Akif Pirinçci

Akif Pirinçci (2014)

Akif Pirinçci [piˈɽint͡ʃd͡ʒi] (* 20. Oktober 1959 in Istanbul) ist ein deutsch-türkischer Schriftsteller, der durch Kriminalromane beginnend mit Felidae (1989) bekannt wurde. Seit 2012 betätigt er sich vermehrt auch als gesellschaftspolitischer Akteur rechtspopulistischer[1][2] Ausrichtung.

Leben

Pirinçci kam 1969 mit seinen Eltern aus der Türkei nach Deutschland. Die Familie wohnte zunächst in Ulmen (Eifel) und zog 1970 nach Weißenthurm um. Dort besuchte Pirinçci nach Episoden am Gymnasium und Realschule die Hauptschule,[3] die er mit einem unterdurchschnittlichen Abschluss verließ.[4] Pirinçci lebt in Bonn. 2013 trennte sich seine Ehefrau, mit der er einen gemeinsamen Sohn hat, von ihm.[5]

Werk

Romane

1980 erschien Pirinçcis erster Roman, die Liebesgeschichte Tränen sind immer das Ende. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm jedoch erst 1989 mit Felidae, einem Detektivroman, in dem eine Katze als Hauptfigur agiert. Das Buch wurde in siebzehn Sprachen übersetzt. Mit Francis (1993), Cave Canem (1999), Das Duell (2002), Salve Roma! (2004) und Schandtat (2007) erschienen Fortsetzungen der Katzenkrimis. Im Zuge dieses Erfolgs wurde dann auch sein bis dahin wenig erfolgreiches Erstlingswerk wieder aufgelegt.

1993 wurde Felidae zu einem gleichnamigen Zeichentrickfilm verarbeitet. Pirinçci schrieb zusammen mit Martin Kluger das Drehbuch. Unter der Regie von Michael Schaack verliehen unter anderem Mario Adorf, Klaus Maria Brandauer und Helge Schneider den Katzen ihre Stimmen.

Schon 1992 erschien der Roman Der Rumpf, in dem vor der Kulisse eines Behindertenheimes ein Mann, der ohne Arme und Beine geboren wurde, den perfekten Mord plant und ausführt.

1997 wurde dann Yin, ein Kriminalroman mit Übergängen zur Dystopie veröffentlicht: Der Roman erzählt, wie ein Virus die männliche Bevölkerung auslöscht und damit die Frauen in die Lage versetzt, eine neue Gesellschaft ohne Patriarchat und Geschlechterkampf zu begründen. Das Scheitern dieser Utopie lässt dann die Menschen selbst als ihr eigentliches Virus erscheinen.

In dem Roman Die Damalstür geht es um einen Maler, der auf ein gescheitertes Leben zurückblickt. Im Rausch stolpert er durch die titelgebende "Damalstür", die ihn im Leben um zehn Jahre zurückversetzt. So trifft er auf jenen Mann, der er vor zehn Jahren einmal selbst gewesen ist. Der Protagonist beschließt, sich selbst aus dem Weg zu schaffen, damit er mit seiner Frau einen Neuanfang unternehmen kann. Auf Grundlage dieses Romans schrieb Jan Berger das Drehbuch für den Film Die Tür.

Deutschland von Sinnen

Deutschland von Sinnen ist ein im März 2014 im Manuskriptum-Verlag erschienener Bestseller, in dem sich Pirinçci gegen die seiner Ansicht nach privilegierte Stellung Homosexueller, Migranten und Frauen in der politischen Debatte der Bundesrepublik wendet. Pirinçci stellt hierin sein Bild von Minderheiten im bundesrepublikanischen politischen Diskurs dar und behauptet, dass diese teils bewusst Angebote der Kooperation ausschlagen würden und dass ihnen undemokratisch viel Einfluss und Blockademacht zukomme.

Das Buch ist von einer derben bzw. polemischen Ausdrucksweise geprägt, was für zahlreiche Reaktionen und kritische Besprechungen sorgte. Innerhalb der Spiegel-Bestsellerlisten hielt es sich Anfang 2014 konstant unter den Top-10-Taschenbüchern des Bereichs Sachbuch.[6]

Im Dezember 2014 trat Pirinçci bei dem von rechtsextremen Aktivisten organisierten Bonner „Pegida“-Ableger „Bogida[7] auf und las eine kurze Passage aus „Deutschland von Sinnen“. Er appellierte „Ihr seid Deutsche, keine feigen Ratten." und endete seine Rede mit den letzten Worten des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg „Es lebe das heilige Deutschland!“ [8][9]

Publizistische Tätigkeit

Ab 2012 meldete sich Pirinçci vermehrt mit gesellschaftspolitischen Kommentaren in konservativen bis rechtspopulistischen Kontexten zu Wort, unter anderem in der nationalkonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit, in der Zeitschrift eigentümlich frei sowie im Online-Portal der Sezession, der Hauszeitschrift der Neuen Rechten.[10] Zudem veröffentlichte er vereinzelt auch im Nachrichtenmagazin Focus[11][12] und zwischen 2012 und 2013 auf dem Blog Die Achse des Guten.

Blog Achse des Guten

Von 2012 bis 2013 war Pirinçci regelmäßiger Autor des Weblogs Die Achse des Guten.[13][14] In einem Beitrag mahnte Pirinçci, der Todesfall Daniel S. reihe sich ein in eine „Serie von immer mehr und in immer kürzeren Abständen erfolgenden Bestialitäten, die zumeist von jungen Männern moslemischen Glaubens an deutschen Männern begangen werden“.[15] Tobias Kaufmann widersprach Pirinçci daraufhin auf demselben Blog scharf. Er sei „zutiefst erschüttert“, dass ein solcher Text in der Achse des Guten erscheinen konnte. Pirinçci habe „samt und sonders Standardrhetorik der NPD und anderer Neonazis“ benutzt.[16] Scharfe Kritik erfuhr Pirinçci auch von Deniz Yücel (taz), der Pirinçcis Duktus nach Form und Inhalt als rechtsextrem bewertet.[17] Jochen Grabler sieht in Pirinçci „einen Volksverhetzer, beseelt von Goebbelsscher Perfidie“. Er konstruiere aus einer gewalttätigen Minderheit einer Minderheiten-Religionsgruppe eine völkermordende Bande. Belege habe er jedoch nicht, denn tatsächlich gehe die Zahl der von Jugendlichen begangenen Gewalttaten in den vergangenen Jahren zurück. [18]

Zeitschrift eigentümlich frei

Im Januar 2014 veröffentlichte Pirinçci zunächst bei Facebook und dann auch bei eigentümlich frei einen Schmähbrief als Antwort an eine dänische Therapeutin, die in der Vergangenheit drei Jahre lang als Prostituierte gearbeitet und auf ihrem Blog einen offenen Brief an ihre damaligen Kunden gerichtet hatte, der in der norwegischen Aftenposten und in der Tageszeitung Die Welt publiziert worden war.[19] Er bekennt sich als häufiger Freier. Emma warf ihm daraufhin vor, er habe sich mit den Felidae-Romanen sensibel in die Katzenseele eingefühlt, es mangle ihm jedoch an Empathie für Frauen.[20]

Facebook

Im Juli 2014 veröffentlichte Pirinçci auf seiner Facebook-Timeline eine Schmähkritik über die Sozialwissenschaftlerin Elisabeth Tuider. Pirinçci bezog sich dabei auf ein am 30. Juni 2014 von der HNA mit Tuider geführtes Interview. Tuider vertritt dort die Ansicht, dass im Rahmen einer zeitgemäßen Sexualpädagogik auch Fragestellungen von Schülern zu sexuellen Praktiken Eingang in eine entsprechende Unterrichtskonzeption finden sollten.[21][22] In der Folge wurden Gewaltdrohungen und weitere Schmähungen gegenüber Tuider gepostet. Auf Nachfrage der taz begründete Pirinçci seine Wortwahl damit, dass die Medien seine Kritik sonst „nicht wahrnehmen“ würden. Als der Sozialwissenschaftler Heinz-Jürgen Voß daraufhin eine Unterstützungskampagne für Tuider initiierte,[23][24] wurde auch er von Pirinçci mit herabwürdigenden Äußerungen angegriffen. Voß kündigte daraufhin an, auf dem Rechtsweg gegen Pirinçci vorzugehen.[21] Auf zivilrechtlichem Weg erwirkte er eine einstweilige Verfügung. Demnach darf Akif Pirinçci die vorgebrachten Beleidigungen bei Androhung einer Strafe von 250.000 Euro nicht wiederholen. Im Januar 2015 akzeptierte Pirinçci einen Strafbefehl und zahlte eine Geldstrafe in Höhe von 8000 Euro wegen Beleidigung.[25]

Veröffentlichungen

Felidae-Zyklus

  1. Felidae. Roman, Goldmann, München 1989, ISBN 3-442-09298-1.
  2. Francis. Roman, Goldmann, München 1993, ISBN 3-442-30428-8.
  3. Cave Canem. Roman, Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-30498-9.
  4. Das Duell. Roman, Eichborn-Verlag, Frankfurt/M. 2002, ISBN 3-8218-0865-9.
  5. Salve Roma! Roman, Eichborn-Verlag, Frankfurt/M. 2004, ISBN 3-8218-0956-6.
  6. Schandtat. Ein Felidae-Roman. Diana-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-453-00620-1.
  7. Felipolis. Ein Felidae-Roman. Diana-Verlag, München 2010, ISBN 978-3-453-29097-6.
  8. Göttergleich. Ein Felidae-Roman. Heyne, München 2012, ISBN 978-3-453-26846-3.

Zum Felidae-Zyklus

  • mit Rolf Degen: Das große Felidae-Katzenbuch. Was sie fühlen, wie sie denken, was sie lieben. Goldmann, München 1994, ISBN 3-442-30608-6 (Erweiterte Ausgabe unter dem Titel: KatzenSinne. Was sie fühlen, denken, lieben. Goldmann, München 1995, ISBN 3-442-43204-9).

Sonstiges

Unter Pseudonym

Film

Siehe auch

Commons: Akif Pirinçci – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Simone Schmollack: Rechtspopulismus im Internet: Akif Pirinçci provoziert Mordaufruf, taz.de, 28. Juli 2014.
  2. Lisa Inhoffen: Lesung mit Leibwächtern – Akif Pirinçci lockt mit rechtspopulistischen Thesen, General-Anzeiger (Bonn), 12. Mai 2014.
  3. Klaus Pokatzky: „Ich bin ein Pressetürke“: Akif Pirinçci und der deutsche Literaturbetrieb In: Die Zeit, 28. Mai 1982. Abgerufen am 2. Mai 2014 
  4. Pirinçci, Akif (1980): Tränen sind immer das Ende, Goldmann, S. 49.
  5. Bestseller: Deutschland von Sinnen, Die Weltwoche, 21/2014
  6. SPIEGEL-Bestseller: Taschenbücher. Bereich Sachbuch. Spiegel Online, abgerufen am 26. April 2014: „Platz 3: Deutschland von Sinnen – Pirincci, Akif“
  7. Roman Lehberger, Hendrik Vöhringer: Es ist unerheblich, ob es den Holocaust gegeben hat. Spiegel Online, 22. Dezember 2014, abgerufen am 17. Januar 2015.
  8. Reiner Burger: Wir simulieren das Volk. In: FAZ.net. 15. Dezember 2014, abgerufen am 19. Mai 2015.
  9. "Es lebe das heilige Deutschland": Ein Tag im Leben des Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Ein biografisches Porträt. Ulrich Schlie; Verlag Herder; 2009; ISBN 3-45129-875-9
  10. Richard Gebhardt: Ihr Feind steht links, Zeit Online, 14. April 2014
  11. Akif Pirinçci: Warum nicht gleich türkische Richter in deutschen Gerichtssälen? In: Focus. Nr. 15, 8. April 2013, ISSN 0943-7576, S. 38–39 (online [abgerufen am 10. April 2014]).
  12. Der Sultan wankt: Die Türkei ist ein gespaltenes Land, Focus
  13. Die Achse des Guten: Autoren
  14. Akif Pirinçci: Die Lügenpartei. Die Achse des Guten, 11. Mai 2013, abgerufen am 10. April 2014.
  15. Das Schlachten hat begonnen; Die Achse des Guten vom 25. März 2013
  16. Widerspruch; Die Achse des Guten vom 8. April 2013
  17. Deniz Yücel: Deutsch, vom Ohr bis zum Arsch, in: taz vom 8. April 2013
  18. Jochen Grabler: Gefährlicher Rassismus. Weblog spricht von Genozid an Deutschen (Memento vom 18. Dezember 2013 im Internet Archive), auf: Radio Bremen vom 6. April 2013
  19. Die Welt: Ich ekelte mich vor Euch und Euren Fantasien (Übersetzung aus dem norwegischen Original) von Tanja Rahm, abgerufen am 1. Februar 2014
  20. Emma: Ein Brief geht um die Welt (16. Januar 2014), abgerufen am 1. Februar 2014
  21. a b Simone Schmollack, Martin Reeh: Akif Pirinçci provoziert Mordaufruf. taz.de, 27. Juli 2014, abgerufen am 29. September 2014.
  22. Katja Rudolph: Interview: Prof. Elisabeth Tuider über ihr Bild zeitgemäßer Sexualpädagogik. HNA.de, 30. Juni 2014, abgerufen am 15. Dezember 2014.
  23. Solidaritätsaufruf. Gegen eine anti-genderistische Kampagne, soziologie.de, 15. Juli 2014
  24. Gegen rechten Hass – für eine engagierte Sexualwissenschaftler_in, Gesellschaft für Sexualwissenschaft(GSW), 21. Juli 2014
  25. Krawallautor Akif Pirinçci: Geldstrafe wegen Beleidigung, Spiegel Online, 19. Januar 2015
  26. Sex zur falschen Zeit Rezension vom Jörg Böckem im Kulturspiegel 11/2009, am 28. Oktober 2009