Vergewaltigung

Die Vergewaltigung der Lucretia, Gemälde von Tizian, 1571

Vergewaltigung ist nach „Duden Recht“ die Nötigung zum Geschlechtsverkehr oder zu ähnlichen sexuellen Handlungen, die das Opfer besonders erniedrigen, wobei diese mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer dem Täter schutzlos ausgeliefert ist, erfolgen kann.[1] Vergewaltigungen bedeuten eine massive Verletzung der Selbstbestimmung des Opfers und haben gravierende psychische Folgen. Die juristische Bewertung ist je nach Land unterschiedlich. In Deutschland verletzt eine Vergewaltigung das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung; eine Mitschuld des Opfers wird juristisch verneint.

Rechtslage

Nahezu alle gegenwärtigen Gesellschaften kennen einen Straftatbestand der Vergewaltigung und ächten diese als eine der schwersten Straftaten. Eine einheitliche Definition dieses Rechtsbegriffs gibt es nicht. Ein erzwungener Geschlechtsverkehr in der Ehe oder mit Gegnern (etwa im Krieg) oder Außenseitern (Minderheiten oder Sklaven) wurde oder wird nicht überall als strafwürdiges Verbrechen angesehen. Viele Gesellschaften kannten oder kennen zudem eine Schuldzuweisung an das Opfer, die sich etwa in Ausgrenzung oder zwangsweiser Scheidung äußert. Selbst Tötungen aufgrund richterlicher Todesurteile oder durch Lynchjustiz sind in Ländern mit islamischer Rechtsprechung (Schari'a) vorgekommen.[2]

Aufgrund der international sehr unterschiedlichen Rechtslage ist beim Vergleich von Statistiken verschiedener Länder größte Vorsicht angebracht.

Deutschland

Strafrecht

Von Vergewaltigung (synonym: Stuprum, veraltet: Notzucht) spricht man, wenn eine Person eine andere gegen ihren Willen unter Anwendung von Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in welcher das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, zum Vollzug des Beischlafs (vaginale, orale oder anale Penetration) nötigt oder andere besonders erniedrigende sexuelle Handlungen vornimmt oder vom Opfer an sich vornehmen lässt, die mit dem Eindringen in den Körper (orale Penetration oder andere sexuelle Handlungen) verbunden sind (qualifizierte sexuelle Handlungen). Dabei kommt es nicht darauf an, ob in den Körper des Opfers oder den des Täters eingedrungen wird. Danach wird beispielsweise auch der gewaltsame erzwungene Mundverkehr, bei dem der Täter den Penis des Opfers in den Mund aufnimmt, als Vergewaltigung qualifiziert. Der Straftatbestand der Vergewaltigung wird in § 177 Abs. StGB geregelt.

Die Nötigung mit den bei der Vergewaltigung beschriebenen Mitteln zu sonstigen sexuellen Handlungen (einfache sexuelle Handlungen) ist als sexuelle Nötigung strafbar.

Maßgeblich für die eventuelle Feststellung eines Straftatbestandes ist der Wille des Opfers. Abwehrhandlungen des Opfers sind für das Vorliegen einer Vergewaltigung nicht zwingend erforderlich. Die für die Strafbarkeit erforderliche Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB wendet der Täter dann an, wenn das Opfer mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist und er geleisteten oder erwarteten Widerstand seines Opfers mit körperlicher Kraftentfaltung überwindet beziehungsweise verhindert. In diesen Fällen kommt eine Strafbarkeit wegen Vergewaltigung nur dann in Betracht, wenn der Täter dem Opfer entweder mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht (§ 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB) oder dessen schutzlose Lage ausnutzt (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB).

Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 fasste die Notzucht und die Bestimmung zu unzüchtigen Handlungen als Straftaten gegen die Sittlichkeit auf. Durch das 4. Gesetz zur Reform des Strafrechts von 1974 wurde das Schutzgut der Norm von der Sittenordnung auf die sexuelle Selbstbestimmung umgestellt. Nicht mehr unsittliches Verhalten, sondern Bestimmung zu sexuellen Handlungen gegen den Willen des Betroffenen stand nunmehr im Mittelpunkt. Die Notzucht und die Bestimmung zu unzüchtigen Handlungen wurden damit zu besonderen Fällen der Nötigung (Vergewaltigung und sexuelle Nötigung).

1943 wurden auch unzüchtige Handlungen an Personen unter 21 Jahren unter Strafe gestellt.

Im deutschen Strafrecht wurden 1997 die bis dahin getrennten Tatbestände der Vergewaltigung (§ 177 StGB a. F.) und der sexuellen Nötigung (§ 178 StGB a. F.) unter einem einzigen Tatbestand zusammengefasst und inhaltlich beträchtlich erweitert (§ 177 StGB n. F.). Seitdem ist auch die Vergewaltigung in der Ehe strafbar. [3] Der Gesetzgeber hat die Strafbarkeit geschlechtsneutral auf „eine andere Person“ (erstmals damit auch auf Männer als Tatopfer) und insbesondere auf das Erzwingen des ehelichen (nicht mehr nur des außerehelichen) Beischlafs erweitert. Damit ist die Vergewaltigung ein besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung (vgl. Regelbeispiel). Hat der Täter (erniedrigende) sexuelle Handlungen an dem Opfer vorgenommen oder an sich von ihm vornehmen lassen, die mit einem Eindringen in den Körper (des Täters oder des Opfers) verbunden waren, lautet der Urteilstenor auf Verurteilung wegen Vergewaltigung.

Der Strafrahmen sieht (regelmäßig) Freiheitsstrafe von mindestens zwei und höchstens 15 Jahren vor. Verwirklicht der Täter im Rahmen der Vergewaltigung (oder der sexuellen Nötigung) gemäß § 177 StGB den Tatbestand der Qualifikation des Absatzes 3 (Mindeststrafe drei Jahre), lautet der Urteilstenor auf schwere Vergewaltigung (oder sexuelle Nötigung), im Fall des Absatzes 4 auf besonders schwere Vergewaltigung (oder sexuelle Nötigung) (Mindeststrafe fünf Jahre).

Da die Höchststrafe 15 Jahre beträgt, lässt sich aus § 78 StGB eine Verjährungsfrist von 20 Jahren ableiten. Bei minderjährigen Opfern beginnt diese Frist jedoch erst mit der erlangten Volljährigkeit zu laufen.

Bürgerliches Recht

Jeder, der in seiner sexuellen Selbstbestimmung verletzt wurde, hat unabhängig vom Geschlecht einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Das Opfer kann seine Ansprüche gegen den Täter, insbesondere den auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, auch im Strafverfahren geltend machen (Adhäsionsverfahren). Dies leitet sich aus dem Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung her.

Bis 2002 konnten nur Frauen, gegen die ein Verbrechen oder Vergehen wider die Sittlichkeit begangen wurde oder die durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses vergewaltigt wurden, ein Schmerzensgeld verlangen (§ 847 Abs. 2 BGB a. F.). Durch das 2. Schadensrechtsänderungsgesetz wurde dies geändert.

Schweiz

Artikel 190 Abs. 1 StGB (gleichlautend Art. 154 Abs. 1 MStG) lautet: „Wer eine Person weiblichen Geschlechts zur Duldung des Beischlafs nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.“

Als Vergewaltigung gilt also ausschließlich die vaginale Penetration. Alle anderen sexuellen Übergriffe sind sexuelle Nötigungen nach Artikel 189. Insbesondere ist auch die erzwungene anale Penetration nach dem Schweizer Strafrecht keine Vergewaltigung, sondern eine sexuelle Nötigung. Diese Sonderstellung des vaginalen Verkehrs hat historische Wurzeln. In der heutigen Praxis ist sie irrelevant, da sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit der gleichen Maximalstrafe bedroht sind. Lediglich die Minimalstrafe ist bei der sexuellen Nötigung geringer (Geldstrafe ohne explizite Untergrenze), weil auch weniger gravierende Übergriffe (erzwungener Kuss, Begrapschen) als sexuelle Nötigungen gewertet werden.

Eine notwendige Voraussetzung für den Tatbestand ist die Anwendung von Nötigungsmitteln. Das Opfer muss sich also für den Täter erkennbar wehren und der Täter muss diesen Widerstand überwinden. Dabei dürfen aber an das Ausmaß des Widerstands keine zu großen Anforderungen gestellt werden. Während früher nur körperliche Gewalt als Nötigungsmittel galt, anerkennt der aktuelle Gesetzestext ausdrücklich auch den psychischen Druck. Schwieriger zu beurteilen sind Fälle, in denen ein Opfer, aufgrund der Aussichtslosigkeit der Situation, auf Widerstand verzichtet. Der Täter muss auf jeden Fall erkennen können, dass die sexuellen Handlungen gegen den Willen des Opfers stattfinden. Falls das Opfer von vorneherein zum Widerstand gar nicht fähig ist, scheidet Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung aus, in diesem Fall kommt nur die Schändung nach Art. 191 in Frage, welche ebenfalls mit der gleichen Maximalstrafe bedroht ist.

Bis 1992 war die Vergewaltigung auf den erzwungenen Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe beschränkt, eine Vergewaltigung in der Ehe gab es schon rein begrifflich nicht. Zwischen 1992 und 2004 war die Vergewaltigung in der Ehe ein Antragsdelikt. Seit 2004 ist auch die Vergewaltigung unter Ehepartnern ein Offizialdelikt.

Die Frage, ob die Vergewaltigung in der Ehe eine Antrags- oder ein Offizialdelikt sein soll, wurde und wird kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite steht die Überzeugung, dass es dem Schutz der Ehe dient, wenn den Ehepartnern die Möglichkeit des Verzeihens offen gehalten wird. Auf der anderen Seite steht die Überzeugung, dass Gewaltdelikte nie eine Privatsache sind. Außerdem zeigte die Erfahrung, dass viele Frauen ihren Strafantrag wieder zurückzogen, wobei oft der Verdacht bestand, dass dieser Rückzug unter Druck erfolgt war.

Österreich

In Österreich ist die Vergewaltigung im § 201 StGB unter Strafe gestellt. Der Tatbestand erfasst die Nötigung zum Beischlaf oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, wenn die Nötigung mit Gewalt, durch Entziehung der persönlichen Freiheit oder durch Drohung mit der gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben vorgenommen wird. Die Strafdrohung für das Strafdelikt ist mindestens sechs Monate und maximal zehn Jahre.

Sollte die Straftat eine schwere Körperverletzung, eine Schwangerschaft oder für die vergewaltigte Person längere Zeit hindurch einen qualvollen Zustand zur Folge haben, erhöht sich der Strafrahmen auf fünf bis zu fünfzehn Jahren. Hat die Vergewaltigung den Tod des Opfers zur Folge, ist der Täter mit einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.

Bis Ende April 2004 war die Vergewaltigung in der Ehe in Österreich oder einer außerehelichen Lebensgemeinschaft in bestimmten Fällen nur auf Antrag des Opfers zu verfolgen. Seither ist § 203 StGB Begehung in Ehe oder Lebensgemeinschaft aufgehoben, sodass jegliche Vergewaltigung uneingeschränkt von den Sicherheitsbehörden als Offizialdelikt verfolgbar ist.

Neben dem Straftatbestand der Vergewaltigung gibt es ergänzend den § 202 StGB Geschlechtliche Nötigung. Er kommt nur zur Anwendung, sofern der Täter nicht bereits nach § 201 StGB zu bestrafen ist. Das Delikt erfasst Nötigungen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung. Der § 202 StGB geht wesentlich weiter als der Tatbestand der Vergewaltigung, da aufgrund der Formulierung geschlechtliche Handlung wesentlich mehr Handlungen erfasst werden. Der Strafrahmen beträgt bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug und enthält die gleichen straferhöhenden Qualifikationen wie der Tatbestand des § 201 StGB.

USA

In den USA ist das Strafrecht eine Angelegenheit der Bundesstaaten. Es unterscheidet sich von Bundesstaat zu Bundesstaat.

Saudi-Arabien

In Saudi-Arabien ist die Vergewaltigung eine schwere Straftat und kann mit der Todesstrafe geahndet werden. Die Todesstrafe wegen Vergewaltigung wurde von 1980 bis Mai 2008 163 Mal verhängt.[4] Täter, die zur Zeit der Vergewaltigung verheiratet sind, werden laut Gesetz hingerichtet; Täter, die zur Tatzeit ledig sind, werden mit einem oder mehreren Jahren Haft und 100 Peitschenhieben bestraft.[5] Bei einer Vergewaltigung mit mehreren Tätern werden nicht selten alle Täter hingerichtet, egal, ob sie aktiv beteiligt waren oder nicht.[6] Auch Jugendliche können wegen einer Vergewaltigung hingerichtet werden.[7] Frauen ist es erlaubt, sich gegen einen Mann, der sie vergewaltigen will, auch unter Einsatz von Waffen zu verteidigen.[8] Das Vergewaltigungsopfer kann mit Haft oder Peitschenhieben bestraft werden, wenn es jemanden zu Unrecht einer Vergewaltigung bezichtigt oder aktiv zur Entstehung der "Situation" beiträgt, indem es sich etwa mit fremden Männern trifft oder eine uneheliche Beziehung führt, die letztlich in die Vergewaltigung mündet. So wurde Ende 2007 ein Vergewaltigungsopfer zu 90 Peitschenhieben verurteilt, weil es sich mit seinen Vergewaltigern vor der Tat mehrmals getroffen und uneheliche Beziehungen mit diesen unterhalten hatte. Das Opfer wurde später von König Abdullah begnadigt. Die Täter wurden zu Haftstrafen verurteilt. Der aus der schiitischen Stadt Qatif gemeldete Fall wurde in der Folge für antischiitische Propaganda instrumentalisiert.[9][10]

Israel

Als „Vergewaltigung“ gilt in Israel auch einvernehmlicher Geschlechtsverkehr, wenn der Mann eine falsche Identität angibt. Ein Palästinenser wurde zu neun[11] Monaten Haft verurteilt, weil er sich als alleinstehender Jude auf der Suche nach einer festen Beziehung ausgegeben hatte. Die Frau ging eine sexuelle Beziehung mit ihm ein. Als sie von seiner wahren Identität erfuhr, zeigte sie ihn aber an.[12]

Schweden

Im Strafgesetzbuch Schwedens, Brottsbalk in der Landessprache, behandelt das Kapitel 6 Sexualverbrechen. Paragraf 1 behandelt die Vergewaltigung (våldtäkt), Paragraf 2 den Sexuellen Zwang (olaga tvång) und Paragraf 10 die sexuelle Nötigung (sexuellt ofredande).[13][14]

§ 1 sagt sinngemäß: Sexuelle körperliche Handlungen, die Geschlechtsverkehr gleichen, die durch Misshandlung oder sonstwie mit Gewalt oder durch Androhung von Verbrechen erzwungen oder an Personen vollzogen werden, die wegen Bewusstlosigkeit, Schlag, Drogen, Krankheit, körperlicher oder geistiger Störung in einem hilflosen Zustand sind, werden mit zwei bis sechs Jahren Haft bestraft, in minderschweren Fällen bis vier Jahre, in besonders schweren Fällen (z. B. mehrere Personen, besonders brutal) mit vier bis zehn Jahren Haft.[14]

§ 2 sagt sinngemäß: Wer durch gesetzeswidrigen Zwang (Nötigung, Erpressung), der nicht in § 1 enthalten ist, eine Person dazu bringt, eine sexuelle Handlung durchzuführen oder zu erdulden, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, in schweren Fällen mit Haft zwischen sechs Monaten und sechs Jahren.[14]

§ 10 sagt sinngemäß: Wer sich vor einem anderen so entblößt, dass dies Unbehagen erzeugt oder sonstwie durch Worte oder Handeln einen Menschen so belästigt, dass dies die sexuelle Integrität dieses Menschen verletzt, wird mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Haft bestraft.[14]

Wie streng die schwedischen Gesetze sind, wurde im Herbst 2010 weltweit bekannt, als gegen Julian Assange (politischer Aktivist, Journalist und ein Sprecher von WikiLeaks) ein schwedischer Haftbefehl ausgesprochen wurde (Näheres hier), woraufhin er in Großbritannien verhaftet wurde.

Folgen für die Opfer

Vergewaltigung bedeutet eine Verletzung der Autonomie, des Selbstbestimmungsrechts und damit der psychischen Integrität. Man unterscheidet zwischen physischen und psychischen Folgen einer Vergewaltigung.

Physische Folgen einer Vergewaltigung können vaginale und rektale Blutungen, Hämatome und Harnröhreninfektionen sein. Eine mittels lediglich angedrohter Gewalt erzwungene sexuelle Handlung kann jedoch auch ohne hinterher sichtbare physische Spuren geschehen. Häufig treten bei den betroffenen Personen zudem psychosomatische Beschwerden auf (z. B. anhaltende Unterleibsschmerzen). In den meisten Fällen bestehen die Gefahren einer Ansteckung durch Geschlechtskrankheiten und ungewollter Schwangerschaft. In wenigen Fällen endet eine Vergewaltigung in Verbindung mit massiver Gewalteinwirkung mit dem Tod des Opfers.

Nach einer repräsentativen Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004 reichten die Verletzungsfolgen von Prellungen (73 %), vaginalen Verletzungen (32,7 %), anderen inneren Verletzungen (5,4 %), Knochenbrüchen (2,3 %) bis zu Fehlgeburten (3,5 %).[15]

Die psychische Schädigung des Opfers hält oft lange an. Viele empfinden während der Tat Todesangst, die meisten befinden sich bei und unmittelbar nach der Tat in einem Schockzustand. An Spätfolgen kann bei Betroffenen eine posttraumatische Belastungsstörung auftreten.

Als Symptome wurden beschrieben:

Die Schwere der Reaktionen ist sehr unterschiedlich. Sie hängt unter anderem von den bei der Tat eingesetzten Gewaltmitteln, von dem sozialen Umfeld des Opfers und dessen Umgang mit der Vergewaltigung, von früheren Gewalterlebnissen und vom Alter des Opfers ab. Einige Opfer finden auch ohne spezielle Betreuung zu einem normalen Leben zurück (siehe auch Resilienz), anderen gelingt es nur langfristig und nur durch eine Psychotherapie, die Vergewaltigung zu verarbeiten.

Kriminologische Betrachtung

Entgegen der weit verbreiteten Wahrnehmung finden die meisten Vergewaltigungen im Bekannten- oder Verwandtenkreis statt. Eine Vergewaltigung durch einen völlig Fremden („der Mann hinter dem Baum“) kommt äußerst selten vor. So kannten z. B. nach einer US-amerikanischen Studie von 2004 lediglich in zwei Prozent aller Fälle Opfer und Täter einander vor der Tat nicht.[16] Wenn man davon ausgeht, dass Vergewaltigungen durch Familienmitglieder, Lebenspartner oder nahe Freunde oft nicht angezeigt werden, so dürfte der tatsächliche Anteil von Vergewaltigungen durch völlig Fremde sogar noch geringer sein. Gemäß derselben Studie spielten in rund 2/3 aller Fälle Alkohol oder andere Drogen eine Rolle.

Ein Zusammenhang zwischen der Kleidung und dem Auftreten einer Person und ihrem relativen Risiko, vergewaltigt zu werden, konnte bisher statistisch nicht nachgewiesen werden.

Die Beweislage bei Vergewaltigungen ist schwierig, meist steht Aussage gegen Aussage.[17]

Häufigkeit von Vergewaltigungen

Genaue Zahlen sind aufgrund einer hohen Dunkelziffer nicht bekannt. Eine Bevölkerungsbefragung in Deutschland zeigte, dass 14,5 Prozent aller Frauen mindestens einmal im Leben Opfer eines sexuellen Übergriffes werden.[18] Repräsentative Studien in den USA fanden, dass 15 bis 25 Prozent aller Frauen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal vergewaltigt werden.[19][20] Es wird angenommen, dass die Mehrzahl der Gewaltverbrechen Kinder und Jugendliche trifft. So schlussfolgert man etwa aus Befragungen, dass zehn bis 15 Prozent aller Frauen und zwischen fünf und zehn Prozent aller Männer bis zum Alter von 14 oder 16 Jahren „mindestens einmal einen sexuellen Kontakt erlebt haben, der unerwünscht war oder durch die 'moralische' Übermacht einer deutlich älteren Person oder durch Gewalt erzwungen wurde“[21], der also den Tatbestand einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung erfüllt.

Es wird angenommen, dass die Dunkelziffer von Vergewaltigungen zwei- bis hundertfach so hoch wie die Zahl der polizeilichen Meldungen ist.[22][23] Viele Opfer erstatten keine Anzeige. Als Ursache dafür werden Schamgefühle und die Angst des Opfers vor einem Wiedererleben des Traumas oder der Rache des Täters genannt, die Angst, dass ihnen nicht geglaubt wird, sowie die Nähe des familiären Umfelds, aus dem die Täter oft stammen.[24][25]

Anzeigebereitschaft

Die Bereitschaft von Opfern, die Tat anzuzeigen, ist Umfragen zufolge gering. Vergewaltigung gehört zu den Straftaten, deren Häufigkeit unterschätzt wird. Die Vergewaltigung hat weltweit eine der niedrigsten Verurteilungsraten von allen Verbrechen. Vergewaltigte Frauen zeigen die Tat bei der Polizei oft nicht an, da sie als Vergewaltigungsopfer sozial gebrandmarkt werden. Im Strafverfahren haben sie die Hauptbürde zu tragen. Weitere Ursachen können angenommene Beweisprobleme, geringer gesellschaftlicher Status der vergewaltigten Person, fehlende soziale Unterstützung und die Angst vor der Belastung des Verfahrens sein.[25] In den USA bleiben Zweidrittel bis Dreiviertel aller Vergewaltigungen im Dunkelfeld. Die Justiz-Lücke (justice gap) ist groß: Von den angezeigten Vergewaltigungen kommen nur 8 Prozent zur Anklage, 3 Prozent der Täter kommen vor Gericht und 2 Prozent erhalten eine Freiheitsstrafe.[26] Die Anzeigebereitschaft sinkt mit dem Anstieg des Bekanntheitsgrades zwischen Tätern und Opfern.[25]

Die Initiative Ichhabnichtangezeigt bietet eine Fülle von Erklärungen warum es nicht zu Anzeigen bei der Polizei kommt.

Polizeiliche Kriminalstatistik (Deutschland)
Jahr Vergewaltigung,
schwere
sexuelle
Nötigung
Straftaten
gegen
sexuelle
Selbstbestimmung
Quelle
2007 7.511 [27]
2009 7.314 49.084 [28]
2010 7.724 46.869 [29]

Deutschland

Laut deutscher Polizeistatistik wurden 2010 in Deutschland 46.869 Fälle von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gemeldet, davon 7.724 Fälle von Vergewaltigung oder schwerer sexueller Nötigung. Die Aufklärungsquote lag bei rund 82 Prozent, wie auch in den Jahren zuvor.[29]

Schweiz

In der Schweiz werden jährlich lediglich rund 600 Vergewaltigungen angezeigt. Auf etwa 20 Prozent der Fälle folgt ein Schuldspruch.[17]

Schweden

Auf 100.000 Einwohner kommen in Schweden pro Jahr 46,5 bei der Polizei angezeigte Vergewaltigungen.[30] Dies ist die höchste Quote in Europa und etwa vier Mal so hoch wie in Deutschland. Die europaweit vergleichende Studie von Jo Lovett und Liz Kelly benennt als mögliche Gründe hierfür u. a. einen weiter gefassten Vergewaltigungsbegriff sowie eine aktivere Stellung der betroffenen Personen im Prozess. So besitzen sie als Verfahrensbeteiligte das Recht, eigene Anträge zu formulieren, und haben nicht, wie z. B. in Deutschland, lediglich die Rolle eines Zeugen inne. Bezüglich der weiteren Begleitumstände zeigte die Studie, dass die Opfer vergleichsweise deutlich mehr Alkohol und seltener andere Drogen konsumiert hatten und die Täter im Vergleich zu Tätern in anderen Ländern deutlich weniger alkoholisiert waren. Die Vergewaltigungen fanden häufiger in privaten Örtlichkeiten, Autos und auf öffentlichen Plätzen statt als im Umfeld von Clubs oder Discos. Täter waren zu 24 Prozent Partner und Ex-Partner und zu etwa 20 Prozent Fremde. In 10 Prozent der Fällen kommt es zu einer Anklage vor Gericht.[30] Sechs Prozent der angezeigten Vergewaltigungen sind Vergewaltigungen in der Ehe.[31]

Japan

Japan hat die niedrigste Anzahl Vergewaltigungsfälle und die höchsten Aufklärungsraten in allen westlichen Ländern.[32] Im Jahr 2002 gab es nach Angaben der UN in Japan 2357 Vergewaltigungsfälle, was einer Rate von 1,85 pro 100.000 Einwohner entspricht; zum Vergleich beträgt diese Rate in Deutschland 10,44, sowie in den USA gar 32,99.[33]

Japan hat eine lange Tradition des offenen Umgangs mit Sexualität und auch Vergewaltigungen sind ein häufiges Thema in der japanischen Pornografie.

Falschbeschuldigungen und -verdächtigungen

Eine Studie zu Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Falschbeschuldigung in Bayern gibt mit Verweis auf die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2000 einen Anteil von 7,4 Prozent an falschen Vergewaltigungsverdächtigungen an (140 von insgesamt 1894 Vorgängen). Da viele Sexualdelikte nicht angezeigt werden, schätzt die Dunkelfeldforschung die Relation zwischen angezeigten bzw. nicht angezeigten Fällen auf 1:3 bis 1:10 ein. Demnach kämen auf eine Anzeige wegen Vortäuschung oder falscher Verdächtigung etwa 38 bis 125 tatsächlich vorgefallene Vergewaltigungen oder sexuelle Nötigungen. Die Studie des Bayerischen LKA untersuchte außerdem das Anzeigeverhalten durch eine Internetbefragung von 77 Beamtinnen und Beamten, die im Jahr 2000 von der Staatsanwaltschaft eingestellte Fälle mit einem bekannten Tatverdächtigen bearbeitet hatten. Die Fälle wurden wegen fehlender Beweisunterlagen wie „Aussage gegen Aussage“, „keine oder widersprüchliche Aussage des Opfers“, „Tatbestand nicht erfüllt“ nicht weiter verfolgt. Diese Sachbearbeiter schätzten, dass etwa ein Drittel aller Fälle auf Vortäuschungen oder falsche Verdächtigungen zurückgehe. Hier handelt es sich allerdings um persönliche Einschätzungen einer obendrein vergleichsweise kleinen Stichprobe von 77 Ermittlerinnen und Ermittlern in einer Internetumfrage, die zudem sehr divergieren – und vor allem Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Einstellungen der Ermittler erlaubt.[34]

Eine Studie aus dem Jahr 2010 wertete den Verlauf von 100 Strafanzeigen wegen Vergewaltigung im Raum Stuttgart aus. Die Untersuchung stützt sich jedoch nicht auf die Einstellungen der Beamten, sondern wertet den Verfahrensverlauf nach einem eigenständigen Set von Kriterien aus. Das knappe Ergebnis lautet, dass während der Ermittlungen bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens drei Prozent Falschanschuldigungen festgestellt wurden.[35] In Europa schwankte der Wert zwischen einem und neun Prozent mit einem Mittel von rund sechs Prozent." [36][37]

Vergewaltigungen im Krieg

La vuelta del malón („Die Rückkehr der Plünderer”) von Ángel Della Valle (1892).

In Konfliktfällen wie Kriegen oder Bürgerkriegen oder bei so genannten ethnischen Säuberungen sind weltweit häufig massenweise und systematische (vgl. Sexismus, Androkratie sowie Geschlechterordnung) Vergewaltigungen der Frauen von Kriegsgegnern zu konstatieren. Beispiele für solche Kriegsverbrechen von Männern sind Zwangsprostitution in Wehrmachtsbordellen[38], Lagerbordellen[39][40] und japanischen Kriegsbordellen, die Vergewaltigungen von Nanking 1937 durch japanische Besatzungssoldaten, die Gewalttaten deutscher Soldaten in den eroberten Gebieten oder auch die 1,9 Millionen[41] Vergewaltigungen in den eroberten Ostgebieten und in Deutschland durch Angehörige der Roten Armee am Ende des Zweiten Weltkrieges. Beispiele in jüngerer Zeit sind die Jugoslawienkriege, der zweite Kongokrieg, der dritte Kongokrieg[42] und der Konflikt in Darfur, in dem die Dschandschawid systematische Vergewaltigungen begehen.[43][44]

Mit dem Akayesu-Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda wurden 1998 Vergewaltigung und sexuelle Gewalt als Völkermordhandlungen definiert, wenn sie mit der Absicht erfolgen, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ganz oder teilweise zu zerstören. Im Februar 2001 fällte der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag ein historisches Urteil, als erstmals Vergewaltigung im Zusammenhang mit kriegerischen Aktionen als schwerer Verstoß gegen die Genfer Konventionen verurteilt und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft wurde (siehe Foča-Fall). Im Juni 2008 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 1820, nach der sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten nun als Straftatbestand gilt. Der Rat weist darauf hin, dass „Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt als Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit oder als Bestandteil von Völkermord geahndet werden können“.[45]

Vergewaltigung als Kriegswaffe

Im Juni 2008 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1820, die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen als Kriegswaffe einstuft.[46][47]

Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt werden in vielen Ländern als Kriegstaktik eingesetzt, wie in Afghanistan, Zentralafrika, Tschad, Kongo und Sudan. Viele der Opfer – meist junge Mädchen – können aufgrund von Verletzungen, Unsicherheit und Angst keine Schule mehr besuchen.[48] Studien aus Ruanda gehen davon aus, dass zwischen 250.000 und 500.000 Frauen und Mädchen während des Völkermords 1994 Opfer sexualisierter Gewalt wurden. Besonders dramatisch stellte sich die Lage im Kongo dar. Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen ereigneten sich 75 Prozent aller Vergewaltigungen, die die Organisation weltweit behandelte, im Kongo. Viele Frauen werden nach ihrer Vergewaltigung von ihren Familien verstoßen, gleiches gilt für die gezeugten Kinder.[49]

Die UN Resolution 1888 vom 30. September 2009 stellte fest, dass bis dahin nur wenige der Täter sexueller Gewalt vor Gericht gestellt worden sind.[50]

Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt wurden in Ländern wie Chile, Griechenland, Kroatien, Iran, Kuwait, Kongo, Uganda, der ehemaligen Sowjetunion und dem ehemaligen Jugoslawien als Mittel von Kriegen oder politischer Aggression von Männern auch gegen Männer eingesetzt.[51]

Während des Bürgerkriegs in Sierra Leone 1991 bis 2002 wurden bei Überfällen auf Dörfer durch die Revolutionary United Front (RUF) regelmäßig Mädchen und junge Frauen oft öffentlich vergewaltigt und anschließend zwangsrekrutiert. „Weibliche Familienangehörige angeblicher Feinde wurden bevorzugt malträtiert. Durch die öffentlichen (Massen)Vergewaltigungen griffen die Täter das maskuline Selbstbild der jeweiligen männlichen Familienangehörigen an, die in ihrer Wehrlosigkeit als Versager verhöhnt wurden. RUF-Kämpfer vergewaltigten auch Männer, um sie zu entmännlichen. Ebenso wurden sie gelegentlich von RUF-Kombattantinnen sexuell misshandelt. So war sexualisierte Gewalt eine verbreitete Kriegstaktik, um den familiären und sozialen Zusammenhalt der jeweiligen Feinde langfristig zu brechen.”[52]

Vergewaltigung in der Armee

In den USA ergab eine Untersuchung, dass Vergewaltigungen in der Armee zunehmen, seit Frauen Soldatinnen werden können. Zum Beispiel wurden in der Luftwaffen-Akadamie 20 Prozent der Soldatinnen vergewaltigt. Die überwiegende Mehrheit (80 Prozent) zeigte die Vergewaltigung nicht an. Denn Soldatinnen, die eine Vergewaltigung melden, werden eingeschüchtert und bestraft.[53]

Vergewaltigung als Folter

Vergewaltigungen und alle Formen von sexueller Gewalt wurden und werden auch als Foltermethode eingesetzt. Berichte über sexuelle Gewalt als Mittel der Folter finden sich in Bezug auf Argentinien und Chile in den 1970er und 80er Jahren; es liegen auch Berichte u.a. aus dem ehemaligen Jugoslawien, Bangladesh, Tschad, Kenia, der Türkei, China, Ruanda und Südafrika vor.[54]

In der Rechtsprechung internationaler Gerichtshöfe wurde sexuelle Gewalt und Vergewaltigung als Form der Folter erstmals vom Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) aufgenommen und weiterentwickelt. Der ICTY erkannte in seinem am 16. November 1998 ergangenen Urteil zu systematischen Vergewaltigungen bosnischer Musliminnen im Gefangenenlager Celibici die Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen Frauen ausdrücklich als Formen der Folter an, die den schweren Verletzungen des Artikels 147 der IV. Genfer Konvention entsprechen.[55]

Siehe auch: Folter in Chile

Gruppenvergewaltigung (engl. gang rape)

Hier werden in der Regel eine oder mehrere Frauen von einer Gruppe von Männern vergewaltigt. Bei den Tätern handelt es sich meist um Jugendliche oder junge Erwachsene im Alter von 16 bis 21 Jahren. Das Opfer erfährt ein hohes Maß an Instrumentalisierung, die gegenseitige Demonstration von Männlichkeit innerhalb einer Gruppe spielt eine große Rolle.[56][57] Ebenfalls wichtig sind die Gruppendynamik sowie spezifische Wert- und Normvorstellungen, die Männlichkeit, Macht, Gewalt und Aggressivität enthalten.[58]

Gruppenvergewaltigungen finden häufiger im Rahmen von militärischen Auseinandersetzungen statt.[59] In Deutschland gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu Gruppenvergewaltigungen.

Vergewaltigung von Mädchen und von Frauen

Einer auf die Jahre 1993–1995 bezogenen Bevölkerungsumfrage des Justizministeriums der Vereinigten Staaten zufolge waren 91 % der Vergewaltigungsopfer weiblich und 99 % der Täter männlich.[60]

Gemäß einem Bericht des Justizministeriums der Vereinigten Staaten wurden 94 % der von 1991–1996 angezeigten Vergewaltigungen an Kindern und Jugendlichen von männlichen Tätern verübt. 82 % der Opfer sind weiblich, wobei der relative Anteil der weiblichen Opfer und der Anteil der männlichen Täter mit dem Alter der Opfer ansteigt.[61]

Eine repräsentative Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004 kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland jede siebte Frau in ihrem Erwachsenenleben mindestens einmal vergewaltigt wurde. Davon sind 56 Prozent mehrmals Opfer sexueller Gewalt geworden, wobei sich die Spanne der Situationen von 2 bis hin zu über 40 Situationen erstreckte. Sexuelle Gewalt gegen Frauen wird fast ausschließlich (99 Prozent) durch erwachsene männliche Täter verübt. In knapp 1 Prozent der Fälle war eine Frau an der Tat mitbeteiligt. Die Täter kommen überwiegend aus dem näheren Umfeld der Frauen, nur knapp 15 Prozent waren Unbekannte. Am häufigsten wurden Ex-Partner als Täter genannt. Versuche körperlicher Gegenwehr oder auch Hilferufe und die Flucht aus der Situation waren eher erfolgreich, wenn der Täter ein Unbekannter war.[15]

Vergewaltigung von Jungen und von Männern

Eine Metaanalyse von insgesamt 120 Studien kam zu dem Ergebnis, dass weltweit etwa 3 Prozent der Männer im Laufe ihres Lebens als Kinder oder Erwachsene vergewaltigt wurden (im Unterschied dazu 13 Prozent der Frauen).[51] In den meisten Fällen sind die Täter andere Männer. Es gibt jedoch auch sexuelle Übergriffe von Frauen gegenüber Jungen und Männern.[62] Vergewaltigte Jungen und Männer können die Opfer-Erfahrung wegen des in der Gesellschaft vorherrschenden Männlichkeitsbilds nur schwer mit ihrer männlichen Identität vereinen. Sie stehen daher unter dem Druck, die erlittene Gewalt vor sich und anderen zu verbergen.[63]

Eine südafrikanische Studie über sexuelle Gewalt hat eine Viertelmillion befragter Kinder und Jugendlicher im Alter von 10 bis 19 Jahren als Datenbasis. Von den 18-jährigen jungen Männern wurden 44 % schon einmal vergewaltigt, davon 41 % von Frauen, 32 % von Männern und 27 % von Tätern beiderlei Geschlechts.[64]

Vergewaltigung in Strafanstalten dienen der Errichtung einer "zwischenmännlichen Dominationshierarchie". Opfer sind meist jüngere, kleinere, schwächere und in Strafanstalten weniger erfahrene Männer. Sie werden symbolisch in „Frauen” verwandelt. Viele unterwerfen sich in einer festen Beziehung einem stärkeren Mann, um Schutz vor Gruppenvergewaltigungen zu erhalten. In Jugendstrafanstalten ist die Rate der Vergewaltigungen höher als in Erwachsenengefängnissen. Sexuelle Angriffe sind die Hauptursache von Selbstmorden.[53][51]

Siehe auch

Literatur

  • Susan J. Brison: Vergewaltigt. Beck, 2004, ISBN 3-406-52199-1.
  • Susan Brownmiller: Gegen unseren Willen. Vergewaltigung und Männerherrschaft. Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-596-23712-2.
  • Daniel Gerber: Fünfzehn Dollar für ein Leben. Brunnen, Basel 2005, ISBN 3-7655-3843-4.
  • Luise Greuel: Polizeiliche Vernehmung vergewaltigter Frauen. Weinheim 1993
  • Susanne Heynen: Vergewaltigt – die Bedeutung subjektiver Theorien für Bewältigungsprozesse nach einer Vergewaltigung. Weinheim 2000
  • Peter M. Leuenberger: Vergewaltigungsmythen in der Literatur von 1980–2000 zum Thema Vergewaltigung. Solothurn 2003
  • Regina Mühlhäuser: Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion 1941–1945. Hamburger Edition, Hamburg 2010, ISBN 978-3-86854-220-2.
  • Craig T. Palmer, Randy Thornhill: A Natural History of Rape: Biological bases of sexual coercion. MIT Print, Cambridge (Massachusetts) 2000, ISBN 0-262-20125-9.
  • Brigitte Schliermann: Vergewaltigung vor Gericht. Hamburg 1993, ISBN 3-89458-123-9.
  • Susanne Balthasar: Die Tatbestände der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung. Eine rechtsvergleichende Betrachtung des deutschen und österreichischen Rechts mit Schwerpunkt im 20. Jahrhundert. Linz 2001, ISBN 3-85487-251-8.
  • re.ACTion: Antisexismus_reloaded. Zum Umgang mit sexualisierter Gewalt – ein Handbuch für die antisexistische Praxis. Münster 2007, ISBN 978-3-89771-301-7.
  • Katja Goedelt: Vergewaltigung und sexuelle Nötigung. Untersuchung der Strafverfahrenswirklichkeit. Göttinger Studien zu den Kriminalwissenschaften - Band 8, Göttinger Universitätsverlag, Göttingen 2010, ISBN 978-3-941875-28-9 (online-version).
Wiktionary: Vergewaltigung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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Einzelnachweise

  1. Duden Recht A-Z. Fachlexikon für Studium, Ausbildung und Beruf. 1. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus 2007. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2007.
  2. Zum Beispiel: Spiegel Online: Iran will Vergewaltigungsopfer hinrichten. vom 14. Januar 2006; Human Rights Watch: Saudi Arabia. Rape Victim Punished for Speaking Out. Court Doubles Sentence for Victim, Bans Her Lawyer From the Case. vom 17. November 2007
  3. http://www.zeit.de/1997/21/ehe.txt.19970516.xml
  4. todesstrafe.de Deliktetabelle für das Königreich Saudi-Arabien
  5. Isl-QA: Jurisprudence and Islamic Rulings: 72238
  6. Fünf Saudis wegen Mord und Vergewaltigung eines Kindes enthauptet. derwesten.de, 31. Oktober 2007, archiviert vom Original am 1. Dezember 2008; abgerufen im Jahr 2007.
  7. Netzzeitung
  8. Isl-QA_Jurisprudence and Islamic Rulings > Felonies
  9. Saudi rape victim's husband blames judge for punishment. cnn.com
  10. New York Times
  11. Joanna Paraszczuk: Court cuts Arab-Israeli rape-by-deception sentence. The Jerusalem Post, 27. Januar 2012, abgerufen am 24. August 2012 (englisch).
  12. Haaretz: Jurists say Arab's rape conviction sets dangerous precedent, 21. Juli 2010
  13. Brottsbalk Kapitel 6
  14. a b c d Belles Lettres Sprachmagazin
  15. a b Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Repräsentative Studie im Auftrag des Bundesfamilienminsteriums 2004, S. 79.
  16. A. Abbey, R. BeShears, A. M. Clinton-Sherrod, P. McAuslan: Similarities and differences in women's sexual assault experiences based on tactics used by the perpetrator. In: Psychology of Women Quarterly. Band 28, 2004, S. 323-332.
  17. a b Christine Brand: Delikt unter vier Augen. Neue Zürcher Zeitung;
  18. P. Wetzels, C. Pfeiffer: Sexualisierte Gewalt gegen Frauen im öffentlichen und privaten Raum. In: Materialien zur Frauenpolitik. Band 48. BMFSFJ, Bonn 1995
  19. D. G. Kilpatrick, C. L. Best: Sexual assault victims: data from a random national probability sample. 36th Annual Meeting of the Southeastern Psychological Association, Atlanta (Georgia) 1990
  20. Petra Hildenbrandt: Psychische und psychosomatische Folgen sexualisierter Gewalt und damit zusammenhängende Mängel in der gesundheitlichen Versorgung.
  21. Dirk Bange: Ausmaß. In: Dirk Bange, Wilhelm Körner (Hrsg.): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch. Göttingen 2002, S. 20–25.
  22. H. J. Schneider: Kriminologie der Gewalt. Hirzel Verlag, Stuttgart/Leipzig 1994
  23. H. Feldmann: Vergewaltigung und ihre psychischen Folgen. In: Forum der Psychiatrie. Band 33. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1992.
  24. D. Finkelhor, K. Yllo: Vergewaltigung in der Ehe: Eine soziologische Perspektive. In: J. Heinrichs (Hrsg.): Vergewaltigung – die Opfer und die Täter. Gerd J. Holtzmeyer Verlag, Braunschweig 1986, S. 65-75.
  25. a b c Susanne Heynen: Vergewaltigung. In: Dirk Bange, Wilhelm Körner (Hrsg.): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch. Göttingen 2002, S. 697-705.
  26. Hans Joachim Schneider: Vergewaltigung, in: ders. (Hrsg.): Internationales Handbuch der Kriminologie, Volume 2. De Gruyter Rechtswissenschaften, 2009, ISBN 978-3899491319 Kapitel S. 813f., einsehbar bei Google Books
  27. Bundeskriminalamt (2007): Polizeiliche Kriminalstatistik 2007 – Bundesrepublik Deutschland. bka.de
  28. Bundeskriminalamt (2009): Polizeiliche Kriminalstatistik 2009 – Bundesrepublik Deutschland. bka.de
  29. a b PKS 2010 - IMK-Kurzbericht, Polizeiliche Kriminalstatistik 2010, S. 23, 37. Abgerufen am 27. Mai 2011.
  30. a b Jo Lovett, Liz Kelly: Different systems, similar outcomes? Tracking attrition in reported rape cases across Europe. (PDF, 4 MB) In: Child and Women Abuse Studies Unit, London. London Metropolitan University, 2009, abgerufen am 17. November 2011 (ISBN 978-0-9544803-9-4).
  31. Jörg Rudolph: Vergewaltigung in der Ehe, Diplomarbeit im Fachbereich Sozialarbeit der Fachhochschule Frankfurt am Main, WS 96/97
  32. Pornography, Rape and Sex Crimes in Japan, von Milton Diamond, Ph.D. and Ayako Uchiyama Published: International Journal of Law and Psychiatry 22(1): 1-22. 1999
  33. Eighth United Nations Survey of Crime Trends and Operations of Criminal Justice Systems, covering the period 2001 - 2002. Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, S. 40, abgerufen am 25. März 2012 (englisch).
  34. Erich Elsner, Wiebke Steffen: Vergewaltigung und sexuelle Nötigung in Bayern. 1. Auflage. Bayerisches Landeskriminalamt, München 2005, ISBN 3-924400-16-4.
  35. Corinna Seith, Joanna Lovett und Liz Kelly: Unterschiedliche Systeme, ähnliche Resultate? Strafverfolgung von Vergewaltigung in elf europäischen Ländern. Länderbericht Deutschland, London u.a. 2010, S. 8.
  36. Liz Kelly: The (In)credible Words of Women: False Allegations in European Rape Research. In: Violence Against Women. 16, Nr. 2, 2010, S. 1345–1355, hier S. 135. doi:10.1177/1077801210387748
  37. vergl auch: Ilse Lenz: Der neue Antifeminimus. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Juli 2011.
  38. Christa Paul. Zwangsprostitution: staatlich errichtete Bordelle im Nationalsozialismus (1994). Edition Hentrich.
  39. Die Zeit: Zwangsprostitution im KZ
  40. Süddeutsche Zeitung: Himmlers Zwangsprostituierte, 9. Oktober 2008
  41. Ilko-Sascha Kowalczuk, Stefan Wolle: Roter Stern über Deutschland: Sowjetische Truppen in der DDR. Berlin 2001 S. 35-39, hier S. 38.
  42. Susanne Babila: Im Schatten des Bösen. Der Krieg gegen die Frauen im Kongo. Fernseh-Dokumentation des SWR, in Zusammenarbeit mit Arte, 2007.
  43. Vorlage:Tagesschau
  44. amnesty International: Vergewaltigung als Kriegswaffe in Darfur
  45. Zitiert nach Andreas Zumach: Vergewaltigung jetzt Kriegsverbrechen. Taz vom 21.Juni 2008
  46. UN-Resolutionen. Gunda Werner Institut.
  47. Lindsay Stark und Mike Wessells: Sexual Violence as a Weapon of War. In: The Journal of the American Medical Association. 308, Nr. 7, 2012, S. 677–678. doi:10.1001/jama.2012.9733
  48. UNESCO-Weltbildungsbericht: Bewaffneter Konflikt und Bildung. Bundeszentrale für Politische Bildung, Februar 2011.
  49. Gewalt gegen Frauen. Bundeszentrale für Politische Bildung, November 2011.
  50. Resolution 1888 (2009) vom 30. September 2009.
  51. a b c Lara Stemple: Male Rape and Human Rights. In: Hastings Law Journal. 60, Nr. 1, 2009, S. 605–647.
  52. Rita Schäfer: Kriegerische Männlichkeit. Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 46/2009), Bundeszentrale für Politische Bildung.
  53. a b Hans Joachim Schneider: Vergewaltigung. In: ders. (Hrsg.): Internationales Handbuch der Kriminologie. 2. Band. De Gruyter Rechtswissenschaften, Berlin 2009, ISBN 978-3899491319, S. 823, 834.
  54. Sven-U. Burkhardt: Vergewaltigung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Bremer Forschungen zur Kriminalpolitik Band 4, Lit Verlag, 2005, ISBN 3-8258-7162-2, S. 46, 60, 67.
  55. Daphné Lucas: Die Entwicklung der Rechte der Frauen in bewaffneten Konflikten durch die Rechtsprechung der internationalen Gerichtshöfe. Heinrich Böll Stiftung, Gunda Werner Institut (Hrsg.) 2008, S. 6.
  56. H.-C. Harten: Sexualität, Mißbrauch, Gewalt. Westdeutscher Verlag, Opladen 1995, ISBN 3-531-12717-9.
  57. W. Rasch: Gruppennotzuchtdelikte Jugendlicher und Heranwachsender. In: H. Giese (Hrsg.): Zur Strafrechtsreform. Symposium der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung. Beiträge zur Sexualforschung, Heft 43. Enke Verlag, Stuttgart 1968
  58. A. N. Groth, H. J. Birnbaum: Men who rape. The Psychology of the Offender. Plenum Press, New York 1979
  59. S. Brownmiller: Gegen unseren Willen. Vergewaltigungen und Männerherrschaft. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1978 (Originalausgabe: Simon and Schuster, New York 1975)
  60. Lawrence A. Greenfeld: Sex offenses and offenders: An analysis of data on rape and sexual assault. Bureau of Justice Statistics, Washington, DC, 1997, S. 1f, abgerufen am 29. Juli 2012 (englisch): „Overall, an estimated 91% of the victims of rape and sexual assault were female. Nearly 99% of the offenders they described in single-victim incidents were male.“
  61. Howard N. Snyder: Sexual assault of young children as reported to law enforcement: Victim, incident, and offender characteristics. U. S. Department of Justice, Washington, DC, 2000, Seite 1, 4 und 8
  62. SEXUAL COERCION: Young men's experiences as victims and perpetrators. (PDF) WHO, Juni 2004, abgerufen am 9. November 2011 (engl.).
  63. Ulfert Boehme: Phychodynamik sexuell missbrauchter Männer. In: Dirk Bange, Wilhelm Körner (Hrsg.): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch. Göttingen 2002, S. 475.
  64. Neil Andersson, Ari Ho-Foster: 13,915 reasons for equity in sexual offences legislation: A national school-based survey in South Africa. (PDF, 230kB) International Journal for Equity in Health, 27. Juli 2008, abgerufen am 28. Oktober 2011 (engl.).