Steuerliche Identifikationsnummer

Schreiben des Bundeszentralamtes für Steuern, in dem die persönliche Identifikationsnummer mitgeteilt wird

Die steuerliche Identifikationsnummer[1] (IdNr. oder auch Steuer-IdNr.) ist eine bundeseinheitliche und dauerhafte Identifikationsnummer von in Deutschland gemeldeten Bürgern für Steuerzwecke.

Auch in den anderen Ländern Europas wird die TIN (Tax Identification Number) eingeführt. Rechtsgrundlage dazu ist die Zinsrichtlinie, die in Deutschland mit der Zinsinformationsverordnung umgesetzt wurde.

Einführung

Die Identifikationsnummer wurde zum 1. Juli 2007 eingeführt und gilt lebenslang. Sie kann für natürliche Personen die bisherige Steuernummer und eTIN ersetzen und besteht aus insgesamt elf Ziffern (zehn zufällig gebildete Ziffern, die keinen Rückschluss auf Daten des Steuerpflichtigen zulassen, und einer zusätzlichen Prüfziffer).

Die Ausgabe erfolgt über die örtlichen Kommunalverwaltungen. Sollte die Identifikationsnummer verlegt worden sein, kann sie beim örtlich zuständigen Finanzamt oder über ein Web-Formular beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erfragt werden.[2]

Zur Umsetzung übermittelte jedes Einwohnermeldeamt dem BZSt jeden zum Ablauf des 30. Juni 2007 im Melderegister geführten Bürger. Mit diesem Erstabzug wurde noch keine Identifikationsnummer vergeben, sondern nur ein vorläufiges Bearbeitungsmerkmal. Am 1. Oktober 2007 wurde mit dem Abgleich der Daten begonnen, es erfolgte eine Filterung mit dem Ziel, Doubletten zu ermitteln. Nach Rücksprache mit den Einwohnermeldeämtern wurden diese Doubletten dann entfernt. Dieses Verfahren dauerte deutlich länger als geplant. Bis Ende des Jahres 2008 wurde die IdNr den Steuerpflichtigen in einem Anschreiben des BZSt mitgeteilt. Die Steuerpflichtigen erhielten außerdem noch eine Übersicht ihrer gespeicherten Daten. Die Nummer ist bei allen Anträgen, Erklärungen oder Mitteilungen den Finanzbehörden gegenüber zu verwenden.

Nutzung der Daten

Die Identifikationsnummer ändert sich weder bei einem Ortswechsel noch bei einem Wechsel des zuständigen Finanzamts. Die Daten werden erst gelöscht, wenn sie von den Behörden nicht mehr benötigt werden, spätestens jedoch 20 Jahre nach dem Tod des Steuerpflichtigen.

§ 139b Absatz 2 Abgabenordnung (AO) enthält ausdrückliche Beschränkungen für die Erhebung und Verwendung der Identifikationsnummer:

  • Die Finanzbehörden dürfen die Identifikationsnummer nur erheben und verwenden, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet.
  • Andere Stellen als die Finanzbehörden, gleich ob öffentlich oder nicht-öffentlich, dürfen die Identifikationsnummer nur erheben oder verwenden, soweit dies für Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet. Das gilt z. B. für Arbeitgeber bei den Lohnsteuerdaten der Mitarbeiter und bei Kreditinstituten für die Zinsabschlagsteuer oder bei bestimmten Übertragungen zwischen Wertpapierdepots. Zudem dürfen diese Stellen ihre Dateien nur insoweit nach der Identifikationsnummer ordnen oder für den Zugriff erschließen, als dies für regelmäßige Datenübermittlungen zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist.
  • Für jede nach dem 1. Januar 2018 bestehende Kontoverbindung hat das Kreditinstitut die Identifikationsnummer des Kontoinhabers und jedes weiteren Verfügungsberechtigten zu erfassen (§ 154 Abs. 2a Nr. 1 AO). Teilt der Kunde einer bestehenden Kontoverbindung die Nummer nicht mit, ist sie in einem maschinellen Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern zu erfragen (§ 26 Abs. 4 und 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung).

Ein Verstoß gegen die Beschränkungen für die Erhebung und Verwendung der Identifikationsnummer stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden kann (§ 383a AO).

Mit Einführung der Identifikationsnummer wurde auch ein indirekter Abgleich der Melderegister durchgeführt (Ermittlung und Entfernung der Doubletten), d. h. zukünftig kann eine Person mit denselben Daten nur bei einer Meldebehörde mit Hauptwohnsitz gemeldet sein.

Der Austausch der Daten zwischen den Einwohnermeldeämtern und dem Bundeszentralamt für Steuern erfolgt nach OSCI-XMeld über OSCI-Transport.

Zielsetzung

Zur Gesetzesbegründung heißt es, dass die Finanzbehörden organisatorisch und technisch fähig sein müssen, die zulässigen Überprüfungen effizient vorzunehmen. Bisher sei eine Auswertung steuererheblicher Informationen in vielen Fällen unterblieben, weil die vorhandenen Informationen nicht zugeordnet werden konnten. Außerdem werden mit der Nummer – so die Gesetzesbegründung – ein wesentlicher Beitrag zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens geleistet, Bürokratie abgebaut und die Transparenz des Besteuerungsverfahrens erhöht. Das Ziel der Maßnahme ist letztlich, dass alle Steuerpflichtigen bei der Durchsetzung der Steuergesetze tatsächlich gleich belastet werden.

Die Identifikationsnummer bringt für den Bürger Erleichterungen im elektronischen Datenübermittlungsverfahren und für die Finanzbehörden neue Kontrollmöglichkeiten. So müssen z. B. deutsche Anleger die Identifikationsnummer künftig bei ausländischen Kontenverbindungen nachreichen. Ferner gelangen die in der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen gesammelten Informationen ebenfalls an die Finanzämter. Diese werden damit in die Lage versetzt, möglicherweise steuerpflichtige Rentner ab 2005 zur Abgabe einer Steuererklärung aufzufordern.

Vorläufer

PKZ-DDR

Die in der DDR am 1. Januar 1970 eingeführte Personenkennzahl findet in der bundesdeutschen Identifikationsnummer jetzt ihre Wiedergeburt. In Österreich, Schweden, Island[3], Polen und einigen anderen Staaten existieren Personenkennzahlen, durch die die eindeutige Identifizierung jeder Person und damit eine erhebliche Reduzierung des Verwaltungsaufwandes erreicht werden konnte.

PKZ-BRD

Die Bundesrepublik Deutschland plante die Einführung eines Personenkennzeichens (PKZ). So war zum Beispiel geplant, mit dem Bundesmeldegesetz ab 1973 eine einheitliche PKZ für jeden Deutschen sowie alle im Ausländerzentralregister erfassten Ausländer bzw. im Ausland lebenden wiedergutmachungs­berechtigten Ausländer einzuführen, um Verwaltungsvorgänge zu rationalisieren.[4]

Zuvor bestand bereits eine bundeseinheitliche Versicherungsnummer nach dem Sozialgesetzbuch. Ebenso gab es eine Personenkennziffer aus dem Wehrpass nach gleicher Systematik. Diese Nummern wurden aus Gründen der Rechtssystematik und wegen fehlender gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht gezogen. Technische Gründe lagen nicht vor.

Das Vorhaben eines Personenkennzeichens wurde verworfen, da der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages 1976 feststellte, dass „die Entwicklung, Einführung und Verwendung von Nummerierungssystemen, die eine einheitliche Nummerierung der Bevölkerung im Geltungsbereich dieses Gesetzes ermöglicht, wegen fehlender gesetzlicher Grundlage unzulässig ist“. Diese Feststellung stützte sich auf das Mikrozensusurteil des BVerfG von 1969, BverfGE 27,1 – Mikrozensus. 16. Juli 1969.

Aufbau der Identifikationsnummer

In den ersten zehn Ziffern der Identifikationsnummer sind eine Ziffer genau zweifach und eine andere Ziffer gar nicht enthalten (ab 2016 ist auch eine dreifache vorkommende Ziffer möglich, entsprechend dann zwei Ziffern gar nicht), die anderen acht (ab 2016: auch sieben) Ziffern jeweils genau einfach. Die erste Ziffer darf nicht die 0 sein. Die elfte Ziffer, die Prüfziffer, berechnet sich aus den ersten zehn Ziffern der Ziffernfolge wie folgt:[5]

Ziffernfolge : array[1..10] of 0..9;
Summe := 0; Produkt := 10;

for Stelle := 1 to 10 do
begin
  Summe := (Ziffernfolge[Stelle] + Produkt) mod 10;
  if (Summe = 0)
    then Summe := 10;
  Produkt := (Summe * 2) mod 11;
end;
Prüfziffer := 11 - Produkt;
if (Prüfziffer = 10)
  then Prüfziffer := 0;

§ 139b der Abgabenordnung bestimmt in Absatz 1, Satz 2: „Jede Identifikationsnummer darf nur einmal vergeben werden.“ Dieses führt klar zu einer persönlichen Identifikation; siehe folgenden Abschnitt (Kritik).

Kritik und Rechtsprechung

Infolge der verschiedentlichen Einreden von Beauftragten, Interessenten und Klägern (siehe weiter unten) ist seit dem Mikrozensusurteil des BVerfG aus 1973 kein Rückschluss von der Steueridentnummer auf die Person zulässig und daher unmöglich. Eine integrierte informationstechnische Verarbeitung der Steuerfälle und des Schriftverkehrs mit den Finanzämtern ist daher ebenfalls nicht möglich.

Für verschiedene Steuerarten gibt es jeweils weitere Steuernummern in der Struktur der bisherigen Steuernummer ohne Prüfziffer und in verschiedener Länge. Dabei wird die Bundesfinanzamt-Nummer (BUFA Nummer) je nach Bundesland verkürzt verwendet.[6] Die verwendete Finanzamts-Nummer muss beispielsweise bei der Umsatzsteuer nicht mit der des ausstellenden Finanzamts übereinstimmen.

2013 bestätigte die Bundesregierung, dass bis zum 1. Dezember 2013 in bis zu 164.000 Fällen versehentlich mehrere Identifikationsnummern an einen einzelnen Bürger oder dieselbe Identifikationsnummer an mehrere Bürger gleichzeitig vergeben worden sein könnte.[7] Dieser Umstand barg die Gefahr einer fehlerhaften Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Lohnsteuerabzugsfahren. Bei den betroffenen Steuerpflichtigen konnte dies zu nicht sachgerechten Mehr- oder nicht rechtskonformen Minderbelastungen führen. Um die Eindeutigkeit der Zuordnung zu gewährleisten, wurden Fälle einer Datenvermischung oder Mehrfacherfassung durch Stilllegung der überzähligen Steueridentifikationsnummern bereinigt.[8]

Zu der Identifikationsnummer werden alle persönlichen Angaben gespeichert: Name(n), Anschrift(en), Geschlecht, Geburtstag und -ort sowie das zuständige Finanzamt. Die gesetzliche Grundlage ist § 139b Abgabenordnung und die dazu ergangene Verordnung (§ 1 STIdV).[9]

Der damalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, befürchtete, die Identifikationsnummer könne, wie der italienische Codice Fiscale, ein weit über die Steuerbelange hinausgehendes allgemeines Personenkennzeichen werden.[10]

Für die Einführung der Identifikationsnummer wurde im Oktober 2007 der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit dem Negativpreis Big Brother Award in der Kategorie Politik ausgezeichnet. Weiterhin wird die Verfassungskonformität der Identifikationsnummer von einigen Kritikern bestritten.

Auch die Humanistische Union sieht in der bundeseinheitlichen Identifikationsnummer eine nicht verfassungskonforme Personenkennziffer und hat am 20. August 2008 beim FG Köln Klage erhoben. Mindestens drei weitere Klagen sind bisher öffentlich bekannt geworden. Die Klagen (Az. 2 K 2822/08 FG Köln u. a.) wurden jedoch trotz verfassungsrechtlicher Bedenken des Gerichts an der IdNr zunächst abgewiesen, weil das Finanzgericht eindeutig von einer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein muss, um eine Klage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.[11]

In einem anderen, parallelen Verfahren hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Zuteilung der Identifikationsnummer und die dazu erfolgte Datenspeicherung insbesondere mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar ist.[12] Das Bundesministerium der Finanzen wies die Einsprüche am 22. Juli 2013 in Hinblick auf dieses BFH-Urteil in einer Allgemeinverfügung zurück.[13]

Weitere Identifikationsnummern

Es erhält jeder Steuerpflichtige weiterhin (2016) Steuerbescheide etwa für Grundsteuer oder Umsatzsteuer mit verschiedenen Steuernummern für jeden Steuerfall ohne Verweis auf seine Steueridentnummer.

Als weitere Zahl wird voraussichtlich ab 2021 die Wirtschafts-Identifikationsnummer für Selbstständige, juristische Personen und Personenvereinigungen eingeführt (siehe § 139a AO).

Daneben existiert bereits seit 1993 (Einführung des Europäischen Binnenmarktes) die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die Unternehmen zur (umsatzsteuerfreien) Teilnahme am Waren- und Dienstleistungsverkehr im Gebiet der Europäischen Union benötigen. Diese wird im Inland nicht benötigt, formal reicht die Angabe der Umsatzsteuernummer aus.

Wiktionary: Steueridentifikationsnummer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bezeichnung laut Verordnung
  2. [1]
  3. Information des isländischen Einwohnermeldeamts über die Kennnummer (kennitala) (Engl.). Abgerufen am 21. August 2014.
  4. Vgl. Steinmüller, Wilhelm: EDV und Recht : Einf. in d. Rechtsinformatik. In: Juristische Arbeitsblätter : JA-Sonderheft. Band 6. Schweitzer, Berlin 1970, S. 78.
  5. ZIVIT (PDF; 20 kB): Prüfziffernberechnung für die IdNr nach § 139b AO
  6. Finanzamtsnummern und BUFA-Nummern
  7. Steuernummer – Fiskus schafft Doppelgänger – Wirtschaft – Süddeutsche.de. Abgerufen am 13. Februar 2014.
  8. Mehrfach vergebene Steuer-Identifikationsnummern Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drucksache 18/929 vom 26. März 2014
  9. Verordnung zur Vergabe steuerlicher Identifikationsnummern (Steueridentifikationsnummerverordnung - StIdV) vom 28. November 2006 (BGBl. I S. 2726)
  10. Vgl. Schaar, Peter: Das Ende der Privatsphäre. Der Weg in die Überwachungsgesellschaft. C.Bertelsmann, München 2007, S. 172.
  11. Urteil zu Steuer-ID, wochenblatt.de
  12. BFH, Urteil vom 18. Januar 2012 Az. II R 49/10
  13. Allgemeinverfügung des Bundesministeriums der Finanzen zur Zurückweisung der wegen der Zuteilung der steuerlichen Identifikationsnummer (§ 139b AO) erhobenen Einsprüche vom 22. Juli 2013.