Steuerliche Identifikationsnummer

Schreiben des Bundeszentralamtes für Steuern, in dem die persönliche Identifikationsnummer mitgeteilt wird

Die steuerliche Identifikationsnummer[1] (IdNr. oder auch Steuer-IdNr.) ist eine bundeseinheitliche und dauerhafte elfstellige Identifikationsnummer von in Deutschland gemeldeten Bürgern für Steuerzwecke.

Auch in den anderen Ländern Europas wird die TIN (Tax Identification Number) eingeführt. Rechtsgrundlage dazu ist die Zinsrichtlinie, die in Deutschland mit der Zinsinformationsverordnung umgesetzt wurde.

Einführung der Identifikationsnummer

Die Identifikationsnummer wurde zum 1. Juli 2007 eingeführt. Zur Umsetzung übermittelte jedes Einwohnermeldeamt dem BZSt jeden zum Ablauf des 30. Juni 2007 im Melderegister geführten Bürger. Mit diesem Erstabzug wurde noch keine Identifikationsnummer vergeben, sondern nur ein vorläufiges Bearbeitungsmerkmal. Am 1. Oktober 2007 wurde mit dem Abgleich der Daten begonnen, es erfolgte eine Filterung mit dem Ziel, Doubletten zu ermitteln. Nach Rücksprache mit den Einwohnermeldeämtern wurden diese Doubletten dann entfernt. Dieses Verfahren dauerte deutlich länger als geplant. Bis Ende des Jahres 2008 wurde die IdNr den Steuerpflichtigen in einem Anschreiben des BZSt mitgeteilt. Die Steuerpflichtigen erhielten außerdem noch eine Übersicht ihrer gespeicherten Daten. Die Nummer ist bei Anträgen oder Erklärungen den Finanzbehörden gegenüber anzugeben.

Geltung, Ausgabe und Ermittlung

Die Identifikationsnummer gilt lebenslang. Sie wird vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zugeteilt. Kinder erhalten sie kurz nach der Geburt, und Einwanderer bei der ersten Anmeldung in Deutschland.[2] Die Abgabenordnung bestimmt in § 139b, Absatz 1, Satz 2: „Jede Identifikationsnummer darf nur einmal vergeben werden.“ Dieses führt zu einer persönlichen Identifikation[3] (siehe auch Abschnitt #Kritik).

Sollte die Identifikationsnummer nicht mehr bekannt sein, kann sie über ein Web-Formular beim BZSt erfragt werden.[4] Außerdem findet man sie auf dem Einkommensteuerbescheid und auf der Lohnsteuerbescheinigung.[5] Ohne sich an eine Behörde wenden zu müssen, können auch zur Verwendung der Identifikationsnummer verpflichtete Institutionen konsultiert werden. So müssen seit 2018 Kreditinstitute die Kontodaten zusammen mit der steuerlichen Identifikationsnummer erfassen. Diese könnte beispielsweise im Rahmen von Onlinebanking, zumeist in der Rubrik „Freistellungsauftrag“, eingesehen werden.

Nutzung der Daten

Die Steuer-ID wird zusammen mit Stammdaten, die eine Identifizierung des Steuerpflichtigen ermöglichen sollen, in einer vom BZSt verwalteten Datenbank gespeichert. Zu den Stammdaten gehören unter anderem Namen, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht und die letzte bekannte Anschrift. Außerdem ist dort die zuständige Finanzbehörde hinterlegt.[6]

Die Identifikationsnummer ändert sich weder bei einem Ortswechsel noch bei einem Wechsel des zuständigen Finanzamts. Die Daten werden erst gelöscht, wenn sie von den Behörden nicht mehr benötigt werden, spätestens jedoch 20 Jahre nach dem Tod des Steuerpflichtigen.[7] Wenn IDs irrtümlich – zum Beispiel wegen zunächst nicht erkannter Mehrfacherfassung eines Steuerpflichten – vergeben werden und dies erkannt wird, werden sie stillgelegt.[8]

§ 139b Absatz 2 Abgabenordnung (AO) enthält ausdrückliche Beschränkungen für die Erhebung und Verwendung der Identifikationsnummer:

  • Die Finanzbehörden dürfen die Identifikationsnummer nur erheben und verwenden, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet.
  • Andere Stellen als die Finanzbehörden, gleich ob öffentlich oder nicht-öffentlich, dürfen die Identifikationsnummer nur erheben oder verwenden, soweit dies für Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet. Das gilt z. B. für Arbeitgeber bei den Lohnsteuerdaten der Mitarbeiter und bei Kreditinstituten für die Zinsabschlagsteuer oder bei bestimmten Übertragungen zwischen Wertpapierdepots. Zudem dürfen diese Stellen ihre Dateien nur insoweit nach der Identifikationsnummer ordnen oder für den Zugriff erschließen, als dies für regelmäßige Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist.
  • Für jede nach dem 1. Januar 2018 bestehende Kontoverbindung hat das Kreditinstitut die Identifikationsnummer des Kontoinhabers und jedes weiteren Verfügungsberechtigten zu erfassen (§ 154 Abs. 2a Nr. 1 AO). Teilt der Kunde einer bestehenden Kontoverbindung die Nummer nicht mit, ist sie in einem maschinellen Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern zu erfragen (§ 26 Abs. 4 und 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung).

Ein Verstoß gegen die Beschränkungen für die Erhebung und Verwendung der Identifikationsnummer stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden kann (§ 383a AO).

Mit Einführung der Identifikationsnummer wurde auch ein indirekter Abgleich der Melderegister durchgeführt (Ermittlung und Entfernung der Doubletten), d. h. zukünftig kann eine Person mit denselben Daten nur bei einer Meldebehörde mit Hauptwohnsitz gemeldet sein.

Der Austausch der Daten zwischen den Einwohnermeldeämtern und dem Bundeszentralamt für Steuern erfolgt nach OSCI-XMeld über OSCI-Transport.

Laut Konjunkturpaket vom Juni 2020 soll noch im Sommer ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, „der in einem ersten Schritt den Bereich der Register mit Relevanz für die Umsetzung des Online-Zugangs-Gesetzes [sic] mit der Steuer-ID als verwaltungsübergreifender ID-Nummer erschließt. Um höchsten Ansprüchen an den Datenschutz zu genügen, soll der registerübergreifende Datenaustausch dabei nicht direkt zwischen den beiden Behörden, sondern als zusätzliche Sicherung immer über eine dritte Stelle erfolgen.“[9] „Im Falle eines gesetzlich geregelten Datenaustausches von Daten einer bestimmten Person zwischen zwei Behörden soll zukünftig die steuerliche Identifikationsnummer genutzt werden.[…] Dabei soll der Datenaustausch nicht direkt zwischen zwei Behörden, sondern als zusätzliche Sicherung immer über eine dritte Stelle erfolgen. Derzeit wird geprüft, wie diese Festlegung umgesetzt werden kann. […] Die in den dezentralen Registern gespeicherten Informationen werden gerade nicht an einer zentralen Stelle zusammengeführt, vielmehr bleibt die dezentrale Registerführung erhalten.“[10] Datenschutzbeauftragte halten das Vorhaben für verfassungswidrig.[11]

Zielsetzung

Zur Gesetzesbegründung heißt es, dass die Finanzbehörden organisatorisch und technisch fähig sein müssen, die zulässigen Überprüfungen effizient vorzunehmen. Bisher sei eine Auswertung steuererheblicher Informationen in vielen Fällen unterblieben, weil die vorhandenen Informationen nicht zugeordnet werden konnten. Außerdem werden mit der Nummer – so die Gesetzesbegründung – ein wesentlicher Beitrag zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens geleistet, Bürokratie abgebaut und die Transparenz des Besteuerungsverfahrens erhöht. Das Ziel der Maßnahme ist letztlich, dass alle Steuerpflichtigen bei der Durchsetzung der Steuergesetze tatsächlich gleich belastet werden.

Die Identifikationsnummer bringt für den Bürger Erleichterungen im elektronischen Datenübermittlungsverfahren und für die Finanzbehörden neue Kontrollmöglichkeiten. So müssen z. B. deutsche Anleger die Identifikationsnummer künftig bei ausländischen Kontenverbindungen nachreichen. Ferner gelangen die in der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen gesammelten Informationen ebenfalls an die Finanzämter. Diese werden damit in die Lage versetzt, möglicherweise steuerpflichtige Rentner ab 2005 zur Abgabe einer Steuererklärung aufzufordern.

Vorläufer

PKZ-DDR

Die in der DDR am 1. Januar 1970 eingeführte Personenkennzahl findet in der bundesdeutschen Identifikationsnummer jetzt ihre Wiedergeburt. In Österreich, Schweden, Island[12], Polen und einigen anderen Staaten existieren Personenkennzahlen, durch die die eindeutige Identifizierung jeder Person und damit eine erhebliche Reduzierung des Verwaltungsaufwandes erreicht werden konnte.

PKZ-BRD

Die Bundesrepublik Deutschland plante die Einführung eines Personenkennzeichens (PKZ). So war zum Beispiel geplant, mit dem Bundesmeldegesetz ab 1973 eine einheitliche PKZ für jeden Deutschen sowie alle im Ausländerzentralregister erfassten Ausländer bzw. im Ausland lebenden wiedergutmachungsberechtigten Ausländer einzuführen, um Verwaltungsvorgänge zu rationalisieren.[13]

Zuvor bestand bereits eine bundeseinheitliche Versicherungsnummer nach dem Sozialgesetzbuch. Ebenso gab es eine Personenkennziffer aus dem Wehrpass nach gleicher Systematik. Diese Nummern wurden aus Gründen der Rechtssystematik und wegen fehlender gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht gezogen. Technische Gründe lagen nicht vor.

Das Vorhaben eines Personenkennzeichens wurde verworfen, da der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages 1976 feststellte, dass „die Entwicklung, Einführung und Verwendung von Numerierungssystemen, die eine einheitliche Numerierung der Bevölkerung im Geltungsbereich dieses Gesetzes ermöglicht, wegen fehlender gesetzlicher Grundlage unzulässig ist“ . Diese Feststellung stützte sich auf das Mikrozensusurteil des BVerfG von 1969, BVerfGE 27, 1Mikrozensus. 16. Juli 1969.

Aufbau der Identifikationsnummer

Die Identifikationsnummer besteht aus elf Ziffern. Diese dürfen nicht aus anderen Daten des Steuerpflichtigen gebildet werden,[14] sondern werden den Steuerpflichtigen zufällig zugewiesen.[3] In den ersten zehn Ziffern der Identifikationsnummer sind eine Ziffer genau zweifach und eine andere Ziffer gar nicht enthalten (ab 2016 ist auch eine dreifache vorkommende Ziffer möglich, entsprechend dann zwei Ziffern gar nicht; die drei gleichen Ziffern dürfen nicht unmittelbar hintereinander stehen[15]), die anderen acht (ab 2016: auch sieben) Ziffern jeweils genau einfach. Die erste Ziffer darf nicht die 0 sein.[16]

Die elfte Ziffer ist eine Prüfziffer, die sich aus den ersten zehn Ziffern der Ziffernfolge berechnet und eine einfache und effiziente Fehlererkennung ermöglichen soll.[16] Sie wird in einem alternierenden Modulo-10/Modulo-11-Verfahren wie folgt berechnet:[17]

Ziffernfolge : array[1..10] of 0..9;

Produkt := 10;
for Stelle := 1 to 10 do
begin
  Summe := (Ziffernfolge[Stelle] + Produkt) mod 10;
  if Summe = 0 then Summe := 10;
  Produkt := (Summe * 2) mod 11;
end;
Prüfziffer := 11 - Produkt;
if Prüfziffer = 10 then Prüfziffer := 0;

In Worten: Man berechnet fortlaufend ein Zwischenergebnis („Produkt“), das Werte zwischen 1 und 10 (einschließlich) annehmen kann. Es wird mit einem Zwischenergebnis von 10 begonnen. Nacheinander wird mit jeder der Ziffern der Steuer-ID wie folgt verfahren:

  • Die Ziffer wird auf das Zwischenergebnis addiert. Man erhält eine Zahl zwischen 1 und 19 (einschließlich).
  • Davon wird die letzte Ziffer Z genommen. Für die Ziffer 0 wird Z der Wert 10 zugewiesen. Man hat jetzt also eine Zahl Z („Summe“) zwischen 1 und 10 (1 ≤ Z ≤ 10).
  • Zahlen 1 ≤ Z ≤ 5 werden nun auf die geraden Zahlen zwischen 2 und 10 abgebildet (und zwar auf das Doppelte von Z), Zahlen 5 < Z ≤ 10 werden auf die ungeraden Zahlen zwischen 1 und 9 abgebildet (auf den Rest der Division des Doppelten durch 11). Das ist das neue Zwischenergebnis, das wieder ein Wert zwischen 1 und 10 ist.

Wenn auf diese Weise alle Ziffern in das Zwischenergebnis eingeflossen sind, ist sein 11-Komplement (11 – Zwischenergebnis) die Prüfziffer, wobei für den Wert 10 die Prüfziffer 0 genommen wird.

Kritik und Rechtsprechung

Probleme bei der Einführung

2013 bestätigte die Bundesregierung, dass bis zum 1. Dezember 2013 in bis zu 164.000 Fällen versehentlich mehrere Identifikationsnummern an einen einzelnen Bürger vergeben worden sein könnten oder dieselbe Identifikationsnummer an mehrere Bürger zugleich.[18] Dieser Umstand barg die Gefahr einer fehlerhaften Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Lohnsteuerabzugsverfahren. Bei den betroffenen Steuerpflichtigen konnte dies zu nicht sachgerechten Mehr- oder nicht rechtskonformen Minderbelastungen führen. Um die Eindeutigkeit der Zuordnung zu gewährleisten, wurden Fälle einer Datenvermischung oder Mehrfacherfassung durch Stilllegung der überzähligen Steueridentifikationsnummern bereinigt.[19]

Abgrenzung zu weiteren Steuernummern

Infolge der verschiedentlichen Einreden von Beauftragten, Interessenten und Klägern (siehe weiter unten) ist seit dem Mikrozensusurteil des BVerfG aus 1973 kein Rückschluss von der Steueridentnummer auf die Person zulässig und daher unmöglich. Eine integrierte informationstechnische Verarbeitung der Steuerfälle und des Schriftverkehrs mit den Finanzämtern ist daher ebenfalls nicht möglich.

Für verschiedene Steuerarten gibt es jeweils weitere Steuernummern in der Struktur der bisherigen Steuernummer ohne Prüfziffer und in verschiedener Länge. Dabei wird die Bundesfinanzamt-Nummer (BUFA Nummer) je nach Bundesland verkürzt verwendet.[20] Die verwendete Finanzamts-Nummer muss beispielsweise bei der Umsatzsteuer nicht mit der des ausstellenden Finanzamts übereinstimmen.

Verwendung als allgemeines Personenkennzeichen

Anlässlich der Einführung

Der damalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, befürchtete, die Identifikationsnummer könne, wie der italienische Codice Fiscale, ein weit über die Steuerbelange hinausgehendes allgemeines Personenkennzeichen werden.[21]

Für die Einführung der Identifikationsnummer wurde im Oktober 2007 der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit dem Negativpreis Big Brother Award in der Kategorie Politik ausgezeichnet. Weiterhin wird die Verfassungskonformität der Identifikationsnummer von einigen Kritikern bestritten, darunter die Humanistische Union, die am 20. August 2008 beim FG Köln Klage erhob. Mindestens drei weitere Klagen sind bisher öffentlich bekannt geworden. Die Klagen (Az. 2 K 2822/08 FG Köln u. a.) wurden jedoch trotz verfassungsrechtlicher Bedenken des Gerichts an der IdNr zunächst abgewiesen, weil das Finanzgericht eindeutig von einer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein muss, um eine Klage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.[22]

In einem anderen, parallelen Verfahren hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Zuteilung der Identifikationsnummer und die dazu erfolgte Datenspeicherung insbesondere mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar ist.[23] Das Bundesministerium der Finanzen wies die Einsprüche am 22. Juli 2013 in Hinblick auf dieses BFH-Urteil in einer Allgemeinverfügung zurück.[24]

Registermodernisierungsgesetz

Am 18. September 2020 gab es einen (weiteren) Big Brother Award in der neu geschaffenen Kategorie Geschichtsvergessenheit für das Vorhaben der Innenministerkonferenz, durch ein Registermodernisierungsgesetz (RegMoG)[25] die Steuer-ID zu einer lebenslang gültigen und behördenübergreifend verwendbaren Personenkennziffer („einheitliche Bürgernummer“) auszuweiten.[26][27][28] Bei der Einführung der Steuer-ID war versichert worden, dass dies nie geschehen würde.[26]

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags formulierte in einem Gutachten erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Vorhabens.[29] Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder sah die Verwendung der Steueridentifikationsnummer als einheitliche, registerübergreifende Personenkennziffer, wie sie im Registermodernisierungsgesetz geplant ist, als verfassungswidrig an.[30] Auch der Deutsche Anwaltverein bezeichnete die Pläne als verfassungswidrig und lehnte sie ab.[31] Die Gesellschaft für Informatik wies in einer Stellungnahme darauf hin, dass die Verwendung der Steuer-Identifikationsnummer für die Registermodernisierung weder technisch notwendig sei noch dem Stand der Technik entspreche, und schlug vor, ein Identifikationsmanagement-System einzuführen, das aus ihrer Sicht verfassungsgemäß sei.[32]

Die Rechtsinformatiker Christoph Sorge und Maximilian Leicht machten darauf aufmerksam, dass die Steuer-ID zahlreichen Dritten bekannt sei, darunter Arbeitgebern, Banken und Krankenversicherungen sowie Unternehmen, die im Auftrag dieser Dritten Daten verarbeiten, und daher besonders anfällig für Missbrauch sei, zum Beispiel Identitätsdiebstahl oder die illegitime Verknüpfung von Datenbeständen. Sie wiesen auf Sicherheitsvorfälle hin, in denen Unbefugte unter anderem auf Steueridentifikationsnummern zugriffen.[33] Lösungen in Österreich oder die eID des deutschen Personalausweises zeigten, dass anstelle einer einheitlichen zentralen ID auch abgeleitete bereichsspezifische Kennzeichen verwendet werden könnten, die das erhebliche Missbrauchspotential verringern würden.[34]

Weitere Identifikationsnummern

Es erhält jeder Steuerpflichtige weiterhin (2016) Steuerbescheide etwa für Grundsteuer oder Umsatzsteuer mit verschiedenen Steuernummern für jeden Steuerfall ohne Verweis auf seine Steueridentnummer.

Als weitere Zahl wird voraussichtlich ab 2021 die Wirtschafts-Identifikationsnummer für Selbstständige, juristische Personen und Personenvereinigungen eingeführt (siehe § 139c AO).

Daneben existiert bereits seit 1993 (Einführung des Europäischen Binnenmarktes) die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die Unternehmen zur (umsatzsteuerfreien) Teilnahme am Waren- und Dienstleistungsverkehr im Gebiet der Europäischen Union benötigen. Diese wird im Inland nicht benötigt, formal reicht die Angabe der Umsatzsteuernummer aus.

Wiktionary: Steueridentifikationsnummer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bezeichnung laut Verordnung
  2. Steueridentifikationsnummer Zuteilung. Abgerufen am 3. August 2020: „Jedes neugeborene Kind sowie jede neue Bürgerin und jeder neue Bürger bekommt bei der ersten Anmeldung in Deutschland automatisch eine Steueridentifikationsnummer zugeteilt.“
  3. a b Einführung der Identifikationsnummer für Steuerpflichtige. In: Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.): Monatsberichte des BMF. August 2008, S. 51–60.
  4. Steuerliche Identifikationsnummer verlegt, verloren oder vergessen? – Erneute Mitteilung der IdNr. Bundeszentralamt für Steuern, abgerufen am 15. Oktober 2020.
  5. BZSt - Steuerliche Identifikationsnummer. Abgerufen am 18. August 2019.
  6. § 139b Abgabenordnung (AO)
  7. § 4 Steueridentifikationsnummerverordnung (StIdV)
  8. § 139b Abgabenordnung (AO)
  9. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Konjunkturpaket/2020-06-03-eckpunktepapier.pdf
  10. https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/202/1920288.pdf
  11. https://www.golem.de/news/steuer-id-der-nummerierte-buerger-2008-150562-2.html
  12. Information des isländischen Einwohnermeldeamts über die Kennnummer (kennitala) (Engl.). Abgerufen am 21. August 2014.
  13. Vgl. Steinmüller, Wilhelm: EDV und Recht : Einf. in d. Rechtsinformatik. In: Juristische Arbeitsblätter : JA-Sonderheft. Band 6. Schweitzer, Berlin 1970, S. 78.
  14. AO 1977 § 139a Identifikationsmerkmal
  15. Bayerisches Landesamt für Steuern: Prüfung der Steuer- und Steueridentifikationsnummer
  16. a b Informations Technik Zentrum Bund (Hrsg.): Steueridentifikationsnummer (IdNr) nach § 139b AO: Informationen zur Berechnung gültiger Prüfziffern. 1. März 2016 (deutsche-rentenversicherung-bund.de [PDF; 63 kB]).
  17. ZIVIT (PDF; 20 kB): Prüfziffernberechnung für die IdNr nach § 139b AO
  18. Steuernummer – Fiskus schafft Doppelgänger – Wirtschaft – Süddeutsche.de. Abgerufen am 13. Februar 2014.
  19. Mehrfach vergebene Steuer-Identifikationsnummern Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drucksache 18/929 vom 26. März 2014
  20. Finanzamtsuche und GemFa XML-Export Datei. In: bzst.de. BZSt-Portal, abgerufen am 17. März 2020.
  21. Vgl. Schaar, Peter: Das Ende der Privatsphäre. Der Weg in die Überwachungsgesellschaft. C.Bertelsmann, München 2007, S. 172.
  22. Urteil zu Steuer-ID, wochenblatt.de
  23. BFH, Urteil vom 18. Januar 2012 Az. II R 49/10
  24. Allgemeinverfügung des Bundesministeriums der Finanzen zur Zurückweisung der wegen der Zuteilung der steuerlichen Identifikationsnummer (§ 139b AO) erhobenen Einsprüche vom 22. Juli 2013. Abgerufen am 15. Oktober 2020.
  25. Bundesregierung (Hrsg.): Entwurf eines Gesetzes zur Einführung und Verwendung einer Identifikationsnummer in der öffentlichen Verwaltung und zur Änderung weiterer Gesetze (Registermodernisierungsgesetz – RegMoG). Drucksache 19/ 24226, 11. November 2020 (bundestag.de [PDF; 2,4 MB] Fassung vom 11.11.2020).
  26. a b padeluun: Den BigBrotherAward 2020 in der Kategorie „Geschichtsvergessenheit“, erhält die Innenministerkonferenz der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch ihren Vorsitzenden Georg Maier, Innenminister von Thüringen, für die Absicht, auf der Basis der Steuer-Identifikationsnummer eine lebenslange Personenkennziffer einzuführen. In: bigbrotherawards.de. 18. September 2020, abgerufen am 21. September 2020.
  27. Detlef Borchers: Preis für Datenkraken: 20 Jahre Big Brother Awards – die Jubiläumsedition. In: Heise Online. 18. September 2020, abgerufen am 21. September 2020.
  28. Jana Ballweber: Big Brother Award 2020: Die Geschichtsvergessenheit der Innenminister:innen. In: Netzpolitik.org. 18. September 2020, abgerufen am 21. September 2020.
  29. Bundestagsgutachten: Eine Bürgernummer und ihre Schwächen. 20. September 2020, abgerufen am 21. September 2020.
  30. Registermodernisierung verfassungskonform umsetzen! Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Lände. 26. August 2020 (bund.de).
  31. DAV: Steuer-ID soll nicht zu Personen-Identifikationsnummer werden. In: beck-aktuell. 5. November 2020, abgerufen am 29. Dezember 2020.
  32. Stellungnahme des Fachbereichs Informatik in Recht und Öffentlicher Verwaltung und des Präsidiums-Arbeitskreises Datenschutz und IT-Sicherheit der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Identifikationsnummer in die öffentliche Verwaltung und zur Änderung weiterer Gesetze (Registermodernisierungsgesetz – RegMoG) des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Abgerufen am 29. Dezember 2020.
  33. Olivia von Westernhagen: Scalable Capital: Robo-Advisor meldet unbefugten Zugriff auf Kundendaten. In: heise online – News. 20. Oktober 2020, abgerufen am 29. Dezember 2020.
  34. Christoph Sorge, Maximilian Leicht: Registermodernisierungsgesetz – eine datenschutzgerechte Lösung? In: Zeitschrift für Rechtspolitik. Nr. 8, 20. November 2020.