Vorabpauschale

Die Vorabpauschale ist im deutschen Steuerrecht ein fiktiver, steuerpflichtiger Kapitalertrag aus einem Investmentfonds (Publikumsfonds). Sie wurde mit dem Investmentsteuergesetz 2018 eingeführt. Rechtsgrundlage ist § 18 InvStG. Dabei werden auf eine zukünftige Auszahlung von Investmenterträgen bereits jährlich im Voraus – vorab – pauschale Steuern erhoben, insbesondere Kapitalertragsteuer. Diese Vorabpauschalen werden bei einer späteren Veräußerung des Fonds angerechnet, so dass im Jahr der Veräußerung nur noch der Teil des Gewinns, der nicht durch Vorabpauschalen abgedeckt ist, versteuert werden muss. Aufgrund der Gesetzesvorgaben sind hauptsächlich thesaurierende Fonds (auch ETF) betroffen.

Zweck der Regelung

Zweck der Regelung ist es unter anderem, eine Steuerstundung zu vermeiden, die bei thesaurierenden Fonds mit langen Haltedauern mitunter auftreten kann. Als Basiszins für die Höhe der Vorabpauschale wird der Zins der 15-jährigen Bundeswertpapiere am ersten Handelstag des Jahres verwendet. Bei während der Laufzeit geringen Basiszinssätzen (z. B. 0,07 % für 2020, siehe Tabelle weiter unten) wird dennoch häufig nur ein geringer Teil des Gewinns vorab versteuert. Es bleibt dann weitgehend bei der eigentlich nicht gewollten Steuerstundung.

Für 2021 lag der Basiszins bei −0,45 % – er war also negativ. Das Bundesfinanzministerium hat klargestellt, dass daher keine Vorabpauschale erhoben wird. Entsprechendes gilt für das Steuerjahr 2022 (Basiszins −0,05 %, siehe Tabelle unten). Folglich haben die Banken Anfang 2022 und Anfang 2023 keine Vorabpauschale für die jeweiligen Vorjahre belastet.

Berechnung

Der Basisbetrag ist der kleinere der folgenden beiden Beträge:

  • Kursgewinne zzgl. Ausschüttungen: Rücknahmepreis am 31.12. + Ausschüttungen − Rücknahmepreis am 1.1.
  • 70 % × Basiszinssatz × Rücknahmepreis am 1.1.

Die Vorabpauschale berechnet sich anschließend wie folgt:

Basisertrag
+ Rücknahmepreis am 31.12.
+ Unterjährige Ausschüttungen
Rücknahmepreis am 1.1.
= Vorabpauschale
Verlustverrechnungstopf
= Zu versteuernder Betrag, wenn größer Null

Verbleibt ein positiver Betrag, muss dieser versteuert werden, wird jedoch nicht in voller Höhe abgeführt.

Verluste und Verrechnung

Die Vorabpauschale wird abschließend mit dem Verlustverrechnungstopf verrechnet (bzw. kann über die Einkommensteuererklärung mit anderen Verlusten verrechnet werden), da es sich um einen Kapitalertrag handelt. Nur wenn nach der Verrechnung ein positiver Betrag verbleibt, muss dieser versteuert werden.

Die Vorabpauschale selbst kann nicht negativ werden (§ 18 Abs 1., „Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt ...“), d. h. in Jahren, in denen die Anlage einen Verlust erfährt, beträgt die Pauschale Null und es fallen keinerlei Steuern an.

Da die Pauschale nach unten auf Null begrenzt ist, wird aber auch keine Steuer erstattet, gleichzeitig taucht der Verlust auch nicht im Verlustverrechnungstopf auf, wenn der Fonds nicht verkauft wird.

Dieser Umstand führt dazu, dass bei einem Anleger mit mehreren Fonds selbst bei einem Nettogewinn von Null, ggf. Steuer fällig wird (siehe Beispiel unten) und diese nie zurückgezahlt wird, sondern nur mit eventuell zukünftigen Gewinnen verrechnet wird (§ 19). Dasselbe gilt auch für Anleger mit nur einem Fonds, wenn diese in einem oder mehreren Jahren Kursverluste einfahren.

Beispiel (thesaurierender Fonds)

Beschreibung Fonds mit Gewinn Fonds mit Verlust
Basisertrag 357,00 €
+ Rücknahmepreis am 31.12. 21.000 € 19.000
Rücknahmepreis am 1.1. 20.000 € 20.000 €
= Vorabpauschale 357,00 € 0,00 €

Der Basisertrag wird also berechnet, indem der Wert am 1.1. des Jahres multipliziert wird mit dem Basiszins und mit dem Faktor 0,7. Dieser Faktor ist konstant und ergibt sich aus § 18 Absatz 1 InvStG.

Weil der Basisertrag (357,00 €) kleiner ist als der Wertzuwachs der Anteile (1.000 €), wird der Basisertrag als zu versteuernde Vorabpauschale (357,00 €) verwendet. Wäre die Wertsteigerung dagegen geringer als der Basisertrag, würde die Wertsteigerung als Vorabpauschale herangezogen.

Von dieser Vorabpauschale werden die Kapitalertragsteuer und der darauf entfallende Solidaritätszuschlag berechnet (zusammen 26,375 %). Bei einer Teilfreistellung von 30 % für Aktienfonds müssen nur 70 % versteuert werden. Es ergibt sich:

Falls im zugehörigen Verlustverrechnungstopf ein entsprechender Betrag vorhanden ist oder ein Freistellungsauftrag erteilt wurde (ausreichender Restbetrag), werden diese vorher in Anspruch genommen.

Bei unterjähriger Anschaffung im Vorjahr vermindert sich Vorabpauschale für jeden vollen Monat vor dem Erwerb um 1/12 (§ 18 Abs. 2 InvStG).

Basiszinssätze

Vom Bundesfinanzministerium veröffentlichte Basiszinssätze zur Berechnung der Vorabpauschale:

Jahr Basiszinssatz
2018 0,87 %[1]
2019 0,52 %[1]
2020 0,07 %[2]
2021 −0,45 %[3] – effektiv 0
2022 −0,05 %[4] – effektiv 0
2023 2,55 %[5]
2024 2,29 %[6]

Der Basiszinssatz 2024 wurde zwar am 5. Januar 2024 veröffentlicht, wird aber erst im Januar 2025 zur Berechnung der Vorabpauschale herangezogen.

Einzelnachweise