„Fischabstieg“ – Versionsunterschied

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'''Fischabstieg''' ist die stromabwärtsgerichtete Migration von Fischen insbesondere im Bereich von Wehr- und Wasserkraftanlagen an [[Fließgewässer]]n. Das Gegenteil von Fischabstieg ist [[Fischaufstieg]]. Insbesondere bei der Genehmigung von Querbauwerken und [[Wasserkraftwerk|Wasserkraftanlagen]], aber auch im Zuge der Umsetzung der [[Europäische Wasserrahmenrichtlinie|EU-Wasserrahmenrichtlinie]] spielt das Thema Fischabstieg eine bedeutende Rolle.
[[Datei:Fischtreppe Inselbad Landsberg.jpg|thumb|upright|Naturnah gestalteter Fischweg am Lechwehr in [[Landsberg am Lech]]]]
[[Datei:John Day Dam fish ladder.jpg|thumb|Fischaufstiegsanlage des ''John Day Dams'' am [[Columbia River]]]]


== Stand der Forschung ==
Eine '''Fischtreppe''' oder '''Fischpass''' (auch ''Fischwanderhilfe'' oder ''Organismenaufstieg'', amtlich auch ''Fischweg'' genannt) ist eine [[wasserbau]]liche Einrichtung an [[Fließgewässer]]n, um [[Fische]]n im Rahmen der [[Fischwanderung]] die Möglichkeit zu geben, [[Wehr (Wasserbau)|Stauwehre]], Wasserkraftanlagen und gegebenenfalls auch [[Wasserfall|Wasserfälle]] zu überwinden.
[[Datei:Fischschutz.svg|alt=Schematische Ansicht einer Bottom-Gallery, einer Spülrinne und eines Beckenpasses an einem Wasserkraftwerk.|mini|[[Fischtreppe|Fischauf]]- und -abstiegshilfen an einer Wasserkraftanlage.]]


Der Fischabstieg wird zurzeit intensiv erforscht,<ref>{{Internetquelle |url=http://www.bgf-halle.de/files/vortrag_bemessung_und_gestaltung_1.pdf |titel=Bemessung und Gestaltung von Fischschutz- und Fischabstiegssystemen |abruf=2015-05-02 |format=PDF |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160420002356/http://bgf-halle.de/files/vortrag_bemessung_und_gestaltung_1.pdf |archiv-datum=2016-04-20 |offline=ja |archiv-bot=2019-04-10 22:48:29 InternetArchiveBot }}</ref><ref>{{Literatur |Autor= |Hrsg=Institut für angewandte Ökologie |Titel=Untersuchungen zum Orientierungs- und Suchverhalten abwandernder Fische zur Optimierung der Dimensionierung und Anordnung von Fischschutzeinrichtungen vor Wasserkraftanlagen |Band=Ethohydraulische Studien |Ort= |Datum= |ISBN=}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=Marius Heiß |Hrsg= |Titel=Evaluation of innovative rehabilitation measures targeting downstream migrating Atlantic salmon smolt (Salmo salar) at a hydroelectric power plant in southern Sweden |Ort= |Datum=2015 |ISBN=}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://forum-fischschutz.de/ |titel=Startseite – Forum Fischschutz & Fischabstieg {{!}} Forum Fischschutz & Fischabstieg |werk=forum-fischschutz.de |abruf=2016-09-23}}</ref> weil er auch als Forderung in der [[Europäische Wasserrahmenrichtlinie|Europäischen Wasserrahmenrichtlinie]] erfasst ist. Jedoch sind genau wie beim Fischaufstieg die Erkenntnisse und Vorgaben vor allem an älteren [[Wasserkraftwerk|Wasserkraftanlagen]] und [[Wehr (Wasserbau)|Querbauwerken]] noch nicht ausreichend umgesetzt. An nicht durchgängigen Wasserkraftanlagen müssen Fische, wenn sie nicht über die Fischtreppe absteigen, bei der gewässerabwärts gerichteten Wanderung die [[Treibgutrechen]] und die [[Wasserturbine|Turbinen]] von Wasserkraftanlagen passieren. Für den Fall, dass die Fische durch den Rechen passen, kann der Abstieg durch die Turbine je nach Turbinentyp, -größe und -drehzahl mit einer erheblichen [[Mortalität]] verbunden sein. Die Fische, die aufgrund ihrer Körperproportionen nicht durch den Rechen passen, können die Wasserkraftanlage nicht passieren. Wenn Fische auf ihrem abwärts gerichteten Wanderweg mehrere Wasserkraftanlagen ohne Abstiegseinrichtung durchwandern müssen, ist ein völliger Ausfall der Migration oder der Population der Fische zu befürchten. Jedoch ist nicht – wie oft fälschlicherweise angenommen wird – die Turbine der ausschlaggebende Faktor für die Mortalität: der Erfolg der abstiegswilligen Fische hängt primär von der Gestaltung des Abwanderungssystems ab, das heißt von der Gestaltung der Kraftwerksperipherie.
Alle Fließgewässer-Organismen sind auf die Durchwanderbarkeit der Gewässer angewiesen. Fischwanderhilfen ermöglichen Fischen und auch Kleintieren der Gewässersohle ([[Makrozoobenthos]]) die Überwindung von baulichen Hindernissen.


== Fischfreundliche Kraftwerksgestaltung ==
Europaweit gesetzlich geregelt wird die Notwendigkeit von Fischwegen – so der juristisch und fachlich gebräuchliche Begriff – unter anderem durch die [[Europäische Wasserrahmenrichtlinie|EU-Wasserrahmenrichtlinie]].


== Fischauf- und -abstieg ==
=== Feinrechen und Bypass ===
Moderne Wasserkraftwerke sind daher bereits vom Aufbau her so gestaltet, dass ein verletzungsfreier Abstieg für alle migrationswilligen Lebewesen möglich ist. Eine angemessene Ausführung des [[Treibgutrechen|Rechens]] als Feinrechen (Rechenstababstand schmaler als 20&nbsp;mm) und ein Leitsystem zum Auffinden des Bypasses verhindern den Abstieg durch die Turbinenkammer. Leitrechen-Bypass-Systeme, die nach aktuellem biologischen Kenntnisstand ausgelegt sind, ermöglichen es den wandernden Lebewesen, den Bypass als Abstiegsmöglichkeit sicher aufzuspüren und verletzungsfrei an der Turbinenkammer vorbeizuschwimmen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.bgf-halle.de/files/leitrechen_bypass_system.pdf |titel=Leitrechen-Bypass-System nach Ebel, Gluch& Kehl |abruf=2015-05-02 |format=PDF}}</ref> Zahlreiche Freilandstudien und Laboruntersuchungen weisen die Funktionsfähigkeit des Systems nach.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.wkw-halle.de/10.html |titel=Ökologische Betrachtung des Fischabstiegs am WKW Halle Planena |hrsg=Wasserkraftanlage Planena GmbH & Co. KG |abruf=2016-05-02}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Arne Gluch |url=http://www.lhw.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/Landesbetriebe/LHW/neu_PDF/3.0/GLUCH_LHW_DWA_Bremen_2014_Auszuege.pdf |titel=Nachhaltigkeit an Wasserkraftanlagen Fischabstieg downstream fish passage |hrsg=Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) Sachsen-Anhalt |abruf=2016-05-02 |format=PDF}}</ref><ref name=":0" /><ref>{{Internetquelle |autor=Armin Peter |url=https://www.youtube.com/watch?v=HvBd5-4zPXk |titel=Downstream migration - Biological improvement of Bypass System |abruf=2016-05-02}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.boxer99.de/default.asp?Menue=179&ArtikelPPV=27356 |titel=Einsatz des Leitrechen-Bypass-Systems nach Ebel, Gluch & Kehl an Wasserkraftanlagen – Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven |hrsg=Springer Vieweg |abruf=2015-05-02}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Werner Dönni, Fischwerk, Kriens
Lukas Boller, AquaPlus, Zug |url=https://www.fischwerk.ch/wp-content/uploads/2011/11/Saale.pdf |titel=Fischabstieg: Anlagen in Deutschland überzeugen. Dokumentation von zwei Anlagen an der Saale in Sachsen-Anhalt |hrsg=WWF Schweiz, Abt. Umwelt & Ressourcen, Bereich Wasser |datum=2010 |abruf=2018-02-20 |format=PDF |offline=ja }}</ref>


=== Fischaufstieg ===
=== Fischfreundliche Turbinen ===
Durch Kombination einer fischfreundlichen Gestaltung der Wasserkraftanlage mit einer fischfreundlichen Turbine, kann die Mortalität auch für die Lebewesen reduziert werden, die trotz des Feinrechens in die Turbine gelangen. Kriterien für fischfreundliche Turbinen sind unter anderem
Zu unterscheiden sind Wanderhilfen für den Fischaufstieg (''Fischaufstiegshilfen'' und ''-anlagen'') und für den Fischabstieg (sogenannte ''Bypässe'').
* geringe Anzahl an Laufradschaufeln (Verringerung der Kollisionswahrscheinlichkeit),
* niedrige Drehzahlen (Verringerung von Kollisionswahrscheinlichkeit und -geschwindigkeit),
* stumpfe Eintrittskanten (Verringerung des Verletzungsrisikos bei Kollisionen) sowie
* spaltfreie Turbinen, das heißt ohne Spalte zwischen Laufradschaufel und -nabe, bzw. minimalen Spalten zwischen Laufradschaufel und Außenwand der Turbine (Verringerung des Verletzungsrisikos durch Einklemmen).<ref>{{Literatur |Autor=Guntram Ebel |Hrsg=Büro für Gewässerökologie und Fischereibiologie |Titel=Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen. Handbuch Rechen- und Bypasssysteme |Datum=2013 |ISBN=978-3-00-039686-1 |Kapitel=3.2 Fischschonende Turbinen |Seiten=133 ff.}}</ref>
Diese Kriterien werden zum Beispiel durch [[DIVE-Turbine|drehzahlvariable Propellerturbinen]] erfüllt. Anstatt verstellbarer Laufradschaufeln haben drehzahlvariable Turbinen feste Schaufeln. Anstatt der Verstellung des Schaufelwinkels wie bei Kaplanturbinen, wird die Drehzahl dem schwankenden Durchfluss angepasst.<ref>{{Internetquelle |autor=Fella Maschinenbau GmbH |url=http://www.dive-turbine.de/pages/de/produkt/drehzahlanpassung.php |titel=DIVE-TURBINE - Drehzahlanpassung |werk=www.dive-turbine.de |abruf=2016-05-04}}</ref> Die aufwendige Mechanik zur Verstellung der Laufradschaufeln auf der rotierenden Welle entfällt damit bei drehzahlvariablen Turbinen und die Schaufelzahl kann beliebig gesetzt und reduziert werden (Minimum 3 Schaufeln). Außerdem ist die Verbindung zwischen Laufradnabe und -schaufeln komplett spaltfrei.


Auch moderne [[Wasserkraftschnecke]]n mit integriertem Fischlift ermöglichen den Fischen ein [[Fischverträglichkeit|gefahrloses]] Passieren in beide Richtungen.<ref>Siehe [https://afs.confex.com/afs/2015/webprogram/Paper22387.html Studie] von B. Zeiringer von der [[Universität für Bodenkultur]] zur Fischverträglichkeit der Wasserkraftschnecke mit integriertem Fischlift in Neubruck (NÖ), die von der Firma [http://www.hydroconnect.at/technologie/ Hydroconnect] betrieben wird.</ref> Eine weitere Möglichkeit der fischfreundlichen Kraftwerksgestaltung ist das [[Schachtkraftwerk]].
Beim Fischaufstieg unterscheidet man naturnahe und technische Bauweisen. Zu den naturnahen Fischaufstiegshilfen gehören vor allem sogenannte ''[[raue Rampe]]n'' oder ''raue Gleiten'', auch ''[[Sohlgleite]]n'' und ''Umgehungsgerinne''. Zu den technischen Bauweisen zählen beispielsweise ''Schlitzpässe'', ''Beckenpässe'', ''[[Aalbrutleiter]]n'' oder ''Fischliftanlagen''.


== Kraftwerksbeispiele mit modernen Fischabstiegseinrichtungen ==
<gallery>
Datei:Nishiotaki Dam fish ladder.jpg|Klassische, stufenförmige „Fischtreppe“ (Beckenpass)
Datei:Fischtreppe Isar bei Pullach.jpg|Kaskaden-Fischtreppe an der [[Isar]]
Datei:Laufwasserkraftwerk Hengstey PodrPro b004.jpg|Vertical-Slot-Fischpass (Schlitzpass) am [[Laufwasserkraftwerk Hengstey]]
Datei:Mäander-Fischpass Schwentine-Mündung Kiel.jpg|Mäander-Fischpass an der Mündung der Schwentine in den Kieler Hafen
Datei:BarmstedtFischtreppe.JPG|Hölzerne Kaskaden-Fischtreppe am [[Rantzauer See]] in Barmstedt
Datei:Fischaufstieg Celle (1).JPG|Fischaufstiegsanlage an der Aller in Celle
Datei:Schlatbach3.JPG|Sohlgleite am [[Schlatbach]] in Brandenburg
Datei:Nonnenbach-Fischtreppe-bei-Nonnenmuehle-15-02-2008-57.JPG|Naturnahe Fischwanderhilfe an der [[Nonne (Fluss)|Nonne]]
Datei:Fischlift1.jpg|Fischlift am Kraftwerk Wyhlen der [[Staustufe Augst/Wyhlen]]
Datei:Kajakkanal in Fischtreppe Marburg-Nord by Justus Nussbaum.jpg|Bootskanal in Fischtreppe [[Marburg]]-Nord
</gallery>


=== Fischabstieg ===
=== Wasserkraftanlage Halle-Planena ===
Die Wasserkraftanlage Halle-Planena liegt an der [[Saale]]. Die Ausbauwassermenge ist 50&nbsp;m³/s bei einer Fallhöhe von 2,36&nbsp;m. Die Wasserkraftanlage verfügt über ein Leitrechen-Bypass-System, d.&nbsp;h. über einen horizontal angestellten Feinrechen mit horizontalen Rechenstäben und einer Leitwand an der Flusssohle. Die Ausrichtung des Rechens gegen die Strömung beträgt ca. 45°.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.wkw-halle.de/ |titel=Wasserkraftanlage Halle-Planena |abruf=2018-02-20}}</ref><ref name=":1">{{Literatur |Autor=Guntram Ebel |Hrsg=BGF Büro für Gewässerökologie und Fischereikunde |Titel=Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen. Handbuch Rechen- und Bypasssysteme |Ort=Halle (Saale) |Datum=2013 |ISBN=978-3-00-039686-1 |Seiten=336 ff.}}</ref><ref name=":1" /> Die abstiegswilligen Lebewesen werden am Rechen oder der Leitwand entlang in Richtung eines Bypasses geleitet. Über den Bypass können sie an der Turbinenkammer vorbei ins Unterwasser absteigen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.wkw-halle.de/10.html |titel=Ökologische Betrachtung WKA Halle-Planena |abruf=2018-02-20}}</ref>
Der Fischabstieg ist zwar in fachlicher Hinsicht weitreichend erforscht<ref>{{Internetquelle|url=http://www.bgf-halle.de/files/vortrag_bemessung_und_gestaltung_1.pdf|titel=Bemessung und Gestaltung von Fischschutz- und Fischabstiegssystemen|autor=|hrsg=|werk=|datum=|sprache=|zugriff=2015-05-02}}</ref> <ref>{{Literatur|Autor=|Titel=Untersuchungen zum Orientierungs- und Suchverhalten abwandernder Fische zur Optimierung der Dimensionierung und Anordnung von Fischschutzeinrichtungen vor Wasserkraftanlagen|Herausgeber=Institut für angewandte Ökologie|Sammelwerk=|Band=Ethohydraulische Studien|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Jahr=2014-2015|Seiten=|ISBN=}}</ref><ref name=":0">{{Literatur|Autor=Marius Heiß|Titel=Evaluation of innovative rehabilitation measures targeting downstream migrating Atlantic salmon smolt (Salmo salar) at a hydroelectric power plant in southern Sweden|Herausgeber=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Jahr=2015|Seiten=|ISBN=}}</ref> und als Forderung auch in der [[Europäische Wasserrahmenrichtlinie|Europäischen Wasserrahmenrichtlinie]] erfasst. Jedoch sind genau wie beim Fischaufstieg die Erkenntnisse und Vorgaben an vielen älteren Wasserkraftanlagen noch nicht ausreichend umgesetzt. An nicht durchgängigen Wassekraftanlagen müssen Fische, wenn sie nicht über die Fischtreppe absteigen, bei der gewässerabwärts gerichteten Wanderung die Rechen und die Turbinen von Wasserkraftanlagen passieren. Für den Fall, dass die Fische durch den Rechen passen, kann der Abstieg durch die Turbine je nach Turbinentyp, -größe und -drehzahl mit einer erheblichen [[Mortalität]] verbunden sein. Die Fische, die aufgrund ihrer Körperproportionen nicht durch den Rechen passen, können die Wasserkraftanlage nicht passieren. Wenn Fische auf ihrem abwärts gerichteten Wanderweg mehrere Wasserkraftanlagen ohne Abstiegseinrichtung durchwandern müssen, ist ein völliger Ausfall der Migration oder der Population der Fische zu befürchten. Jedoch ist nicht - wie oft fälschlicherweise angenommen wird - die Turbine der auscchlaggebende Faktor für die Mortalität, sondern die Gestaltung des Abwanderungssystems, d.h. der Kraftwerksperipherie.


=== Wasserkraftanlage Öblitz ===
Moderne Wasserkraftwerke sind daher bereits vom Aufbau her so gestaltet, dass ein verletzungsfreier Abstieg für alle migrationswilligen Lebewesen möglich ist. Eine angemessene Ausführung des Rechens als Feinrechen (Rechenstababstand <20mm) und ein Leitsystem zum Auffinden des Bypasses verhindern den Abstieg durch die Turbinenkammer (Hinweis: jeder Wasserkraftanlage ist ein Rechen vorgeschaltet, durch den verhindert wird, dass Treibgut, Schmutz und Geschwemmsel, Baumstämme u.v.m. in die Turbine gelangen. Herkömmliche Stababstände sind jedoch >20mm). Leitrechen-Bypass-Systeme, die nach aktuellem biologischen Kenntnisstand ausgelegt sind, ermöglichen es den wandernden Lebewesen, den Bypass als Abstiegsmöglichkeit sicher aufzuspüren und verletzungsfrei an der Turbinenkammer vorbeizuschwimmen<ref>{{Internetquelle|url=http://www.bgf-halle.de/files/leitrechen_bypass_system.pdf|titel=Leitrechen-Bypass-System nach Ebel, Gluch& Kehl|autor=|hrsg=|werk=|datum=|sprache=|zugriff=2015-05-02}}</ref>. Zahlreiche Freilandstudien und Laboruntersuchungen weisen die Funktionsfähigkeit des Systems nach<ref>{{Internetquelle|url=http://www.wkw-halle.de/10.html|titel=Ökologische Betrachtung des Fischabstiegs am WKW Halle Planena|autor=|hrsg=Wasserkraftanlage Planena GmbH & Co. KG|werk=|datum=|sprache=de|zugriff=2016-05-02}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=http://www.lhw.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/Landesbetriebe/LHW/neu_PDF/3.0/GLUCH_LHW_DWA_Bremen_2014_Auszuege.pdf|titel=Nachhaltigkeit an Wasserkraftanlagen Fischabstieg downstream fish passage|autor=Dipl.-Hydrol. Arne Gluch|hrsg=Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) Sachsen-Anhalt|werk=|datum=|sprache=|zugriff=2016-05-02}}</ref><ref name=":0" /><ref>{{Internetquelle|url=https://www.youtube.com/watch?v=HvBd5-4zPXk|titel=Downstream migration - Biological improvement of Bypass System|autor=Dr. Armin Peter|hrsg=|werk=|datum=|sprache=|zugriff=2016-05-02}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=http://www.boxer99.de/default.asp?Menue=179&ArtikelPPV=27356|titel=Einsatz des Leitrechen-Bypass-Systems nach Ebel, Gluch & Kehl an Wasserkraftanlagen - Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven|autor=|hrsg=Springer Vieweg|werk=|datum=|sprache=|zugriff=2015-05-02}}</ref>. Eine weitere Möglichkeit der fischfreundlichen Kraftwerksgestaltung ist das [[Schachtkraftwerk]].
Die Wasserkraftanlage Öblitz liegt an der Saale und wurde 2017 in Betrieb genommen. Sie verfügt über ein Leitrechen-Bypass-System mit einem Horizontalrechen und Bypass, über den die Lebewesen an der Turbinenkammer vorbei ins Unterwasser absteigen können. Die Ausbauwassermenge liegt bei ca. 50&nbsp;m³/s. Am Standort sind bis zu 26 Fischarten kartiert<ref>{{Internetquelle |autor=Norbert Finster |url=http://m.mainpost.de/regional/kitzingen/Energie-aus-Wasserkraft-Turbinen-Wasserkraftwerke;art773,9705493 |titel=Überlandzentrale beteiligt sich an Wasserkraftwerk |hrsg=Mainpost Regional |datum=2017-08-28 |abruf=2018-02-20 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20180221100114/https://m.mainpost.de/regional/kitzingen/Energie-aus-Wasserkraft-Turbinen-Wasserkraftwerke;art773,9705493 |archiv-datum=2018-02-21 |offline=ja |archiv-bot=2023-12-23 14:31:48 InternetArchiveBot }}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uez.de/galerie_Wasserkraftanlage_Oeblitz_Galerie_623_kkmenue.html |titel=Bildergalerie Wasserkraftanlage Öblitz |hrsg=Unterfränkische Überlandzentrale |abruf=2018-02-20 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20180220212704/https://www.uez.de/galerie_Wasserkraftanlage_Oeblitz_Galerie_623_kkmenue.html |archiv-datum=2018-02-20 |offline=ja |archiv-bot=2023-12-23 14:31:48 InternetArchiveBot }}</ref>. Zusätzlich zu den Fischabstiegseinrichtungen sind fischfreundliche Propellerturbinen installiert<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dive-turbine.de/modules/download_gallery/dlc.php?file=61 |titel=Europas fischfreundlichstes Wasserkraftwerk geht ans Netz |hrsg=zek Hydro |abruf=2018-02-20 |format=PDF}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=5B_kvkcFUqY |titel=Wasserkraftwerk Öblitz - Turbineneinbau |abruf=2018-02-20 |format=Video}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.dive-turbine.de/pages/de/referenzen/oeblitz.php |titel=Bildergalerie Wasserkraftanlage Öblitz beim Bau |abruf=2018-02-20}}</ref>.


=== Schachtkraftwerk Großweil ===
Durch Kombination einer fischfreundlichen Gestaltung der Wasserkraftanlage mit einer fischfreundlichen Turbine, kann die Mortalität auch für die Lebewesen reduziert werden, die trotz des Feinrechens in die Turbine gelangen. Kriterien für fischfreundliche Turbinen sind u.a.:
siehe [[Schachtkraftwerk]]
* geringe Anzahl an Laufradschaufeln (Verringerung der Kollisionswahrscheinlichkeit)
* niedrige Drehzahlen (Verringerung von Kollisionswahrscheinlichkeit und -geschwindigkeit)
* stumpfe Eintrittskanten (Verringerung des Verletzungsrisikos bei Kollisionen)
* spaltfreie Turbinen, d.h. ohne Spalte zwischen Laufradschaufel und -Nabe, bzw. minimalen Spalten zwischen Laufradschaufel und Außenwand der Turbine (Verringerung des Verletzungsrisikos durch Einklemmen).<ref>{{Literatur|Autor=Dr. Guntram Ebel|Titel=Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen. Handbuch Rechen- und Bypasssysteme|Herausgeber=Büro für Gewässerökologie und Fischereibiologie|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Jahr=|Kapitel=3.2 Fischschonende Turbinen|Seiten=133 ff.|ISBN=978-3-00-039686-1}}</ref>
Diese Kriterien werden zum Beispiel durch drehzahlvariable Propellerturbinen erfüllt. Anstatt verstellbarer Laufradschaufeln haben drehzahlvariable Turbinen feste Schaufeln. Anstatt der Verstellung des Schaufelwinkels wie bei Kaplanturbinen, wird die Drehzahl dem schwankenden Durchfluss angepasst<ref>{{Internetquelle|url=http://www.dive-turbine.de/pages/de/produkt/drehzahlanpassung.php|titel=DIVE-TURBINE - Drehzahlanpassung|autor=Fella Maschinenbau GmbH|werk=www.dive-turbine.de|zugriff=2016-05-04}}</ref>. Die aufwendige Mechanik zur Verstellung der Laufradschaufeln auf der rotierenden Welle entfällt damit bei drehzahlvariablen Turbinen und die Schaufelzahl kann beliebig gesetzt und reduziert werden (Minimum 3 Schaufeln). Außerdem ist die Verbindung zwischen Laufradnabe und -schaufeln komplett spaltfrei. Auch moderne Wasserkraftschnecken mit integriertem Fischlift ermöglichen den Fischen ein gefahrloses Passieren in beide Richtungen.<ref>Siehe [https://afs.confex.com/afs/2015/webprogram/Paper22387.html Studie] von B. Zeiringer von der [[Universität für Bodenkultur]] zur Fischverträglichkeit der Wasserkraftschnecke mit integriertem Fischlift in Neubruck (NÖ), die von der Firma [http://www.hydroconnect.at/technologie/ Hydroconnect] betrieben wird.</ref>

== Typen ==

=== Fischtreppe ===
Bei ''Fischpässen'' oder ''Fischtreppen'' werden kleine Wasserbecken gebaut, durch die die Fische den Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser überwinden können. Stark künstlich erscheinende, ''klassische'' Treppenanlagen werden in Deutschland seit den [[1990er]] Jahren kaum noch gebaut, da sie oft nur wenig angenommen werden und mit ihren flachen Wasserbecken vor allem Raubvögeln ideale Fischfangplätze bieten.

=== Fisch-Kanu-Pass ===
Eine neuere Technik ist die Kombination von Fischaufstiegsanlage und [[Bootsgasse]], der [[Fisch-Kanu-Pass]].

=== Sohlgleite ===
{{Hauptartikel|Sohlgleite}}
''Sohlgleiten'' sind mit naturnahen Steinriegeleinbauten hergestellte Beckenstrukturen, die Fischen auch bei sommerlichem Niedrigwasser die Wanderung ermöglichen. So wurde beispielsweise im Rahmen des Projektes „[[Lachs 2000|Elblachs 2000]]“ im Brandenburger [[Stepenitz (Elbe)|Stepenitz]]-System am [[Schlatbach]] ein Wehr durch eine Sohlgleite ersetzt, die einen Höhenunterschied von knapp zwei Metern überwindet.

=== Wildpass ===
Ein ''Wildpass'' dient in erster Linie dazu, die Fließgeschwindigkeit des Wassers zu verringern.

=== Aalgang ===
{{Hauptartikel|Aalbrutleiter}}
Ein ''Aalgang'' oder eine ''Aalleiter'' ist ein [[Rohr (Technik)|Rohr]], das mit [[Kies]] oder [[Reisig]] gefüllt wird.

=== Fischlift ===
[[Datei:Fischlift Gadmerwasser.jpg|thumb|Ansicht des Fischlifts am Ausgleichsbecken in Fuhren am Gadmerwasser]]
Mit einem ''Fischlift'' kann auf kleinem Raum ein großes Gefälle überwunden werden und die Funktionsfähigkeit ist unabhängig von Wasserspiegelschwankungen im Oberwasser des Wanderhindernisses. Auch wie bei anderen Fischaufstiegshilfen führt eine künstlich erzeugte Leitströmung die Fische an den gewünschten Ort.
Sie schwimmen in ein Wasserbecken, dem sogenannten Reusenkorb, der mit einer Vorrichtung das Entweichen verhindert. Regelmäßig wird nun das Wasserbecken aufwärtsgefahren und oben schonend ausgekippt. Anschließend fährt die Konstruktion wieder nach unten und öffnet den Einlass für die nächsten Fische. Ein Fischlift befindet sich zum Beispiel am Wasserkraftwerk Wyhlen der [[Staustufe Augst/Wyhlen]], an der Fassung Fuhren am [[Gadmerwasser]],<ref>Matthias Meyer. ''Der erste Fischlift im Kanton Bern'' [http://www.troutfisherman.de/gadmerwasser/#fischlift]. Beschreibung des Fischlifts an der Fassung Fuhren. Abgerufen am 8. April 2016</ref> ein anderer in [[Grellingen]].<ref>Markus Hintermann. ''Wenn Fische in den Fahrstuhl steigen ... Erster Fischlift in der Schweiz'' [http://www.hydro-solar.ch/upload/Beschrieb%20Fischlift.pdf]. Detaillierte Beschreibung des Grellinger Fischlifts. Abgerufen am 4. Dezember 2014</ref>
Bei den beiden 2015 in Betrieb genommenen [[Wasserkraftschnecke#Verbreitung|Wasserkraftschnecke]] von Neubruck (Ö) und Retznei (Ö) ist der Fischlift integrierter Bestandteil der Anlage.

=== Fischaufstiegsschnecke ===
[[Datei:Kraftwerk Jessnitz Hydroconnect.jpg|mini|Drehrohr-Doppel[[wasserkraftschnecke]] in der [[Jessnitz (Fluss)|Jeßnitz]] bei [[St. Anton an der Jeßnitz|St. Anton]]. Die außenliegende Schnecke ermöglicht den Fischabstieg und produziert Strom, während die innere [[Archimedische Schraube]] einen verletzungsfreien Fischaufstieg erlaubt.]]
Mit einer [[Archimedische Schraube|Archimedischen Schraube]] wird Wasser angehoben in dem der sich Fische und andere Lebewesen in das Oberwasser tragen lassen können.
Ein Beispiel ist ein [[Kleinwasserkraftwerk]] an der [[Url (Fluss)|Url]], in [[Amstetten]] in Niederösterreich. Parallel zu der [[Wasserkraftschnecke]], die der Stromgewinnung dient, wurde eine weitere Schnecke für den Aufstieg installiert. Erste Tests zeigen eine fünfmal stärkere Aufstiegshäufigkeit als bei anderen Systemen.<ref>[http://noe.orf.at/news/stories/2705911/ Innovativer „Aufzug“ für Fische] auf ORF vom 18 April 2015 abgerufen am 18. April 2015</ref><ref>[http://www.oekonews.com/index.php?mdoc_id=1097010 Fischaufstiegsschnecke: Monitoring bringt hervorragende Ergebnisse] auf Oekonews.at vom 10. Februar 2015 abgerufen am 18. April 2015</ref>

=== Helix-Turmfischpass ===
Ein Fischweg in Form einer Wendeltreppenturms mit Mäanderbecken ist der [[Helix-Turmfischpass]]. Die Kosten des Fischpasses beim [[Wasserkraftwerk Raisdorf]] betrugen rund 550.000 Euro und wurden überwiegend aus EU-Mitteln finanziert.<ref>http://www.schwentinental-inside.de/frames/archiv/helix-turmfisch-pass.htm</ref><ref>http://www.ruhr-uni-bochum.de/denkposter/68.pdf</ref> Die erste Umsetzung in Raisdorf wurde vom [[Bund der Steuerzahler (Deutschland)|Bund der Steuerzahler]] und dem Landesnaturschutzbund Schleswig-Holstein als Verschwendung von Steuergeldern bezeichnet.<ref>[http://www.steuerzahler.de/files/15735/DOEV_2005_internet.pdf#page=46 Bericht im Schwarzbuch 2005 des Bundes der Steuerzahler] (pdf, ca. 1,77 MB, Seiten 46–47)</ref><ref>''Schilda lässt grüßen.'' [http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/30-milliarden-steuerverschwendung-schilda-laesst-gruessen/2557064.html Handelsblatt.de], Artikel vom 27. September 2005, 16:55 Uhr</ref>

== Einzelbeispiele ==
Die bislang größte Anlage Europas bei der [[Staustufe Geesthacht]] finanzierte der Stromproduzenten [[Vattenfall]] als ökologischen Ausgleich für das weiter stromabwärts liegende [[Kohlekraftwerk Moorburg]].<ref>[http://www.zeit.de/2011/46/Fischtreppe/komplettansicht ''Wanderfische: Nothilfe für Migranten'' auf zeit.de]</ref><ref>[http://www.vattenfall.de/de/fischtreppe-geesthacht.htm Europas größte Fischtreppe bei Geesthacht: Schutz für Elbe und Fische auf vattenfall.de]</ref> Die serpentinenartig verbundenen 45 Wasserbecken ermöglichen Wanderfischen, ein Wehr zwischen dem Mündungsgebiet und der mittleren Elbe zu umschwimmen, das zur Eindämmung des Tidenhubs auf die Wasserstraße gebaut wurde.<br />Das [[Lahnfenster]] in Gießen ermöglicht mittels Fensterscheiben den Einblick in eine Fischtreppe in der [[Lahn]] bei [[Gießen]].
Seit 2015 sind in Österreich zwei Wasserkraftschnecken mit integriertem Fischlift in Retznei an der Sulm und in Neuburg an der Jesnitz in Betrieb <ref>Patentnr. 512766, Anmeldedatum: 13.01.2012, Datum der Veröffentlichung: 15.02.2015, Anmelder und Erfinder: Walter Albrecht.</ref>, die sich durch eine besondere Fischverträglichkeit auszeichnen. Studien der [[Universität für Bodenkultur]] Wien in denen keine verletzten Fische festgestellt werden konnten, belegen, dass die meisten Fischarten die Anlagen gut passieren konnten.<ref>B. Zeiringer: ''Fish Passage through a Hydrodynamic Double-Screw: An Alternative Solution for Restoring River Connectivity''. American Fisheries Society, 145th Annual Meeting in Portland, OR, August 16.-20.2015: [https://afs.confex.com/afs/2015/webprogram/Paper22387.html Abstract auf der Website der Amerikanischen Fischerei-Gesellschaft]. Die Anlage an der Sulm wird vom Verbund betrieben. Die Anlage an der Jesnitz betreibt die Entwickler-Firma Hydroconnect selbst.</ref>

== Literatur ==
[[Datei:Ferc-fish ladder.svg|thumb|US-amerikanisches Symbol für Fischtreppen, das so an manchen Anlagen angebracht ist]]

* 1987: Günter Jens: ''Der Bau von Fischwegen. Fischtreppen, Aalleitern und Fischschleusen.'' Parey, Hamburg / Berlin 1982, ISBN 3-490-07414-9.
* 1997: Beate Adam, Ulrich Schwevers: ''Funktionsüberprüfung von Fischwegen. Einsatz automatischer Kontrollstationen unter Anwendung der Transponder-Technologie.'' Wirtschafts- und Verlagesellscft Gas und Wasser, Bonn 1997. ISBN 3-89554-069-2.
* 1999: Jürgen Eberstaller: ''Fischaufstiegshilfen – Gestaltungskriterien und Funktionsfähigkeit / Nature-like Fish Bypasses – Design Criteria and Effectiveness.'' [[Dissertation]] [[Universität für Bodenkultur Wien]]: Institut für Wasservorsorge, Gewässergüte und Fischereiwirtschaft. 1999.<ref>[https://zidapps.boku.ac.at/abstracts/oe_list.php?paID=3&paSID=2170&paSF=-1&paCF=0&paLIST=0&language_id=DE abstract]</ref>
* 2000: Michael Hütte: ''Ökologie und Wasserbau. Ökologische Grundlagen von Gewässerverbauung und Wasserkraftnutzung.'' Parey, Vieweg 2000, ISBN 3-528-02583-2.
* 2001: Beate Adam, Ulrich Schwevers: ''Planungshilfen für den Bau funktionsfähiger Fischaufstiegsanlagen'' (= ''Bibliothek Natur & Wissenschaft'', Band 17). VNW Verlag Natur und Wissenschaft, Solingen 2001, ISBN 3-927889-97-0.
* 2004: Heinz Patt, Peter Jürging, Werner Kraus: ''Naturnaher Wasserbau. Entwicklung und Gestaltung von Fließgewässern.'' 2. Auflage, Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-20095-9.
* 2016: Matthias Meyer, Steffen Schweizer, Elena Andrey, Andres Fankhauser, Sandro Schläppi, Willy Müller, Martin Flück:'' Der Fischlift am Gadmerwasser im Berner Oberland, Schweiz''. Springer, Wasserwirtschaft (2/3): S. 42–48, {{ISSN|0043-0978}}

== Weblinks ==
{{Commonscat|Fish ladders|Fischtreppen}}
* [http://www.stenvorde.de/stenv_fischtreppe.html Ausführliche Beschreibung der Fischaufstiegsanlagen (Fischtreppen) in Steinfurt/Burgsteinfurt]
* [http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/10.pdf Fischaufstiegsanlagen (ca. 5,3 MB)] (aus ''Handbuch Querbauwerke'', 2005) (abgerufen am 12. Oktober 2008; PDF-Datei)
* [http://www.troutfisherman.de/gadmerwasser/#fischlift Der erste Fischlift im Kanton Bern - Beschreibung der Fischaufstiegsanlage an der Fassung Fuhren am Gadmerwasser]
* [http://www.wfbw.de/32.0.html Beschreibung der größten Fischpässe am Rhein]
* [http://www.passage309.eu/attraktionen/page/35 Besucherzentrum Fischpass Gambsheim]
* [http://www.gmv-buchholz.de/Fischtreppe%20Holmer%20M%C3%BChle.pdf Fischtreppe der Seeve an der Holmer Mühle]


== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Bauform (Wasserbau)]]
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[[Kategorie:Umwelttechnik]]
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Aktuelle Version vom 23. Dezember 2023, 16:31 Uhr

Fischabstieg ist die stromabwärtsgerichtete Migration von Fischen insbesondere im Bereich von Wehr- und Wasserkraftanlagen an Fließgewässern. Das Gegenteil von Fischabstieg ist Fischaufstieg. Insbesondere bei der Genehmigung von Querbauwerken und Wasserkraftanlagen, aber auch im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie spielt das Thema Fischabstieg eine bedeutende Rolle.

Stand der Forschung

Schematische Ansicht einer Bottom-Gallery, einer Spülrinne und eines Beckenpasses an einem Wasserkraftwerk.
Fischauf- und -abstiegshilfen an einer Wasserkraftanlage.

Der Fischabstieg wird zurzeit intensiv erforscht,[1][2][3][4] weil er auch als Forderung in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie erfasst ist. Jedoch sind genau wie beim Fischaufstieg die Erkenntnisse und Vorgaben vor allem an älteren Wasserkraftanlagen und Querbauwerken noch nicht ausreichend umgesetzt. An nicht durchgängigen Wasserkraftanlagen müssen Fische, wenn sie nicht über die Fischtreppe absteigen, bei der gewässerabwärts gerichteten Wanderung die Treibgutrechen und die Turbinen von Wasserkraftanlagen passieren. Für den Fall, dass die Fische durch den Rechen passen, kann der Abstieg durch die Turbine je nach Turbinentyp, -größe und -drehzahl mit einer erheblichen Mortalität verbunden sein. Die Fische, die aufgrund ihrer Körperproportionen nicht durch den Rechen passen, können die Wasserkraftanlage nicht passieren. Wenn Fische auf ihrem abwärts gerichteten Wanderweg mehrere Wasserkraftanlagen ohne Abstiegseinrichtung durchwandern müssen, ist ein völliger Ausfall der Migration oder der Population der Fische zu befürchten. Jedoch ist nicht – wie oft fälschlicherweise angenommen wird – die Turbine der ausschlaggebende Faktor für die Mortalität: der Erfolg der abstiegswilligen Fische hängt primär von der Gestaltung des Abwanderungssystems ab, das heißt von der Gestaltung der Kraftwerksperipherie.

Fischfreundliche Kraftwerksgestaltung

Feinrechen und Bypass

Moderne Wasserkraftwerke sind daher bereits vom Aufbau her so gestaltet, dass ein verletzungsfreier Abstieg für alle migrationswilligen Lebewesen möglich ist. Eine angemessene Ausführung des Rechens als Feinrechen (Rechenstababstand schmaler als 20 mm) und ein Leitsystem zum Auffinden des Bypasses verhindern den Abstieg durch die Turbinenkammer. Leitrechen-Bypass-Systeme, die nach aktuellem biologischen Kenntnisstand ausgelegt sind, ermöglichen es den wandernden Lebewesen, den Bypass als Abstiegsmöglichkeit sicher aufzuspüren und verletzungsfrei an der Turbinenkammer vorbeizuschwimmen.[5] Zahlreiche Freilandstudien und Laboruntersuchungen weisen die Funktionsfähigkeit des Systems nach.[6][7][3][8][9][10]

Fischfreundliche Turbinen

Durch Kombination einer fischfreundlichen Gestaltung der Wasserkraftanlage mit einer fischfreundlichen Turbine, kann die Mortalität auch für die Lebewesen reduziert werden, die trotz des Feinrechens in die Turbine gelangen. Kriterien für fischfreundliche Turbinen sind unter anderem

  • geringe Anzahl an Laufradschaufeln (Verringerung der Kollisionswahrscheinlichkeit),
  • niedrige Drehzahlen (Verringerung von Kollisionswahrscheinlichkeit und -geschwindigkeit),
  • stumpfe Eintrittskanten (Verringerung des Verletzungsrisikos bei Kollisionen) sowie
  • spaltfreie Turbinen, das heißt ohne Spalte zwischen Laufradschaufel und -nabe, bzw. minimalen Spalten zwischen Laufradschaufel und Außenwand der Turbine (Verringerung des Verletzungsrisikos durch Einklemmen).[11]

Diese Kriterien werden zum Beispiel durch drehzahlvariable Propellerturbinen erfüllt. Anstatt verstellbarer Laufradschaufeln haben drehzahlvariable Turbinen feste Schaufeln. Anstatt der Verstellung des Schaufelwinkels wie bei Kaplanturbinen, wird die Drehzahl dem schwankenden Durchfluss angepasst.[12] Die aufwendige Mechanik zur Verstellung der Laufradschaufeln auf der rotierenden Welle entfällt damit bei drehzahlvariablen Turbinen und die Schaufelzahl kann beliebig gesetzt und reduziert werden (Minimum 3 Schaufeln). Außerdem ist die Verbindung zwischen Laufradnabe und -schaufeln komplett spaltfrei.

Auch moderne Wasserkraftschnecken mit integriertem Fischlift ermöglichen den Fischen ein gefahrloses Passieren in beide Richtungen.[13] Eine weitere Möglichkeit der fischfreundlichen Kraftwerksgestaltung ist das Schachtkraftwerk.

Kraftwerksbeispiele mit modernen Fischabstiegseinrichtungen

Wasserkraftanlage Halle-Planena

Die Wasserkraftanlage Halle-Planena liegt an der Saale. Die Ausbauwassermenge ist 50 m³/s bei einer Fallhöhe von 2,36 m. Die Wasserkraftanlage verfügt über ein Leitrechen-Bypass-System, d. h. über einen horizontal angestellten Feinrechen mit horizontalen Rechenstäben und einer Leitwand an der Flusssohle. Die Ausrichtung des Rechens gegen die Strömung beträgt ca. 45°.[14][15][15] Die abstiegswilligen Lebewesen werden am Rechen oder der Leitwand entlang in Richtung eines Bypasses geleitet. Über den Bypass können sie an der Turbinenkammer vorbei ins Unterwasser absteigen.[16]

Wasserkraftanlage Öblitz

Die Wasserkraftanlage Öblitz liegt an der Saale und wurde 2017 in Betrieb genommen. Sie verfügt über ein Leitrechen-Bypass-System mit einem Horizontalrechen und Bypass, über den die Lebewesen an der Turbinenkammer vorbei ins Unterwasser absteigen können. Die Ausbauwassermenge liegt bei ca. 50 m³/s. Am Standort sind bis zu 26 Fischarten kartiert[17][18]. Zusätzlich zu den Fischabstiegseinrichtungen sind fischfreundliche Propellerturbinen installiert[19][20][21].

Schachtkraftwerk Großweil

siehe Schachtkraftwerk

Einzelnachweise

  1. Bemessung und Gestaltung von Fischschutz- und Fischabstiegssystemen. (PDF) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. April 2016; abgerufen am 2. Mai 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bgf-halle.de
  2. Institut für angewandte Ökologie (Hrsg.): Untersuchungen zum Orientierungs- und Suchverhalten abwandernder Fische zur Optimierung der Dimensionierung und Anordnung von Fischschutzeinrichtungen vor Wasserkraftanlagen. Ethohydraulische Studien.
  3. a b Marius Heiß: Evaluation of innovative rehabilitation measures targeting downstream migrating Atlantic salmon smolt (Salmo salar) at a hydroelectric power plant in southern Sweden. 2015.
  4. Startseite – Forum Fischschutz & Fischabstieg | Forum Fischschutz & Fischabstieg. In: forum-fischschutz.de. Abgerufen am 23. September 2016.
  5. Leitrechen-Bypass-System nach Ebel, Gluch& Kehl. (PDF) Abgerufen am 2. Mai 2015.
  6. Ökologische Betrachtung des Fischabstiegs am WKW Halle Planena. Wasserkraftanlage Planena GmbH & Co. KG, abgerufen am 2. Mai 2016.
  7. Arne Gluch: Nachhaltigkeit an Wasserkraftanlagen Fischabstieg downstream fish passage. (PDF) Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) Sachsen-Anhalt, abgerufen am 2. Mai 2016.
  8. Armin Peter: Downstream migration - Biological improvement of Bypass System. Abgerufen am 2. Mai 2016.
  9. Einsatz des Leitrechen-Bypass-Systems nach Ebel, Gluch & Kehl an Wasserkraftanlagen – Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven. Springer Vieweg, abgerufen am 2. Mai 2015.
  10. Werner Dönni, Fischwerk, Kriens Lukas Boller, AquaPlus, Zug: Fischabstieg: Anlagen in Deutschland überzeugen. Dokumentation von zwei Anlagen an der Saale in Sachsen-Anhalt. (PDF) WWF Schweiz, Abt. Umwelt & Ressourcen, Bereich Wasser, 2010, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 20. Februar 2018.@1@2Vorlage:Toter Link/www.fischwerk.ch (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  11. Guntram Ebel: Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen. Handbuch Rechen- und Bypasssysteme. Hrsg.: Büro für Gewässerökologie und Fischereibiologie. 2013, ISBN 978-3-00-039686-1, 3.2 Fischschonende Turbinen, S. 133 ff.
  12. Fella Maschinenbau GmbH: DIVE-TURBINE - Drehzahlanpassung. In: www.dive-turbine.de. Abgerufen am 4. Mai 2016.
  13. Siehe Studie von B. Zeiringer von der Universität für Bodenkultur zur Fischverträglichkeit der Wasserkraftschnecke mit integriertem Fischlift in Neubruck (NÖ), die von der Firma Hydroconnect betrieben wird.
  14. Wasserkraftanlage Halle-Planena. Abgerufen am 20. Februar 2018.
  15. a b Guntram Ebel: Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen. Handbuch Rechen- und Bypasssysteme. Hrsg.: BGF Büro für Gewässerökologie und Fischereikunde. Halle (Saale) 2013, ISBN 978-3-00-039686-1, S. 336 ff.
  16. Ökologische Betrachtung WKA Halle-Planena. Abgerufen am 20. Februar 2018.
  17. Norbert Finster: Überlandzentrale beteiligt sich an Wasserkraftwerk. Mainpost Regional, 28. August 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Februar 2018; abgerufen am 20. Februar 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/m.mainpost.de
  18. Bildergalerie Wasserkraftanlage Öblitz. Unterfränkische Überlandzentrale, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Februar 2018; abgerufen am 20. Februar 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uez.de
  19. Europas fischfreundlichstes Wasserkraftwerk geht ans Netz. (PDF) zek Hydro, abgerufen am 20. Februar 2018.
  20. Wasserkraftwerk Öblitz - Turbineneinbau. (Video) Abgerufen am 20. Februar 2018.
  21. Bildergalerie Wasserkraftanlage Öblitz beim Bau. Abgerufen am 20. Februar 2018.