„Michael Lüders“ – Versionsunterschied

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*''Im Herzen Arabiens. Stolz und Leidenschaft – Begegnung mit einer zerrissenen Kultur.'' [[Verlag Herder|Herder]], Freiburg im Breisgau 2006, ISBN 3-451-28347-6.
*''Im Herzen Arabiens. Stolz und Leidenschaft – Begegnung mit einer zerrissenen Kultur.'' [[Verlag Herder|Herder]], Freiburg im Breisgau 2006, ISBN 3-451-28347-6.
*''Allahs langer Schatten. Warum wir keine Angst vor dem Islam haben müssen.'' Herder, Freiburg 2007, ISBN 3-451-29664-0.
*''Allahs langer Schatten. Warum wir keine Angst vor dem Islam haben müssen.'' Herder, Freiburg 2007, ISBN 3-451-29664-0.
**arabische Ausgabe: ''Dhill Allah at-tawil'' bei Al Warrak Publishing, London, 2008
**aktualisierte, völlig überarbeitete Neuausgabe 2011, ISBN 978-3-451-06246-9
*{{Literatur|Titel=Blöder Hund|Verlag=[[Droemer Knaur|Knaur]]|Ort=München|Jahr=2010|ISBN=978-3-426-50657-8|Kommentar=humoristischer Roman}}
*{{Literatur|Titel=Blöder Hund|Verlag=[[Droemer Knaur|Knaur]]|Ort=München|Jahr=2010|ISBN=978-3-426-50657-8|Kommentar=humoristischer Roman}}
*{{Literatur|Autor=Michael Lüders|Titel=Tage des Zorns. Die arabische Revolution verändert die Welt|Ort=München|Verlag=C.H.Beck |Jahr=2011|ISBN=978-3-406-62290-8|Kommentar=[http://www.sehepunkte.de/2012/02/20227.html Rezension in Sehepunkte]}}
*{{Literatur|Autor=Michael Lüders|Titel=Tage des Zorns. Die arabische Revolution verändert die Welt|Ort=München|Verlag=C.H.Beck |Jahr=2011|ISBN=978-3-406-62290-8|Kommentar=[http://www.sehepunkte.de/2012/02/20227.html Rezension in Sehepunkte]}}

Version vom 16. April 2017, 22:18 Uhr

Michael Lüders (2017)

Michael Lüders (* 1959 in Bremen) ist ein deutscher Politik- und Islamwissenschaftler, der als Publizist sowie Politik- und Wirtschaftsberater tätig ist.

Leben

Michael Lüders studierte zwei Semester arabische Literatur an der Universität Damaskus sowie Publizistik, Islam- und Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Ebendort wurde er mit einer Arbeit über das ägyptische Kino zum Dr. phil. promoviert.

Anschließend arbeitete Lüders zunächst als Dokumentarfilmer und Hörspielautor für den SWR und WDR und war von 1993 bis 2002 Nahost-Redakteur bei der ZEIT. Von 2002 bis 2003 war er als Berater für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) tätig.[1]

Seit Januar 2004 ist Lüders als Mitinhaber der Middle East Consulting Group in Berlin freiberuflicher Politik- und Wirtschaftsberater sowie Publizist und Autor. Er hält nach eigenen Angaben Vorträge über „das Spannungsverhältnis zwischen dem Westen und der arabisch-islamischen Welt“ und „Investitionsmöglichkeiten in der arabischen Welt“ und veröffentlicht „Expertisen zur Ursachenforschung islamistischer Gewalt“.[2] Er berät unter anderem das Auswärtige Amt (AA) und erstellt Fachgutachten für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Darüber hinaus unterrichtet er im Lehrauftrag am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Philipps-Universität Marburg und ist zur Zeit (2015/16) Gastdozent am Middle East Center der Sakarya Üniversitesi in der Türkei.

Michael Lüders lebt in Berlin.

Funktionen

Seit 2015 ist Lüders Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft[3]. Außerdem ist er Beiratsmitglied des Nah- und Mittelost-Vereins (NuMOV)[4] und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Orient-Stiftung.

Positionen

Lüders lastet die Verschärfung der Konflikte im Nahen Osten den USA an: „… eine Politik der militärischen Intervention, wie sie die USA seit 2001, seit den Terroranschlägen des 11. September vollzogen haben, sei es in Afghanistan, im Irak, in Syrien, in Libyen und im Jemen, [hat] in allen genannten Ländern lediglich Staatsverfall gebracht …, zu Anarchie und Chaos geführt … Und das Erstarken von terroristischen Bewegungen wie dem Islamischen Staat ist ursächlich auf diese Interventionspolitik zurückzuführen.“ (http://www.deutschlandfunk.de/vorstoss-von-us-diplomaten-syrien-als-verbuendeten.694.de.html?dram%3Aarticle_id=357523)Vorlage:": Ungültiger Wert: ref=

Zur Lösung des Syrienkrieges und Reduzierung der Zahl der Flüchtlinge plädierte Lüders für eine Kooperation mit Baschar al-Assad sowie Russland und Iran. Der Berliner Zeitung sagte er: „Es gibt doch bereits eine Schutzzone für Flüchtlinge in Syrien. In dem Küstenstreifen am Mittelmeer, den Assads Armee noch kontrolliert, befinden sich vier Millionen Menschen, die vor dem IS geflohen sind.“[5]

Im Interview zu seinem Buch Wer den Wind sät... führte Lüders seine These aus, wonach „westliche Politik“ nur „vermeintlich“ für Demokratie und Gerechtigkeit stehe.[6]

Den Terroranschlag am 12. Januar 2016 in Istanbul lastete er der PKK an.[7] Türkische Regierungsstellen gehen von einer Urheberschaft des IS aus.

In der ZDF-Talkshow von Markus Lanz behauptete Lüders im April 2017 hinsichtlich eines kurz zuvor erfolgten Giftgasangriffes im Syrischen Bürgerkrieg unter Berufung auf Can Dündar, dass die Türkei 2013 Giftgas an die syrischen Rebellen geliefert habe. Dündar widersprach kurz darauf der Darstellung von Lüders, bezeichnete sie als „totalen Unsinn“ und erklärte, dass die Cumhuriyet, deren Chefredakteur er damals war, lediglich über türkische Waffenlieferungen an die Rebellen berichtet habe. Der Westen macht dagegen die syrische Regierung für den Angriff von 2017 verantwortlich, während Russland behauptet, dass ein Giftgasdepot der syrischen Opposition getroffen worden sei.[8] Die Journalistin Brigitte Baetz führte im Deutschlandradio aus, dass in den sozialen Medien Lüders’ Deutung insbesondere von denen ins Feld geführt werde, die der Sichtweise westlicher Regierungen und Medien misstrauen.[9]

Zum Luftangriff auf den Militärflugplatz asch-Schaʿirat, den die US-Regierung als Reaktion auf den Giftgasangriff ausführte, sagte Lüders, die USA öffne damit die Büchse der Pandora. Es bestehe die Gefahr, dass sich die beiden Nuklearmächte USA und Russland in Syrien bald in einer ernsthaften Konfrontation befinden.[10] Der von Lüders auch kurz darauf in der Talkshow von Anne Will vorgetragenen These widersprach dort der Historiker Michael Wolffsohn, der anführte, dass die russische Seite von den USA vorgewarnt gewesen sei, jedoch die US-Marschflugkörper nicht abgeschossen habe, obwohl sie dies hätte tun können.[11]

Rezeption

Wir hungern nach dem Tode (2001)

In einer narzisstischen Kränkung sieht Lüders nach Auffassung des Rezensenten Ralf Balke (Tagesspiegel) die Ursachen des Islamismus und Terrorismus. Für Lüders sei dieser nicht allein Ausdruck einer gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Krise, sondern zugleich auch ein psychosoziales Phänomen, „ein Gefühl tiefer Demütigung und Verletzung" einer Kultur, die sich eigentlich für die überlegene hält.[12]  Lüders ist dabei gegen den Reduktionismus einer Schwarz-Weiß-Malerei und erinnert die Rezensentin Andrea Senfft (SZ) an Arundhati Roy, die Osama Bin Laden als "Zwilling" Bushs bezeichnet habe, weil beide in politische Verbrechen verstrickt seien, sich auf Gott beriefen und auf die "Erlösungsrhetorik von Gut und Böse" zurückgriffen. Die größte Herausforderung sehe Lüders im Umdenken, in dem Versuch, die arabisch-islamische Welt nicht mehr als „strategische Verfügungsmasse” zu behandeln. „Nicht nur der Terrorismus bedrohe die offene Gesellschaft und das Freiheitsangebot des Westens, auch 'unsere Selbstgefälligkeit, die Attitüde des Siegers.'” [13]

Tee im Garten Timurs (2003)

Mit dem Irak-Krieg entsteht in Lüders' Einschätzung 2003 „ein durchgehender Krisenbogen vom Gaza-Streifen über das Kaspische Meer bis nach Kaschmir." In Zentralasien sei seit der Entdeckung riesiger Öl- und Gasvorkommen im Kaspischen Meer ein neues geostrategisches „Großes Spiel" um Macht und Pipelines ausgebrochen. Noch stärker als der erste Teil über Zentralasien, das Lüders nur aus einer einzigen Reise persönlich kenne, findet Lutz C. Kleveman (Die Zeit) den über den Nahen und Mittleren Osten, in denen er die unheilvollen Allianzen George W. Bushs kritisiert, in etwa Afghanistan die mit dem Warlord Ismael Khan. Im Irak erscheint ihm in stabiler, mehr oder weniger demokratischer Irak angesichts des abzusehenden Siegs der schiitischen Kräfte bei den Wahlen „höchst unwahrscheinlich". Hinter dem amerikanischen Engagement besonders im Irak sehe Lüders die amerikanische Politik, die Demokratie sage und Erdöl meine.  Die Menschen würden das durchschauen und seien enttäuscht. Der der große unbekannte Faktor im neuen „Großen Spiel", sei, inwieweit das den Terrorismus fördere. Klevemann bescheinigt Lüders profunde Kenntnisse und einen „kühlen, unaufgeregten Stil".[14]

Alexandra Senfft (Frankfurter Rundschau) fand, dass Lüders' „politische Reiseführer" zwar den Vorteil rascher Orientierung biete, aber den Nachteil habe, dass die einzelnen Kapitel eines solchen Buches, je nach Spezialisierung, zwangsläufig stärker oder schwächer ausfielen. Zentralasien scheine Lüders sprachlich und kulturell ein wenig fremd zu sein. Er stelle die Verzahnung zwischen den Verhältnisse in der Region mit den geostrategischen Interessen der USA dar und stelle die These auf, dass ohne eine Lösung des Nahostkonfliktes auch die übrige Region nicht zu befrieden sei. Bedauerlich fand sie, dass Lüders dabei nicht auf eigene Quellen, sondern auf Informationen aus zweiter Hand zurück greife. Umso packender fand die Rezensentin die Analysen der komplizierten Gesellschaftsstrukturen in Irak und Afghanistan.[15]

Im Herzen Arabiens (2004)

Hartmut Wagner (Eurasisches Magazin) lobt die Bemühung des Autors, die USA nicht zu dämonisieren, wie er das bei seinen Gesprächspartnern im Nahen Osten immer wieder erlebe. Er wolle die US-Aktivitäten nicht beschönigen, wohl aber ihre Wahrnehmung versachlichen. Er zitiert Lüders: „Man kann Washington keinen Vorwurf machen, daß es die Schwäche der arabischen Seite erkennt und für sich nutzt. Das würden arabische Herrscher umgekehrt auch machen, wenn sie könnten.“ Sympathie gewinne Lüders' sehr persönliches und angenehm lesbares Buch "besonders durch die Ehrlichkeit des Autors". Lüders sehe seine langjährige Beschäftigung mit der fremden Welt Arabiens als einen Prozess der Selbsterforschung, der immer auch von tiefen Selbstzweifeln begleitet werde. Als "streitbarer Analytiker", vertrete er auch weniger popuäre Standpunkte, wie den, der Islamismus würde in der "vorbehaltslosen Unterstützung des Westens für Israel und den undemokratischen politischen Systemen in Arabien hervorragende Bedingungen vorfinden. Des weiteren vertrete er die These, Terrororganisationen wie Hamas oder Hizbollah hätten sich niemals zu einer Massenbewegung entwickeln können "ohne die völkerrechtswidrige, auf Vorherrschaft ausgerichtete Politik Israels" und kritisiert die ideologische und "imperiale" Überhöhung der fraglosen Vorzüge des Westens.[16]

Edith Kresta (taz) kritisiert Lüders kulturkrisches Urteil über den Vregleich von Orient und Ohzident:„Wir sind reich an materiellen Werten, doch arm an Menschlichkeit. Im Orient ist es genau umgedreht". So ein Pauschalurteil über den schon weitgehend modernisierten Orient passe nicht zu seinen sonstigen differenzierten Einschätzungen, die allenfalls von dieser abgesehen nicht romantisch verklärend seien. Lüders’ Buch, so die Rezensentin, sei eine "kenntnisreiche Beschreibung einer politisch und sozial desolaten Welt, die im Westen immer mehr als Club der Verlierer gehandelt wird," der von der eigenen Unfähigkeit durch Schuldzuschreibungen an Israel ablenke. Sie zitiert Lüders: „Selbst wenn es den jüdischen Staat nicht gäbe, wäre die Misere der arabischen Welt, ihre Stagnation und fehlende Kreativität, ihre Repression und Gewalttätigkeit dieselbe.“ Hindernisse auf dem Weg zur Entwicklung sieht er aber auch in der Überheblichkeit der Israelis und des Westens gegenüber den Arabern; Lösungen sieht er in der westlichen Unterstützuung der Bürgerbewegungen durch NGOs und in Bildungsinvestitionen.[17]

Aminas Restaurant (2006)

Der dritte Roman Lüders’ thematisiert die Geschichte einer aus Marokko nach Bremen eingewanderten Familie, die in der Hansestadt ein Restaurant eröffnet. Lüders verarbeitete darin seine neu gewonnenen Erfahrungen aus dem Orient, indem er sie auf seine Bremer Heimat übertrug und beide miteinander verknüpfte. Der Roman wurde von nationalen und internationalen Rezensenten überwiegend positiv besprochen und gelobt.

Tage des Zorns (2011)

Lüders’ Werk über das „Arabellion“ wurde in die Shortlist für „Das beste Wissenschaftsbuch 2011“ in Österreich aufgenommen. In der NZZ bescheinigte Beat Staufer dem Autor, er schaffe es ausgezeichnet, auf jeweils wenigen Seiten alles Notwendige zum Verständnis der politischen und sozialen Verhältnisse darzulegen, die vor Ausbruch der Aufstände in den einzelnen Ländern geherrscht hatten. Er sei zu kritisch gegenüber Islamkritikern und sehe in Tunesien und Ägypten das größte Demokratiepotential mit Ausstrahlungswirkung. Pessimistisch sei er gegenüber Libyen und Irak.[18]

Iran: Der falsche Krieg (2012)

Franziska Augstein nannte das Werk, das auf der Bestenliste der „SZ/NDR-Sachbücher des Monats Juni 2012“ stand, in der Süddeutschen Zeitung ein „exzellente[s] Buch“ mit einer „klugen, sorgfältigen Darstellung“.[19][20]

Wahied Wahdat-Hagh befand hingegen auf dem Portal für Politikwissenschaft, dass Lüders ein mit klaren Feindbildern („israelische Regierung, die Israel Lobby oder Washingtons Neokonservative“) ausgestatteter „Ahmadinedschad-Versteher“ sei: Dem damaligen iranischen Präsidenten attestiere Lüders, dass dessen Holocaustleugnung nur dazu diene, seinem „einheimischen KlienteSiel“ die eigene Unbeugsamkeit zu vermitteln. Die iranische Regierung bestreite laut Lüders auch nicht das Existenzrecht Israels, obwohl sie seit Jahrzehnten von „Groß-Palästina“ spreche und in verschiedenen Varianten das Ende und die Vernichtung Israels fordere. Lüders verharmlose die Gewalt und den Terror gegen Israel und bezeichne es daher als „ganz logisch“, dass die iranische Regierung Hamas und Hisbollah unterstütze. Lüders sehe die Schuld für den Nahostkonflikt grundsätzlich bei Israel, seine Vorurteile seien tief verankert und er sei nicht bereit, die Ursachen eines potenziellen Krieges zu erkennen.[21]

Die Journalistin Gemma Pörzgen im Deutschlandfunk bemängelte zwar die nur „scheinbare Zwangsläufigkeit der von [Lüders] geschilderten Entwicklung“, lobte aber seine „Expertise“ und sah in dem „unbedingt lesenswerten“ Buch ein „angenehme[s] Bemühen um Sachlichkeit“.[22]

Matthias Küntzel bezeichnete Lüders Irandarstellung als einseitig für die iranische Seite Partei ergreifendes „Märchenbuch“, das „einer Quellenprüfung nicht stand“ halte. Er stütze sich etwa zu Unrecht auf das Guldimann-Memorandum und erfinde Vorgänge, die es nicht gebe. Hinter der US-amerikanischen Politik vermute er in einer bekannten Geistestradition eine israelische Verschwörung.[23] Küntzel wirft Lüders auch vor, dass angebliche wirtschaftliche Interessen in der Region im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als „Nahost-Wirtschaftslobbyist“ sowohl von seinem Verlag wie auch bei seinen regelmäßigen Auftritten im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht erwähnt werden.[23]

Der Politikwissenschaftler Stephan Grigat rezensierte das Buch in der Jungle World als „perfide“ Verharmlosung des Chomeinismus, das einseitig Fakten verschweige und falsch darstelle, die Standardliteratur im Sinne seiner Darstellung ignoriere und sich stattdessen auf antizionistische Autoren wie Ilan Pappe stütze. Lüders analysiere den Hass auf Israel nicht als eines der zentralen Elemente der khomeinistischen Ideologie, sondern verniedliche ihn zur „instrumentellen Dämonisierung“ und verschweige alle Bemühungen Israels um eine friedliche Lösung. Wahrheitswidrig seien etwa die Behauptungen, das proisraelische American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) trete „für ein Großisrael ein“, stehe für die „prinzipielle Ablehnung eines palästinensischen Staates“ oder die Frühzeit Israels sei vom Revisionismus geprägt.[24]

Sylke Tempel fand, die Darstellung sei von „viel Fantasie und wenig seriöse[r] Recherche“ getragen.[25]

Wer den Wind sät (2015)

Christian Patz bemängelte auf dem Portal für Politikwissenschaft im ganzen, 2015 erschienen Buch Wer den Wind sät einen „zynischen Unterton“, der sich zuweilen ins „Abstruse“ steigere: So versteige sich Lüders zu der Aussage, dass der amerikanische Cruise‑Missile‑Angriff auf Al-Qaida-Ausbildungslager als Reaktion auf die Bombenanschläge auf die US‑Botschaften in Kenia und Tansania 1998 zur Ablenkung von der Lewinsky-Affäre erfolgt sei. „Jenseits der ausführlichen Anklage“ westlicher Politik vernachlässige Lüders dabei Ursachendynamik und Eigenverantwortung der Regime in der Region für deren Zustand.[26]

Das ARD-Kulturmagazin ttt – titel, thesen, temperamente lobte das Buch hingegen als kenntnisreiches, pointiertes und packendes Buch geschrieben, eins, das gefehlt habe. Christine Romann weist in ihrer Rezension besonders auf die sich wiederholenden politischen Muster hin, die Lüders in der Vergangenheit aufzudecken sucht. Das Desaster des fanatisches Islam, die islamische Revolution im Iran, der Terror, die brutale Gewalt des IS wären nicht in der Welt ohne die Interventionen des Westens innerhalb der letzten 60 Jahre. Dahinter hätten, so Lüders, immer Geschäftsinteressen, Geo- und Machtpolitik, vor allem der USA gestanden.[27]

In der Islamischen Zeitung urteilte Andreas Abu Bakr Rieger als „unbestechlicher Chronist“ fasse Lüders die jahrzehntelangen Machenschaften des Westens in der Region klug zusammen, er merkt aber an, dass Lüders, während er die Politik Israels mit guten Gründen scharf kritisiere, ein wenig der Abgrund der selbstmörderischen Strategie der Hamas-Ideologen entgehe.[28]

Armin Pfahl-Traughber bescheinigte beim Humanistischen Pressedienst dem Buch zwar die Nennung „einer Fülle von historischen und politischen Fakten, welche die Ambivalenz und Doppelmoral westlicher Politik in der dortigen Region veranschaulichen“, Lüders stelle wichtige Fragen wie: „Gibt es eine einzige militärische Intervention des Westens, die nicht Chaos, Diktatur, neue Gewalt zur Folge gehabt hätte?“ Pfahl-Traughber bemängelte jedoch „Aufgeregtheit und Einseitigkeit, aber auch Moralismus und Oberflächlichkeit“ der Darstellung. Die Frage, warum die USA bzw. der Westen so handelten, würde Lüders nicht näher erläutern, und das Gut-Böse-Schema der Beurteilung der Akteure finde sich auch bei ihm selbst.[29]

Die den Sturm ernten (2017)

Lüders Publikation von 2017 wurde von Winfried Dolderer für den Deutschlandfunk rezensiert. Lüders’ „Debattenbeitrag“ sei interessant und lesenswert, aber auch kontrovers. Der Leser werde Lüders’ Analyse, die sich unter anderem auf geleakte US-Botschaftsdepeschen und auf Hillary Clintons Memos stützt, in vielem zustimmen, aber „dass es allein der Westen gewesen sein soll, der Syrien ins Chaos gestürzt hat, wie im Untertitel formuliert, bleibt eine Behauptung.“ Positiv hervorgehoben wird besonders Lüders’ historische Übersicht, die auf einer breiten Quellengrundlage die Geschichte westlicher Attacken auf die politische Ordnung Syriens darstellt, die bereits im März 1949 mit einem von der CIA organisierten Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Schukri al-Kuwatli begonnen habe.[30]

Für das Kulturjournal des Bayerischen Rundfunks geht es Lüders „nicht darum, die Kriegsführung Assads oder seiner russischen Verbündeten zu verharmlosen“, umgekehrt sei im Westen dessen großer „Anteil an der Internationalisierung und damit auch der Eskalation des Konflikts kein prominentes Thema in der medialen und politischen Beschreibung des Krieges“. Dabei habe sich bereits im Irak „gezeigt, dass ein von außen unterstützter Regimewechsel zum Staatszerfall und damit zum Erstarken des radikalen Dschihadismus“ geführt hat. Die verfehlte Interventionspolitik im Namen eigener geostrategischer Interessen kann die Geister, die sie gerufen hat, längst nicht mehr bändigen. Die Hintergründe dieses verhängnisvollen Zusammenhangs klärt Michael Lüders in seinem Buch auf.“[31]

Das Team des Tagesschau-Anti-Fake-News-Portals „faktenfinder“ unter Leitung von Patrick Gensing recherchierte zu der von Lüders im Buch propagierten These, dass, anders als vom Westen behauptet, die Türkei 2013 Giftgas an radikalislamische Rebellen in Syrien geliefert habe und diese für die Giftgasangriffe von Ghuta verantwortlich seien. Lüders beruft sich mit seinem False-Flag-Vorwurf auf Artikel des Journalisten Seymour Hersh.[32][33] Hershs Thesen wurden jedoch stark angezweifelt. So hatte bereits 2014 Eliot Higgins im Guardian Hersh explizit unter Hinweis auf die eingesetzten Munitionstypen widersprochen und eine Beteiligung der Türkei ausgeschlossen.[34] Das „faktenfinder“-Team kam zu dem Fazit, dass die von Lüders erhobenen schweren Vorwürfe auf sehr dünner bzw. widersprüchlicher Quellenlage basieren und der Leitfrage „Cui bono?“ folgten. Indizien, die nicht zu Lüders’ Version passen (hier z.B. auch Berichte von Human Rights Watch und dem UN-Menschenrechtsrat, die auf eine Verantwortung syrischer Regierungstruppen für die Gasangriffe hindeuteten), blieben zumeist unerwähnt. Lüders ernte zwar für seine Behauptungen viel Beifall, besonders substantiell wirken sie bei genauerer Prüfung aber nicht.[35]

Soziale Medien und Fernsehauftritte

Brigitte Baetz sagte im Deutschlandradio, dass Lüders in den Sozialen Medien insbesondere von denen gefeiert werde, die die so genannten „Systemmedien“ ablehnen und glauben, dass der Westen sich gegen Putin und Assad verschworen habe. Unter anderen Nahost-Experten wird Lüders hingegen kritisch betrachtet. So warf Sylke Tempel, Chefredakteurin der Zeitschrift Internationale Politik, ihm bereits 2012 vor, das Weltbild von den bösen „israelischen und amerikanischen Kriegshetzern“ zu pflegen. Thorsten Gerald Schneiders, Redakteur beim Deutschlandfunk und Islamwissenschaftler, verglich Lüders mit dem UFO-„Experten“ Erich von Däniken. Anne Will erklärte 2017 in ihrer Talkshow, man habe Lüders „bewusst nicht als einen neutralen Nahost-Experten vorgestellt, sondern als Autor und als Politik- und Wirtschaftsberater“ und einen „Geschäftsmann, der sein Wissen an Firmen verkauft, die im Nahen und Mittleren Osten ihre Geschäfte machen wollen“. Ihre Frage an ihn, ob seine „wirtschaftlichen Interessen da eine Rolle [spielten,] wenn [er behaupte], dass es der Westen sei, der Syrien ins Chaos gestürzt“ habe, blieb unbeantwortet.[36]

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

Neben Sachbüchern verfasst Lüders Hörspiele und produziert Dokumentarfilme über Afghanistan und Ägypten. Seine Romane und Erzählungen spielen im Nahen oder Mittleren Osten.

Literatur

Rundfunkberichte

Einzelnachweise

  1. Munzinger
  2. Lebenslauf, michael-lueders.de, abgerufen am 29. Dezember 2015.
  3. DAG-Vorstand
  4. NuMOV-Beirat
  5. Thomas Kröter: Vorschlag zum Bundeswehreinsatz in Syrien: Von der Leyen gegen Einsatz von deutschen Truppen in Syrien. In: ksta.de. 16. September 2015, abgerufen am 6. Dezember 2015.
  6. Interview von Georgios Chatzoudis | 17. November 2015
  7. „Der Nahost-Experte Michael Lüders hegt Zweifel, dass das Selbstmordattentat in Istanbul tatsächlich von einem IS-Kämpfer verübt worden ist. Es sei weitaus plausibler, von einem kurdischen Hintergrund auszugehen. Angesichts des erbarmungslosen Kampfes gegen die kurdische Zivilbevölkerung liege ein Racheakt nahe, sagte er im DLF.“
  8. http://m.spiegel.de/politik/ausland/syrien-die-indizien-die-verschwoerungstheorien-die-fakten-zum-giftgasangriff-a-1143009.html
  9. Dündar distanziert sich von Äußerungen des Nahost-Experten Lüders, Deutschlandfunk vom 9. April 2017
  10. Lüders: Trump öffnet die Büchse der Pandora, NDR, 7. April 2017
  11. Gerd Appenzeller: [http://www.tagesspiegel.de/medien/anne-will-zum-us-luftangriff-in-syrien-gibt-es-nicht-nur-eine-wahrheit/19636012.html In Syrien gibt es nicht nur eine Wahrheit, Der Tagesspiegel vom 10. April 2017
  12. Ralf Balke: Gefühl der Demütigung. Tagesspiegel 2001.    
  13. bücher.de IT and Production: 'Wir hungern nach dem Tod'. Andrea Senfft: Zukunftsangst. Michael Lüders untersucht die islamistische Gewalt. Süddeutsche Zeitung - Rezension, 20.06.2002. Abgerufen am 16. April 2017.
  14. Lutz C. Kleveman: Naher und Mittlerer Osten: Frieden? Demokratie? Fehlanzeige. In: Die Zeit. 4. September 2003, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 16. April 2017]).
  15. Frankfurter Rundschau: Entlang der Pipeline. In: Frankfurter Rundschau. (fr.de [abgerufen am 16. April 2017]).
  16. EURASISCHES MAGAZIN, Germany: „Im Herzen Arabiens“ von Michael Lüders. (eurasischesmagazin.de [abgerufen am 16. April 2017]).
  17. Edith Kresta: Die arabische Welt: Reformen und Liebe. In: die tageszeitung. (taz.de [abgerufen am 16. April 2017]).
  18. Beat Staufer: Protokolle einer Zeitenwende. NZZ am Sonntag, 25. September 2011
  19. Rezensionsnotiz zu Iran. Der falsche Krieg von Franziska Augstein in der SZ, 30. April 2012 (online)
  20. Rezensionsnotiz zu Iran. Der falsche Krieg von Franziska Augstein in der SZ, 30. April 2012 (online)
  21. Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Michael Lüders: Iran: Der falsche Krieg. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, veröffentlicht am 13. September 2012.]
  22. Gemma Pörzgen: Warnung vor Militärschlag gegen Teheran. In: deutschlandfunk.de. 7. Mai 2012, abgerufen am 10. August 2015.
  23. a b Michael Lüders und „die reichen New Yorker Juden“, publikative.org, 4. Juli 2012.
  24. Stephan Grigat: Der Günter Grass der Politikwissenschaft. In: Jungle World. 7. Juni 2012, abgerufen am 10. August 2015.
  25. Sylke Tempel: Überall Kriegshetzer. In: Tagesspiegel. 13. August 2013 (online).
  26. Christian Patz, Rezension zu: Michael Lüders: Wer den Wind sät. München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, veröffentlicht am 15. Oktober 2015
  27. "Wer den Wind sät" - ttt - titel, thesen, temperamente - ARD | Das Erste. 21. Juli 2015, abgerufen am 11. April 2017.
  28. Abu Bakr Rieger bespricht den neuen Titel von Michael Lüders. In: Islamische Zeitung. (islamische-zeitung.de [abgerufen am 11. April 2017]).
  29. Armin Pfahl-Traughber: Die Politik des Westens im Nahen und Mittleren Osten, Humanistischer Pressedienst vom 30. März 2015
  30. Syrien-Krieg – Die Fehler des Westens. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 7. April 2017]).
  31. Bayerischer Rundfunk: "Die den Sturm ernten": Michael Lüders über Syrien und den Westen | BR.de. 7. März 2017 (br.de [abgerufen am 7. April 2017]).
  32. Michael Lüders: Die den Sturm ernten: Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte. 2. Auflage. C.H.Beck, 2017, ISBN 978-3-406-70780-3, S. 176.
  33. Seymour M. Hersh: The Red Line and the Rat Line. In: London Review of Books. 14. April 2014, S. 21–24 (lrb.co.uk).
  34. Eliot Higgins: It's clear that Turkey was not involved in the chemical attack on Syria, The Guardian vom 22. April 2014
  35. Patrick Gensing u.a.: „Giftgas-Angriffe unter falscher Flagge?“, faktenfinder vom 10. April 2017
  36. Brigitte Baetz: Michael Lüders nach Talkshow-Aussagen in der Kritik, Deutschlandfunk vom 12. April 2017