Brasilien

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Brasilien (portugiesisch Brasil, gemäß Lautung des brasilianischen Portugiesisch [bɾaˈziu̯]) ist der flächen- und bevölkerungsmäßig fünftgrößte Staat der Erde. Es ist der größte und mit über 192 Millionen Einwohner bevölkerungsreichste Staat Südamerikas, von dessen Fläche er 47 Prozent einnimmt.

Der Name Brasilien geht auf den portugiesischen Namen pau-brasil des Brasilholz-Baumes zurück, das ein wichtiges Ausfuhrprodukt zur Zeit der frühen Kolonisation aus den Wäldern der Atlantikküste war. Brasa bedeutet im Portugiesischen „Glut“ und „glühende Kohlen“; das Adjektiv brasil („glutartig“) bezieht sich auf die Farbe des Holzes, das, wenn geschnitten, rot leuchtet und in Europa zum Färben von Stoffen benutzt wurde. Heute ist diese Baumart vom Aussterben bedroht.

Geographie

Brasiliens Landschaft ist von ausgedehnten Regenwäldern des Amazonas-Tieflands im Norden und Hochebenen, Hügeln und Gebirgen im Süden geprägt. Während die landwirtschaftliche Basis des Landes im Süden und in den Savannengebieten des Mittelwestens (Cerrado) liegt, lebt der Großteil der Bevölkerung in der Nähe der Atlantikküste, wo sich auch fast alle Großstädte befinden.

Brasilien hat zehn Nachbarstaaten. Es grenzt – mit Ausnahme von Chile und Ecuador – an alle südamerikanischen Staaten (von Nordosten gegen den Uhrzeigersinn gesehen): an Französisch-Guayana mit 730 km, Suriname mit 593 km, Guyana mit 1298 km, Venezuela mit 1819 km, Kolumbien mit 1645 km, Peru mit 2995 km, Bolivien mit 3400 km, Paraguay mit 1290 km, Argentinien mit 1132 km und Uruguay mit 985 km. Die gesamte Grenzlänge beträgt 15.887 km und ist damit nach der Volksrepublik China und Russland die drittlängste Landgrenze der Erde.

Der kontinentale Teil Brasiliens liegt in zwei Zeitzonen, einige vorgelagerte Inseln gehören zu einer dritten. Siehe hierzu: Zeitzonen in Brasilien.

Höchste Berge

Der höchste Gipfel ist der 2994 m hohe Pico da Neblina, der im gleichnamigen Nationalpark nahe der Grenze zu Venezuela und Guayana liegt. Der zweithöchste Berg ist der Pico 31 de Março (2973 m). Der dritthöchste Berg ist der Pico da Bandeira (2891 m). Berühmter allerdings sind der 710 m hohe Corcovado mit der 30 m hohen Erlöser-Statue wegen seines Blickes über Rio de Janeiro, sowie der seiner konischen Form wegen berühmte 395 m hohe Zuckerhut.

Gewässer

Flüsse

Der wichtigste Fluss ist der Amazonas, seine Wasserführung von 209.000 m³/s macht ihn zum weitaus wasserreichsten Fluss der Erde, größer als die sieben nächstkleineren Flüsse der Welt zusammen. Der längste Fließweg seines Flusssystems misst 6448 km; in dieser Hinsicht wird er nur noch vom wesentlich wasserärmeren Nil übertroffen. Die bedeutendsten Nebenflüsse, der Rio Madeira und der Rio Negro, sind bereits mit den größten Strömen anderer Kontinente vergleichbar. Es folgen der Rio Icá und der Rio Tapajós.

Der Süden Brasiliens gehört bis auf einen schmalen Küstenstreifen zum Einzugsgebiet der Flüsse Uruguay (1790 km) und Paraná (3998 km). Der Paraná ist fast durchgehend aufgestaut; in Itaipú liegt das zweitgrößte Wasserkraftwerk der Welt. Einer seiner Nebenflüsse hat dem Staat Paraguay seinen Namen gegeben; ein anderer ist durch die Iguazú-Wasserfälle bekannt.

Siehe auch: Liste der Flüsse in Brasilien

Seen

Die Lagoa dos Patos bei Porto Alegre ist mit über 10.000 km² die größte Lagune Brasiliens und die zweitgrößte Südamerikas. Danach kommt die weniger als halb so große Laguna Merín, südlich der Stadt Rio Grande.

Inseln

Zum brasilianischen Hoheitsgebiet gehören auch einige Inseln im Atlantik, z. B. die etwa 800 km vor der Küste gelegenen Sankt-Peter-und-Sankt-Pauls-Felsen, die nur mit einem Leuchtturm bebaut sind, und die ehemalige Sträflingskolonie Fernando de Noronha, die nicht weit von der Felsgruppe entfernt ist. Beide liegen auf dem mittelatlantischen Rücken. Vulkanischen Ursprungs sind die Inseln Trindade und Martim Vaz, die zum Bundesstaat Espírito Santo gehören. Das ovale Rocas-Atoll erstreckt sich über mehrere Kilometer und wurde aufgrund der außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenwelt als Weltnaturerbe aufgenommen.

Die größte Insel aber ist Marajó zwischen der Mündung des Amazonas und dem Rio Pará, der zum Mündungsgebiet des Rio Tocantins gehört. Sie ist mit einer Fläche von etwa 48.000 km² größer als beispielsweise die Schweiz. Da aber große Teile in der Regenzeit überschwemmt sind, ist die Insel nur an einigen Orten besiedelt. Da das Nordufer von Marajó eine Meeresküste ist, gilt die Ilha do Bananal im Rio Araguaia mit ihrer Fläche von 20.000 km² als größte Flussinsel der Welt. Sie liegt in einem Nationalpark im Bundesstaat Tocantins und ist größer als beispielsweise Jamaika.

Klima

Das Klima Brasiliens, das zwischen 5° nördlicher Breite und 34° südlicher Breite liegt, ist überwiegend tropisch mit geringen jahreszeitlichen Schwankungen der Temperaturen. Nur im subtropischen Süden herrscht ein gemäßigteres Klima. Besonders im Amazonasbecken gibt es reichhaltige Niederschläge, man findet jedoch auch relativ trockene Landstriche mit teilweise lang anhaltenden Dürrezeiten, besonders im Nordosten des Landes. In den höheren Lagen im Süden des Landes fällt im Winter der Niederschlag gelegentlich als Schnee.

Im Süden befindet sich an der Grenze zu Bolivien und Paraguay ein ausgedehntes Feuchtgebiet, das Pantanal.

Flora und Fauna

Noch vor Kolumbien, Mexiko und Indonesien ist Brasilien das artenreichste Land der Erde. Entdeckt wurden bislang unter anderem rund 55.000 Blütenpflanzen-, über 3000 Süßwasserfisch-, 921 Amphibien-, 749 Reptilien- und 51 Primaten-Arten. Weil die Waldfläche stetig verkleinert wird, ist ein hoher Anteil dieser Tierarten in seinem Bestand gefährdet (vgl. Abschnitt Umwelt).

Der immergrüne tropische Regenwald des Amazonasgebiets ist die größte zusammenhängende Waldfläche. Bislang wurden dort mehr als 2.500 Baumarten entdeckt. Fast alle dieser bis zu 60 m hohen Bäume finden sich im von Überschwemmungen verschonten Eté-Wald der Terra firme, die 98 % des Amazonasgebiets umfasst. In diesem Gebiet wachsen u. a. der Gummibaum (caucho), verschiedene Farb- und Edelhölzer (z. B. Palisander), Fruchtbäume (z. B. Paranussbaum) und Heilpflanzen. Auffällig sind die etwa 1.000 verschiedenen Farn- und Orchideenarten. Neben der Terra firme gibt es die Várzea, die bei Hochwasser überschwemmt ist. Dort wachsen Jupati- und Miriti-Palmen. Das Igapó-Gebiet ist dagegen ständig überschwemmt. Als typische Pflanze in diesem Gebiet gilt die Açaí-Palme. Auf dem Amazonas, aber vor allem auf seinen Nebenflüssen, wachsen Seerosen, deren Blüten 30 bis 40 cm groß werden können. Entlang der Küste Amazoniens (mit Ausnahme der eigentlichen Amazonasmündung) finden sich ausgedehnte Mangrovenwälder, die allerdings mit sechs Mangrovenbaum-Arten verhältnismäßig artenarm sind.

Besonders bekannt sind im gesamten Amazonasgebiet vor allem Papageien, Tukane und Kolibris. Es sind extrem viele Insekten- und Schmetterlingsarten bekannt. Größere Waldtiere sind der Tapir, das Wildschwein (Pekari), der Jaguar und der Puma. Daneben bevölkern kleinere Wildkatzen, Affen, Faultiere, Gürteltiere und Ameisenbären den Regenwald. An den Ufern und Flachwässern leben Anakondas, Kaimane und Capybaras („Wasserschweine“ – die größten Nagetiere der Welt) und weitere Säugetiere wie Riesenotter, Flussdelfine und Seekühe im tieferen Wasser. Auch zahlreiche Fischarten (etwa 1.500) sind im Amazonas beheimatet. Darunter einer der größten bekannten Süßwasserfische der Welt: Der Pirarucú ist 2 m lang und wiegt etwa 100 kg. Ein Zitteraal, der 800-Volt-Stromschläge austeilt, und die Piranhas, manche Arten gut 30 cm lang, sind ebenso außergewöhnlich.

Der äußerste Nordosten Brasiliens, früher ebenso aus Regenwald bestehend, wird mittlerweile fast ausschließlich für Zuckerrohr-Plantagen und den Anbau von Baumwolle genutzt. Vereinzelt lassen sich noch Mangroven und Palmenhaine finden.

Die typische Vegetation des semiariden Berg- und Hochlandes im Zentrum (Cerrado) und im Nordosten des Landes (Sertão) ist die Savanne, von Baum- und Grassavannen, nach Nordosten hin, zu mit Laubbäumen durchsetzter Strauchsavanne. Typische Bewohner dieser Trockenzonen sind Großer Ameisenbär, Mähnenwolf, Pampashirsch, Nandu und verschiedene Gürteltiere. All diese Arten und daneben auch große Raubkatzen wie Jaguare und Pumas werden etwa im Emas-Nationalpark, der eine Welterbestätte bildet, geschützt.

Das Pantanal weist eine noch größere Tier- und Pflanzenvielfalt auf. Charakteristisch sind neben zahlreichen Vogelarten Flachlandtapir, Sumpfhirsch, Wasserschwein und Kaiman. Die Sumpfregion im Mittelwesten des Landes steht sieben Monate im Jahr unter Wasser. Höher gelegene Gebiete der Region sind überwiegend Savanne. Wie auch in denen des Cerrado und sogar im Amazonasgebiet machen sich dort Weiden für Rinder breit.

In den küstennahen Gebirgen des Südens und Südostens finden sich die Schwerpunkte der kolonialen Erschließung und die am dichtesten besiedelten Gebiete. Anstelle des ursprünglichen atlantischen Regenwaldes, Lebensraum für Affen und zahlreiche andere Tierarten, dominieren Kaffeeplantagen. Die ursprüngliche Vegetation ist nur noch in einigen Nationalparks zu finden.

Der Süden zeigt subtropische Vegetation; die ursprünglichen Wälder aus Araukarien, die eine Höhe von bis zu 40 m erreichen, wurden größtenteils für Holzgewinnung zerstört. Heute sind Niedergrassteppen in dieser Region häufiger.

Naturschutz

In Brasilien gibt es 62 Nationalparks (Parques Nacionais). Schutzgebiete ähnlichen Charakters gibt es unter dem Namen Estação Ecológica. Es gibt auch Schutzgebiete der Bundesstaaten (Parques Estaduais) und auf Gemeindeebene. Diese und weitere Flächen wurden wegen ihrer ökologischen, wissenschaftlichen, touristischen und erzieherischen Bedeutung unter Schutz gestellt.

Umwelt

Regenwaldzerstörung

Während der atlantische Küstenregenwald bereits zu rund 93 % zerstört ist und die Reste stark fragmentiert sind, ist der tropische Regenwald des Amazonasgebietes eines der größten noch verbliebenen Urwaldgebiete der Welt. Bis zur Ankunft der Europäer wurde er von der indigenen Urbevölkerung extensiv und nachhaltig genutzt, so dass die herbeigeführten Veränderungen der Ökosysteme der Artenvielfalt eher nutzten als schadeten. Viele der modernen Landnutzungsänderungen hingegen fügen den Wäldern immense Schäden zu. Das sind vor allem Rodungen für die Schaffung landwirtschaftlicher Flächen, die plantagenartige Land- und Forstwirtschaft (z. B. Jari Projekt), aber auch Infrastrukturprojekte wie Straßen (zum Beispiel die Transamazônica und die Perimetral Norte), Minen (z. B. Serra dos Carajás) und Großstaudämme (selbst an direkten Nebenflüssen des Amazonas wie Tucuruí oder Belo Monte). Dabei wirkt sich nicht nur der Flächenverbrauch durch die Bauvorhaben selbst aus. Die zugehörigen Straßen machen die Gebiete für den (heute vorwiegend illegalen) Holzeinschlag verfügbar.

Das Holz aus diesen Wäldern wird nur zum Teil von der lokalen Bevölkerung genutzt (z. B. als Feuerholz oder für bereits in Brasilien hergestellte höherwertige Produkte wie Sperrholz, Zellstoff oder Baumaterial). Ein großer Teil wird international gehandelt. In Brasilien gibt es rund 2.500 Unternehmen, die tropisches Hartholz kaufen und verkaufen. Die meisten von ihnen sind ausländische Großunternehmen. Zwar sind einige Tropenhölzer wie z. B. Mahagoni mittlerweile gesetzlich geschützt, der Handel geht jedoch illegal weiter.

Nach Angaben der FAO waren 2010 noch 60,1 % der Landesfläche mit Urwald bedeckt, im Vergleich zu 66,9 % im Jahr 1990 (ohne Berücksichtigung aufgeforsteter Flächen). Im Zeitraum 2000–2005 lag der Urwaldverlust bei jährlich 32.000 km². Auf die Gesamtfläche der Wälder bezogen gingen in den letzten zwanzig Jahren jährlich rund 0,5 % verloren.

Von 2004 (ca. 27.000 km² jährlich) bis 2012 waren die Raten rückläufig. 2005 wurden 18.793 km² bekanntgegeben, 2006 waren es 14.039 km². Nach Angaben des deutschen BMZ lag die Entwaldungsrate 2012 „nur“ noch bei rund 4.570 km² (das ist etwas weniger als die Fläche der Balearen oder 0,09 % der gesamten Regenwaldfläche Brasiliens). Von August 2012 bis Juli 2013 hat die Rodung allerdings wieder auf 5.800 km² zugenommen.

Den Rückgang des Verlustes von Primärwald führte die Regierung Brasiliens auf die Durchsetzung ihrer Umweltstandards zurück, Umweltschützer sehen die Stärke des Real und die fallenden Sojapreise als Gründe. In der Folge beriet im Januar 2008 ein Notfallkabinett der Regierung über Maßnahmen. Die Behörden zum Schutz des Regenwaldes haben mit Geld- und Personalmangel sowie Korruption zu kämpfen. Nur im Rahmen von Schutzgebieten erfährt der Amazonaswald eine relative Sicherung. So konnte 2002 das weltweit größte Schutzgebiet (Tumucumaque) eines tropischen Regenwalds im Norden Brasiliens gegründet werden.

Brasilien hat Mitte 2008 einen Fonds zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes ins Leben gerufen und erstmals einen Zusammenhang zwischen diesem Schutz und der globalen Erwärmung akzeptiert. Die Regierung plant bis zum Jahr 2021 Investitionen von mehreren Millionen Euro, um an Stelle der Rodung nachhaltige wirtschaftliche Grundlagen für die Amazonasbevölkerung zu entwickeln. Das Land verhält sich aber gegenüber ausländischen Einflussnahmen in seine Amazonas-Politik abwehrend.

Regenwaldböden sind nährstoffarm, daher ist die Vegetation auf die Wiederverwertung der Nähr- und Mineralstoffe aus der toten Biomasse angewiesen. Im tropisch heißfeuchten Klima zersetzen Mikroorganismen Laubstreu in sehr kurzer Zeit und führen sie den Pflanzen wieder zu, wohingegen kaum bodenbildende Prozesse stattfinden. Wenn aber der Wald entfernt wird und die Humusschicht gegen Sonne und Niederschläge ungeschützt liegt oder sich somit keine neue mehr auf dem unfruchtbaren Unterboden bilden kann, trocknen diese aus und es kommt zu Erosion. Sind die gerodeten Flächen größer, kann sich der Wald dort nicht regenerieren.

Bäume binden Kohlendioxid, das in der Atmosphäre einen Treibhauseffekt bewirkt. Die in Brasilien freigesetzten Treibhausgase gehen zu drei Vierteln auf Brandrodungen und zu einem Viertel auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe zurück.

Siehe auch: Entwaldung

Weitere Umweltprobleme

Ein weiteres Umweltproblem ist der Bauxit- und Goldtagebau, der die Flüsse vergiftet und die lokale Bevölkerung gefährdet. Die Goldgräber (Garimpeiros) verwenden zum Auswaschen des Goldes Quecksilber (Amalgamverfahren). Die giftigen Dämpfe entweichen in die Luft, und das Schwermetall verseucht Gewässer, Böden und Grundwasser und verursacht damit schwerwiegende Gesundheitsschäden bei Mensch und Tier.

Wie überall zieht die Förderung von Erdöl Probleme nach sich: 2000 erlitt der Fluss Iguaçu eine Ölpest. Ein Jahr später sank vor der brasilianischen Küste die damals größte Ölplattform der Welt und bedrohte das dortige Ökosystem. Städte haben mit Luftverschmutzung und Abwasserproblemen zu kämpfen.

In Brasilien wird dem Kraftstoff eine gewisse Menge Alkohol beigemischt. Neben umwelttechnischen Gründen (Reduzierung der Schadstoffemissionen) sind dafür hauptsächlich die Kosten verantwortlich: Ethanol ist deutlich billiger als Automobil- und Flugbenzin. Der Anteil an Ethanol im Benzin ist gesetzlich geregelt und wurde 2006 von ehemals 25 % auf 20 % gesenkt. In Brasilien kann man Autos fahren, die einen Ethanol-, Benzin- oder einen Flex-Fuel-Motor besitzen. Das dreimillionste Flex-Fuel-Auto wurde im Dezember 2005 verkauft. Auch die ersten Flugzeuge fliegen mit Ethanol, was die Luftverschmutzung insgesamt reduziert. Das erste mit Alkohol betriebene Flugzeug der Welt, die EMB-202 Ipanema, wurde 2002 von Embraer in Brasilien gebaut. Brasilien ist der viertgrößte Auto- und mit 12.000 Flugzeugen der zweitgrößte Flugzeug-Produzent der Welt.

Bevölkerung

Demographische Struktur

Die brasilianische Bevölkerung ist sehr jung. 25 % sind unter 15 Jahre alt und nur 7 % über 64 (Stand: 2014). Das mittlere Alter beträgt 30,7 Jahre, die mittlere Lebenserwartung liegt bei 73,28 Jahren. Sie lag 2014 bei der männlichen Bevölkerung bei 69,73 Jahre und bei der weiblichen bei 77 Jahren.

2014 betrug die Geburtenziffer 15 Neugeborene auf 1.000 Einwohner. Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau betrug 1,8. Die Sterbeziffer betrug 6 auf 1.000 Einwohner.

Brasilien gehört somit zu den Ländern, in denen die Fruchtbarkeit innerhalb weniger Jahrzehnte rapide gefallen ist. Wegen früherer hoher Fruchtbarkeitsraten gibt es noch relativ viele junge Menschen, doch es befindet sich in der fünften Phase des demographischen Überganges. In dieser Phase liegt die Kinderzahl pro Frau unter dem langfristig zur Konstanthaltung der Bevölkerung notwendigen Niveau von 2,1 und die Bevölkerung wird langfristig gesehen ohne Zuwanderung abnehmen. Es wird angenommen, dass es ab 2025 zu einer Überalterung der Bevölkerung und somit zu einem Mangel an Arbeitskräften bei gleichzeitiger Zunahme der älteren Bevölkerung kommen wird.

87 % der Bevölkerung lebten im Jahr 2014 in den Städten, die sich durch rasantes Wachstum und Wildwuchs auszeichnen; in den Außenbezirken haben sich Favelas genannte Armensiedlungen gebildet.

Bevölkerungsdichte Brasiliens

Etwa 90 % der Bevölkerung konzentrieren sich auf die Bundesstaaten der Ost- und Südküste Brasiliens mit einer Bevölkerungsdichte von 20 bis über 300 Einwohner/km². Der Rest Brasiliens, mit dem Amazonas und den Bergregionen, hat zwar die weitaus meiste Fläche, aber nur eine Bevölkerungsdichte von unter 5 bis 20 Einwohner/km². Der Hauptstadtdistrikt Distrito Federal do Brasil als Stadtstaat und der Bundesstaat Rio de Janeiro haben eine Bevölkerungsdichte von über 300 Einwohner/km².

Migrationssaldo

Das Migrationssaldo pro 1.000 Einwohner liegt bei 0. Das bedeutet, dass ungefähr gleich viele Personen nach Brasilien einwandern wie auswandern.

Siehe auch: Einwanderung nach Brasilien

Ethnien

Ursprünglich vier Bevölkerungsgruppen bilden die brasilianische Bevölkerung. Sie sind heute jedoch so umfassend vermischt, dass eine klare Zuordnung oft nicht mehr möglich ist. Diese Gruppen sind:

• die Portugiesen, die ursprünglichen Kolonialisten

• die Afrikaner, die als Sklaven nach Brasilien verschleppt wurden (Afrobrasilianer)

• verschiedene Einwanderergruppen, hauptsächlich aus Europa (Italiener, Deutsche, Spanier, Polen und Ukrainer) und Asien (Japaner, Koreaner, Libanesen und Syrer), die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Brasilien angesiedelt haben. Seit 1818 sind über 300.000 Deutsche eingewandert (siehe auch Deutschbrasilianer), überwiegend in den Süden des Landes; in den Staaten Paraná, Rio Grande do Sul und Santa Catarina sind heute ca. 40 % der Bevölkerung deutscher Herkunft. Eine große japanische Bevölkerungsgruppe lebt in Brasilien (vor allem in São Paulo), außerdem viele Polen und Ukrainer (vorwiegend in Paraná).

• einheimische Volksgruppen der Tupi- und Guarani-Sprachfamilien (200 ethnische Gruppen mit insgesamt etwa 500.000 Mitgliedern). Etwa zwölf Prozent der Fläche Brasiliens (größtenteils in Amazonien) ist für Indianer reserviert.

Etwa die Hälfte der brasilianischen Bevölkerung hat einen nicht unerheblichen Anteil afrikanischer Vorfahren, die vom 16. bis zum 19. Jahrhundert als afrikanische Sklaven in das Land gebracht wurden. Die Schwarzen haben sich jedoch im Laufe der Zeit stark mit der europastämmigen Bevölkerung vermischt.

Nach einer Erhebung des IBGE im Jahre 2005 bezeichnen sich rund 49,9 % der Brasilianer selbst als Weiße, 43,2 % als Mischlinge (pardo) und 6,3 % als Schwarze, 0,7 % als Gelbe oder Indigene. Der größte Teil der afrobrasilianischen Bevölkerung lebt im Nordosten.

Indigene Bevölkerung

→ Hauptartikel: indigene Bevölkerung Brasiliens

Die indigenen Völker in Brasilien lebten partiell von Jagd, Fischfang und Sammeln, zudem von dem fragilen Ökosystem angepasster Bodenbewirtschaftung. Ein großer Teil der einheimischen Bevölkerung starb im Zuge der europäischen Kolonialisierung, meist an eingeschleppten Krankheiten, aber auch infolge von Zwangsarbeit oder durch Versklavung. Der Großteil der außerhalb des Regenwalds lebenden Indianer, insbesondere in den Städten, wurde, soweit er Gewalt und Epidemien überlebte, assimiliert und vermischte sich mit den europäischen Einwanderern. Von schätzungsweise fünf bis sechs Millionen Indios in der Zeit um 1500 brach die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 1950 auf 100.000 ein.

Bis 1997 wuchs die indigene Bevölkerung wieder auf etwa 300.000. Nach Angaben der brasilianischen Botschaft leben heute ungefähr 410.000 Indios im Land, was rund 0,2 % der Bevölkerung entspricht. 2005 gab es Berichte über einen erneuten Anstieg der Zahl der in Brasilien lebenden Indios auf etwa eine halbe Million. Das größte indigene Volk Brasiliens sind die Guaraní mit circa 46.000 Angehörigen in sieben Bundesstaaten.

100.000 bis 200.000 Indios leben heute in Städten, wodurch die indianische Kultur zunehmend verloren geht. Es bestehen zwar zahlreiche Reservate im Amazonasgebiet, doch leben nur wenige gemäß ihrer hergebrachten Kultur. Durch die Abholzung des Urwalds wird ihr Lebensraum rapide zerstört. Dabei werden die erwirtschafteten Erlöse aus dem Amazonasgebiet heraustransferiert, es mangelt also an Investitionen vor Ort oder gar Entschädigungen. Minenarbeiter und Goldgräber belasten nicht nur Flüsse und Böden mit schwerem Gerät und giftigen Chemikalien, sie bringen auch Krankheiten und Gewalt. Der Regierung wird dabei Mitschuld vorgeworfen, da Mörder nur selten strafrechtlich verfolgt werden. Außerdem vergibt sie Genehmigungen zur wirtschaftlichen Nutzung von Gebieten (z. B. zur Ölförderung), die von Indios bewohnt sind. Aufgrund dieser extrem schlechten Erfahrungen meiden an die hundert Völker möglichst jeden Kontakt.

Demgegenüber steht die offizielle Rechtsposition der Indigenen in Brasilien. Bereits 1988 wurden ihnen als Folge der internationalen Debatte um die ILO-Konvention 169 in der Verfassung (Art. 231) weitgehende Rechte garantiert, die das traditionelle Leben, die Selbstbestimmung sowie auch die Eigentums- und Nutzungsrechte an ihrem Land enthalten.

„Traditionelle Völker und Gemeinschaften“

Brasilien hat im internationalen Vergleich eine sehr entwickelte Debatte über sogenannte „traditionelle Völker und Gemeinschaften“ (Povos e Comunidades Tradiciona). Mit dieser originär brasilianischen Bezeichnung werden alle lokalen Gemeinschaften zusammengefasst, die eine an Traditionen und Subsistenzwirtschaft orientierte Lebensweise führen. Entscheidend dabei ist, dass die Zuordnung unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit ist: So zählen sowohl Indigene dazu als auch nicht-indigene Gruppen wie die Quilombolas – die von schwarzen Sklaven abstammen –, und die Kautschukzapfer – die europäische und indianische Vorfahren haben.

Traditionelle Völker und Gemeinschaften sind Kulturen, die sich im Laufe ihrer Geschichte erkennbar häufiger für die Bewahrung der bestehenden Strukturen positioniert haben. Da dies immer ein aktiver Prozess ist, sind sie weder primitiver noch weniger dynamisch als die „modernen Kulturen“. Zudem muss man beachten, dass die Zuordnung relativ ist, da die Unterscheidung von „traditionell“ und „modern“ eine subjektive Wertung ist, die vom Zeitgeist abhängt und die einseitig aus der Sicht der Modernen erfolgt!

Ganz im Gegenteil betrachtet die Wissenschaft sie heute als die Gruppen, die bisher am wenigsten zur ökologischen und klimatischen Gefährdung des Planeten beigetragen haben. Sie haben eine große Zahl von traditionell nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweisen entwickelt, die an die jeweiligen Ökosysteme angepasst sind. Gleichzeitig sind es gerade diese Gruppen, die unter ökonomischen Erschließungsprojekten sowie ökologischen und klimatischen Veränderungen besonders zu leiden haben. Die vielfältigen und massiven Konflikte lassen befürchten, dass viele lokale Gemeinschaften trotz politischer Verbesserungen ihre Territorien verlieren werden und damit ihre spezifischen kulturellen Ausdrucksformen.

Während die Landrechte der Indigenen seit der Gründung Brasiliens eine Rolle in der Politik spielen, begann die Debatte über die Rechte für nicht-indigene, lokale Gemeinschaften erst in den 1980er Jahren. Es begann mit den Kautschukzapfern im Bundesstaat Acre: Sie forderten gesicherte Territorien und das Recht auf eine nachhaltige regionale Wirtschaftsweise und entwickelten dazu die Idee der Sammelgebiete. Diese Bestrebungen führten bis 2007 zur Ausweisung von 65 solcher Sammelgebiete (Reservas Extrativstas, RESEX) in Amazonien mit einer Gesamtfläche von 117.720 km². Davon ermutigt stellten bald auch andere traditionelle Gemeinschaften wie beispielsweise die Amazonas-Flussanwohner und die Babaçu-Sammlerinnen ähnliche Forderungen, die ebenfalls erfolgreich waren. 2004 wurde mit der „Nationalen Kommission für traditionelle Völker und Gemeinschaften“ erstmals eine Vertretung eingerichtet, die nicht nur indigenen Völkern nutze sollte. 2007 wurde schließlich das rechtlich bindende „Dekret für Traditionelle Völker und Gemeinschaften“ (Decreto 6040) vom Präsidenten der Republik unterzeichnet. Darin wird neben der Festschreibung der traditionellen Rechte explizit auf eine nachhaltige Entwicklung und Ökonomie hingewiesen, ohne die die langfristige Existenz dieser Gruppen kaum vorstellbar ist. Im Gegensatz zu den von der Verfassung garantierten Landrechten der Indigenen und Quilombolas enthält das Dekret allerdings keine Verpflichtung zur Ausweisung konkreter Gebiete. Zweifellos hat sich die Rechtsposition der lokalen Gemeinschaften seit den 1980er Jahren deutlich verbessert. Da die Entwicklungspolitik Brasiliens derzeit jedoch nach wie vor auf die Ausbeutung der Naturressourcen setzt und die Zerstörung der Ökosysteme und der destruktive Kulturwandel weiterhin dramatisch fortschreitet, ist gerade die Sicherung der Territorien der entscheidende Punkt für den langfristigen Fortbestand der lokalen Kulturen.

Sprachen

→ Hauptartikel: Sprachen in Brasilien

Brasilien ist das einzige portugiesischsprachige Land Amerikas. Das brasilianische Portugiesisch hat einen eigenen Charakter. Es unterscheidet sich in der Aussprache und durch eine leicht abgewandelte Orthographie und Grammatik von der europäischen Variante. Das (brasilianische) Portugiesisch ist alleinige Amtssprache und für mindestens 97 % der Bevölkerung Muttersprache. Die Indianersprachen werden nur noch von etwa 0,1 % der Bevölkerung gesprochen, dazu zählen Guaraní, Makú, Tupi und Gês, wobei die letzten beiden vorrangig im Amazonasgebiet verbreitet sind, wo der Einfluss der Europäer gering blieb. In den Küstengegenden sind die Indianersprachen praktisch vollständig verdrängt worden. Guaraní hatte zu Kolonialzeiten eine größere Bedeutung und ist nur knapp daran gescheitert, Amtssprache des Landes zu werden. Insgesamt werden in Brasilien 188 verschiedene Sprachen und Idiome gesprochen.

Nicht-indianische Minderheitensprachen

Aufgrund der Einwanderung gibt es in Brasilien zahlreiche Minderheitensprachen.

Bis zu 1,5 Millionen Brasilianer sprechen Deutsch als Muttersprache. Damit ist Deutsch die zweithäufigste Muttersprache des Landes. Nachfahren der Auswanderer aus Pommern beherrschen zuweilen das Pommersche (Niederdeutsch) wesentlich besser, während ihr Hochdeutsch kein muttersprachliches Niveau erreicht. Eine besonders starke pommersche Minderheit lebt im Bundesstaat Espírito Santo.

Weiterhin sprechen etwa 500.000 Menschen Italienisch, 380.000 Japanisch und 37.000 Koreanisch.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass bei den Sprachminderheiten die Zahl der Sprecher sehr optimistisch berechnet ist. Diese Volksgruppen gehörten teilweise zu den ersten Siedlern, und ihre Nachfahren verstehen fast nur noch Portugiesisch. In den Ortschaften, die als Zentren für Einwanderer galten, entstanden oftmals brasilianische Dialekte der Einwanderersprache. Beispiele sind Talian, brasilianisches Italienisch, und das Riograndenser Hunsrückisch, brasilianisches Deutsch. Bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es (besonders im Süden) ganze Gemeinden, in denen ausschließlich Deutsch oder Italienisch gesprochen wurde, da insbesondere die deutschen Auswanderer und deren Nachfahren über eine gute Infrastruktur aus Schulen, Vereinen u. Ä. verfügten und zumeist in relativ geschlossenen Kolonien lebten. Als während des autoritären Regimes des Estado Novo (1937–1945) eine Nationalisierungskampagne betrieben wurde, geriet die deutsche Gemeinschaft zunehmend unter Druck, da der Staat den Assimilierungsprozess forcierte. Der Eintritt Brasiliens in den Zweiten Weltkrieg bot den entsprechenden Anlass, um die Sprachen der Feindstaaten zu verbieten und deutsche und italienische Schulen zu schließen, woraufhin das Portugiesische auch in diesen Ortschaften Einzug hielt.

Fremdsprachen

Englisch ist als Fremdsprache nicht so etabliert wie in europäischen Ländern. Obwohl Englisch normalerweise in den Schulen unterrichtet wird, fasst die Sprache nur langsam Fuß in Brasilien. Auch in den Großstädten ist es nicht selbstverständlich, dass die Leute Englisch sprechen oder verstehen. Für gewöhnlich verstehen die Brasilianer aber zumindest ansatzweise Spanisch, auch wenn sie die Sprache selbst nicht sprechen. Als Folge der verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit der lateinamerikanischen Länder im Mercosul wird die Bedeutung des Spanischen gegenüber dem Englischen noch zunehmen. In den Grenzgebieten zu anderen südamerikanischen Ländern bildete sich das sogenannte Portunhol heraus, eine Mischsprache aus Portugiesisch und Spanisch, die die Verständigung erleichtert. Besonders im Grenzgebiet zu Paraguay ist diese Mischsprache häufig anzutreffen, dies vor allem deshalb, weil die Grenzstadt Ciudad del Este ein wichtiger Handelsplatz für die brasilianischen Straßenhändler („Sacoleiros“) ist.

Religionen

Laut dem Zensus des Jahres 2010 bekennen sich 64,6 % der Bevölkerung zur römisch-katholischen Kirche. Dieser Anteil schrumpft seit Jahren immer weiter: Lag er 1960 noch bei 91 %, nahm er bis 1985 auf 83 % ab und betrug im Jahr 2000 nur noch 73,6 %. Teile des brasilianischen Katholizismus sind stark von afrobrasilianischen Traditionen beeinflusst.

22,2 % der Bevölkerung sind Protestanten. Diese Konfession kam seit dem 19. Jahrhundert mit deutschen Einwanderern ins Land. Im 20. Jahrhundert haben aber vor allem nordamerikanische Missionskirchen Erfolge erzielt. So gab es seit etwa 1960 eine Zunahme protestantischer Sekten und Freikirchen. Heute gibt es 35.000 Freikirchen in Brasilien. 2,0 % sind Anhänger des Spiritismus, 0,3 % bekannten sich zu afro-brasilianischen Religionen wie Candomblé und Umbanda.

Des Weiteren gibt es knapp 1.400.000 Zeugen Jehovas, etwa 225.000 Mormonen, 245.000 Buddhisten, meist Nachkommen japanischer Einwanderer, 107.000 Juden, über 35.000 Muslime, meist Nachkommen syrisch-libanesischer Einwanderer, und mehr als 5.500 Hindus. 8,0 % erklärten, keiner Religion anzugehören.

Soziales

Land- und Vermögensverteilung

Brasilien weist eine stark ungleiche Verteilung der Vermögen auf. Der Gini-Koeffizient betrug im Jahr 2000 0,78 (0 bedeutet vollständige Gleichverteilung, 1 bedeutet, alles Vermögen gehört einem Haushalt). Dies steht im Zusammenhang mit der ungleichen Landverteilung. So waren bis 1998 2,8 % der Bauern Großgrundbesitzer mit zusammen 57 % der Agrarfläche, wohingegen 90 % der Bauern sich 22 % der Fläche teilen mussten. Etwa fünf Millionen Familien gelten als landlos.

Afro-Brasilianer, die 7 % der Bevölkerung ausmachen, sind überproportional in der armen Bevölkerung vertreten. Nicht viel besser ergeht es den Indios. Ein Gleichstellungs- und Anti-Hunger-Programm gibt es seit 2003.

Bildungswesen und Wissenschaft

→ Hauptartikel: Bildungssystem in Brasilien

Die Alphabetisierungsrate des Landes lag 2003 bei 88,4 %, das Schulabgangsalter bei 16 Jahren. Die Schule zu besuchen ist Pflicht. In die Bildung fließt ein ähnlich großer Teil des Bruttosozialprodukts wie in Europa; in absoluten Zahlen ist das Bildungsbudget etwa so groß wie das deutsche (2004). In Brasilien teilt sich diese Summe jedoch auf eine mehr als doppelt so große und im Durchschnitt wesentlich jüngere Bevölkerung auf. Die staatlichen Schulen genießen einen schlechten Ruf. Deshalb schicken finanziell besser gestellte Eltern ihre Kinder auf private Schulen. Diese unterscheiden sich in der Höhe des Schulgeldes und der Qualität des Unterrichts erheblich.

In 150 Universitäten werden fast 2,8 Millionen Studenten unterrichtet. Etwas mehr als die Hälfte der Hochschulen sind staatlich. Sie sind für alle Menschen mit qualifizierendem Schulabschluss nach einer Aufnahmeprüfung frei zugänglich und gebührenfrei. Die privaten Hochschulen finanzieren sich über unterschiedlich hohe Studiengebühren. Entsprechend schwankt ihre Ausstattung und die Qualität der Lehre. An den staatlichen Hochschulen werden zweimal jährlich einheitliche und offizielle Aufnahmeprüfungen, sogenannte vestibulares, abgenommen. Die Bewerberzahl übersteigt meist bei weitem die Anzahl der vorhandenen Studienplätze. Bewerber bereiten sich deshalb nach dem Abitur oft mit sogenannten cursinhos auf das vestibular vor, die von privaten Bildungseinrichtungen angeboten werden und dementsprechend kostenpflichtig sind. Wer im vestibular keinen Studienplatz erhält, hat die Möglichkeiten, bis zum nächsten Semester zu warten und das vestibular erneut zu absolvieren oder auf einer der privaten Hochschulen zu studieren.

Bekannt sind die Forschungen zur Nutzung regenerativer Energien, die zum Beispiel beim Bau des Wasserkraftwerks Itaipú (Vorbild des Dreischluchtendamms) Anwendung fanden. Auch der Motorenbau verdient Beachtung: Das erste Auto mit Alkoholmotor lief 1979 in Brasilien vom Band, und der Ingenieur Vincente Camargo entwickelte im Jahr 2005 den ersten Alkoholmotor (Methanol) für Flugzeuge, der von der Flugzeugbaufirma (Neiva-Embraer) als erstes erprobt wurde. Forschung zur Luftfahrt findet besondere Beachtung in Brasilien. Alberto Santos-Dumont – nach dem der nationale Flughafen in Rio de Janeiro benannt ist – unternahm die weltberühmten Luftschiffflüge um den Eiffelturm. Er tat vieles als Erster: Das gilt für seine Luftschiffe 1898 in Paris, die dabei benutzten Sicherheitsgurte, er erwähnte 1902 die Funktion eines Flughafens, demonstrierte bei einem Flug 1904 die Fliegeruhr, eröffnete 1905 das erste Luftfahrtmuseum in Paris, absolvierte 1906 die ersten beglaubigten und öffentlichen Motorflüge in Bagatelle und entwickelte das erste Motorflugzeug nach dem Modell Plano esporte 1909. Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton bezeichnete ihn als „Vater der Luftfahrt“.

2004 wurden in Brasilien 21.742 Patente angemeldet, davon stammt die Hälfte von brasilianischen Personen bzw. Unternehmen.

Gesundheit

Da dem staatlichen Gesundheitswesen nur wenig Geld zur Verfügung steht, sind viele Krankenhäuser stark renovierungsbedürftig und veraltet. Obwohl nur 15 % der Ausgaben für Gesundheit in die Krankheitsprävention fließen, konnte die Säuglingssterblichkeit seit 1970 um zwei Drittel gesenkt werden. Ein Arzt betreut im Durchschnitt 633 Patienten, 87 % der Bevölkerung erhalten sauberes Trinkwasser. Die häufigsten Todesursachen sind Herzerkrankungen, Krebs, aber auch Unfälle und Gewalt.

In Brasilien wird jeder im Krankenhaus oder beim Arzt behandelt, ohne eine Krankenversicherung zu besitzen. Dennoch haben viele eine Privatkrankenversicherung, die ihnen die Behandlung in privaten Häusern ermöglicht.

Anfang des Jahrzehnts verklagten Pharmakonzerne aus der ganzen Welt den Staat wegen Patentrechtsverletzungen. Dem zugrunde lag die Forderung der brasilianischen Regierung, die teuren ausländischen Medikamente zu verbilligen und somit auch den erkrankten Brasilianern zugänglich zu machen, die sich die entsprechenden Medikamente nicht leisten können. Da die Konzerne dieser Forderung nicht nachkamen, stellte Brasilien für über 100.000 der mittlerweile etwa 660.000 HIV-Infizierten kostenlose Medikamente für die antiretrovirale Therapie zur Verfügung. 2001 wurde die Klage jedoch fallengelassen. 2005 kam es zu einem ähnlichen Streit zwischen Brasilien und der US-Pharmaindustrie.

Innere Sicherheit

Die Kriminalitätsrate liegt über dem weltweiten Durchschnitt. So starben gemäß einer Statistik von 2010 mindestens 35.233 Menschen durch Mord oder Totschlag. Dies entspricht einer Zahl von über 96 Tötungsdelikten pro Tag. Die Polizei hat vor allem in den Städten mit Morden, Entführungen, Raubüberfällen und organisierten Drogen- und Kriminellensyndikaten (wie etwa das Comando Vermelho in Rio de Janeiro und das Primeiro Comando da Capital in São Paulo) zu kämpfen. Das Polizistengehalt ist niedrig, deswegen gilt die Polizei als besonders korruptionsanfällig. Es ereignen sich zudem zahlreiche Fälle, in denen Polizeiangehörigen Machtmissbrauch bis hin zu Erpressung und Mord vorgeworfen wird. Auch innerhalb der Justiz ist Korruption weit verbreitet. Gefängnisaufstände in den überfüllten Haftanstalten sind keine Seltenheit. Das Leben der Kleinbauern und Indios auf dem Land ist durch Konflikte mit Großgrundbesitzern und Unternehmen gefährdet, die nach Rohstoffen suchen.

Um die hohe Zahl an Gewaltopfern zu verringern, wurde im Januar 2004 ein Gesetz vorgeschlagen, das den privaten Waffenbesitz verbieten sollte. Dieser Gesetzesvorschlag ist 2005 per Volksreferendum abgelehnt und deshalb ausgesetzt worden. Als einer der Gründe dafür wurde mangelndes Vertrauen in die Polizei genannt.

Laut einem Bericht der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC, seine Abkürzung auf Englisch) vom 7. Oktober 2011 lag die Mordrate bei 22,7 Delikten pro 100.000 Einwohner. Sao Paulo wird im Bericht als vorbildlich bei der Bekämpfung von Gewalt angeführt. Prävention, Projekte und Maßnahmen der Repression gegen kriminelle Organisationen waren demnach die Hauptursachen. Touristen sollten zudem bestimmte Bezirke in den Großstädten meiden.

Trotz als fortschrittlich geltender Gesetzgebung zur Gleichberechtigung Homosexueller ist die Anzahl der gewalttätigen Übergriffe auf Lesben und Schwule im internationalen Vergleich sehr hoch. Dies wird auf der jährlichen Parada do Orgulho GLBT de São Paulo, der weltweit größten Gay-Pride-Parade, thematisiert.

Kultur

Medien

Im Jahre 2002 wurde die Verfassung in der Hinsicht verändert, dass die Anteile ausländischer Unternehmen an den nationalen Medien nicht größer als 30 % sein dürfen.

In Brasilien gibt es etwa 530 Tageszeitungen, die eine geschätzte Gesamtauflage von 6,5 Mio. Exemplaren haben. Die bekanntesten von ihnen sind Folha de São Paulo, Estado de São Paulo, O Día und O Globo. Letztere gehört zur Globo-Gruppe, die die brasilianische Medienlandschaft beherrscht und der vorgeworfen wird, einzelne Parteien oder Kandidaten zu favorisieren. Rede Globo ist auch einer der Marktführer, was die Produktion an Telenovelas angeht. Rund 80 % der Produktionen werden exportiert. Ihre jetzige Stellung wird aber von internationalen Konzernen und dem Internet bedroht. Ein staatlicher Radiosender stand 1997, neben über 2.900 privaten Stationen, für ganz Brasilien mit etwa 70 Millionen Radiogeräten zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es 19 staatliche und etwa 250 private Fernsehsender. Die Reichweite des Mediums Fernsehen ist in Brasilien relativ groß: 90,3 % der Haushalte hatten 2003 einen Fernseher. Im Jahre 1999 gab es 200 Internetdienstanbieter. Fünf Jahre später (2004) galten gut 19,3 Millionen Brasilianer als Internet-Nutzer. Eine Zensur des Online-Angebots gibt es nicht.

Aufgrund des großen deutschsprachigen Bevölkerungsanteils existieren auch zahlreiche Medien in deutscher Sprache. Darunter sind nach Angaben der IMH etwa 30 Zeitungen und Zeitschriften sowie ca. 20 Radioprogramme.

Kunst

In Brasilien hat sich die Kunst aus der Religion entwickelt. Während der Kolonialzeit war die Sakralkunst dominierend. Unter anderem wurden zahlreiche Kirchen der verschiedenen Konfessionen künstlerisch gestaltet. Die Zusammenarbeit zwischen Holzschnitzern, Steinmetzen und Malern verlief so eng, dass auch die Farbwahl untereinander abgestimmt war und die Kirchen heute zu den schönsten Amerikas zählen. Üppig ausgestattet waren die Kirchen schon im 17. Jahrhundert, die größten und wertvollsten Kunstwerke entstanden aber erst im 18. Jahrhundert.

Im 20. Jahrhundert gewann der Impressionismus, der in Europa schon in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts auftrat, immer mehr an Bedeutung. Bedeutende Künstler dieser Zeit waren Anita Malfatti, Manuel Santiago und José Pancetti, noch angesehener war aber Candido Portinari. Er selbst gilt als größter Künstler Brasiliens des vergangenen Jahrhunderts. Da er mit hochgiftigen Farben malte, erkrankte er an Krebs und verstarb früh. Seine berühmten Kunstwerke hängen in Gebäuden wie der UN-Zentrale in New York. Kunstkritikern zufolge wird in seinen Werken die Originalität Brasiliens am besten hervorgehoben.

In den 1940er und 1950er Jahren entwickelte sich der soziale Realismus. Portinaris Kunstwerke mit sozialen Themen werden diesem Stil zugeordnet. Aus der abstrakten Kunst der 1960er bis 1980er Jahre stechen vor allem die Brüder Thomaz und Arcangelo Ianelli und die Grafikerin Fayga Ostrower hervor. Eine bedeutende Gruppe brasilianischer Künstler ist unter dem Namen Gruppe der 19 bekannt. Ihr gehören zum Beispiel die Surrealisten Mario Gruber und Otavio Araujo an. Marcelo Grassman, ebenfalls einer der 19, erstellte mittelalterliche Stiche. Das vierte Mitglied ist Lena Milliet, die zu den ersten brasilianischen Frauen zählt, die in der Kunst Anerkennung fanden. Daneben ist Carlos Araujo, der mit riesigen Ölbildern berühmt wurde, zu nennen. Mit demselben Stil arbeitet Nora Beltran, die die politischen und sozialen Zustände in Brasilien karikiert. Gustavo Rosa malt zwar nicht surrealistisch, dennoch ironisch.

Heutzutage ist die Biennale von São Paulo das größte Kunstereignis in Brasilien. In dieser Veranstaltung liegt der Schwerpunkt auf Gemälden von international renommierten Künstlern. Auch Rio de Janeiro ist ein Kunstzentrum. Kleinere, weniger bekannte Orte haben bei Experten aber ebenfalls ein hohes Ansehen, beispielsweise der zentralbrasilianische Ort Goiás. Recife ist für João Camara und Gilvan Samico bekannt. Fortaleza ist für Raimundo Cela und Antonio Bandeira bekannt. Brasiliens berühmtester und in den Augen vieler bester Holzschnitzer ist Maurino Araujo, weshalb auch seine Heimatstadt Minas Gerais unter Kunstliebhabern bekannt ist.

Die Kunst der Indianer ist sehr vergänglich. Für aufwändige Körperbemalungen benötigt man oft mehrere Tage, doch die Farben halten oftmals nicht viel länger. Auch der bunte Federschmuck als Kopfbedeckung ist nur selten in Museen zu sehen.

Musik

→ Hauptartikel: Brasilianische Musik

Die brasilianische Musik ist von portugiesischen, afrikanischen und indigenen Musiktraditionen beeinflusst worden. Über die indigene Musik der vorkolonialen Zeit ist kaum etwas bekannt, die erste Beschreibung datiert aus dem Jahre 1568. Ein französischer Pastor beschrieb damals in einem Buch über seine Reise in das Land die Tänze und Gesänge der Ureinwohner. Die Musik veränderte sich unter dem Einfluss der europäischen Siedler und afrikanischen Sklaven.

Die Kunstmusik wird in Brasilien als música erudita, gelehrte Musik, bezeichnet. Lange Zeit beschränkte sie sich auf die Kirchenmusik und konzentrierte sich während dieser als barocco mineiro bezeichneten Epoche auf Minas Gerais und in geringerem Maße Rio de Janeiro. Zwischen 1760 und 1800 gab es in Minas Gerais fast 1.000 Musiker, viele davon freie Mulatten. Zu diesen gehörte José Maurício Nunes Garcia (1767–1830), dessen Werk vor allem Kirchenmusik, aber auch einige weltliche Werke umfasst und der von der Wiener Klassik beeinflusst war.

Einen bedeutenden Entwicklungsschub erfuhr die brasilianische Musik, als 1808 der portugiesische Hof aufgrund des napoleonischen Krieges nach Rio de Janeiro flüchtete. Das Königshaus beschäftigte nun zahlreiche einheimische Musiker und die neue Residenz zog auch europäische Musiker an. Auf diese Weise kamen neue, weltliche musikalische Impulse ins Land. Die Rückkehr des portugiesischen Hofes nach Lissabon hatte 1822 eine schwere Krise für die música erudita zur Folge.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entfaltete sich das musikalische Leben wieder durch die verstärkte Einwanderung europäischer Immigranten nach Brasilien. Nachdem in den 1830er Jahren verschiedene Musikgesellschaften und ein Konservatorium in Rio gegründet worden waren, entstanden in den größeren Städten mehrere Theater, von denen vier ein eigenes Orchester besaßen. Vor allem in der Hauptstadt Rio wurden europäische, vor allem italienische Opern bereits kurz nach ihrer Erstaufführung gespielt. Mit der Oper A Noite de São João von Elias Álvares Lôbo wurde 1860 die erste brasilianische Oper uraufgeführt. 1870 feierte die Oper O Guarani von Antônio Carlos Gomes sogar an der Mailänder Scala Premiere und wurde anschließend in ganz Europa gespielt. Weitere Uraufführungen seiner Opern in Mailand folgten in den nächsten Jahren.

Vor der Jahrhundertwende orientierten sich die brasilianischen Musiker zunehmend an der deutschen und französischen Kunstmusik, wenn auch die italienische Oper beim Publikum weiterhin großen Erfolg hatte. In den Vordergrund rückte jetzt kammermusikalische und symphonische Musik. Ihre Ausbildung hatten fast alle Komponisten in Europa erhalten.

1922 kam es durch die Semana de Arte Moderna (Woche der modernen Künste) zu einer musikalischen Revolution. Mit Heitor Villa-Lobos an der Spitze entstand eine Gruppe neuer Komponisten, die Elemente der brasilianischen Folklore in ihre moderneren Lieder einbauten. In den 1950er Jahren kam der Bossa Nova auf. Diese Musikrichtung gilt als die „brasilianische Variante des Jazz“: sie lehnt sich an nordamerikanischen Jazz an, bleibt aber geprägt von südamerikanischen und afrikanischen Rhythmen. Als bekanntester Vertreter und Mitbegründer des Bossa Nova gilt Antônio Carlos Jobim. Zusammen mit Sänger/Gitarrist João Gilberto und Texter Vinícius de Moraes verhalf er dem Stil in den 1960ern zu großem internationalem Erfolg, nicht zuletzt aufgrund des berühmtesten Songs brasilianischer Herkunft, „Garota de Ipanema“, englisch „The Girl from Ipanema“. Jobims erreichte für Brasilien eine derart große Bedeutung, dass man den internationalen Flughafen von Rio de Janeiro nach ihm benannte.

Einen der größten Hits des Bossa Nova in den 60er Jahren hatte der Bandleader und Pianist Sérgio Mendes mit seiner Version der Jorge Ben-Komposition Mas que nada. Dieser Titel wurde noch weitere unzählige Male kopiert. Heute wird der Bossa Nova vorwiegend von den älteren Brasilianern gehört. Der Tropicalismo (auch Tropicália) entstand Ende der 1960er Jahre zur Zeit der Militärdiktatur. Musikalisch handelt es sich um eine Mischung aus Bossa Nova, Folk und Rock, das wesentliche Element ist aber ein gemeinsames politisches Bewusstsein der Künstler. Ihre Abneigung gegen die Diktatur und die Einschränkung ihrer Rechte fand im Tropicalismo ihren Ausdruck. Die Texte sind daher im Allgemeinen regimekritisch. Nicht wenige Musiker mussten ins Exil gehen. Wichtige Vertreter sind Gilberto Gil und Chico Buarque, die es mit geschickter Chiffrierung ihrer Liedtexte sogar geschafft haben, die Zensur zu umgehen und ihre Lieder in Brasilien zu veröffentlichen. Gilberto Gil übte vom 1. Januar 2003 bis 30. Juli 2008 das Amt des Kulturministers von Brasilien aus. Seine Zielsetzung war, den Zugang zur Kultur zu demokratisieren. Er unternimmt Reisen in entlegene Gebiete des Landes, um den Menschen dort zu sagen, dass sie wichtige Träger der brasilianischen Kultur sind.

Entgegen ihrem Namen hat die Música Popular Brasileira, oft mit MPB abgekürzt, nur wenig mit dem gemeinsam, was man hierzulande unter Popmusik versteht. Die Bezeichnung umfasst eine Vielzahl an Stilrichtungen, die aber stets typische Elemente aus einzelnen Regionen des Landes aufgreifen. In Brasilien gilt MPB als Ausdruck des musikalischen und nationalen Selbstverständnisses. In diesem Sinne stellt MPB gewissermaßen eine Weiterentwicklung der brasilianischen Folklore dar.

Die wohl bekannteste brasilianische Musikform ist der Samba. Er entstand aus der Musik der afrikanischstämmigen Bevölkerungsteile und ist sehr rhythmuslastig. Populär wurde der Samba durch den jährlichen Karneval in Rio. Dort präsentieren sich die größten und renommiertesten Sambaschulen in riesigen Paraden im Wettstreit um den Titel der „besten Sambaschule Brasiliens“. Neben den Umzügen zur Karnevalszeit spielen die Bands manchmal auch auf den Straßen oder unterstützen mit ihrer Musik politische Demonstrationen und Streiks.

Es gibt eine unüberschaubare Zahl an regionaltypischen Musikstilen, die sich entsprechend den verschiedenen kulturellen Eigenheiten der jeweiligen Gebiete entwickelt haben. Música Nordestina ist ein Sammelbegriff für die Musik aus dem Nordosten, der eine besonders große musikalische Vielfalt besitzt. Hier sind Instrumente wie Akkordeon und Gitarre vorherrschend. Recife im Speziellen ist bekannt für den Frevo, der auch Einflüsse aus der Militärmusik besitzt. Forró wird von Trios mit Trommel, Triangel und Akkordeon gespielt. Ein traditioneller afro-brasilianischer Stil ist Maracatu, der mit großen Trommeln, Glocken und Rasseln gespielt wird.

Eine besondere Rolle als musikalischer Impulsgeber spielt Salvador da Bahia. Seit 1949 nehmen hier Afoxé-Blocos an den Karnevalszügen teil, die ihre Wurzeln in der Musik des Candomblé haben und auch im Zusammenhang mit der Freiheitsbewegung der afrobrasilianischen Bevölkerung zu sehen sind. Seit den 1980er Jahren ist in Salvador der Samba-Reggae entstanden.

Besonders in den regionaltypischen Musikrichtungen kommen Instrumente afrikanischen Ursprungs zum Einsatz, so zum Beispiel die Berimbau, ein bogenförmiges Rhythmusinstrument mit einem hohlen Kürbis an einem Ende, oder die Xequerê, ein mit Muscheln bestücktes Schüttelinstrument.

In den letzten Jahren setzte sich vor allem bei den Jugendlichen die Musikrichtung Axé durch, insbesondere im Bundesstaat Bahia. Axé ist eine Mischung aus Samba, Pagode und Pop, enorm rhythmusbetont und gut tanzbar. Sie wird gegenüber dem Samba immer mehr bevorzugt (ausgenommen in der Karnevalszeit).Bekannte Sängerinnen des Axé sind Daniela Mercury, Ivete Sangalo und Claudia Leitte. In den offenen Cafés in Brasilien, in denen das Publikum meist um die 30 oder 40 Jahre alt ist, wird aber in erster Linie Pagode gespielt. .

Im brasilianischen Hinterland ist die Música Sertaneja (oder „Música Caipira“) ein populärer und typisch brasilianischer Musikstil. Er zeigt Einflüsse der portugiesischen Musik und wird mit der viola caipira, einer zwölfsaitigen Variante der Gitarre, gespielt. Bekannte Sänger des „Música Sertaneja“ sind Sérgio Reis, Renato Teixeira und Almir Sater, sowie Duos wie Zezé di Camargo & Luciano, Chitãozinho & Xororó und César Menotti & Fabiano.

Im Bundesstaat Rio Grande do Sul gibt es eine besondere Musiktradition der Gauchos mit Einflüssen aus Uruguay und Argentinien.

Ende der 90er Jahre entwickelte sich „Brazilectro“, ein Mix aus dem englischen Drum and Bass und dem brasilianischen Bossa Nova.

Literatur

→ Hauptartikel: Brasilianische Literatur und Liste brasilianischer Schriftsteller

Das erste erhaltene Dokument, das als brasilianische Literatur bezeichnet werden kann, ist ein Brief von Pero Vaz de Caminha an Manuel I. von Portugal, in dem Brasilien im Jahre 1500 beschrieben wurde. In den nächsten beiden Jahrhunderten machten Beschreibungen von Reisenden über das „Portugiesische Amerika“ und seine Einwohner die brasilianische Literatur aus, so wurden zum Beispiel die Berichte des deutschen Soldaten Hans Staden berühmt. Außerdem wurde aus dieser Zeit religiöse Literatur gefunden. Neoklassizismus war in der Mitte des 18. Jahrhunderts weit verbreitet. In der Kolonialzeit war der für seine Goldminen bekannte Bundesstaat Minas Gerais Zentrum der Literatur. Ab etwa 1836 beeinflusste die Romantik die brasilianische Literatur. In dieser Zeit entstanden die ersten Standardwerke der Landesliteratur. Auf die Romantik folgte der Realismus, bei dem Joaquim Maria Machado de Assis als bester und populärster brasilianischer Schriftsteller hervorstach. Zwischen 1895 und 1922 ist kein einheitlicher Stil zu erkennen, doch einige Züge der Moderne gab es schon, so dass diese Periode „Vor-Moderne“ genannt wird. Seit der Semana de Arte Moderna (Woche der modernen Künste) 1922 wurde die Moderne der dominierende Stil.

Die berühmtesten Autoren dieser Zeit sind Mário de Andrade und Oswald de Andrade; ebenfalls internationale Bekanntheit erlangt hat Jorge Amado. Der brasilianische Erfolgsautor Paulo Coelho ist zurzeit der weltweit meistgelesene Autor. 2004 erhielt Lygia Bojunga Nunes den bedeutenden Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis für Kinderliteratur.

Brasilien: mit 108 Lizenzen im Jahr 2004 Deutschlands zweitwichtigster Lizenzabnehmer auf dem amerikanischen Kontinent (nach den USA mit 175 Lizenzen). Fehlende Sprachkenntnisse und hohe Übersetzungskosten sind trotzdem noch Barrieren. Die Buchmesse São Paulo ist die vielleicht wichtigste Südamerikas.

2013 ist Brasilien Gastland der Frankfurter Buchmesse – als zweites Land zum zweiten Mal.

Kulinarisches

→ Hauptartikel: Brasilianische Küche

Aufgrund der Größe des Landes ist es schwierig, die brasilianische Küche zu definieren. Es ist gesichert, dass sie durch die portugiesische Kolonisation beeinflusst wurde. Als Nationalgericht gilt die Feijoada, ein Bohneneintopf aus schwarzen Bohnen mit allerlei Fleisch. Üblicherweise wird Feijoada mit Reis, dem Maniokmehl Farofa und Orangenscheiben serviert. Wegen des großen Abstands zwischen den Orten sind die Verpflegungsstationen an Fernstraßen wichtig. Hier wird zwischen kommerziell betriebenen Snackbars mit großem Angebot an Sandwiches und anderen einfachen Gerichten und kleinen, familiären Haltepunkten, die meist nur ein Gericht (Reis, Kartoffeln oder Bohnen mit einer Fleischsorte) bieten.

Architektur

Im Amazonasbecken herrschen die primitiven Indianerhütten vor, in anderen Bundesstaaten, zum Beispiel Minas Gerais, sind dagegen prachtvolle und historische Städte, erbaut im Barock, und ebenso prachtvoll dekorierte Kirchen zu finden (Ouro Preto, Mariana, Congonhas). Kolonialarchitektur bestimmt in einigen Küstenstädten des Nordostens noch das Bild (Olinda). Die größten Architekten des Landes Oscar Niemeyer, der als Wegbereiter der brasilianischen Architektur gilt, sein früherer Dozent Lúcio Costa und Roberto Burle Marx gestalteten gemeinsam den schönsten brasilianischen Wohnpark „Pampulha“ in Belo Horizonte. Der damalige Initiator war der spätere Präsident Juscelino Kubitschek, der in einer seiner ersten Amtshandlungen als mächtigster Mann im Staat das dreiköpfige Team erneut zusammenrief, um das Projekt Brasília zu beschließen. Denn die Hauptstadt Brasília ist Höhepunkt brasilianischer Architektur, sie wurde erst in den 1960er Jahren errichtet und unterliegt einem genauen Plan. Nach einer Ausschreibung, bei der der Sieger mit Lúcio Costa schon vorher feststand, plante Costa den Aufbau der Stadt, Niemeyer war wie schon in Pampulha für die meisten Gebäude zuständig und Burle Marx entwarf Plätze und Parks. Brasília ist heute berühmt für modernistische Gebäude.

Zu den Meisterwerken der brasilianischen Moderne gehören auch die Bauwerke Paulo Mendes da Rocha, der 2006 den Pritzker-Preis erhielt, und in den Jahrzehnten ab 1954 das Bild der Metropole São Paulo durch den Club Athletico Paulistano (1958), die Kapelle von Sankt Peter in Campos de Jordão, Brasilien (1987) und das Museu Brasileiro de Escultura – Brasilianisches Skulpturenmuseum in São Paulo (1988) formten. Diesen durch streng geometrischen Betonbauten geprägten Avantgarde-Stil bezeichnet man unzutreffend als „brasilianischer Brutalismus“.

Sport

Siehe auch: Fußball in Brasilien

National- und auch Volkssport des Landes ist Fußball. Das erste Fußballspiel fand 1894 statt, rund 10 Jahre später dürften die ersten Spieler mitgespielt haben, die nicht Weiße waren. Die brasilianische Fußballnationalmannschaft ist fünfmaliger Weltmeister und damit die erfolgreichste Nationalmannschaft der Welt. Darüber hinaus gewann Brasilien achtmal die Copa América, die Südamerika-Meisterschaft. Für viele Fußballfreunde gilt darüber hinaus Pelé als einer der besten Fußballer aller Zeiten. Auch andere Spieler wie Arthur Friedenreich, Garrincha und Zico zählten zu den besten ihrer Zeit. Die Auszeichnung als Weltfußballer des Jahres erhielten zudem Romário, Ronaldo, Rivaldo, Ronaldinho und Kaká. Auch in der aktuellen Mannschaft spielen viele international bekannte Stars. Die Nationalmannschaft der Damen gehört ebenfalls zur Weltspitze, auch wenn ihr ein WM- oder Olympiasieg noch nicht gelang, und hat mit Marta Vieira da Silva die wohl beste Spielerin der Welt in ihren Reihen. Ein Großteil der Bevölkerung spielt aber Fußball unter einfacheren Verhältnissen, beispielsweise in den Favelas auf Sandplätzen (Campos). Für viele Kinder und Jugendliche in den Favelas ist die Aussicht, Fußballprofi zu werden, eine der wenigen Möglichkeiten, der Armut zu entgehen.

Brasilien wird innerhalb von gut zwei Jahren Schauplatz der beiden bedeutendsten Sportereignisse der Welt sein: 2014 wird in Brasilien die Fußballweltmeisterschaft ausgetragen. Das Land war einziger Bewerber für den Austragungsort der WM. 2016 finden die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro statt. Dies wird die erste Austragung Olympischer Spiele auf dem südamerikanischen Kontinent.

Sehr beliebt ist auch Volleyball. Die Nationalmannschaft der Herren wurde 2002, 2006 und 2010 Weltmeister, die der Damen 2008 Olympiasieger. Besonders für Beachvolleyball ist das südamerikanische Land bekannt, bei Weltmeisterschaften gewann es mehr Medaillen als jedes andere Land. Zudem wurde Footvolley, eine Mischung aus Fuß- und Volleyball, in Brasilien erfunden. Eine weitere beliebte Mannschaftssportart ist Basketball. Die Nationalmannschaft der Herren wurde zweimal Weltmeister, die Damen-Nationalmannschaft gewann 1994 den WM-Titel.

Brasilien ist Gastgeber des Großen Preises von Brasilien, des letzten im Formel-1-Rennkalender verbliebenen lateinamerikanischen Grand Prix. Das Land hat mit Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet und Ayrton Senna drei mehrfache Weltmeister hervorgebracht. Starke Anteilnahme fand in der Bevölkerung die Beerdigung Ayrton Sennas 1994. Zwei Rennstrecken wurden für Formel-1-Rennen genutzt: Das Autódromo Internacional Nelson Piquet bei Rio de Janeiro und das Autódromo José Carlos Pace bei Interlagos.

Erfolgreichster Tennisspieler Brasiliens ist Gustavo Kuerten, der drei Mal die French Open gewinnen konnte, bedeutendster Leichtathlet des Landes war der Dreispringer und zweifache Olympiasieger Adhemar Ferreira da Silva. Der Olympiasieger und mehrfache Weltmeister César Cielo ist der erfolgreichste Schwimmer des Landes. Auch im Segelsport ist Brasilien erfolgreich. Mit Rodrigo Pessoa, Olympiasieger 2004 und Weltmeister 1998 und seinem Vater Nelson, Europameister 1966, besitzt Brasilien auch erfolgreiche Springreiter.

Als typisch brasilianisch kann Capoeira bezeichnet werden, was besser mit dem Begriff Kampftanz denn mit Kampfsportart kategorisiert wird. Capoeira wurde von der schwarzen Bevölkerung praktiziert. Da es den Sklaven nicht erlaubt war, irgendeine Art von Waffen zu tragen, entwickelten sie Capoeira als Form der Selbstverteidigung: Sie verbindet kämpferische Elemente mit Akrobatik, Spielerei und Tanz. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich eine gewisse Mode um Capoeira. Sie ist mittlerweile in der ganzen brasilianischen Bevölkerung verbreitet und erfreut sich auch im Ausland Beliebtheit. Im Zuge der in den letzten Jahren wachsenden Verbreitung der Kampfsportarten und -künste aus den MMA, insbesondere Grappling, erlangten international Vale tudo, Luta Livre und BJJ große Anerkennung.

Homosexualität

→ Hauptartikel: Homosexualität in Brasilien

Homosexuelle Handlungen werden in Brasilien bereits seit 1823 nicht mehr juristisch verfolgt. Zudem existieren heute in mehreren Bundesstaaten Antidiskriminierungsgesetze. Auch gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften werden anerkannt.

Sie hörten eine gekürzte Version des Artikels Brasilien gesprochen am 17. Juni 2014 von LordOider. Der Artikel findet sich unter de.wikipedia.org/wiki/Brasilien, eine Versionsgeschichte mit den Autoren findet sich dort unter dem Link Versionsgeschichte. Der Artikel steht unter der CC-BY-SA 3.0 Unported sowie der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, die Lizenzbestimmungen können in der Wikipedia oder unter www.creativecommons.org und www.gnu.org nachgelesen werden.