„Bernhard Naunyn“ – Versionsunterschied

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'''Bernhard Naunyn''' (* [[2. September]] [[1839]] in [[Berlin]]; † [[26. Juli]] [[1925]]<ref>Das Sterbedatum 26. Juni ist auf seinem Grabstein auf dem Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde in Berlin-Kreuzberg angegeben. In der Literatur findet sich auch häufig der 27. Juni und (allerdings offensichtlich irrtümlich) der 30. Juni 1925.</ref> in [[Baden-Baden]]) war ein deutscher [[Internist]] und [[Hochschullehrer]].
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'''Bernhard Naunyn''' (* [[2. September]] [[1839]] in [[Berlin]]; † [[26. Juli]] [[1925]]<ref>Das Sterbedatum 26. Juni ist auf seinem Grabstein auf dem Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde in Berlin-Kreuzberg angegeben. In der Literatur findet sich auch häufig der 27. Juni und (allerdings offensichtlich irrtümlich) der 30. Juni 1925.</ref> in [[Baden-Baden]]) war ein deutscher [[Internist]], [[Pharmakologe]], [[Pathologe]] und [[Hochschullehrer]].


== Leben ==
== Leben ==
Bernhard Naunyns Vater war der [[Regierender Bürgermeister von Berlin|Berliner Oberbürgermeisters]] [[Franz Christian Naunyn]]. Nachdem Bernhard auf Grund einer Erkrankung ([[Hydrocephalus]]) erst spät sprechen gelernt und mehrere Klassen in der frühen Schulzeit wiederholen musste, besuchte der wissensdurstige und ehrgeizige<ref>Holger Münzel: ''Max von Frey. Leben und Wirken unter besonderer Berücksichtigung seiner sinnesphysiologischen Forschung.'' Würzburg 1992 (= ''Würzburger medizinhistorische Forschungen'', 53), ISBN 3-88479-803-0, S. 198.</ref> Schüler das [[Friedrichwerdersches Gymnasium|Friedrichwerdersche Gymnasium]]. Nach dem 1858 erfolgreich bestandenen Abitur studierte er zunächst in den Fächern Jura, Physik und Chemie an der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]] und der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin]], immatrikulierte sich in Berlin dann jedoch für das Studium der [[Medizin]]. Noch als Student wurde er 1858 [[Corpsschleifenträger]] der [[Corps Hansea Bonn|Hansea Bonn]].<ref>[[Kösener Corpslisten]] 1930, '''13''', 106</ref> Im Jahr 1862 [[Promotion (Doktor)|promovierte]] Naunyn mit der Arbeit ''De Echinococci evolutione'' (dt: ''Die Entwicklung der Echinokokkus'') und legte im gleichen Jahr sein Staatsexamen ab. Danach begann er mit mikroskopisch-anatomischen Studien, zu denen ihm [[Karl Bogislaus Reichert |Karl Reichert]] und [[Nathanael Lieberkühn]] geraten hatten.<ref name="VZ25">[http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/kalender/auswahl/date/1925-07-29/27112366/?no_cache=1 ''Bernhard Naunyn †. Der Altmeister der deutschen Klinik.'']. In: [[Vossische Zeitung]], 29. Juli 1925, Abend-Ausgabe, S.&nbsp;2.</ref> <ref name="Zimmermann">{{NDB|18|774|775|Naunyn, Bernhard|Susanne Zimmermann|119034638}}</ref>
Bernhard Naunyns Vater war der [[Regierender Bürgermeister von Berlin|Berliner Oberbürgermeister]] [[Franz Christian Naunyn]]. Nachdem Bernhard auf Grund einer Erkrankung ([[Hydrocephalus]]) erst spät sprechen gelernt hatte und mehrere Klassen in der frühen Schulzeit wiederholen musste, besuchte der wissensdurstige und ehrgeizige<ref>Holger Münzel: ''Max von Frey. Leben und Wirken unter besonderer Berücksichtigung seiner sinnesphysiologischen Forschung.'' Würzburg 1992 (= ''Würzburger medizinhistorische Forschungen'', 53), ISBN 3-88479-803-0, S. 198.</ref> Schüler das [[Friedrichwerdersches Gymnasium|Friedrichwerdersche Gymnasium]]. Nach dem 1858 erfolgreich bestandenen Abitur studierte er zunächst in den Fächern Jura, Physik und Chemie an der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]] und der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin]], immatrikulierte sich in Berlin dann jedoch für das Studium der [[Medizin]]. Noch als Student wurde er 1858 [[Corpsschleifenträger]] der [[Corps Hansea Bonn|Hansea Bonn]].<ref>[[Kösener Corpslisten]] 1930, '''13''', 106</ref>


Im Jahr 1862 wurde Naunyn mit der Arbeit ''De Echinococci evolutione'' (dt.: ''Die Entwicklung der Echinokokkus'') [[Promotion (Doktor)|promoviert]] und legte im selben Jahr sein Staatsexamen ab. Danach begann er mit mikroskopisch-anatomischen Studien, zu denen ihm [[Karl Bogislaus Reichert|Karl Reichert]] und [[Nathanael Lieberkühn]] geraten hatten.<ref name="VZ25">[http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/kalender/auswahl/date/1925-07-29/27112366/?no_cache=1 ''Bernhard Naunyn †. Der Altmeister der deutschen Klinik.''] In: [[Vossische Zeitung]], 29. Juli 1925, Abend-Ausgabe, S.&nbsp;2.</ref><ref name="Zimmermann">{{NDB|18|774|775|Naunyn, Bernhard|Susanne Zimmermann|119034638}}</ref>
Nach dem [[Einjährig-Freiwilliger|einjährig-freiwilligen]] Jahr in der [[Preußische Armee|Preußischen Armee]] holte [[Theodor Frerichs]] Bernhard Naunyn als Ersten Assistenten an die Erste Medizinische Klinik der [[Charité]]. Unter Frerich konnte er Untersuchungen zur Fieberlehre und zur [[Gelbsucht]] durchführen,<ref name="VZ25"/> gleichzeitig forschte er über Erkrankungen der Leber und der Gallenwege und beschäftigte sich mit der [[Pathologie]] und [[Diätetik]] des [[Diabetes mellitus]]. Im Jahr 1867 [[Habilitation|habilitierte]] sich Naunyn an der Charité.
Vorübergehend [[praktischer Arzt]] in Berlin, folgte er 1869 dem [[Berufung (Amt)|Ruf]] der [[Universität Tartu|Universität Dorpat]] als [[Professor]] für klinische Therapie. 1871 wechselte er an die [[Universität Bern]] und 1873 an die [[Albertus-Universität Königsberg]] als Nachfolger des Internisten [[Ernst von Leyden]].<ref name="Zimmermann"/> Mit einer einsemestrigen Unterbrechung war er von 1884 bis 1886 [[Prorektor]] der Albertina. Im Jahr 1883 wurde er zum Mitglied der [[Leopoldina]] gewählt. Im [[Dreikaiserjahr]] ging er schließlich als Nachfolger [[Adolf Kußmaul]]s an die [[Universität Straßburg|Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg]], wo Naunyn unter anderem [[Oskar Minkowski]] anleitete.<ref name="VZ25"/> 1907 war er Vorsitzender der [[Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte]].


Nach dem [[Einjährig-Freiwilliger|einjährig-freiwilligen]] Jahr in der [[Preußische Armee|Preußischen Armee]] holte [[Theodor Frerichs]] Bernhard Naunyn 1863 als Ersten Assistenten an die Erste Medizinische Klinik der [[Charité]]. Unter Frerich konnte er Untersuchungen zur Fieberlehre und zur [[Gelbsucht]] durchführen,<ref name="VZ25"/> gleichzeitig forschte er über Erkrankungen der Leber und der Gallenwege und beschäftigte sich mit der [[Pathologie]] und [[Diätetik]] des [[Diabetes mellitus]]. Im Jahr 1867 [[Habilitation|habilitierte]] sich Naunyn an der Charité.
In den verschiedenen Kliniken beschäftigte sich Naunyn stets intensiv mit Krankheiten des Nervensystems, unter anderem als einer der ersten mit den Ursachen und Auswirkungen der [[Aphasie]] (Sprachstörung). Zu den später bekannt gewordenen Schülern Naunyns gehörten neben Minkowski [[Hermann Eichhorst]], [[Adolf Magnus-Levy]] (1865–1955), [[Wilhelm Weintraud]] (1866–1920) und [[Carl Jakob Adolf Christian Gerhardt|Carl Gerhardt]].<ref name="VZ25"/>


Vorübergehend [[praktischer Arzt]] in Berlin, folgte er 1869 dem [[Berufung (Amt)|Ruf]] der [[Universität Tartu|Universität Dorpat]] als [[Professor]] für [[Innere Medizin|klinische Therapie]]. 1871 wechselte er an die [[Universität Bern]] und 1872/73 an die [[Albertus-Universität Königsberg]] als Nachfolger des Internisten [[Ernst von Leyden]].<ref name="Zimmermann"/> Mit einer einsemestrigen Unterbrechung war er von 1884 bis 1886 [[Prorektor]] der Albertina. Im Jahr 1883 wurde er zum Mitglied der [[Leopoldina]] gewählt.<ref>{{Leopoldina|5801|IDName=bernhard-naunyn|Name=Bernhard Naunyn|Kommentar=|Datum=11. März 2017}}</ref> Im [[Dreikaiserjahr]] 1888 ging er schließlich als Nachfolger [[Adolf Kußmaul]]s an die [[Universität Straßburg|Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg]], wo Naunyn unter anderem [[Oskar Minkowski]] anleitete.<ref name="VZ25"/> Beide führten bedeutende Tierversuche zur Erforschung der [[Leberfunktion]] durch.<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 46.</ref> 1907 war er Vorsitzender der [[Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte]].
Von den Universitätsämtern zog sich Naunyn im Jahr 1904 zurück und nahm seinen Wohnsitz in [[Baden-Baden]].<ref name="VZ25"/> Doch im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] leitete er das [[Lazarett|Reservelazarett]] im Ort. Eine besondere Herausforderung für Naunyn war die signifikante Zunahme der an [[Nierenentzündung]] erkrankten Soldaten im September 2015. Naunyn forderte die Anschaffung eines Glühlichtbades für die notwendigen [[Schwitzbäder]] der Erkrankten. Da keine elektrischen Leitungen vorhanden waren, kam jedoch nur ein billigeres Rumpflichtbad zur Anwendung.<ref>Miriam Heyse: ''Militärische'' ''Gesundheitsversorgung im Krieg: Lazarette in Baden-Baden 1914-1921'', Inauguraldissertation Institut Geschichte und Ethik Medizin, [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg]], Doktorvater [[Wolfgang U. Eckart]], 2015, S. 105, S. 122+123.</ref> Nach dem Krieg schied er bei dem militärischen Corps Hansea aus.<ref name="ACH">F. Dettweiler: ''Die Geschichte des Korps Hansea zu Bonn 1849-1929'' (Heidelberg 1929)</ref>


In den verschiedenen Kliniken beschäftigte sich Naunyn stets intensiv mit Krankheiten des Nervensystems, unter anderem als einer der ersten mit den Ursachen und Auswirkungen der [[Aphasie]] (Sprachstörung). Zu den später bekannt gewordenen Schülern Naunyns gehörten neben Minkowski [[Hermann Eichhorst]], [[Adolf Magnus-Levy]] (1865–1955), [[Wilhelm Weintraud]] (1866–1920) und [[Carl Jakob Adolf Christian Gerhardt|Carl Gerhardt]]<ref name="VZ25"/> sowie dessen Sohn [[Dietrich Gerhardt (Mediziner)|Dietrich Gerhardt]].<ref>[[Andreas Mettenleiter]]: ''Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte.'' Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 287–289.</ref> Zum Freundeskreis von Naunyn gehörte [[Anton von Eiselsberg]], der ihn in Wien etwa 1908 am [[Blinddarm]] (wegen eines sich darin, wohl wegen jahrzehntelanger Benutzung eines aus Magnesia und Kalkmasse selbstbereiteten Zahnputzmittels, entwickelten [[Kotstein|Enterolithen]] aus Kalk) operierte.<ref>Ferdinand Sauerbruch: ''Das war mein Leben.'' Kindler & Schiermeyer, Bad Wörishofen 1951; Lizenzausgabe für Bertelsmann Lesering, Gütersloh 1956, S. 49.</ref>
Er ist auf dem Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde auf den [[Friedhöfe vor dem Halleschen Tor|Friedhöfen vor dem Halleschen Tor]] bestattet.

[[Datei:Friedhöfevordemhalleschentorberlin - 10.jpeg|mini|hochkant|Grab von Bernhard Naunyn in [[Berlin-Kreuzberg]]]]
Von den Universitätsämtern zog sich Naunyn im Jahr 1904 zurück und nahm seinen Wohnsitz in [[Baden-Baden]].<ref name="VZ25"/> Doch im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] leitete er das [[Lazarett|Reservelazarett]] im Ort. Eine besondere Herausforderung für Naunyn war die signifikante Zunahme der an [[Nierenentzündung]] erkrankten Soldaten im September 1915. Naunyn forderte die Anschaffung eines Glühlichtbades für die notwendigen [[Schwitzbäder]] der Erkrankten. Da keine elektrischen Leitungen vorhanden waren, kam jedoch nur ein billigeres Rumpflichtbad zur Anwendung.<ref>Miriam Heyse: ''Militärische'' ''Gesundheitsversorgung im Krieg: Lazarette in Baden-Baden 1914-1921'', Inauguraldissertation Institut Geschichte und Ethik Medizin, [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg]], Doktorvater [[Wolfgang U. Eckart]], 2015, S. 105, S. 122+123.</ref> Nach dem Krieg schied er bei dem militärischen Corps Hansea aus.<ref name="ACH">F. Dettweiler: ''Die Geschichte des Korps Hansea zu Bonn 1849-1929'' (Heidelberg 1929)</ref>

Bernhard Naunyn starb 1925 im Alter von 85 Jahren in Baden-Baden. Beigesetzt wurde er auf dem [[Friedhöfe vor dem Halleschen Tor#Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde|Friedhof&nbsp;II der Jerusalems- und Neuen Kirche]] in [[Berlin-Kreuzberg]], in der Nähe der letzten Ruhestätte seines Vaters. Er liegt neben seiner Gattin Anna geb. Haebler (1852–1927). An der Grabstele ist ein Relief mit dem Porträt von Naunyn eingelassen, das möglicherweise der Bildhauer [[Martin Meyer-Pyritz]] geschaffen hat.<ref>[[Hans-Jürgen Mende (Historiker)|Hans-Jürgen Mende]]: ''Lexikon Berliner Begräbnisstätten''. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S.&nbsp;234.</ref> Das Grab von Bernhard Naunyn war von 1962 bis 2012 als [[Liste der Ehrengräber in Berlin/Ehemalige Ehrengräber|Ehrengrab des Landes Berlin]] gewidmet.


{{Siehe auch|Liste der Rektoren der Albertus-Universität}}
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== Herausgeber / Veröffentlichungen ==
== Herausgeber ==
Mit dem [[Pharmakologie|Pharmakologen]] [[Oswald Schmiedeberg]] und dem [[Pathologie|Pathologen]] [[Edwin Klebs]] gründete Bernhard Naunyn das [[Naunyn-Schmiedebergs Archiv|Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie]]<ref name="Zimmermann"/> (ab Bd. 158: ''Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie'', seit 1972: ''Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology''), Leipzig, später Berlin, 1873 ff., die erste deutsche Fachzeitschrift der Pharmakologie als einer selbstständigen experimentellen Wissenschaft.
Mit dem [[Pharmakologie|Pharmakologen]] [[Oswald Schmiedeberg]] und dem [[Pathologie|Pathologen]] [[Edwin Klebs]] gründete Bernhard Naunyn das [[Naunyn-Schmiedebergs Archiv|Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie]]<ref name="Zimmermann"/> (ab Band 158: ''Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie'', seit 1972: ''Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology''), Leipzig, später Berlin, 1873 ff., die erste deutsche Fachzeitschrift der Pharmakologie als einer selbstständigen experimentellen Wissenschaft.


Ab 1886 gab er mit [[Johann von Mikulicz]] die neuen ''Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie'' beim Gustav Fischer Verlag heraus.<ref name="Zimmermann"/> Im Sinne des [[Positivismus]] meinte er: {{"|Medizin muss Wissenschaft sein, oder sie wird nicht sein.|Bernhard Naunyn}}
Ab 1886 gab er mit [[Johann von Mikulicz]] die neuen ''Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie'' beim Gustav Fischer Verlag heraus.<ref name="Zimmermann"/> Im Sinne des [[Positivismus]] meinte er: {{"|Medizin muss Wissenschaft sein, oder sie wird nicht sein.|Bernhard Naunyn}}


== Schriften (Auswahl) ==
* 1892: ''Klinik der Cholelithiasis''.
* 1892: ''Klinik der Cholelithiasis''.
* 1898: ''Der Diabetes mellitus''.
* 1898: ''Der Diabetes mellitus''.
* 1900: ''Die Entwicklung der Inneren Medizin mit Hygiene und Bakteriologie im 19. Jahrhundert''.
* 1900: ''Die Entwicklung der Inneren Medizin mit Hygiene und Bakteriologie im 19. Jahrhundert''.
* 1908: ''Notwendigste Angaben für die Kostordnung Diabetischer''.
* 1908: ''Notwendigste Angaben für die Kostordnung Diabetischer''.
* 1908: ''Die Berliner Schule vor 50 Jahren'' (= ''Sammlung klinischer Vorträge von Volkmann.'' Nr. 478).
* 1924: ''Versuch einer Uebersicht und Ordnung der Gallensteine des Menschen nach Anlage und Struktur, nach Alter und Standort der Steine''.
* 1924: ''Versuch einer Uebersicht und Ordnung der Gallensteine des Menschen nach Anlage und Struktur, nach Alter und Standort der Steine''.
* 1909: ''Gesammelte Abhandlungen. 1869-1908'', 2 Bde.
* 1909: ''Gesammelte Abhandlungen. 1869-1908'', 2 Bände, Würzburg.
* 1925: ''Erinnerungen, Gedanken und Meinungen''.<ref name="Zimmermann"/>
* 1925: ''Erinnerungen, Gedanken und Meinungen.'' München.<ref name="Zimmermann"/>


== Ehrungen ==
== Ehrungen ==
Für seinen Einsatz im Lazarett Baden-Baden wurde Naunyn mit dem [[Eisernes Kreuz am weißen Bande| Eisernen Kreuz am weißen Bande]] ausgezeichnet.<ref name="ACH"/>
* Für seinen Einsatz im Lazarett Baden-Baden wurde Naunyn mit dem [[Eisernes Kreuz am weißen Bande|Eisernen Kreuz am weißen Bande]] ausgezeichnet.<ref name="ACH"/>
* In Baden-Baden ist eine Straße nach ihm benannt (die frühere ''Dennewitzstraße'' – seit 1864 ''Naunynstraße'' in Berlin-Kreuzberg – ist nicht nach Bernhard, sondern nach seinem Vater, [[Franz Christian Naunyn]] benannt).

* In den Universitätskliniken [[Universitätsklinikum Freiburg|Freiburg]], [[Universitätsklinikum Würzburg|Würzburg]] und [[Universitätsklinikum Heidelberg|Heidelberg]] (Medizinische Kliniken) wurden Patientenstationen nach Bernhard Naunyn benannt.<ref>Webseite Universitätsklinikum Heidelberg: [http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/einrichtungen/station-naunyn-657 Station Naunyn], abgerufen am 11. März 2017.</ref>
In Baden-Baden ist eine Straße nach ihm benannt (die frühere ''Dennewitzstraße'' – seit 1864 ''Naunynstraße'' in Berlin-Kreuzberg – ist nicht nach Bernhard, sondern nach seinem Vater, [[Franz Christian Naunyn]] benannt).
* In Mainz ist der Naunynweg auf dem Gelände der [[Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz|Universitätsmedizin]] nach ihm benannt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.unimedizin-mainz.de/fileadmin/kliniken/betriebsarzt/Dokumente/ca5e8f-0-120343.pdf |titel=Betriebsärztliche Dienststelle |titelerg=Adresse: Naunynweg Geb. 206 EG |hrsg=Universitätsmedizin Mainz |abruf=2023-01-31}}</ref>
* Im Berliner Kongresszentrum trägt ein Saal seinen Namen.<ref>[http://react-profile.org/ebook/DDG2014/Hauptprogramm/files/assets/common/downloads/01_DDG%202014_Hauptprogramm.pdf Diabetes-Kongress 2014].</ref>


== Literatur ==
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== Weblinks ==
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* [http://www.aphorismen.de/suche?f_autor=5848_Bernhard+Naunyn Aphorismen von B. Naunyn]
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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Aktuelle Version vom 24. April 2024, 09:20 Uhr

Bernhard Naunyn, vor 1902

Bernhard Naunyn (* 2. September 1839 in Berlin; † 26. Juli 1925[1] in Baden-Baden) war ein deutscher Internist und Hochschullehrer.

Leben

Bernhard Naunyns Vater war der Berliner Oberbürgermeister Franz Christian Naunyn. Nachdem Bernhard auf Grund einer Erkrankung (Hydrocephalus) erst spät sprechen gelernt hatte und mehrere Klassen in der frühen Schulzeit wiederholen musste, besuchte der wissensdurstige und ehrgeizige[2] Schüler das Friedrichwerdersche Gymnasium. Nach dem 1858 erfolgreich bestandenen Abitur studierte er zunächst in den Fächern Jura, Physik und Chemie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, immatrikulierte sich in Berlin dann jedoch für das Studium der Medizin. Noch als Student wurde er 1858 Corpsschleifenträger der Hansea Bonn.[3]

Im Jahr 1862 wurde Naunyn mit der Arbeit De Echinococci evolutione (dt.: Die Entwicklung der Echinokokkus) promoviert und legte im selben Jahr sein Staatsexamen ab. Danach begann er mit mikroskopisch-anatomischen Studien, zu denen ihm Karl Reichert und Nathanael Lieberkühn geraten hatten.[4][5]

Nach dem einjährig-freiwilligen Jahr in der Preußischen Armee holte Theodor Frerichs Bernhard Naunyn 1863 als Ersten Assistenten an die Erste Medizinische Klinik der Charité. Unter Frerich konnte er Untersuchungen zur Fieberlehre und zur Gelbsucht durchführen,[4] gleichzeitig forschte er über Erkrankungen der Leber und der Gallenwege und beschäftigte sich mit der Pathologie und Diätetik des Diabetes mellitus. Im Jahr 1867 habilitierte sich Naunyn an der Charité.

Vorübergehend praktischer Arzt in Berlin, folgte er 1869 dem Ruf der Universität Dorpat als Professor für klinische Therapie. 1871 wechselte er an die Universität Bern und 1872/73 an die Albertus-Universität Königsberg als Nachfolger des Internisten Ernst von Leyden.[5] Mit einer einsemestrigen Unterbrechung war er von 1884 bis 1886 Prorektor der Albertina. Im Jahr 1883 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[6] Im Dreikaiserjahr 1888 ging er schließlich als Nachfolger Adolf Kußmauls an die Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg, wo Naunyn unter anderem Oskar Minkowski anleitete.[4] Beide führten bedeutende Tierversuche zur Erforschung der Leberfunktion durch.[7] 1907 war er Vorsitzender der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte.

In den verschiedenen Kliniken beschäftigte sich Naunyn stets intensiv mit Krankheiten des Nervensystems, unter anderem als einer der ersten mit den Ursachen und Auswirkungen der Aphasie (Sprachstörung). Zu den später bekannt gewordenen Schülern Naunyns gehörten neben Minkowski Hermann Eichhorst, Adolf Magnus-Levy (1865–1955), Wilhelm Weintraud (1866–1920) und Carl Gerhardt[4] sowie dessen Sohn Dietrich Gerhardt.[8] Zum Freundeskreis von Naunyn gehörte Anton von Eiselsberg, der ihn in Wien etwa 1908 am Blinddarm (wegen eines sich darin, wohl wegen jahrzehntelanger Benutzung eines aus Magnesia und Kalkmasse selbstbereiteten Zahnputzmittels, entwickelten Enterolithen aus Kalk) operierte.[9]

Grab von Bernhard Naunyn in Berlin-Kreuzberg

Von den Universitätsämtern zog sich Naunyn im Jahr 1904 zurück und nahm seinen Wohnsitz in Baden-Baden.[4] Doch im Ersten Weltkrieg leitete er das Reservelazarett im Ort. Eine besondere Herausforderung für Naunyn war die signifikante Zunahme der an Nierenentzündung erkrankten Soldaten im September 1915. Naunyn forderte die Anschaffung eines Glühlichtbades für die notwendigen Schwitzbäder der Erkrankten. Da keine elektrischen Leitungen vorhanden waren, kam jedoch nur ein billigeres Rumpflichtbad zur Anwendung.[10] Nach dem Krieg schied er bei dem militärischen Corps Hansea aus.[11]

Bernhard Naunyn starb 1925 im Alter von 85 Jahren in Baden-Baden. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirche in Berlin-Kreuzberg, in der Nähe der letzten Ruhestätte seines Vaters. Er liegt neben seiner Gattin Anna geb. Haebler (1852–1927). An der Grabstele ist ein Relief mit dem Porträt von Naunyn eingelassen, das möglicherweise der Bildhauer Martin Meyer-Pyritz geschaffen hat.[12] Das Grab von Bernhard Naunyn war von 1962 bis 2012 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet.

Herausgeber

Mit dem Pharmakologen Oswald Schmiedeberg und dem Pathologen Edwin Klebs gründete Bernhard Naunyn das Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie[5] (ab Band 158: Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie, seit 1972: Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology), Leipzig, später Berlin, 1873 ff., die erste deutsche Fachzeitschrift der Pharmakologie als einer selbstständigen experimentellen Wissenschaft.

Ab 1886 gab er mit Johann von Mikulicz die neuen Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie beim Gustav Fischer Verlag heraus.[5] Im Sinne des Positivismus meinte er: „Medizin muss Wissenschaft sein, oder sie wird nicht sein.“ (Bernhard Naunyn)

Schriften (Auswahl)

  • 1892: Klinik der Cholelithiasis.
  • 1898: Der Diabetes mellitus.
  • 1900: Die Entwicklung der Inneren Medizin mit Hygiene und Bakteriologie im 19. Jahrhundert.
  • 1908: Notwendigste Angaben für die Kostordnung Diabetischer.
  • 1908: Die Berliner Schule vor 50 Jahren (= Sammlung klinischer Vorträge von Volkmann. Nr. 478).
  • 1924: Versuch einer Uebersicht und Ordnung der Gallensteine des Menschen nach Anlage und Struktur, nach Alter und Standort der Steine.
  • 1909: Gesammelte Abhandlungen. 1869-1908, 2 Bände, Würzburg.
  • 1925: Erinnerungen, Gedanken und Meinungen. München.[5]

Ehrungen

  • Für seinen Einsatz im Lazarett Baden-Baden wurde Naunyn mit dem Eisernen Kreuz am weißen Bande ausgezeichnet.[11]
  • In Baden-Baden ist eine Straße nach ihm benannt (die frühere Dennewitzstraße – seit 1864 Naunynstraße in Berlin-Kreuzberg – ist nicht nach Bernhard, sondern nach seinem Vater, Franz Christian Naunyn benannt).
  • In den Universitätskliniken Freiburg, Würzburg und Heidelberg (Medizinische Kliniken) wurden Patientenstationen nach Bernhard Naunyn benannt.[13]
  • In Mainz ist der Naunynweg auf dem Gelände der Universitätsmedizin nach ihm benannt.[14]
  • Im Berliner Kongresszentrum trägt ein Saal seinen Namen.[15]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Das Sterbedatum 26. Juni ist auf seinem Grabstein auf dem Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde in Berlin-Kreuzberg angegeben. In der Literatur findet sich auch häufig der 27. Juni und (allerdings offensichtlich irrtümlich) der 30. Juni 1925.
  2. Holger Münzel: Max von Frey. Leben und Wirken unter besonderer Berücksichtigung seiner sinnesphysiologischen Forschung. Würzburg 1992 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 53), ISBN 3-88479-803-0, S. 198.
  3. Kösener Corpslisten 1930, 13, 106
  4. a b c d e Bernhard Naunyn †. Der Altmeister der deutschen Klinik. In: Vossische Zeitung, 29. Juli 1925, Abend-Ausgabe, S. 2.
  5. a b c d e Susanne Zimmermann: Naunyn, Bernhard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 774 f. (Digitalisat).
  6. Mitgliedseintrag von Bernhard Naunyn bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 11. März 2017.
  7. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 46.
  8. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 287–289.
  9. Ferdinand Sauerbruch: Das war mein Leben. Kindler & Schiermeyer, Bad Wörishofen 1951; Lizenzausgabe für Bertelsmann Lesering, Gütersloh 1956, S. 49.
  10. Miriam Heyse: Militärische Gesundheitsversorgung im Krieg: Lazarette in Baden-Baden 1914-1921, Inauguraldissertation Institut Geschichte und Ethik Medizin, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Doktorvater Wolfgang U. Eckart, 2015, S. 105, S. 122+123.
  11. a b F. Dettweiler: Die Geschichte des Korps Hansea zu Bonn 1849-1929 (Heidelberg 1929)
  12. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 234.
  13. Webseite Universitätsklinikum Heidelberg: Station Naunyn, abgerufen am 11. März 2017.
  14. Betriebsärztliche Dienststelle. Adresse: Naunynweg Geb. 206 EG. Universitätsmedizin Mainz, abgerufen am 31. Januar 2023.
  15. Diabetes-Kongress 2014.