Transsexuellengesetz

Das deutsche Transsexuellengesetz (TSG) wurde im Jahre 1980 mit Wirkung ab 1. Januar 1981 unter dem vollen Titel Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG) verabschiedet, um Menschen mit von ihrem körperlichen Geschlecht abweichender Geschlechtsidentität die Möglichkeit zu geben, in der zu ihrer Geschlechtidentität passenden Geschlechtsrolle leben zu können. Es sieht entweder nur die Änderung des Vornamens oder dazu auch die vollständige Anpassung des Geschlechtseintrages im Geburtsregister und der Geburtsurkunde (so genannte Personenstandsänderung) vor.

Das Transsexuellengesetz

Basisdaten
Kurztitel:Transsexuellengesetz (TSG)
Voller Titel:Gesetz über die Änderung der
Vornamen und die Feststellung der
Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen
Typ:Bundesgesetz
Rechtsmaterie:Verwaltungsrecht
Gültigkeitsbereich:Bundesrepublik Deutschland
Abkürzung:TSG
FNA:211-6
Verkündungstag:10. September 1980 (BGBl. I 1980, S. 1654)
Letzte Änderung durch:BVerfGE vom 6. Dezember 2005
(BGBl. I 2006, S. 276)
Inkrafttreten der
letzten Änderung: 1)
30. Januar 2006
1) Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!


In Deutschland, wie in vielen Ländern, deren Recht wenigstens teilweise auf dem Code Napoleon beruht, muss der Vorname geschlechtsspezifisch sein. Die Änderung des Vornamens kann alleine angestrebt werden, die Anpassung des Geschlechtseintrags kann später, falls gewünscht und möglich, durchgeführt werden, oder beides kann in einem einzelnen Verfahren durchgeführt werden.

Für beides sind zwei Gutachten notwendig, welche feststellen

  • dass eine Person sich auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben und
  • mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird.

Die Änderung der Vornamen kann (und wird) rückgängig gemacht, wenn die Person heiratet oder ein Kind bekommt oder zeugt, nachdem die Änderung des Vornamens rechtskräftig wurde. Diese „ordnungsgemäßen“ Betätigungen im ursprünglichen Geschlecht wurden als eindeutiger Hinweis darauf verstanden, dass sich die betreffende Person wieder ihrem ursprünglichen Geschlecht zugehörig fühle; durch die Praxis kann diese Auffassung jedoch nicht bestätigt werden. Das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist daher auch möglich; nicht geklärt ist allerdings, was passiert, wenn ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft die Änderung des Personenstands beantragt.

Um auch den Geschlechtseintrag anzupassen, muss die Person zusätzlich:

  • nicht verheiratet sein,
  • dauernd fortpflanzungsunfähig sein, und
  • sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen haben, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist.

Das TSG ist - mit wenigen, sehr spezifischen Ausnahmen - nur anwendbar auf deutsche Staatsbürger.

Wie in vielen Fällen der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat zunächst der Antragssteller die Kosten des Verfahrens zu tragen; es sei denn, man verdient wenig genug, um Prozesskostenhilfe beantragen zu können. Die Gerichtskosten selber belaufen sich dabei nur um die 60-70 Euro, jedoch die ebenfalls zu zahlenden Gutachten können von 0 Euro bis mehrere tausend Euro reichen; durchschnittlich muss man mit mindestens 600-1200 Euro rechnen.

Gerichtsentscheidungen zum TSG

Dieses Gesetz ist durch Gerichtsentscheidungen inzwischen sehr stark konkretisiert worden. Ursprünglich besagte das Gesetz, dass weder eine Vornamensänderung noch eine Änderung des Geschlechtseintrags möglich sei bei Personen unter 25 Jahren. Diese Einschränkung wurde durch Gerichte jedoch aufgehoben, so dass es kein Mindestalter mehr gibt.

Ebenfalls bestimmte ein Gericht, dass der Zwang zur geschlechtsangleichenden Operation sich jedenfalls nicht auf eine genitalangleichende Operation bei Transmännern erstrecke, weil weder die Operation noch das Ergebnis zumutbar wären. Jedoch gilt ein entsprechender Eingriff bei Transfrauen grundsätzlich als zumutbar und damit zwingend vorgeschrieben für die Anpassung des Geschlechtseintrags.

Andere Gerichtsentscheidungen konkretisieren die Rechte, die sich durch das TSG ergeben. So hat jemand, dessen Vornamen geändert wurde, auch Anspruch darauf, entsprechend dem Vornamen mit „Herr“ oder „Frau“ angesprochen und angeschrieben zu werden (Insbesondere Behörden weigern sich zum Teil bis heute, dies zu tun; eine Steuerkarte jedoch, auf der beispielsweise Frau Alexander R steht, ist bei der Suche nach einer Arbeitsstelle wenig vorteilhaft). Auch „adelige“ Familiennamen, die das Geschlecht anzeigen, müssen nach der Rechtsprechung bei der Vornamensänderung angepasst werden (also z.B. „Karin Gräfin von Zottelberg“ statt „Karin Graf von Zottelberg“).

Auch müssen Zeugnisse, auch Arbeitszeugnisse, nach einer Vornamensänderung neu ausgestellt werden, auf den neuen Namen, so dass man bei einer Bewerbung nicht gezwungen ist, die Tatsache, dass man transsexuell (oder transgender) ist, preiszugeben. Tatsächlich brauchen auch Menschen, welche nur die Vornamensänderung haben, ihren Geschlechtseintrag bei einem Arbeitsplatzwechsel nicht anzugeben, auch dann nicht, wenn das Geschlecht bedeutsam für die Arbeit ist, also zum Beispiel als Arzthelferin in einer gynäkolgischen Praxis.

Die Eingehung einer Ehe hatte für einen nicht operierten Transsexuellen unmittelbar den Verlust des gewählten Vornamens zur Folge. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu am 6. Dezember 2005 beschlossen (Pressemitteilung und Beschluss), Transsexuellen müsse die Möglichkeit einer rechtlich gesicherten Beziehung ohne den automatischen Verlust des geänderten Vornamens ermöglicht werden. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die Homosexualität von Transsexuellen nicht ausgeschlossen (im Gegenteil ähnlich häufig wie in der restlichen Gesellschaft) sei, und das Hinwenden zu jetzt gleichgeschlechtlichen Partnern keinen Hinweis geben könne, dass die Transsexualität verloren worden sei. Die Verhinderung des falschen Anscheins, die Ehe könne auch von gleichgeschlechtlichen Partnern geschlossen werden, sei zwar ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Divergenz zwischen gefühltem Geschlecht und getragenem Vornamen sei den Betroffenen aber nicht zumutbar.

Der fragliche Passus des Gesetzes ist damit bis zu einer Änderung durch den Gesetzgeber nichtig.

Kritik

Dieses Gesetz wird von vielen Transgender-Aktivisten, teilweise auch von mit diesem Thema befassten Fachleuten (meist Sexualmediziner oder Psychologen), mittlerweile kritisiert, insbesondere in folgenden Punkten:

Formale Diagnose „Transsexualität“

Die Beschränkung auf Menschen mit der formalen Diagnose „Transsexualität“ wird als problematisch gesehen, mindestens die Änderung der Vornamen, teilweise auch die Änderung des Personenstandes benötigen auch viele andere Transgender. In der Praxis wird daher immer häufiger „Transsexualität“ dort bescheinigt, wo sie de facto und auch nach Wissen des Gutachters nicht vorliegt, was formal eine wissentliche Falschaussage vor Gericht ist. Die Gutachter, die dies tun, riskieren daher durchaus Probleme für ihre Patienten.

Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit

Die Geltung (mit wenigen Ausnahmen) nur für deutsche Staatsangehörige ist problematisch; Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit haben daher, wenn dieser Staat die Möglichkeit einer Vornamens- oder Personenstandsänderung nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten zulässt, keinerlei Möglichkeit, an Ausweispapiere zu kommen, welche mit ihrem Äußeren übereinstimmen, was im Alltag zu großen Problemen führt. In diesem Zusammenhang läuft zur Zeit (März 2004) ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.

Begutachtungen

Auch die Praxis der geforderten Begutachtungen wird kritisiert: Während die Forderung von zwei Gutachten, welche die „Transsexualität“ und die „hohe Wahrscheinlichkeit“, dass sich daran nichts mehr ändern wird, bestätigen, durchaus sinnvoll erscheint (aber siehe Punkt 1), haben sich in der Praxis vielerorten Verfahren entwickelt, welche zu einer hohen Belastung der betreffenden Transgender, sowohl psychisch als auch finanziell, führen und welche den Sinn der Begutachtung häufig ad absurdum führen:

  • Die Gutachter begutachten häufig nicht, ob Transsexualität vorliegt, sondern ob die betreffende Person ihrem persönlichen Bild eines „richtigen Mannes“ oder einer „richtigen Frau“ entspricht. Daher bekamen zum Beispiel bereits ernsthafte Probleme: Schwule Transmänner, Transmänner, die noch ihr altes Damenfahrrad fuhren, Transmänner mit „zu langen“ Haaren (vergleiche z.B. auch Gothic (Kultur), Erscheinungsbilder). Lesbische oder noch verheiratete Transfrauen, Transfrauen in (Damen-)Hosen, Transfrauen, die ihre gute berufliche Stellung in einem Beruf, der kein expliziter Frauenberuf war, nicht aufgeben wollten.
  • Einige Gutachter begutachten nahezu ausschließlich die Sexualität der zu Begutachtenden; es wird von Kritikern, auch Fachleuten, entschieden bestritten, dass beispielsweise ein Gutachten von 40 Seiten, von dem 35 jedes erinnerbare Detail des Sexuallebens des zu Begutachtenden ausführen und kritisiert, sinnvoll im Sinne des vom Gesetz vorgeschriebenen Auftrags ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn auf das Leben des zu Begutachtenden außerhalb seines Sexuallebens nicht oder fast nicht eingegangen wird.
  • Die hohen Kosten der Begutachtungen; Gutachten, welche mehrere Tausend Euro kosten, sind keine Seltenheit, mehrere Hundert Euro sind es in den allermeisten Fällen mindestens. Dabei hat sich immer wieder herausgestellt, dass je schlechter ein Gutachten ist, es meist auch umso teurer ist. Diese Kosten müssen entweder vom Antragssteller getragen werden, oder über die Prozesskostenhilfe von der Allgemeinheit.

Vor allem die beiden ersten Punkte führen in der Praxis dazu, dass Transgender, welche ein Gutachten benötigen, dann einem Gutachter eben nur das zeigen und erzählen, von dem sie annehmen, dass dieser es hören möchte. In den Fällen, wo dies funktioniert (das sind zumeist auch die am häufigsten kritisierten Gutachter), führt es das Gutachten ad absurdum; begutachtet wird dann nicht die zu begutachtende Person, sondern deren schauspielerische Fähigkeiten. In den Fällen wo dies nicht funktioniert, verzögert es die Erstellung der Gutachten und damit den Abschluss des Verfahrens teilweise beträchtlich -- und meist unnötigerweise, denn erfahrungsgemäß sind die Gutachter, bei denen diese Taktik nicht funktioniert, auch die liberaleren, welche die Wahrheit wahrscheinlich problemlos akzeptiert hätten. Dazu kommt, dass dieses fast routinemäßige Lügen erstens der Selbstreflektion der betreffenden Personen nicht eben förderlich ist; genau dieses ist in einer Situation wie dem Geschlechtsrollenwechsel aber sehr empfehlenswert. Und zweitens führt es dazu, dass von einigen Fachleuten Transgender daher als routinemäßige Lügner dargestellt werden, deren Aussagen niemals und unter keinen Umständen (oder jedenfalls dann, wenn sie der eigenen Theorie widersprechen) zu glauben sei.

Die Kritiker dieser Praxis fordern daher:

  • mindestens, dass Gutachter des Vertrauens des Antragsstellers bestellt werden, und nicht vom Gericht willkürlich (und meist immer wieder die selben) Gutachter bestellt werden,
  • häufig die Beschränkung auf ein einzelnes Gutachten, oder eine einzelne Bescheinigung eines Arztes, dass eine Entscheidung nach TSG angezeigt wäre,
  • seltener auch den völligen Verzicht auf Gutachten.

Mindere Rechte für „nur Vornamensgeänderte“

Auch der Status minderen Rechts, den Menschen haben, bei welchen nur der Vorname geändert ist, wird häufig kritisiert; so war es ihnen ursprünglich faktisch unmöglich, zu heiraten (eine eingetragene Lebenspartnerschaft jedoch konnten sie stattdessen eingehen) und Kinder zu bekommen, da in diesen Fällen die Vornamensänderung automatisch rückgängig gemacht würde.

Das Bundesverfassungsgericht hat den automatischen Vornamensentzug bei Eingehung der Ehe am 6. Dezember 2005 jedoch für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt (s.o.).

Probleme ergeben sich für Transsexuelle mit nur einer Vornamensänderung auch bei Reisen ins passpflichtige Ausland. Da der europäische Reisepass ein Geschlechtskennzeichen („F“, „M“ oder „X“) beinhaltet, wird zwangsläufig das amtliche Geschlecht der transsexuellen Person offengelegt. Bisher war es für diesen Personenkreis möglich, einen fünf Jahre gültigen vorläufigen Reisepass nach altem Muster ohne Geschlechtskennzeichen zu bekommen. Dieser alte Reisepass wird jedoch seit Januar 2006 nicht mehr ausgestellt, viele Länder - voran die USA - erkennen ihn auch nicht mehr an. Der neue maschinenlesbare vorläufige Reisepass enthält wiederum ein Geschlechtskennzeichen. Das bedeutet für den betroffenen Personenkreis, beim Grenzübertritt ihr amtliches Geschlecht offenbaren zu müssen, das mit dem äußeren Erscheinungsbild und Vornamen nicht übereinstimmt. Je nach Land kann das zu tlw. erheblichen Schikanen und zur Einreiseverweigerung führen. Eine Regelung des Bundesinnenministeriums, die bei Transsexuellen ein dem Erscheinungsbild und Vornamen entsprechendes Geschlechtskennzeichen im Reisepass ermöglicht, wurde zwar u.a. durch Bundestagsabgeordnete mehrfach gefordert, fehlt aber bis heute.

Die Voraussetzungen für die Personenstandsanpassung

Die Vorschrift eines die äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff(s) wird kritisch gesehen, welcher bei Transfrauen grundsätzlich mit einem genitalangleichenden Eingriff gleichgesetzt wird. Dies ist aber ein schwerer und nicht immer komplikationsloser Eingriff; Kritiker führen an, dass im Alltag schließlich das Aussehen der primären Geschlechtsmerkmale keine sonderlich große Rolle spiele, auch werde das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit durch diese Vorschrift verletzt. Bei Transmännern wird auf die Forderung nach einem entsprechenden Eingriff verzichtet, da die Ergebnisse solcher Eingriffe, die dazu noch wesentlich schwerwiegender sind als umgekehrt, als „nicht in jedem Fall zumutbar“ gelten. Dennoch versuchen einzelne Richter immer wieder, auch diesen Eingriff zu fordern.

Ebenso kritisch gesehen wird die Vorschrift der Ledigkeit: Es kommt durchaus vor, dass Ehen (und auch eingetragene Lebenspartnerschaften) von Transgendern, die vor dem Geschlechtsrollenwechsel geschlossen wurden, diesen Wechsel der Geschlechtsrolle überstehen. Dann bleibt der betreffenden Person also nur der Status als nur Vornamensgeändert, oder die Ehe oder Lebenspartnerschaft müsste aufgelöst werden, um später als Lebenspartnerschaft oder Ehe neu geschlossen zu werden. Es wird daher ein Verfahren gefordert, mit dem eine Ehe in eine Lebenspartnerschaft umgewandelt werden kann und umgekehrt, denn die derzeitige Praxis verletzt den grundgesetzlich verankerten Schutz von Ehe und Familie.

Die Verfahrensdauer

Häufig dauern Verfahren nach TSG ein Jahr und länger, teilweise wegen der Überlastung der Gerichte, teilweise wegen der Dauer der Begutachtung oder der Überlastung von Gutachtern. In dieser Zeit leben die Antragssteller bereits in der neuen Geschlechtsrolle, haben aber keine passenden Papiere. Dies führt nicht nur im Alltagsleben zu großen Problemen, sondern macht es auch nahezu unmöglich, beispielsweise eine neue Arbeitsstelle zu bekommen, da kaum ein ehemaliger Arbeitgeber bereit ist, die Zeugnisse auf den neuen Namen zu ändern, wenn es noch keinen Gerichtsbeschluss über die Änderung mindestens des Vornamens gibt.

Kritik an der Kritik

Einige Transsexuelle, und auch einige Sexualmediziner wiederum stellen sich gegen diese Reformbestrebungen, ebenso meist gegen medizinische geschlechtsangleichende Maßnahmen für nicht-transsexuelle Transgender im Sinne der Definition des ICD-10, F64.0 [1].

Einige Transsexuelle befürchten, dass dadurch, dass auch nicht-transsexuellen Transgendern Zugang zu Vornamens- und/oder Personenstandsänderung gewährt würde, oder durch eine Vereinfachung des Verfahrens, der „Wert“ ihrer eigenen Vornamens- und Personenstandsänderung gemindert würde, oder dass die dadurch erfolgende rechtliche Anerkennung von nicht-transsexuellen Transgendern ihrem „guten Ruf“ schaden würde. Außerhalb dieser Gruppierung ist diese Argumentation meistens nicht nachvollziehbar.

Einige Sexualmediziner lehnen dies ebenfalls ab, meist mit dem Argument, dass die Kategorisierung im ICD-10 korrekt sei, es also tatsächlich nur Transsexuelle und Transvestiten gebe, von denen die letzteren zu ihrem eigenen Schutz unter keinen Umständen medizinische oder juristische geschlechtsangleichende Maßnahmen erhalten dürften. Diese Argumentation übersieht, dass selbst das ICD-10 neben diesen beiden Kategorien schon „sonstige“ und „nicht näher bezeichnete“ Störungen der Geschlechtsidentität vorsieht, und das DSM 4 Geschlechtsidentitässtörungen nur noch unter gender identity disorders aufführt, ohne strikt in „Transsexuelle“ und „Transvestiten“ zu unterteilen. Weiterhin übersieht diese Argumentation, dass es bereits in der Vergangenheit viele „Transsexuelle“ gab, welche die entsprechenden Diagnosekriterien keineswegs vollständig erfüllten, die aber dennoch offensichtlich von entsprechenden Maßnahmen profitierten. Die Anzahl dieser nicht-transsexuellen Transgender nimmt seit einigen Jahren stark zu.

Die Praxis der nicht fachgerechten Begutachtungen ist in der einschlägigen juristischen (s.Sieß) als auch psychiatrischen (s. Pfäfflin) Literatur als Problem erkannt. Auch medizinisch-psychologische Arbeitskreise widmen sich dem Thema. Grundsätzlich aber kann kein Unterschied zu inhaltlich mangelhaften psychiatrischen Gutachten in anderen Rechtsbereichen (z.B. Strafrecht, Betreuungsrecht) gesehen werden.

Literatur

  • Pfäfflin, Friedemann: Begutachtung der Transsexualität. In: Foerster, K. (Hrsg.): Psychiatrische Begutachtung. München: Elsevier, 2004; S. 525 – 538.
  • Sieß, Gerhard: Die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit. Das Transsexuellengesetz und seine praktische Anwendung in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Konstanz: Hartung-Gorre, 1996. (Konstanzer Schriften zur Rechtswissenschaft; Bd.103)