„Janitscharenmusik“ – Versionsunterschied

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Die '''Janitscharenmusik''' (türkisch ''Mehter Marschi'', „Die Mehter Märsche“) war ursprünglich die Militärmusik der [[Osmanen]]. Gespielt wurde sie von der "Mehterhane"(siehe Bild, unten rechts), der Militärkapelle des Reiches und trägt daher eigentlich die falsche Bezeichnung. Eingesetzt wurde die "Janitscharenmusik" zumeist bei Militärparaden, Truppenbewegungen (zur Unterhaltung und zur Vorgabe des Marschtaktes) und anschließenden Schlachten, wobei die mitreissende Musik kampfbegleitend lief und jeden einzelnen Kämpfer motivieren sollte. Auch die Heftigkeit eines Angriffes während einer Schlacht wurde durch die Musik gelenkt. Es wurden nach Vorgabe des Befehlshabenden schnellere, mittlere und langsame Stücke zur Differenzierung einzelner Stoßangriffe gespielt. Die Janitscharenmusik wurde im Zuge der [[Türkenkriege]] in Europa, vor allem aber in Österreich bekannt, und unter diesem Begriff, wahlweise aber auch unter der Bezeichnung ''Türkische Musik'', fand sie in der [[Klassische Musik|klassischen Musik]] Verwendung.
Die '''Janitscharenmusik''' (türkisch ''Mehter Marschi'', „Die Mehter Märsche“) war ursprünglich die Militärmusik der [[Osmanen]]. Gespielt wurde sie von der "Mehterhane", der Militärkapelle des Reiches, und trägt daher eigentlich die falsche Bezeichnung.
Eingesetzt wurde die "Janitscharenmusik" zumeist bei Militärparaden, Truppenbewegungen (zur Unterhaltung und zur Vorgabe des Marschtaktes) und anschließenden Schlachten, wobei die mitreißende Musik jeden einzelnen Kämpfer motivieren sollte. Auch die Heftigkeit eines Angriffes während einer Schlacht wurde durch die Musik gelenkt. Es wurden nach Vorgabe des Befehlshabenden schnellere, mittlere und langsame Stücke zur Differenzierung einzelner Stoßangriffe gespielt. Die Janitscharenmusik wurde im Zuge der [[Türkenkriege]] in Europa, vor allem aber in Österreich bekannt, und unter diesem Begriff, wahlweise aber auch unter der Bezeichnung ''Türkische Musik'', fand sie in der [[Klassische Musik|klassischen Musik]] Verwendung.
[[Bild:Janitscharenmusik.jpg|thumb|left|225px|Noten aus dem 16.Jhd]]
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[[Bild:Mehterhane1.jpg|thumb|right|225px|Eine Mehterhane-Kapelle während einem Feldzug]]M.Yilmaz [[Benutzer:Gmc20|Gmc20]] 03:31, 3. Jul 2006 (CEST)
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Version vom 3. Juli 2006, 03:56 Uhr

Beschreibung

Die Janitscharenmusik (türkisch Mehter Marschi, „Die Mehter Märsche“) war ursprünglich die Militärmusik der Osmanen. Gespielt wurde sie von der "Mehterhane", der Militärkapelle des Reiches, und trägt daher eigentlich die falsche Bezeichnung. Eingesetzt wurde die "Janitscharenmusik" zumeist bei Militärparaden, Truppenbewegungen (zur Unterhaltung und zur Vorgabe des Marschtaktes) und anschließenden Schlachten, wobei die mitreißende Musik jeden einzelnen Kämpfer motivieren sollte. Auch die Heftigkeit eines Angriffes während einer Schlacht wurde durch die Musik gelenkt. Es wurden nach Vorgabe des Befehlshabenden schnellere, mittlere und langsame Stücke zur Differenzierung einzelner Stoßangriffe gespielt. Die Janitscharenmusik wurde im Zuge der Türkenkriege in Europa, vor allem aber in Österreich bekannt, und unter diesem Begriff, wahlweise aber auch unter der Bezeichnung Türkische Musik, fand sie in der klassischen Musik Verwendung.

Datei:Janitscharenmusik.jpg
Noten aus dem 16.Jhd
Datei:Mehterhane1.jpg
Eine Mehterhane-Kapelle während einem Feldzug

M.Yilmaz Gmc20 03:31, 3. Jul 2006 (CEST)





Instrumental

Die Janitscharenmusik hat oft ein lebhaftes Tempo und ist fast immer eine Art Marschmusik. Wenn sie für Orchester gesetzt wurde, kamen normalerweise besondere Schlaginstrumente zum Einsatz, die sich in der Musik der Klassik ansonsten nicht finden, typischerweise Basstrommel, Triangel und Zimbeln (zil), ähnlich den heutigen Becken. Diese Instrumente wurden tatsächlich in der türkischen Militärmusik benutzt, so dass zumindest die Instrumentierung der Janitscharenmusik authentisch war. Oft wurde noch die Piccoloflöte hinzugefügt, deren penetranter Ton gut zur Freiluftatmosphäre der Musik passt. Bei Paraden wurde dem Musikzug ein Schellenbaum vorangetragen, dem ursprünglich eher einen Statuscharakter zukam, als denn er ein Musikinstrument darstellte.

Es scheint, dass zumindest ein Teil des Unterhaltungswertes der Janitscharenmusik ihre wahrnehmbare Exotik war. Die Türken waren den Bewohnern Wiens (wo Haydn, Mozart und Beethoven arbeiteten) als militärische Gegner bekannt, und tatsächlich war in den Jahrhunderten der Kriege zwischen Österreich und dem Osmanischen Reich bei den Wienern nicht nur immer wieder Entsetzen ausgelöst worden, sondern offensichtlich auch eine Faszination für alles Türkische – oder eben dessen Ersatz.

Beispiele

Alle drei großen klassischen Komponisten, Haydn, Mozart und Beethoven, schrieben türkische Musik. Tonbeispiele sind im Abschnitt Weblinks zu finden.

Mozart

  • Mozarts Oper Die Entführung aus dem Serail von 1782 ist das vollkommene Werk der Janitscharenmusik, zumal die ganze Geschichte sich um stereotyp komisch-böse Türken dreht. (Der Pascha wenigstens zeigt sich am Ende großmütig und großzügig.) Die Ouvertüre der Oper sowie die beiden Märsche für den Janitscharenchor sind türkische Musik im eben beschriebenen Sinne.
  • Die Klaviersonate Nr. 11 A-Dur KV 331 von 1778 endet mit dem berühmten Rondo Alla Turca, "im türkischen Stil". Schnelle Arpeggien in der linken Hand imitieren "turkische" Instrumente, wobei die Imitation den Klavieren zu Mozarts Zeiten aufgrund eines Rasselns der Basssaiten, das die lauten Stellen begleitete, vermutlich besser gelang, als dies heutigen Instrumenten möglich ist. Im frühen 19. Jahrhundert stellten Klavierbauer sogar Instrumente speziell für die Aufführung der Janitscharenmusik her.
  • Das Finale des Violinkonzerts Nr. 5 in A-Dur (KV 219) von 1775, manchmal "das türkische Konzert" genannt, wird durch laute Abschnitte türkischer Musik unterbrochen. Mozart übernahm diese Passage aus einem früheren Ballett, "Le gelosie del seraglio" (KV 135a), das er 1772 für Mailand komponierte. Im Konzert werden die Saiten des Cellos und des Kontrabasses mit dem Holz des Bogens (col legno) angeschlagen, um die perkussiven Effekte zu verstärken.
  • Auch die Oper Zaide hat das Sujet des „edlen Türken“ zum Inhalt. Das Ensemble L'arte del Mondo und das Pera Ensemble Istanbul führten im Juni 2006 das Programm La Fête du Sérail von Christian Cannabich – einem Zeitgenossen von Mozart – auf und bauten in dieses Programm Arien aus der Oper Zaide und osmanische Musik ein. Kompositionen von Sultan Selim III., Ali Ufki, Shakir Aga wurden durch den Solisten Bekir Ünlüataer gesungen und von Mehmet Yesilcay (Oud), Ihsan Özer (Kanun), Volkan Yilmaz (Ney), Seradar Bisiren (Daire) begleitet.

Haydn

  • Haydns Sinfonie Nr. 100, die Militärsinfonie von 1794 benutzt türkische Musik im zweiten Satz (der einen Schlacht beschreibt) und in einer kleinen Wiederaufnahme am Ende des Finales.
Haydn hatte eine entfernte persönliche Beziehung zur türkischen Armee – sein Urgroßvater hatte als Zivilist einen schweren Unfall während der Belagerung Wiens von 1683.

Beethoven

  • 1811 schrieb Beethoven eine Ouvertüre und Zwischenmusik zu August von Kotzebues Schauspiel Die Ruinen von Athen, Uraufführung in Pest 1812. Ein Punkt in der Zwischenmusik (Opus 113 Nr. 5) ist ein türkischer Marsch. Beethoven schrieb darüber hinaus Variationen für Klavier zu seinem Marsch (Opus 76).
  • Beethoven kehrte 1824 in seiner 9. Sinfonie zur Janitscharenmusik zurück, obwohl diese zu dieser Zeit bereits unmodern war. Ein Solotenor, unterstützt von den Tenören und Bässen des Chors, singt eine überladene Variation des berühmten Themas, begleitet von türkischer Musik des Orchesters.

Andere

Janitscharenmusik findet man auch in Kompositionen von Rameau, Michael Haydn, Rossini, Ludwig Spohr und in zwei Opern von Gluck, "Iphigenie auf Tauris" (1764) und "Die Pilger von Mekka" (1779).

Musikalische Charakteristika

In der Janitscharenmusik geben oft Schlaginstrumente den Rhythmus an.

Percussion rhythm in Mozart's "Turkish" music.
Percussion rhythm in Mozart's "Turkish" music.

Es ist der gleiche Rhythmus (vermutlich nicht zufällig) wie bei den stereotypen Liedern marschierender Soldaten. Das Melodieinstrument in der türkischen Musik betont oft den Rhythmus durch das wiederholte Spielen der gleichen Noten, einzelne oder mehrere hintereinander, passend zum Takt.

Die Rolle der Janitscharenmusik in größeren Kompositionen scheint als eine Form musikalischer Entspannung zu dienen. Im Finale von Beethovens 9. Symphonie ist der türkische Abschnitt eine Periode geringerer Intensität zwischen zwei massiven und emotional geladenen Passagen. Türkische Musik wird üblicherweise im Finale angetroffen, die (wie Charles Rosen ausführte) typischerweise die entspanntesten und locker organisiertesten Teile klassischer Kompositionen sind.

Geschichte

Ein wichtiger Anstoß für die Janitscharenmusik ereignete sich 1699, als Österreich und das Osmanische Reich den Vertrag von Karlowitz aushandelten. Zur Feier des Vertrages brachte die türksiche Diplomatie gemeinsam mit anderen Künstlern eine Janitscharengruppe zu mehrtägigen Auftritten nach Wien.

Obwohl die Janitscharenmusik in Europa während des 18. Jahrhunderts bekannt war, waren die klassischen Komponisten nicht die ersten, die sie einsetzten. Die ersten Imitatoren waren Militärkapellen. Henry George Farmer berichtet:

Der Verdienst, diese Batterie von Schlagzeugen und Erschütterungen (percussion and concussion) in Europa eingeführt zu haben, gebührt Polen, die in den 1720er Jahren eine vollständige türkische Kapelle vom Sultan erhalten hatten. Russland, das sich nicht ausstechen lassen wollte, suchte 1725 nach einem gleichen Gunstbeweis bei der Hohen Pforte nach, Preußen und Österreich folgten, und in den 1770er Jahren waren die meisten der anderen Ländern auch unter den Einfluss der Janitscharenmusik geraten.

Der Import von Musikern war nur ein temporäres Phänomen, der spätere Brauch war es, die türkischen Instrumente in europäischen Militärkapellen schwarzen Künstlern zuzuweisen, die für ihren Auftritt in exotische Gewänder gekleidet wurden.

Folglich hatte die türkische Musik in Europa zwei Nebenbedeutungen – östlich und militärisch – für die klassischen Komponisten. Die türkische Assoziation verflüchtigte sich nicht so bald. Noch in den 1820er Jahren, bei der Planung des letzten Satzes seiner Neunten Symphonie, notierte Beethoven ausdrücklich, dass sie türkische Musik enthalten werde. Der Gebrauch des Jargonworts “Türkische Abteilung”, um die Schlagzeuggruppe eines Orchesters zu bezeichnen, hielt sich offensichtlich bis in moderne Zeiten.

Schließlich wurde es möglich, Musik mit Basstrommel, Triangel und Becken zu komponieren, ohne gleich eine türkische Atmosphäre heraufzubeschwören, so dass im späten 19. Jahrhundert in sinfonischen Kompositionen freier Gebrauch von diesen Instrumenten gemacht wurde. So sind langfristig die türkischen Instrumente das Geschenk der türkischen Militärmusiktradition an die westliche klassische Musik geworden.

Literatur

Das obige Zitat von Henry George Farmer stammt aus seinem Buch Military Music (1950; London, Parrish, vergriffen.)

Links mit Ausschnitten aus den zitierten Kompositionen