Beschleunigung

Physikalische Größe
Name Beschleunigung
Formelzeichen
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI L·T –2
cgs L·T –2
Planck Planck-Beschleunigung ħ–1/2·G–1/2·c7/2

Beschleunigung bezeichnet die Änderung einer Geschwindigkeit pro Zeiteinheit. In der Umgangssprache wird zumeist nur eine Geschwindigkeitszunahme als Beschleunigung bezeichnet. Im physikalischen Sinn ist jede Änderung des Geschwindigkeitsvektors eine Beschleunigung. Dies schließt eine Verminderung der Geschwindigkeit – also beispielsweise einen Bremsvorgang – ebenso ein wie eine Richtungsänderung bei gleich bleibendem Geschwindigkeitsbetrag – beispielsweise bei einer Kurvenfahrt mit dem Auto.

Die SI-Einheit der Beschleunigung ist m/s². In dieser Einheit kommt die Geschwindigkeitsänderung (in m/s) pro Zeiteinheit (in s) zum Ausdruck. In den Geowissenschaften ist daneben auch die Einheit Gal gebräuchlich.

Die Beschleunigung ist eine vektorielle (gerichtete) Größe. Sie spielt in der Dynamik als Teil der klassischen Mechanik eine wesentliche Rolle. Die Beschleunigung unter Einwirkung von Kräften wurde erstmals von Isaac Newton beschrieben (siehe auch Newton-Axiome). Damit eine Beschleunigung auftreten kann, ist immer eine Kraft notwendig. Für Systeme mit konstanter Masse ergibt sich die Beschleunigung in einem Inertialsystem aus dem Verhältnis von Kraft zu Masse

.

Beschleunigungsvorgänge spielen in allen bewegten Systemen, wie z. B. Fahrzeugen, Flugzeugen oder Aufzügen, eine wichtige Rolle und sind aufgrund der in diesem Zusammenhang auftretenden Trägheitskräfte für die darin beförderten Menschen und Sachen meist deutlich spürbar.

Definition

Die Beschleunigung ist eine physikalische Größe aus der Kinematik, die definiert ist als die Geschwindigkeitsänderung pro Zeitintervall . Sie ist also die zeitliche Ableitung:

Da die Geschwindigkeit die Ableitung des Ortes nach der Zeit ist, kann man die Beschleunigung auch als zweite Ableitung des Ortsvektors darstellen:

Eine mittlere Beschleunigung kann aus der Differenz der Geschwindigkeiten zu zwei verschiedenen Zeitpunkten und dividiert durch das zwischen den beiden Zeitpunkten verstrichene Zeitintervall berechnet werden:

.

Der Vektor der Geschwindigkeit kann als Produkt aus dem Betrag der Geschwindigkeit und dem Tangenteneinheitsvektor dargestellt werden:

Die Ableitung dieses Ausdrucks nach der Zeit ist die Beschleunigung. Die zeitliche Ableitung des Tangenteneinheitsvektors kann über die Bogenlänge berechnet werden:

   mit   

Dabei ist der Krümmungsradius der Bahn und der Normaleneinheitsvektor quer zur Bahnkurve in Richtung des Krümmungsmittelpunkts.

Die Beschleunigung kann aufgeteilt werden in eine zur Bewegungsrichtung parallelen Beschleunigung (Tangentialbeschleunigung)

und eine senkrecht dazu stehende Normalbeschleunigung

.

Die zeitliche Ableitung der Beschleunigung (also die dritte Ableitung des Ortsvektors nach der Zeit) ist der Ruck:

,

Sonderfälle der Beschleunigung

  • Verschwindende Beschleunigung (): Die Geschwindigkeit bleibt in Betrag und Richtung unverändert, der Körper verharrt in Ruhe oder in gleichförmiger Bewegung.
  • Eine Beschleunigung entgegen der momentanen Bewegungsrichtung ist eine negative Beschleunigung und wird Verzögerung oder Bremsung genannt, siehe Bremsverzögerung.
  • Konstante Beschleunigung führt im Rahmen der klassischen Mechanik zu gleichmäßig beschleunigter Bewegung mit zeitlich gleichförmig wachsender Geschwindigkeit. Nach der speziellen Relativitätstheorie gilt dies nur näherungsweise. Wobei die Näherung sehr gut ist, wenn die beteiligten Geschwindigkeiten sehr viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit sind.
  • Eine Kreisbewegung mit konstantem Geschwindigkeitsbetrag kommt zustande, wenn eine konstante Zentripetalbeschleunigung besteht. Diese Beschleunigung ist nach innen auf den Kreismittelpunkt hin gerichtet, also immer exakt quer zur jeweiligen momentanen Bewegungsrichtung auf der Kreisbahn. Ein mitbewegter Beobachter hingegen spürt eine gleich große Beschleunigung vom Mittelpunkt weg nach außen (Zentrifugalbeschleunigung). Durch die rechtwinklige Richtung der Zentripetalkraft zur Bewegungsrichtung wird nicht der Betrag der Geschwindigkeit verändert, sondern immer nur deren Richtung, eben um eine Kreisbahn zu formen.
  • Beim freien Fall auf der Erde werden alle Körper mit der Erdbeschleunigung von in Richtung Erdmittelpunkt beschleunigt. Allerdings gibt es regionale Schwankungen, da die Erdgestalt von einer Kugel abweicht (Erdabplattung) und der innere Aufbau der Erde nicht völlig homogen ist (siehe Schwereanomalie).

Ruck

Der Ruck, die zeitliche Änderung einer Beschleunigung, hat z. B. eine Bedeutung bei der dynamischen Anregung von Maschinen und anderen schwingungsfähigen Systemen. So vollführt bei einer Autofahrt der Beifahrer einen „Kopfnicker“, wenn der Fahrer zu schnell einkuppelt. Die zeitliche Änderung einer Zentripetalbeschleunigung heißt Querruck.

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Messung der Beschleunigung

Es existiert eine Vielzahl von Beschleunigungssensoren für verschiedene Anwendungen, von großen Messbereichen (z. B. ± 50.000 g) bis zu hochgenauen Messungen. Dies ermöglicht durch zweifache Integration über die Zeit eine Ortsbestimmung von Flugzeugen über einen mittellangen Zeitraum (z. B. für den Fall, dass das GPS-System ausfällt.) Zur Aufzeichnung von Beschleunigungswerten über einen Zeitraum dient ein Beschleunigungs-Logger.

Beispiele für die Größe von Beschleunigungen

  • Der ICE erreicht eine Beschleunigung von etwa 0,5 m/s2, ein moderner S-Bahn-Triebwagen sogar 1,0 m/s2.
  • Beim Fahrradfahren treten Beschleunigungen von etwa 1 m/s2 bei einem Freizeitfahrer und etwa 2 m/s2 bei einem Sportprofi auf.
  • Ein vollbeladener Jumbo-Jet erfährt eine Beschleunigung von etwa 1,6 m/s2.
  • Während der ersten Schritte eines Sprints wirken Beschleunigungen von etwa 4 m/s2 auf den Sportler.
  • Ein Mittelklassewagen kann Beschleunigungen bis zu 5 m/s2 und Autos höherer Klasse sogar mehr als 6 m/s2 hervorbringen.
  • Die Beschleunigung beim freien Fall ohne Luftwiderstand in der Nähe der Erdoberfläche, üblicherweise mit g bezeichnet, beträgt etwa 9,81 m/s2. Damit wird eine Geschwindigkeit von 100 km/h in 2,83 Sekunden erreicht.
  • Die Kugel beim Kugelstoßen wird bei der Abstoßphase mit etwa 10 m/s2 beschleunigt.
  • Beim Bremsen eines Autos treten negative Beschleunigungen von bis zu -10,5 m/s2 auf.
  • Auf der Achterbahn Silverstar im Europa-Park herrschen Vertikalbeschleunigungen von bis zu 4 g (≈39 m/s2).
  • Bei Dragster-Fahrzeugen der Top-Fuel-Klasse treten beim Start +6 g (≈59 m/s2) und beim Abbremsen −6 g an Beschleunigung auf.
  • Bei einer Waschmaschine wirken im Schleudergang mehr als 300 g (≈3.000 m/s2) auf den Trommelinhalt.
  • Bei Nähmaschinen wirken auf die Nadel Beschleunigungen von bis zu 6.000 g (≈59 km/s2).
  • Ein Tennisball kann Beschleunigungen bis zu 10.000 m/s2 erfahren.
  • Tischzentrifugen im Labor können Beschleunigungen von 12.000 g (≈117 km/s2) erzielen.
  • Ultrazentrifugen im Labor können Beschleunigungen von 200.000 g (≈2 Millionen m/s2) erzielen.
  • Bei Nesselzellen wird der Stachel mit bis zu 5.410.000 g (≈53 Millionen m/s2) beschleunigt.
  • Bei einer Atombombenexplosion werden Beschleunigungen bis zu 100 Milliarden g (≈1 Billion m/s2)erreicht.
  • Ein Elektron, das sich in einem Vakuum zwischen zwei 5 cm voneinander entfernten Platten, an denen eine Spannung von 5,7 V anliegt, befindet, wird mit etwa 2 Billionen g (≈20 Billionen m/s2) beschleunigt.

Umgangssprachliche Verwendung

  • Bei Kraftfahrzeugen wird die erreichbare Beschleunigung als ein wesentlicher Parameter zur Klassifizierung der Leistung verwendet. Es wird dabei jedoch nicht direkt die physikalische Größe angegeben (die ohnehin je nach Geschwindigkeit und Fahrzustand verschieden ist), sondern meist eine Art Mittelwert in der Form „Sekunden von 0 auf 100 km/h“ (auch 160 oder 200 km/h).
  • Die „Kosmologische Beschleunigung“ ist ein für die Expansion des Universums verwendeter Ausdruck.
  • In der Psychologie wird die subjektiv empfundene zunehmende Geschwindigkeit im täglichen Leben mit der Alterung in Verbindung gebracht (siehe hierzu auch Entschleunigung, Gerontologie).
Wiktionary: Beschleunigung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen