Hansken (Elefant)

Hansken (1630-1655), Elefant, war eine "gelehrte" Dame des 17. Jahrhunderts. Hansken starb wahrscheinlich am 9. November 1655 in Florenz.

Hansken. Kreidezeichnung von rembrandt van Rijn (1637)
Hansken. Kreidezeichnung von Rembrandt van Rijn (1637)

Herkunft und Leben

Hansken wurde 1630 auf Ceylon geboren und von dort 1637 nach Holland gebracht; der Name wird als Diminutiv des Malayam-Wortes ana (vgl. hierzu auch Hanno) erklärt. Das Hänschen war aber wohl eine Elefantendame. Rembrandt van Rijn sah das Tier 1637 in Amsterdam und fertigte vier Kreidezeichnungen auf einem Blatt von ihm an. Hansken wurde zunächst auf eine Tournee über holländische und deutsche Jahrmärkte geschickt; ihre Reise lässt sich anhand der Quellen[1] nachvollziehen: Auftritte 1638 in Hamburg,[2] 1640 in Bremen,[3] 1641 in Rotterdam[4] 1646[5] und 1647[6]in Frankfurt und 1650 in Lüneburg.[7] Wenn womöglich auch bei der einen oder anderen Quelle Zweifel angemeldet werden können, dass es sich wirklich um Hansken gehandelt hat, so ist ihr Auftreten zwischen 1649 und 1651 in Leipzig unter anderem durch einen erhaltenen Anschlagzettel[8] belegt, der Hansken mit ihren kleinen Stoßzähnen - typisch für Ceylon-Elefanten - abbildet und ihre holländische Herkunft nennt.

Im Juli 1651 sei Hansken, so weitere Quellen, von Amsterdam über Bregenz und St. Gallen[9] nach Zürich und Solothurn[10] geführt worden; die Reise ging, so wird vermutet, weiter nach Rom, denn hier wird 1655 ein 25jähriges Elefantenweibchen gemeldet.[11] Ein römischer Beobachter[12] vermerkt in seinem Tagebuch, dieses Weibchen sei trächtig gewesen; vermutet wird, dass es sich hierbei womöglich um einen Reklametrick ihres Besitzers gehandelt haben könnte, da keine Quelle eine Begegnung mit einem hierfür erforderlichen Elefantenherrn erwähnt[13].

Eine Zeichnung des Florentiner Künstlers Stefano della Bella zeigt einen Elefantenkadaver mit kleinen Stoßzähnen; auf dem Blatt ist vermerkt: Elefante morto in Firenze adi 9 di novembre 1655.[14]

Der gelehrte Elefant

Anonymer Kupferstich, 17. Jh., der Hanskens Können zeigt

Die Gelehrten des 17. Jahrhunderts pflegten sich, liest man in den Quellen,[15] zu durchaus fantastischen Annahmen über die Fähigkeiten des Elefanten hinreißen zu lassen, womöglich wegen seines eindrucksvollen Formats. In der Antike, so war man überzeugt, habe man ihn für den Liebling der Götter gehalten;[16] Plinius war sich sicher gwesen, dass der Elefant des Schreibens griechischer Buchstaben kundig gemacht werden könne.[17] Auch von furchtsamen Träumen war die Rede gewesen, ebenso von seiner mildigkeit und sanftmütigkeit;[18] wer ihn reite, dem kehre es den Magen umb, gleich als wenn man auf dem Meer fähret, so etwas ungestümb ist.[19]

Nie allerdings ist, wie es scheint, war bei den Gelehrten von den wirklichen Fähigkeiten dieser Geschöpfe die Rede, die diese im 17. Jahrhundert auf den Jahrmärkten zur Schau zu tragen wußten und wie sie zum Beispiel in den Bildtafeln von Hansken zum Ausdruck kommen: Hansken schwenkte die Fahne und konnte eine Pistole abfeuern, das Hütchen kokett auf- und absetzen und, folgt man den zeitgenössischen Blättern, sogar den Degen führen mit einer gewissen Eleganz; in Frankfurt habe Hansken, so eine Quelle, auch zum Erstaunen und Vergnügen des Publikums die Trommel geschlagen, die Trompete geblasen und seine gebührliche Referenz mit einem Kratzfuß gemacht, gar höflich.[20]

Womöglich basierte insbesondere Hanskens Erfolg auf ihrem Charme für die oculi vulgi, und nicht auf dem Blick der oculi artificiales der Gelehrten, denen die Zurschaustellung des Elefanten eher als Vorwand gedient zu haben schien, ihre durchaus zu konstatierenden Überfülle von Wissen zu bewahren, die allerdings nicht mehr zu ihrem Gegenstand passen will.[21]

Literatur

  • Stephan Oettermann: Die Schaulust am Elefanten. Eine Elephantographia Curiosa. Syndikat: Frankfurt am Main 1982

Anmerkungen

  1. zit. nach Oettermann S. 124ff.
  2. Annales Hamburgienses I (1638). n. E. Finder:Hamburgisches Bürgertum. Hamburg 1930, S. 372f. zit. in: Oettermann S 125
  3. Koster, Chronik von Bremen. n. F. Peters, Freimarkt in Bremen. Geschichte eines Jahrmarkts. Bremen 1962, S. 83. zit. in: Oettermann ebd.
  4. John Evelyn, Diary (am 13. 8.1641); ed. by. E. S. de Beer, Oxford 1955, I p. 39-40. zit. in: Oettermann ebd
  5. A. A. LersnerDer weit-berühmten Freyen Reichs- Wahl- und Handelsstadt Franckfurt am Mayn Chronica. 1706-1734, 2 Bde. I/1, Cap. 27, S. 431. zit. in: Oettermann ebd.
  6. Johannes Peisker: Auszug aus einem Briefe des Johannes Peisker in Diensten Johanns Maximilian zum Jungen in Frankfurt a. M. an Jubker Daniel zum Jungen ... mitgeteilt von Dr. Bauer ... In: Mitteilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Frankfurt am Main 5 (1874-1879), S. 253-256; Brief vom 27. 4. 1647, S. 254. zit. in: Oettermann S. 126
  7. Torquato Tasso: Der adeliche Hausvatter, verteutscht durch J. Rist. Lüneburg 1650, S. 84; zit. in: Oettermann ebd.
  8. Abb. in: Oettermann ebd.
  9. Bartholome Bischoffsberger: Appenzeller Chronik, St. Gallen 1682, S. 534; zit. in: Oettermann S. 128
  10. F. Haffner: Kleyner Solothurnischer Schaw-Platz historischer Weltgeschichten, Zweyter Theil: sonderbare Statt Chronology. Solothurn 1666 n. P. Th. A. Bruhin: Zoologisches aus der Solothurner Chronik. In: Zoologischer Garten 8 (1867), S. 61-67; zit. in: Oettermann ebd.
  11. Fabio Giglio: Diario (1655) n. William S. Heckscher: Bernini's Elephant and Obelisk. In: Art Bulletin 29 (1949), S. 155-182, Abb.; zit. in: Oettermann S. 129
  12. ebd.
  13. Oettermann S. 129
  14. Oettermann ebd.
  15. zitiert in: Oettermann S. 43 ff.
  16. Caspar Horn: Elephas. Das ist Historischer und Philosophischer Diskurs/von dem großen Wunderthier dem Elephanten/Dessen wunderbarer Natur vnnd Eygenschafften; dergleichen vnlängsten einer in Teutschland umbgeführet/vnd von vielen Tausend Menschen gesehen worden. Auß bewehrten alten und newen Historien zusammen getragen und verfasset durch Caspar Hornium Phil & Med Doctorem'. Nürnberg: Simon Walsmeyer 1629, S. 95; zit. in: Oettermann S. 44
  17. nach: Julius Caesar Scaliger: De Elephante. In: J. C. S., Exotarium Exercitaionium liber quintas decimus de Subtilitate ad. H. Cardanum. 1557, exerc 204; dass. Frankfurt/M. 1576; 1592; 1612; Hannover 1620; Frankfurt/M. 1665. zit. nach Oettermann ebd.
  18. Horn (1629), S. 59; zit. nach: Oettermann ebd.
  19. Horn (1629), S. 71; zit. nach: Oettermann ebd.
  20. Peisker (1647), S. 254 s.o.
  21. Oettermann S. 46