Kapitalertragsteuer (Deutschland)

Die Abgeltungsteuer ist eine Quellensteuer auf Kapitalerträge.

Die Steuer wird dabei direkt an der Quelle - also durch den Schuldner der Erträge oder die depotverwaltende Stelle (in der Regel ein Kreditinstitut) - einbehalten und anonym abgeführt. Die Steuerberechnung erfolgt dabei mit einem feststehenden Steuersatz, der von dem persönlichen Einkommensteuersatz des Gläubigers unabhängig ist. Damit ist die auf die Kapitalerträge entfallende Einkommensteuer grundsätzlich abgegolten, was den wesentlichen Unterschied zu einer Kapitalertragsteuer ohne Abgeltungswirkung darstellt.

Viele EU-Mitgliedstaaten haben ein Abgeltungsteuersystem für Kapitalerträge eingeführt, wobei häufig nur Zinsen und Dividenden erfasst werden. Einige Staaten, darunter auch Deutschland, besteuern zusätzlich die Wertsteigerungen des Kapitalvermögens mit der Abgeltungsteuer.

Abgeltungsteuer in Deutschland

Zum 1. Januar 2009 wird in Deutschland ein erweiterter Steuerabzug für Kapitalvermögen (§ 20 EStG) eingeführt. Mit der einbehaltenen Kapitalertragsteuer gilt für den Privatanleger seine Steuerpflicht als "abgegolten", das heißt die bereits versteuerten Kapitalerträge müssen nicht mehr in seiner jährlichen Einkommensteuererklärung aufgeführt werden und werden nicht mit seinem individuellen Steuersatz versteuert. Für betriebliche Anleger gilt der Steuerabzug nicht als abgegolten, eine Steuererklärung des Unternehmens muss diese Einkünfte weiterhin berücksichtigen. Es gibt aber viele Sonderregeln und Details mit dieser Einführung. Die Aussagen aus den letzten Sätzen sind daher nur als zusammenfassende Erläuterung der Veränderung zum 1.1.2009 gedacht. Die notwendigen Änderungen in den verschiedenen Steuergesetzen wurden durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 geschaffen.

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören ab 2009 auch private Veräußerungsgewinne, sowie Stillhaltergeschäfte und sonstige Zahlungen aus Wertpapieren und Derivaten, nicht jedoch von Währungsgeschäften und nicht für Derivate mit physikalischer Lieferung von Währung im Moment der Ausübung. Damit sind auch solche Gewinne, die bisher nur im Rahmen der Spekulationsgeschäfte steuerlich erfasst wurden, erstmals auch bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr steuerpflichtig. Einkommen aus Anlagen im Wirtschaftsgut "Währung" (zum Beispiel Devisenkursgewinne auf Fremdwährungskonten) bleiben weiterhin nach §23 als Privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig und sind in der jährlichen Einkommensteuererklärung anzugeben. Der bisherige Ausweis dieser Einkünfte über die Jahresbescheinigung fällt weg, da die Banken dazu nicht mehr gesetzlich verpflichtet sind. Freiwillige Bescheinigungen sind je nach Bank verfügbar und dort gegebenenfalls kostenpflichtig.

Höhe der Abgeltungsteuer

Der Abgeltungsteuersatz beträgt 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag (5,5 % der Abgeltungssteuer) und ggf. Kirchensteuer (8 oder 9 % der Abgeltungssteuer). Das ergibt eine Gesamtbelastung mit Abgeltungsteuer in Höhe von 26,375 % ohne Kirchensteuer. Bei zusätzlicher Kirchensteuerpflicht wird die Abgeltungsteuer um 25 Prozent der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer ermäßigt.[1] Damit ergibt sich inklusive der Kirchensteuer eine Belastung von 27,819 % bei 8%-iger und von 27,995 % bei 9%-iger Kirchensteuer.

Das inländische Kreditinstitut, bei dem die Kapitalanlagen gehalten oder bei Tafelgeschäften die Kupons eingelöst werden, ist verpflichtet, den Steuerabzug vorzunehmen und die Steuer an die Finanzverwaltung abzuführen. Bei Ertragsarten mit Emittentensteuer (z.B. inländische Dividenden) wird die Kapitalertragsteuer inkl. Solidaritätszuschlag bereits vom Emittenten an die Finanzbehörden abgeführt. In diesem Fällen erhält die Bank nicht mehr den kompletten Ertrag, sondern einen bereits vor-besteuerten Betrag. Die Bank behält dann nur noch die Kirchensteuer ein und führt diese Beträge in Summen an das Finanzamt unter Meldung der Aufteilung auf die jeweiligen Kirchen und Regionen ab. Der Steuerpflichtige selbst bleibt dabei für die Finanzämter und Kirchen anonym. Wie bisher können Freistellungsaufträge erteilt werden (für den künftigen Sparer-Pauschbetrag), dies umfasst allerdings nur Erträge, die nicht im Tafelgeschäft abgewickelt werden. Der neue Sparer-Pauschbetrag beträgt 801 € (Ehegatten 1.602 €) und ersetzt den bisherigen Sparer-Freibetrag (§ 20 Abs. 9 EStG n.F.). Von der reinen Betragshöhe scheinen beide Beträge gleich, der Unterschied liegt jedoch in dem Umstand, dass bisher ein Ansatz von 51 € als Werbungskostenpauschale enthalten war, bei höheren Werbungskosten (beispielsweise für Depotgebühren) diese aber steuermindernd geltend gemacht werden konnten, während der neue Pauschbetrag diese Möglichkeit nicht mehr vorsieht. Bei Abgabe einer Nichtveranlagungsbescheinigung werden auch nach Einführung der Abgeltungsteuer die Kapitalerträge nicht besteuert.

Im Fall von Emittentensteuer muss die Bank bei steuerbefreienden Gründen, wie eine vorliegende NV-Bescheinigung oder ein nicht ausgenutzer Freisteller, die bereits einbehaltene Steuer dem Kunden vorstrecken und geht selber in einen Rückforderungsprozess. Dieser Rückforderungsprozess von Steuern wird beim Bundeszentralamt für Steuern BzSt im Rahmen der Sammelantragsdatenträgerverordnung kurz SADV durchgeführt oder bei Anlagen in inländischen Fonds, wird die Rückforderung über den Fonds abgewickelt. Im Fall von Zahlstellensteuern kann die Bank auf befreiende Umstände reagieren durch reduzierten Steuereinbehalt oder steuerfreie Ausschüttung. Realisierte Verluste aus Kapitalerträgen müssen (bei Privatanlegern) zur Erstattung von bereits gezahlter Steuer durch die Bank genutzt werden. Die Bank verrechnet die Steuerrückzahlung mit den offenen monatlichen Steuerabführungen an das Betriebsstättenfinanzamt BsFa und meldet die Zahlen in der KeSt-Anmeldung.

Steuerpflichtige laufende Erträge

Der Abgeltungsteuer unterliegen Zinsen, Dividenden, Erträge aus Investmentfonds und aus Zertifikaten, sowie grundsätzlich die Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.[2] Die Steuerpflicht greift unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. Es ist danach ausreichend, wenn sowohl die Rückzahlung als auch die Gewährung eines Entgelts ungewiss sind. Somit ist die Unterscheidung zwischen Zinspapier, Finanzinnovation und Spekulationspapier zukünftig irrelevant. Auch Stillhaltergeschäfte gehören ab 2009 zu den Kapitaleinkünften.[3]

Steuerpflichtige Veräußerungsgeschäfte

Die steuerpflichtigen Veräußerungsvorgänge wurden mit dem § 20 Abs. 2 EStG komplett neu gefasst: Steuerpflichtig sind

  • die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften (Aktie oder Geschäftsanteil),
  • die Veräußerung von Kupons (Dividenden- oder Zinsscheinen) ohne das Stammrecht,
  • die Gewinne bei Termingeschäften, (erfolgt eine physikalische Lieferung von Währung im Zuge der Ausübung, dann erfolgt kein KeSt-Abzug durch die Bank, und es gilt der §23 für private Veräußerungsgeschäfte)
  • die Veräußerung eines Anteils an einer stillen Gesellschaft oder eines partiarischen Darlehens
  • die Rechtsübertragung bei Hypotheken, Grundschulden und Renten
  • die Veräußerung einer Kapitallebensversicherung und
  • die Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder einer Rechtsposition i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG

Neben der Veräußerung ist ebenfalls die Einlösung der jeweiligen Kapitalforderung (bei Endfälligkeit) steuerpflichtig.

Eine Besonderheit ergibt sich bei Dachfonds. Hier löst der Wechsel des Fonds innerhalb des Dachfonds keine Steuerpflicht für den Wertzuwachs aus. Steuerpflichtig wird der Wertzuwachs erst, wenn der Dachfonds selbst veräußert wird.

Für die Ermittlung der Einkünfte gilt folgendes Schema:

Veräußerungs-/Einlösungspreis
./. Anschaffungskosten
./. Veräußerungskosten
=Veräußerungsgewinn / Veräußerungsverlust

Obwohl der Ansatz von Werbungskosten grundsätzlich ausgeschlossen ist, können die mit den Transaktionen entstandenen direkten Kosten (in der Transaktion berechnet) beziehungsweise indirekte Kosten für Transaktionen (zum Beispiel pauschale Gebühren für Transaktionen) abgezogen werden. Ausgeschlossen bleiben jedoch alle Kosten bei der Verwahrung der Wertpapiere.

Bei unentgeltlichem Erwerb, also Schenkung oder Erbe, sind dem Gesamt- oder dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffungswerte des Rechtsvorgängers zuzurechnen (§ 20 Abs. 4 Satz 6 EStG). Die Besteuerung der Schenkung und der Erbschaft an sich erfolgt außerhalb der Besteuerung der Kapitaleinkünfte. Bei einem Transfer von Stücken auf ein Depot eines anderen Besitzes muss der abgebende Besitzer erklären, ob es sich um eine Schenkung handelt, das heißt der Beschenkte ist steuerpflichtig nach Schenkungssteuer, oder um ein fiktives Veräußerungsgeschäft. In diesem Fall werden die Papiere anhand von Regeln bewertet und der ermittelte steuerliche Marktwert als Veräußerungspreis unterstellt. Für den Empfang der Stücke gelten sie zu eben diesem steuerlichen Marktpreis als angeschafft. Die Banken in Deutschland sind verpflichtet, diese Anschaffungsdaten gegenseitig auszutauschen.

Ausnahmen vom Steuerabzug

Die Anwendung der Regelungen zur Abgeltungsteuer ist ausgeschlossen bei so genannten Steuersatzspreizungen, also in den Fällen, in denen ein Abzug von Darlehenszinsen mit dem progressiven Steuersatz sowie Ansatz der Einnahmen lediglich mit 25 % angestrebt wird. Dies sind Zinszahlungen von Kapitalgesellschaften an Gesellschafter bei einer Beteiligung von 10 % oder mehr, bei sogenannten Back-to-back-Finanzierungen sowie bei Darlehen zwischen nahe stehenden Personen. In den genannten Fällen werden die Erträge mit dem persönlichen Steuersatz besteuert. Ausgenommen sind auch Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 17 EStG (Beteiligung mindestens 1 % am Gesellschaftskapital innerhalb der letzten fünf Jahre). Solche Erträge unterliegen künftig dem Teileinkünfteverfahren (Besteuerung von 60 % der Erlöse). Ebenfalls nicht der Abgeltungsteuer unterliegen Zinserträge aus Bankguthaben usw., die im Rahmen einer gewerblichen Betätigung anfallen. Zudem werden Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG auf Antrag vom Steuerabzug in Form der Abgeltungssteuer freigestellt, sofern sie zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und zugleich beruflich für diese tätig sind. Insoweit würde anstelle der Abgeltungssteuer gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG das Teileinkünfteverfahren treten. Der Antrag gilt, solange er nicht widerrufen wird, für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind. Nach erfolgtem Widerruf des Antrages ist ein erneuter Antrag des Steuerpflichtigen für dieselbe Beteiligung an der Kapitalgesellschaft nicht mehr möglich.

Abgeltungswirkung

Kapitalerträge, bei denen ein vollständiger Steuereinbehalt durch die Bank und ggf. den Emittenten vorgenommen wurde, brauchen bei Privatanlegern nicht mehr in der Einkommensteuererklärung angegeben zu werden. Die steuerpflichtige Privatperson kann die Einbeziehung seiner Kapitalerträge in die Einkommensteuerveranlagung beantragen. Dies macht zum Beispiel Sinn, wenn bei ihm ein niedrigerer persönlicher Steuersatz als 25 % zur Anwendung kommt (Veranlagungswahlrecht) oder er im Zuge seiner Steuer- und etwaigen Kirchensteuerpflicht Korrekturen von einzelnen Erträgen vornehmen lassen will oder muss, die durch die Bank nicht final korrekt besteuert werden konnten. Dies geschieht dann, wenn der Bank nicht alle Informationen vorliegen, wie bei eingelieferten Papieren aus dem Nicht-EWR-Ausland. Hier kommt es unter Umständen zur pauschalen Ersatzbemessungsgrundlage für die Besteuerung, die bei Nachweis anderer Zahlen über das Finanzamt ausgeglichen werden können. Ebenso werden zum Beispiel bei thesaurierenden Fonds keine Kirchensteuern durch die Bank einbehalten, da keine Zahlungen fließen. Es gibt also auch mit der Abgeltungsteuer für Privatpersonen steuerpflichtige Einkünfte, die nicht "final" durch die Bank besteuert werden und eine individuelle Steuererklärung für Kapitalvermögen nötig machen. Mit der Möglichkeit der Besteuerung zum individuellen Steuersatz wird vermieden, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen bei Steuerpflichtigen mit niedrigem Einkommen überproportional hoch besteuert werden. Ein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten im Zusammenhang mit privaten Kapitalerträgen ist allerdings nicht mehr zulässig; sie sind mit dem Sparer-Pauschbetrag (siehe oben) abgegolten.

Verluste

Verluste werden wie folgt berücksichtigt: Zunächst werden positive und negative Einkünfte (z. B. Zinsen aus Einlagen und festverzinslichen Wertpapieren, Dividenden, Einkünfte aus der Endfälligkeit von Zertifikaten, aus Einlösungsgewinnen bei Finanzinnovationen, Gewinne und Verluste aus Veräußerungsgeschäften)[4] auf Ebene der Bank verrechnet, wobei Verluste aus Aktienverkäufen grundsätzlich nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden können.[5] Ein verbleibender Verlust wird vom Kreditinstitut entweder auf das nächste Jahr vorgetragen oder, auf Antrag des Kunden bis zum 15. Dezember eines Jahres, bescheinigt und kann mit Kapitaleinkünften (keine Verrechnung mit anderen Einkunftsarten) des laufenden Jahres bei anderen Banken oder mit Kapitaleinkünften der Folgejahre verrechnet werden. Altverluste, die vor 2009 angefallen sind, können im Rahmen einer Übergangsregelung bis zum Jahr 2013 mit Kapitaleinkünften nach neuem Recht verrechnet werden.[6] Eine Verrechnung mit Zinseinkünften oder Dividendenausschüttungen ist jedoch nicht möglich.

Vor- und Nachteile der Abgeltungsteuer

Die Abgeltungsteuer ist vorteilhaft für Personen mit einem individuellen Grenzeinkommensteuersatz von mehr als 25 %. Neu ist die ausnahmslose Besteuerung von Veräußerungsgewinnen auch bei einer Haltefrist von mehr als 12 Monaten. Damit werden Aktien- und Fondsinvestments, die in der Regel eher dem Vermögensaufbau zuzurechnen sind, grundsätzlich unattraktiver. Das gilt allerdings nur für Neuanlagen ab 1. Januar 2009: Alle Wertpapiere, die bis 31. Dezember 2008 gekauft werden, unterliegen der alten Regelung und sind bei Veräußerung nach zwölf Monaten steuerfrei. Veräußerungsgewinne bei Zertifikaten sind unabhängig von der Besitzdauer steuerpflichtig für Erwerbe seit dem 14. März 2007, sofern die Papiere nach dem 30. Juni 2009 veräußert werden.

Entwicklung der deutschen Abgeltungsteuer

In Deutschland wurde bereits 1989 eine 10%ige Quellensteuer auf Kapitalerträge eingeführt, die aber keine Abgeltungsteuer war. Die Folge war jedoch ein massiver Abzug von Kapital in das Ausland, so dass diese Steuer schon wenig später wieder abgeschafft wurde.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat am 2. November 2006 „Eckpunkte der Abgeltungsteuer“ veröffentlicht. Seit der Veröffentlichung der „Eckpunkte“ gibt es eine intensive politische Diskussion um steuerrechtliche Details und deren mögliche Auswirkungen. Am 25. Mai 2007 hat der Bundestag das Unternehmensteuerreformgesetz verabschiedet; dieses Gesetz beinhaltet auch die Abgeltungsteuer.

Abgeltungsteuer und Kirchensteuer

Anleger können per Antrag bei der Bank auch die Kirchensteuer abgelten lassen. Dazu müssen sie dem Kreditinstitut ihre Religionszugehörigkeit und den für sie zutreffenden Kirchensteuersatz mitteilen. Die Bank ermittelt die Kirchensteuer und führt diese über das Bundesamt für Finanzen in Berlin an die Religionsgemeinschaften ab.

Die pauschalierte Kirchensteuer ist sonderausgabenabzugsfähig und mindert das zu versteuernde Einkommen (§ 32d Abs. 1 EStG). Die Berechnung erfolgt nach der Formel:

mit

  • : steuerpflichtige Einkünfte
  • : anrechenbare ausländische Quellensteuer
  • : Kirchensteuersatz

Beispiel bei einem Ertrag von 100,-- € und einem Kirchensteuersatz von 9 % ohne ausländische Quellensteuer:

Stellt der Anleger keinen Antrag bei der Bank, wird von dieser auch keine Kirchensteuer einbehalten. Ist er jedoch grundsätzlich steuerpflichtig, muss er diese Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuererklärung angeben und die von der Bank auszustellenden Bescheinigungen über den Abzug von Abgeltungsteuer beifügen. Die Quellensteuer darf aber nicht bei betrieblichen Anlegern oder bei Tafelgeschäften angewendet werden. In beiden Fällen ist die ausländische Quellensteuer nicht abzugsfähig.

Das Fernziel der Reform ist, ab 2011 auch bei der Erhebung der auf die Kapitalerträge anfallenden Kirchensteuer den Steuerabzug grundsätzlich an der Quelle vornehmen zu können. Diesem Ziel soll die Errichtung einer Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern in Berlin dienen, die die konfessionsrelevanten Daten wie Kirchenmitgliedschaft und den geltenden Kirchensteuersatz enthält. Die Geldinstitute rufen ihrerseits von dieser Datei alle Daten ab, um die Kirchensteuer automatisch abgelten zu können.

Die Argumente der Regierung für die Reform sind die „elektronische Machbarkeit“, der „geringe Verwaltungsaufwand“ z. B. für die Banken, die „Einfachheit“ des Verfahrens insgesamt und seine „Effizienz“. Ferner: „Damit wird den Kirchen das Aufkommen der Kirchensteuer dauerhaft gesichert“.[7]

Genaugenommen ist die im Gesetz[8] enthaltene Formel mathematisch nicht vollständig korrekt. Denn der ausländische Quellensteuerabzug ist beschränkt auf die Höhe der möglichen KeSt. Man kann nicht mehr Quellensteuer auf die deutsche KeSt anrechnen, als KeSt-Pflicht vorhanden ist. Nun ist die Höhe der "möglichen" KeSt abhängig von der Kirchensteuer. Bei 8% in Bayern ist die KeSt-Prozentzahl (ohne Anrechnung von ausländischer Quellensteuer) bei 24,51%. D.h. Ausländische Quellensteuer kann bis eben max. 24,51% angerechnet werden. Die Differenz zur wirklich einbehaltenen Quellensteuer wird in den Verrechnungstopf "ausländische Quellensteuer" eingestellt und kann beim nächsten Ertrag genutzt werden. Siehe dazu die Logik der Verlustverrechnung in der Abgeltungsteuer. Entweder man nimmt die Formel und ergänzt sprachlich: Aber Quellensteuerabzug nur bis zur Höhe der deutsche KeSt, oder man passt die Formel mathematisch an:

Ausländische Kapitalerträge

Auch Kapitalerträge, die im Ausland erzielt wurden, unterliegen grundsätzlich der Abgeltungssteuer. Allerdings hat die Bundesrepublik Deutschland mit sehr vielen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, sodass die tatsächliche Ausgestaltung für fast jedes Land unterschiedlich sein kann, da teilweise vor Ort ebenfalls Quellen- oder Abgeltungssteuern erhoben werden, die ganz oder zum Teil anrechenbar sind.

Abgeltungsteuer im österreichischen Steuerrecht

In Österreich gilt seit dem 1. Januar 1993 eine ursprünglich 22%ige Abgeltungsteuer. Rechtsgrundlage ist das Endbesteuerungsgesetz.[9] Der Steuersatz beträgt seit 1996 25%. Die Steuer wird auf bestimmte Kapitalerträge erhoben, insbesondere auf Zinsen und Dividenden, nicht jedoch auf Spekulationsgewinne (also Kursgewinne) – diese werden mit dem individuellen Tarifsatz versteuert. Ausgenommen sind endbesteuerte KSt-pflichtige Zertifikate. Kursgewinne aus Wertpapieren, welche länger als 12 Monate gehalten werden, sind in Österreich steuerfrei.

Auf Antrag des Steuerpflichtigen können die Kapitaleinkünfte zur Einkommensteuer veranlagt werden. Ist die Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz günstiger als die Pauschalbesteuerung von 25 %, wird die Steuerdifferenz erstattet.[10] Ein Freibetrag ist nicht vorgesehen.

Mit der Abgeltungsteuer ist in Österreich auch die Erbschaftsteuer abgegolten.

Verbunden mit der Einführung der Abgeltungsteuer war eine Steueramnestie für hinterzogene Steuern auf Kapitaleinkünfte, sofern der Steuerpflichtige diese im Einführungsjahr offenlegte.[11] Diese Amnestieregelung führte zur Offenlegung umfangreicher Kapitaleinkünfte.

Hintergrund dieser Regelungen ist das in Österreich in § 38 des Bankwesengesetzes geregelte Bankgeheimnis, das es den Finanzbehörden unmöglich machte, Auskünfte über Kapitaleinkünfte zu erhalten. Es wurde daher davon ausgegangen, dass vor Einführung der Abgeltungsteuer lediglich 5–10 % der Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert wurden.[12]

Abgeltungsteuer im luxemburgischen Steuerrecht

In Luxemburg gilt seit 2006 eine 10%ige Abgeltungsteuer auf bestimmte Zinserträge, zum Beispiel bei Sparkonten, Festgeld, Zinszahlung von Anleihen und Callgeldern. Kursgewinne werden in Luxemburg nicht besteuert.

Europäischer Vergleich von Abgeltungsteuern

Die Mehrzahl der europäischen Staaten hat bereits Abgeltungsteuersysteme eingeführt, die Bemessungsgrundlage differiert allerdings von Land zu Land. In einigen Staaten hängt die Belastung der Kursgewinne degressiv von der Haltedauer ab (nach Ablauf einer Haltefrist unterliegen sie in einigen Ländern keiner Steuerpflicht mehr), in anderen werden Zinseinkünfte oder Dividenden mit einer anderen (evtl. progressiven) Einkommensteuer belastet. Der Steuertarif ist teilweise von der Einkommensart (Zinsen, Dividenden, Kursgewinne) abhängig.

Land Zinsen Dividenden Kursgewinne Art
Belgien 15 25 0 Abgeltungsteuer ohne Kursgewinne und mit Optionsmöglichkeit
Dänemark 0 28 28 (bis 59) Abgeltungsteuer mit Optionsmöglichkeit; Spekulationsfrist 36 Monate
Deutschland 26,38 (28) 26,38 (28) 26,38 (28) 25 % zuzügl. 5,5 % Solidaritätszuschlag (ggf. zuzügl. Kirchensteuer); Optionsmöglichkeit zur Einkommensteuerveranlagung
Finnland 28 28 17 (28) Definitive Abgeltungsteuer für Zinsen, Kursgewinnsteuer sinkt über zehn Jahre
Griechenland 10 0 0 Definitive Abgeltungsteuer für Zinsen
Irland 20 20 20 Definitive Abgeltungsteuer, Ausnahmen für Private Equity
Italien 27 12,5 12,5 Definitive Abgeltungsteuer
Litauen 0 15 0 Definitive Abgeltungsteuer für Dividenden
Luxemburg 10 10 0 (40) Definitive Abgeltungsteuer, Spekulationsfrist 6 Monate
Malta 15 0 0 Abgeltungsteuer mit Optionsmöglichkeit zur Einkommensteuerveranlagung für Zinsen
Österreich 25 25 0 (25) Abgeltungsteuer mit Optionsmöglichkeit zur Einkommensteuerveranlagung; Spekulationsfrist 12 Monate
Polen 19 19 19 Definitive Abgeltungsteuer
Portugal 20 15 0 (10) Abgeltungsteuer mit Optionsmöglichkeit zur Einkommensteuerveranlagung; Spekulationsfrist 12 Monate
Schweden 30 30 30 Definitive Abgeltungsteuer
Tschechien 15 15 0 Definitive Abgeltungsteuer ohne Kursgewinne

Stand 2005[13]

Kritik

Verschiedene Aspekte der Abgeltungsteuer sind Gegenstand der wissenschaftlichen und politischen Auseinandersetzung:

Steuerprogression

Die Abgeltungsteuer ist wesentlich niedriger als der Spitzensteuersatz. Kritiker sehen hierdurch das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Leistungsfähigkeitsprinzip) berührt. Nutznießer hiervon sind Anleger, deren persönlicher Steuersatz höher liegt als der pauschale Steuersatz der Abgeltungssteuer. Waren vorher etwa Zinserträge von 10.000 Euro mit dem Spitzensteuersatz von bis zu 45 Prozent (einschließlich „Reichensteuer“) zu versteuern, beträgt der Steuersatz ab 2009 nur noch 25 Prozent (jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Diese Regelung entlastet Einkünfte aus Kapitalvermögen um rund 40%, da statt 4500 Euro nur noch 2500 Euro Steuern gezahlt werden. Für Einkünfte aus Dividenden wird dieser Effekt aber durch den Wegfall des Halbeinkünfteverfahrens und die damit verbunden Verdopplung der Bemessungsgrundlage mehr als kompensiert.

Gleichbehandlung unterschiedlicher Einkommensarten

Mit der Abgeltungsteuer werden Einkommen aus Kapitalanlagen gegenüber anderen Einkommensarten bevorzugt behandelt (siehe Duale Einkommensteuer). Dafür bestehen jedoch nach Meinung der Befürworter gute Gründe: Ein Teil der Kapitalrendite ist lediglich ein Ausgleich der Inflation und führt nicht zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Aus diesem Grund müsse dieser Teil der Kapitalerträge steuerfrei gestellt werden. Durch die Abgeltungsteuer erfolgt dies für Anleger, deren Spitzensteuersatz größer als der Steuersatz der Abgeltungsteuer ist, zumindest teilweise.[14]

Finanzierungsneutralität

Die Abgeltungsteuer benachteiligt Eigenkapitalfinanzierung gegenüber Fremdkapitalfinanzierung. Während Fremdkapitalzinsen im Unternehmen steuerlich geltend gemacht werden können und so ausschließlich beim Anleger mit dem Steuersatz der Abgeltungsteuer belastet werden, erfolgt die Besteuerung des Eigenkapitals beim Unternehmen (über die Körperschaftsteuer) und erneut beim Anleger über die Abgeltungsteuer. Während diese Doppelbesteuerung früher über das Anrechnungsverfahren vermieden oder über das Halbeinkünfteverfahren reduziert wurde, führt die Abgeltungsteuer zu einer echten Doppelbelastung.[15] Dadurch besteht ein Anreiz, Gewinne des Unternehmens über Zinsen auf Gesellschafterdarlehen auszuschütten, statt diese als Gewinn auszuweisen.

Steuersatz

Die Höhe der Abgeltungsteuer beträgt 25% zuzüglich 5,5% Solidaritätszuschlag, insgesamt 26,375%. Kirchensteuer muss nur derjenige zahlen, der einer Kirche angehört, die Kirchensteuer verlangt[16]. Die Kirchensteuer beträgt in Bayern und Baden-Württemberg 8% und in allen anderen Bundesländern 9%. Wie der Solidaritätszuschlag wird die Kirchensteuer auf die zu zahlende Abgeltungsteuer berechnet. Da die Kirchensteuer allerdings als eine Sonderausgabe abgesetzt werden kann, werden die 8% oder 9% Kirchensteuer nicht von 25 % berechnet, sondern von etwa 24,45% bei einer 9-prozentigen Kirchensteuer (siehe Abschnitt Abgeltungsteuer_und_Kirchensteuer). 9% Kirchensteuer von 24,45% ergibt 2,2005%. In Bayern und Baden-Württemberg ist die Berechnungsgrundlage 24,51%, dies ergibt dann 1,9608% Kirchensteuer. Bei schon berücksichtigtem Sonderausgabenabzug ergeben sich für 100,-- Euro Zinsen, Dividenden oder Kursgewinne, für die ab 2009 Abgeltungsteuer zu zahlen sind, 24,45 Euro Abgeltungsteuer, 1,34 Euro Solidaritätszuschlag und 2,20 Euro Kirchensteuer - insgesamt 27,99 Euro für Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag und eine 9-prozentige Kirchensteuer. Für Baden-Württemberg und Bayern liegt dieser Wert etwas niedriger.

Der im weltweiten Vergleich hohe Steuersatz für eine Abgeltungsteuer in Deutschland (siehe Vergleich oben) bei gleichzeitiger Belastung von Kursgewinnen mit der Abgeltungsteuer fördere nach Ansicht von Kritikern die Kapitalflucht.

Abschaffung des „Hausbankprinzips"

Die Abgeltungsteuer gilt nach § 32d Abs. 2 EStG n.F. unter anderem dann nicht, wenn ein Dritter die Kapitalerträge schuldet, der seinerseits Kapital an einen Betrieb des Gläubigers überlassen hat (sog. Back-to-back-Finanzierungen). Durch diese Regelung wird die Abschaffung des „Hausbankprinzips“ befürchtet: Bisher haben viele Unternehmer sowohl betriebliche als auch private Konten bei einer Bank unterhalten. Die obige Missbrauchsregelung führt dazu, dass private Kapitaleinkünfte nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, soweit die Bank (wie oft) für die betrieblichen Kredite auf die privaten Konten des Unternehmers Rückgriff nehmen kann. Damit führt die Regelung ungewollt dazu, dass Betriebsinhaber sich für ihre privaten Kapitalanlagen eine neue Bank suchen müssen.[17]

Mit dem Jahressteuergesetz 2008 sind schon vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 Änderungen eingeführt worden, die dieses Problem beheben sollen: Demnach kann ein Unternehmer auch dann von der Abgeltungsteuer auf seine privaten Kapitalanlagen bei seiner Hausbank profitieren, wenn zwischen der Kapitalanlage und der Kreditgewährung kein Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang wird bei enger zeitlicher Abfolge oder Verknüpfung der Zinssätze vermutet.

Literatur

  • Paul Kirchhof: Die Kirchensteuer im System des deutschen Staatsrechts, in: Friedrich Fahr (Hrsg.): Kirchensteuer, Notwendigkeit und Problematik. Pustet, Regensburg 1996, ISBN 3-7917-1524-0, S. 53–82
  • Felix Hammer: Rechtsfragen der Kirchensteuer, Mohr Siebeck, Tübingen 2002, ISBN 3-16-147537-2, S. 396 ff
  • Messerer, Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, 2007, Unternehmensteuerreform 2008, ISBN 978-3-415-03956-8
  • Joachim Dahm, Rolfjosef Hamacher, und Andrea Haustein, Leitfaden Abgeltungsteuer, Bank-Verlag Köln; Auflage: 2.,ISBN 3865561462

Anmerkungen und Quellen

  1. § 43a Abs.1 S.2 EStG
  2. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
  3. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG
  4. Finanzministerium der Bundesrepublik Deutschland: „Abgeltungssteuer Fragen und Antworten“
  5. § 20 Abs. 6 EStG n.F.
  6. Dies gilt jedoch nicht für Zins- oder Dividendenausschüttungen, da dies auch nach dem alten Recht nicht möglich war. Nach diesem Zeitpunkt ist eine Verrechnung dieser Verluste nur noch mit Spekulationsgewinnen i. S. d. § 23 EStG möglich, also mit privaten Veräußerungsgewinnen aus Grundstücksgeschäften innerhalb der Zehnjahresfrist
  7. Refentenentwurf S. 99
  8. ESTG §32d
  9. Endbesteuerungsgesetz (B.G.Bl. 11/1993)
  10. § 1 (5) Endbesteuerungsgesetz
  11. Abschnitt II Endbesteuerungsgesetz
  12. Pressemitteilung des Österreichischen Parlamentes, Parlamentskorrespondenz/05/23.04.2003/Nr. 219
  13. EVCA: [1]
  14. z. B. Urban Bacher: Für eine Abgeltungsteuer für Zinsen – definitiv und ohne Kontrolle
  15. z. B. Christoph Spengel: Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
  16. Nach Auffassung des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) verstößt vor allem die ab 2011 geplante Praxis, den Geldinstituten den Konfessionsstatus offenbaren zu müssen, gegen das verfassungsmäßig garantierte Recht, die Religionszugehörigkeit nicht offenbaren zu müssen. Laut Bundesverfassungsgericht ( BVerfGE 12 S.1-5, Az. BvR 59/56 vom 8. November 1960) schließt die in Art. 4 Abs. 1 GG gewährte Bekenntnisfreiheit grundsätzlich auch das Recht ein, „auszusprechen und auch zu verschweigen, dass und was man glaubt oder nicht glaubt“. Dieses Recht werde zwar bereits heute in der Praxis des Kirchensteuereinzugs für nachrangig erachtet. Arbeitnehmer müssen ihren Konfessionsstatus dem Arbeitgeber und dem Finanzamt offenbaren. Das rechtfertige aber nicht, dass dieses Grundrecht durch die geplante Regelung erneut verletzt werde. Der IBKA erblickt in der angestrebten Konfessionsdatensammlung beim Bundeszentralamt für Steuern in Berlin und im ungehinderten Zugriff von Geldinstituten auf diese Daten auch einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
  17. vgl. Gemmel/Hoffmann-Fölkersamb, NWB Fach 3, Seite 14695ff.