, 3. Aufl. 1993, § 246 Rn. 1.
  4. RG 86, 219.
  5. Claus-Wilhelm Canaris: Der Zinsbegriff und seine rechtliche Bedeutung, NJW 1978, 1891. Darauf aufbauend BGH NJW 1979, 806.
  6. Larenz: Schuldrecht I, 14. Aufl. 1987, § 12 VIII, S. 180.
  7. Claus-Wilhelm Canaris: Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rdnr. 1323.
  8. BGH NJW-RR 1992, 592; Palandt-Heinrichs, § 246 Rn. 2; Canaris, NJW 1978, 1891 (1892).
  9. Staudinger-Blaschczok, § 246 Rn. 12.
  10. BGH WM 2006, 429 431.
  11. Peter Derleder, Kai-Oliver Knops, Heinz-G. Bamberger: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2003, S. 230.
  12. RGZ 86, 219.
  13. BGH BB 1971, 107.
  14. BGH NJW-RR 1986, 469.
  15. BGH WM 1986, 9.
  16. BGHZ 85, 61.
  17. BGHZ 118, 126.
  18. BGHZ 104, 102, 105.
  19. BGH NJW 1990, 2250, 2251.
  20. BFHE 86, 32, BStBl. Teil III 1966, 375.
  21. BGHZ 101, 391.
  22. Wolfram Oletz: Bonitätsorientierte Zinsänderungsklauseln nach Basel II, 2006, S. 125.
  23. BGH WM 2004, 825.
  24. BGH Urteil vom 6. März 1986, BGHZ 97, 212.
  25. BGH Urteil vom 17. Februar 2004, Az: XI ZR 140/03.
  26. BGH a. a. O., S. 9 f.
  27. BGHZ 97, 212, 216.
  28. BGH WM 2000, 1141, 1142 f.
  29. BGH WM 2000, 1141, 1142.
  30. AGB-Banken Ziff. 13 Abs. 2 / AGB-Sparkassen Ziff. 22 Abs. 1.
  31. Wolfram Oletz: Bonitätsorientierte Zinsänderungsklauseln nach Basel II, 2006, S. 185.
  32. BGH WM 1993, 2003, 2004.
  33. Peter Derleder: Transparenz und Äquivalenz bei bankvertraglicher Zinsanpassung, WM 2001, 2029, 2032.