Kabinett Briand I

Aristide Briand war von 1909 bis 1911, 1913, 1915 bis 1917, 1921 bis 1922, 1925 bis 1926 sowie 1929 sechs Mal Premierminister Frankreichs und bildete in dieser Zeit elf Kabinette

Das erste Kabinett Briand war eine Regierung der Dritten Französischen Republik. Es wurde am 24. Juli 1909 von Premierminister (Président du Conseil) Aristide Briand gebildet und löste das Kabinett Clemenceau I ab. Es blieb bis zum 3. November 1910 im Amt und wurde daraufhin vom Kabinett Briand II abgelöst.

Dem Kabinett gehörten Minister der Socialistes indépendants (SI), Alliance républicaine démocratique (ARD), Parti républicain, radical et radical-socialiste (PRRSS) sowie der Radicaux indépendants (RI) an.

Kabinett

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

AmtNameParteiBeginn der AmtszeitEnde der Amtszeit
PremierministerAristide BriandSI24. Juli 19093. November 1910
AußenministerStephen PichonPRRRS24. Juli 19093. November 1910
KolonialministerGeorges Trouillot[1]RI24. Juli 19093. November 1910
KriegsministerJean Brun[2]24. Juli 19093. November 1910
Minister für öffentlichen Unterricht und schöne KünsteGaston DoumerguePRRRS24. Juli 19093. November 1910
Innenminister und ReligionsministerAristide Briand24. Juli 19093. November 1910
JustizministerLouis BarthouARD24. Juli 19093. November 1910
MarineministerAuguste Boué de Lapeyrère[3]24. Juli 19093. November 1910
LandwirtschaftsministerJoseph RuauPRRRS24. Juli 19093. November 1910
FinanzministerGeorges CocheryARD24. Juli 19093. November 1910
Minister für Arbeit und SozialversicherungRené VivianiSI24. Juli 19093. November 1910
Minister für öffentliche Arbeiten und
Minister für Post und Telegrafie
Alexandre MillerandSI24. Juli 19093. November 1910
Minister für Handel und IndustrieJean DupuyARD24. Juli 19093. November 1910

Unterstaatssekretäre

Dem Kabinett gehörten folgende Sous-secrétaires d’État an:

Historische Einordnung

Bei den Wahlen zur Abgeordnetenkammer setzte sich das republikanische Bündnis mit 352 von 595 Sitzen durch.

Paris – Der Gare du Nord während des Streiks

Briands erste Amtszeit war insbesondere von einem Streik der Schiffsregistrierer und einem Streik der Eisenbahnbeamten geprägt. Briand ließ einige große Bahnhöfe und mehrere Strecken militärisch besetzen, das Personal requirieren und erklärte auf Anfrage in der Kammer, „dass die Regierung bis zur Illegalität gegangen wäre, wenn sie nicht im Gesetz die Mittel gefunden hätte, um Herr ihrer Eisenbahnen zu bleiben“[5]. Angriffe Jules Guesdes und der sozialistischen Abgeordneten gegen Briands Behandlung des Streiks wehrte die Kammer in der Sitzung vom 31. Oktober 1910 ab. Da jedoch mehrere seiner Kabinettskollegen in Bezug auf die Auslegung des Streikrechts nicht mit ihm übereinstimmten, reichte er beim Präsidenten der Republik seinen Rücktritt ein (3. November 1910).[6]

Bei einem Streik der Tischlereiarbeiter kam es in Paris zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei, bei der der Anarchist Henri Cler getötet wurde. Bei der Beerdigung kam es erneut zu schweren Auseinandersetzungen.[7]

Das Gesetz vom 7. Dezember 1909 stellte fest, dass Löhne für den Lebensunterhalt grundlegend sind und in kurzen, regelmäßigen Zeiträumen auszuzahlen sind.[8] Eine Revision des Zolltarifs am 29. März 1910 löste einen Zollkrieg mit Deutschland aus.[9] Das Gesetz vom 8. April 1910 machte die Rentenversicherung für Arbeitnehmer obligatorisch, die weniger als 2000 Francs verdienten.[10]

Am 31. Mai 1910 wurde der Code de l’indigénat in Französisch-Äquatorialafrika eingeführt.[11]

Mit Élise Deroche erwarb erstmals weltweit eine Frau den Pilotenschein.

Einzelnachweise

  1. Georges, Marie, Denis, Gabriel Trouillot. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 5. November 2023 (französisch).
  2. Angaben zu Jean Brun in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  3. Angaben zu Auguste Boué de Lapeyrère in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  4. René Renoult dit René-Renoult. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 5. November 2023 (französisch).
  5. « que si le Gouvernement n’avait pas trouvé dans la loi les moyens de rester maître de ses chemins de fer, il serait allé jusqu’à l’illégalité »
  6. Aristide Briand. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 24. Juni 2023 (französisch).
  7. Anne Steiner: CLER Henri, dit BIFFIN. In: Le Maitron. Abgerufen am 5. November 2023 (französisch).
  8. Loi garantissant le paiement du salaire des ouvriers et des employés à intervalles réguliers. In: Gouvernement.fr. Abgerufen am 5. November 2023 (französisch).
  9. Étienne Antonelli: Études d’économie humaniste : Le capitalisme du XIXe siècle, de 1814 à 1914, et le monde économique présent de 1914 à 1957. La Licorne, 1959 (google.de).
  10. René Mouriaux: L’année sociale. Éditions de l’Atelier, 1999, ISBN 978-2-7082-3421-5 (google.de).
  11. Olivier Le Cour Grandmaison: De l'indigénat : Anatomie d’un „monstre“ juridique : le droit colonial en Algérie et dans l’Empire français. La découverte, 2015, ISBN 978-2-35522-029-6 (google.de).