„Sanhedrin“ – Versionsunterschied

[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Medienbetrachterlink ersetzt, vergleiche H:Medieneinbindung#Verlinkung, als Bild eingebunden; Fehler in Literatur-Vorlage
K H:LINT fix
Zeile 18: Zeile 18:


Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] kommt die Bezeichnung ''Synhedrion'' in den [[Evangelium (Buch)|Evangelien]] und der [[Apostelgeschichte des Lukas|Apostelgeschichte]] 22 Mal vor. Nach neutestamentlicher Überlieferung hatte der Hohe Rat einen wichtigen Anteil am Tod [[Jesus von Nazaret|Jesu]]. Er konnte zwar das [[Todesstrafe|Todesurteil]] nicht selbst vollstrecken, habe Jesus jedoch mit der Anklage eines Messiasanspruchs an den römischen [[Statthalter]] [[Pontius Pilatus]] überstellt und auf seine Hinrichtung gedrungen.<ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Söding |url=http://www.kath.ruhr-uni-bochum.de/imperia/md/content/nt/nt/dertodjesu/der_tod_jesuhistorie.pdf |titel=Der Prozess Jesu – die historischen Umstände |hrsg=Ruhr-Universität Bochum |datum=2011-03-09 |format=pdf; 40&nbsp;kB |abruf=2021-04-05}}</ref>
Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] kommt die Bezeichnung ''Synhedrion'' in den [[Evangelium (Buch)|Evangelien]] und der [[Apostelgeschichte des Lukas|Apostelgeschichte]] 22 Mal vor. Nach neutestamentlicher Überlieferung hatte der Hohe Rat einen wichtigen Anteil am Tod [[Jesus von Nazaret|Jesu]]. Er konnte zwar das [[Todesstrafe|Todesurteil]] nicht selbst vollstrecken, habe Jesus jedoch mit der Anklage eines Messiasanspruchs an den römischen [[Statthalter]] [[Pontius Pilatus]] überstellt und auf seine Hinrichtung gedrungen.<ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Söding |url=http://www.kath.ruhr-uni-bochum.de/imperia/md/content/nt/nt/dertodjesu/der_tod_jesuhistorie.pdf |titel=Der Prozess Jesu – die historischen Umstände |hrsg=Ruhr-Universität Bochum |datum=2011-03-09 |format=pdf; 40&nbsp;kB |abruf=2021-04-05}}</ref>



== Während Der Jüdisch-Römischen Kriege ==
== Während Der Jüdisch-Römischen Kriege ==
Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70 n. Chr. wurde der Sanhedrin in Jawne mit eingeschränkten Befugnissen durch eine Vereinbarung zwischen Jochanan ben Zakai und dem römischen Kaiser Vespasian wiederhergestellt. Vespasian stimmte dem zu, weil er der Ansicht war, dass die Pharisäer nicht in dem Maße an der ersten Revolte beteiligt gewesen waren wie andere Gruppen. So setzte sich der Sanhedrin in Jawna fast ausschließlich aus pharisäischen Gelehrten zusammen. Die kaiserlich-römische Regierung erkannte den Sanhedrin an. Sie betrachtete das Oberhaupt des Sanhedrins als ihren eigenen bezahlten Regierungsbeamten mit dem Status eines Präfekten. Die römische Gesetzgebung schränkte die Befugnisse des Sanhedrins stark ein, bestätigte allerdings die höchste Autorität des Gremiums in religiösen Angelegenheiten. In dem Versuch, revolutionäre Elemente zu unterdrücken, erklärte Rom eine Form des Judentums zur einzig anerkannten Form der Religion. Dies führte zur Verfolgung sektiererischer Gruppen und zu Versuchen dieser Gruppen, den Sanhedrin vor der römischen Regierung zu rügen <ref>{{Internetquelle |autor=Tilman Bechthold-Hengelhaupt. |url=https://www.schule-bw.de/faecher-und-schularten/sprachen-und-literatur/latein/antike-kultur/roemische-geschichte/daten/roemische-republik-und-demokratie.html |titel=Die Entstehung der römischen Republik und die Frage der Demokratie |werk=Fächer & Schularten Sprachen und Literatur Latein Antike Kultur Römische Geschichte Tabellen, Daten und Hintergrundtexte zur römischen Geschichte Die Entstehung der römischen Republik und die Frage der Demokratie |hrsg=Landesbildungsserver
Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70 n. Chr. wurde der Sanhedrin in Jawne mit eingeschränkten Befugnissen durch eine Vereinbarung zwischen Jochanan ben Zakai und dem römischen Kaiser Vespasian wiederhergestellt. Vespasian stimmte dem zu, weil er der Ansicht war, dass die Pharisäer nicht in dem Maße an der ersten Revolte beteiligt gewesen waren wie andere Gruppen. So setzte sich der Sanhedrin in Jawna fast ausschließlich aus pharisäischen Gelehrten zusammen. Die kaiserlich-römische Regierung erkannte den Sanhedrin an. Sie betrachtete das Oberhaupt des Sanhedrins als ihren eigenen bezahlten Regierungsbeamten mit dem Status eines Präfekten. Die römische Gesetzgebung schränkte die Befugnisse des Sanhedrins stark ein, bestätigte allerdings die höchste Autorität des Gremiums in religiösen Angelegenheiten. In dem Versuch, revolutionäre Elemente zu unterdrücken, erklärte Rom eine Form des Judentums zur einzig anerkannten Form der Religion. Dies führte zur Verfolgung sektiererischer Gruppen und zu Versuchen dieser Gruppen, den Sanhedrin vor der römischen Regierung zu rügen <ref>{{Internetquelle |autor=Tilman Bechthold-Hengelhaupt. |url=https://www.schule-bw.de/faecher-und-schularten/sprachen-und-literatur/latein/antike-kultur/roemische-geschichte/daten/roemische-republik-und-demokratie.html |titel=Die Entstehung der römischen Republik und die Frage der Demokratie |werk=Fächer & Schularten Sprachen und Literatur Latein Antike Kultur Römische Geschichte Tabellen, Daten und Hintergrundtexte zur römischen Geschichte Die Entstehung der römischen Republik und die Frage der Demokratie |hrsg=Landesbildungsserver
Baden-Württemberg |datum=2020-05 |sprache=de |abruf=2020-05}}</ref>.
Baden-Württemberg |datum=2020-05 |sprache=de |abruf=2020-05}}</ref>.


Der Sitz des Patriarchats wurde im Jahr 80 n. Chr. unter dem Vorsitz von Gamaliel II. nach Usha verlegt. Im Jahr 116 zog es zurück nach Yavneh, und dann wieder zurück nach Usha.<ref>{{Literatur |Autor=Gerda Lerner , Christine Thomas . |Titel=Die Entstehung des Patriarchats. |Hrsg=Gerda Lerner , Christine Thomas . |Verlag=Manifest Verlag |Datum=2023 |ISBN=978-3-96156-124-7}}</ref>
Der Sitz des Patriarchats wurde im Jahr 80 n. Chr. unter dem Vorsitz von Gamaliel II. nach Usha verlegt. Im Jahr 116 zog es zurück nach Yavneh, und dann wieder zurück nach Usha.<ref>{{Literatur |Autor=Gerda Lerner , Christine Thomas . |Titel=Die Entstehung des Patriarchats. |Hrsg=Gerda Lerner , Christine Thomas . |Verlag=Manifest Verlag |Datum=2023 |ISBN=978-3-96156-124-7}}</ref>


== Der Sanhedrin in Jawne nach der Tempelzerstörung ==
== Der Sanhedrin in Jawne nach der Tempelzerstörung ==
Zeile 38: Zeile 37:
|Quelle=[[Maimonides|Rambam]], Mischne Tora, Hilchot Sanhedrin 4:11
|Quelle=[[Maimonides|Rambam]], Mischne Tora, Hilchot Sanhedrin 4:11
|ref=<ref>Rambam/Maimonides: ''Mishne Torah,'' Hilchot Sanhedrin 4:11</ref>}}
|ref=<ref>Rambam/Maimonides: ''Mishne Torah,'' Hilchot Sanhedrin 4:11</ref>}}
[[Datei:Napoleonic Medal.jpg|mini| Moses, Symbol der jüdischen Gemeinde, kniet vor Napoleon und empfängt aus seinen Händen die Gesetzestafeln: Medaille von 1806, dem napoleonischen Sanhedrin gewidmet, in der Sammlung des [[Jüdisches Museum der Schweiz|Jüdischen Museums der Schweiz]]. ]]
[[Datei:Napoleonic Medal.jpg|mini|Moses, Symbol der jüdischen Gemeinde, kniet vor Napoleon und empfängt aus seinen Händen die Gesetzestafeln: Medaille von 1806, dem napoleonischen Sanhedrin gewidmet, in der Sammlung des [[Jüdisches Museum der Schweiz|Jüdischen Museums der Schweiz]]. ]]
Ebenso geht der Autor des bis heute als allgemein verbindlich geltenden Halachakompendiums ''[[Schulchan Aruch]]'', Rabbi [[Joseph Karo]], davon aus, dass ein Konsens aller halachischen Autoritäten prinzipiell die Wiedererrichtung des Sanhedrins ermöglichen würde.<ref>Rabbi Joseph Karo: ''Maʿaseh Beit Din.'' Ähnlich auch in Beit Josef: ''Choschen Mischpat'' 295.</ref> Mit Bezug auf die Arbeiten dieser beiden Gelehrten unternahm eine Gruppe Rabbiner seit 2003 Vorbereitungen zur Wiedereinsetzung des Sanhedrin in Israel.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.thesanhedrin.org/en/index.php?title=The_Sanhedrin_Initiative#The_halachic_foundation |titel=The Sanhedrin Initiative – The Sanhedrin English |werk=thesanhedrin.org |abruf=2012-04-09}}</ref> Dieses sehr umstrittene Vorgehen erhielt mehr Beachtung, als nach einem geheim gehaltenen ersten [[Nasi (Titel)|Nasi]] im Juni 2005 der angesehene Gelehrte und Rabbiner [[Adin Steinsaltz]] den Vorsitz übernahm. Im Juni 2008 erklärte er indes seinen Austritt aus dem Sanhedrin und begründete dies mit Bedenken über die Entwicklung des Rates und seine Sorge über den möglichen Verstoß gegen die [[Halacha]].<ref name="jta">{{Internetquelle |autor=Sue Fishkoff |url=https://www.jta.org/2010/10/31/lifestyle/steinsaltz-completes-talmud-translation-with-global-day-of-jewish-learning |titel=Steinsaltz completes Talmud translation with Global Day of Jewish Learning |werk=Jewish Telegraphic Agency |datum=2010-10-31 |sprache=en |abruf=2021-04-06}}</ref>
Ebenso geht der Autor des bis heute als allgemein verbindlich geltenden Halachakompendiums ''[[Schulchan Aruch]]'', Rabbi [[Joseph Karo]], davon aus, dass ein Konsens aller halachischen Autoritäten prinzipiell die Wiedererrichtung des Sanhedrins ermöglichen würde.<ref>Rabbi Joseph Karo: ''Maʿaseh Beit Din.'' Ähnlich auch in Beit Josef: ''Choschen Mischpat'' 295.</ref> Mit Bezug auf die Arbeiten dieser beiden Gelehrten unternahm eine Gruppe Rabbiner seit 2003 Vorbereitungen zur Wiedereinsetzung des Sanhedrin in Israel.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.thesanhedrin.org/en/index.php?title=The_Sanhedrin_Initiative#The_halachic_foundation |titel=The Sanhedrin Initiative – The Sanhedrin English |werk=thesanhedrin.org |abruf=2012-04-09}}</ref> Dieses sehr umstrittene Vorgehen erhielt mehr Beachtung, als nach einem geheim gehaltenen ersten [[Nasi (Titel)|Nasi]] im Juni 2005 der angesehene Gelehrte und Rabbiner [[Adin Steinsaltz]] den Vorsitz übernahm. Im Juni 2008 erklärte er indes seinen Austritt aus dem Sanhedrin und begründete dies mit Bedenken über die Entwicklung des Rates und seine Sorge über den möglichen Verstoß gegen die [[Halacha]].<ref name="jta">{{Internetquelle |autor=Sue Fishkoff |url=https://www.jta.org/2010/10/31/lifestyle/steinsaltz-completes-talmud-translation-with-global-day-of-jewish-learning |titel=Steinsaltz completes Talmud translation with Global Day of Jewish Learning |werk=Jewish Telegraphic Agency |datum=2010-10-31 |sprache=en |abruf=2021-04-06}}</ref>


== Nach dem Bar Kokhba-Aufstand ==
== Nach dem Bar Kokhba-Aufstand ==
=== Galiläa im späten Altertum ===
=== Galiläa im späten Altertum ===
[[Datei:Ancient Galilee.jpg|mini|hochlant|Karte des antiken Galiläa, Beschriftung englisch (1911)]]
[[Datei:Ancient Galilee.jpg|mini|hochkant|Karte des antiken Galiläa, Beschriftung englisch (1911)]]
Rabbinische Texte weisen darauf hin, dass Südgaliläa nach dem Bar Kokhba-Aufstand zum Sitz der rabbinischen Gelehrsamkeit im Land Israel wurde. In dieser Region befand sich der Hof des Patriarchen, der zunächst in Usha, dann in Bet Shearim, später in Sepphoris und schließlich in Tiberias angesiedelt war<ref>{{Literatur |Titel=Mishnah and the social formation of the early Rabbinic Guild : a socio-rhetorical approach. |Hrsg=Jack N. Lightstone |Sammelwerk=Canadian Corporation for Studies in Religion |Verlag=Wilfrid Laurier University |Datum=2002-05 |ISBN=978-0-88920-375-4 |Seiten=192}}</ref>.
Rabbinische Texte weisen darauf hin, dass Südgaliläa nach dem Bar Kokhba-Aufstand zum Sitz der rabbinischen Gelehrsamkeit im Land Israel wurde. In dieser Region befand sich der Hof des Patriarchen, der zunächst in Usha, dann in Bet Shearim, später in Sepphoris und schließlich in Tiberias angesiedelt war<ref>{{Literatur |Titel=Mishnah and the social formation of the early Rabbinic Guild : a socio-rhetorical approach. |Hrsg=Jack N. Lightstone |Sammelwerk=Canadian Corporation for Studies in Religion |Verlag=Wilfrid Laurier University |Datum=2002-05 |ISBN=978-0-88920-375-4 |Seiten=192}}</ref>.


Zeile 55: Zeile 54:


Gamaliel VI. (400-425) war der letzte Präsident des Sanhedrins. Mit seinem Tod im Jahr 425 verbot Theodosius II. den Titel des Nasi, das letzte Überbleibsel des alten Sanhedrins. Ein kaiserlicher Erlass von 426 leitete die Steuer der Patriarchen (post excessum patriarchorum) in die kaiserliche Schatzkammer um.[<ref>{{Literatur |Titel=A history of the Jewish people |Auflage=11 |Verlag=Harvard Univ. Press |Ort=Cambridge, Mass |Datum=2002 |ISBN=978-0-674-39731-6}}</ref>] Der genaue Grund für die Abschaffung des Patriarchats ist nicht klar,[<ref>{{Literatur |Titel=The illustrated history of the Jewish people |Verlag=Harcourt Brace |Ort=New York |Datum=1997 |ISBN=978-0-15-100302-0}}</ref>] obwohl Gamaliel VI, der letzte Inhaber des Amtes, der vom Kaiser zeitweise in den Rang eines Präfekten erhoben worden war,[<ref>{{Literatur |Titel=Chisholm, Hugh, (22 Feb. 1866–29 Sept. 1924), Editor of the Encyclopædia Britannica (10th, 11th and 12th editions) |Sammelwerk=Who Was Who |Verlag=Oxford University Press |Datum=2007-12-01 |DOI=10.1093/ww/9780199540884.013.u194658}}</ref>] sich möglicherweise mit den kaiserlichen Behörden überworfen hatte. [20] Danach wurden die Juden nach und nach von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen.[<ref>{{Literatur |Autor=Editors Evangelical Quarterly: An Internati |Titel=History of the Jewish Nation after the Destruction of Jerusalem under Titus. By Alfred Edersheim, Grinfield Lecturer on the Septuagint at the University of Oxford. Revised by Henry A. White, Fellow of New College, Oxford. With a Preface by William Sanday, Margaret Professor of Divinity and Canon of Christ Church, Oxford. (Baker Book House, Grand Rapids 6, Michigan, U.S.A. 1954. xiv, 553 pp. $4.20.) |Sammelwerk=Evangelical Quarterly: An International Review of Bible and Theology |Band=26 |Nummer=4 |Datum=1954-07-30 |ISSN=0014-3367 |DOI=10.1163/27725472-02604018 |Seiten=241 }}</ref>] Ein auf das Jahr 429 datiertes Gesetz verweist jedoch auf die Existenz eines Sanhedrins in jeder der oströmischen Provinzen Palästinas.[<ref>{{Literatur |Autor=Lee I. Levine |Titel=The Jewish Patriarchate |Sammelwerk=Oxford Research Encyclopedia of Classics |Verlag=Oxford University Press |Datum=2018-10-24 |ISBN=978-0-19-938113-5 |DOI=10.1093/acrefore/9780199381135.013.8133 |ISBN=978-0-19-938113-5}}</ref>]
Gamaliel VI. (400-425) war der letzte Präsident des Sanhedrins. Mit seinem Tod im Jahr 425 verbot Theodosius II. den Titel des Nasi, das letzte Überbleibsel des alten Sanhedrins. Ein kaiserlicher Erlass von 426 leitete die Steuer der Patriarchen (post excessum patriarchorum) in die kaiserliche Schatzkammer um.[<ref>{{Literatur |Titel=A history of the Jewish people |Auflage=11 |Verlag=Harvard Univ. Press |Ort=Cambridge, Mass |Datum=2002 |ISBN=978-0-674-39731-6}}</ref>] Der genaue Grund für die Abschaffung des Patriarchats ist nicht klar,[<ref>{{Literatur |Titel=The illustrated history of the Jewish people |Verlag=Harcourt Brace |Ort=New York |Datum=1997 |ISBN=978-0-15-100302-0}}</ref>] obwohl Gamaliel VI, der letzte Inhaber des Amtes, der vom Kaiser zeitweise in den Rang eines Präfekten erhoben worden war,[<ref>{{Literatur |Titel=Chisholm, Hugh, (22 Feb. 1866–29 Sept. 1924), Editor of the Encyclopædia Britannica (10th, 11th and 12th editions) |Sammelwerk=Who Was Who |Verlag=Oxford University Press |Datum=2007-12-01 |DOI=10.1093/ww/9780199540884.013.u194658}}</ref>] sich möglicherweise mit den kaiserlichen Behörden überworfen hatte. [20] Danach wurden die Juden nach und nach von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen.[<ref>{{Literatur |Autor=Editors Evangelical Quarterly: An Internati |Titel=History of the Jewish Nation after the Destruction of Jerusalem under Titus. By Alfred Edersheim, Grinfield Lecturer on the Septuagint at the University of Oxford. Revised by Henry A. White, Fellow of New College, Oxford. With a Preface by William Sanday, Margaret Professor of Divinity and Canon of Christ Church, Oxford. (Baker Book House, Grand Rapids 6, Michigan, U.S.A. 1954. xiv, 553 pp. $4.20.) |Sammelwerk=Evangelical Quarterly: An International Review of Bible and Theology |Band=26 |Nummer=4 |Datum=1954-07-30 |ISSN=0014-3367 |DOI=10.1163/27725472-02604018 |Seiten=241 }}</ref>] Ein auf das Jahr 429 datiertes Gesetz verweist jedoch auf die Existenz eines Sanhedrins in jeder der oströmischen Provinzen Palästinas.[<ref>{{Literatur |Autor=Lee I. Levine |Titel=The Jewish Patriarchate |Sammelwerk=Oxford Research Encyclopedia of Classics |Verlag=Oxford University Press |Datum=2018-10-24 |ISBN=978-0-19-938113-5 |DOI=10.1093/acrefore/9780199381135.013.8133 |ISBN=978-0-19-938113-5}}</ref>]



== Zusammenfassung der patriarchalischen Macht ==
== Zusammenfassung der patriarchalischen Macht ==
Es folgt eine Zusammenfassung der Befugnisse und Verantwortlichkeiten des Patriarchats seit Beginn des dritten Jahrhunderts, basierend auf rabbinischen Quellen, wie sie von LI Levine verstanden wurden<ref>{{Literatur |Autor=Jack N. Lightstone |Titel=Mishnah and the social formation of the early rabbinic guild: a socio-rhetorical approach |Reihe=Studies in Christianity and Judaism |NummerReihe=11 |Verlag=Wilfrid Laurier Univ. Press |Ort=Waterloo, Ont. |Datum=2002 |ISBN=978-0-88920-375-4}}</ref>:
Es folgt eine Zusammenfassung der Befugnisse und Verantwortlichkeiten des Patriarchats seit Beginn des dritten Jahrhunderts, basierend auf rabbinischen Quellen, wie sie von LI Levine verstanden wurden<ref>{{Literatur |Autor=Jack N. Lightstone |Titel=Mishnah and the social formation of the early rabbinic guild: a socio-rhetorical approach |Reihe=Studies in Christianity and Judaism |NummerReihe=11 |Verlag=Wilfrid Laurier Univ. Press |Ort=Waterloo, Ont. |Datum=2002 |ISBN=978-0-88920-375-4}}</ref>:


# Vertreter bei den kaiserlichen Behörden;
# Vertreter bei den kaiserlichen Behörden;
Zeile 77: Zeile 75:
# Besteuerung: sowohl die Befugnis zur Erhebung von Steuern als auch die Autorität, über die Verwendung von Steuern, die von den Gemeinderäten für lokale Zwecke erhoben werden, zu entscheiden/einzugreifen.
# Besteuerung: sowohl die Befugnis zur Erhebung von Steuern als auch die Autorität, über die Verwendung von Steuern, die von den Gemeinderäten für lokale Zwecke erhoben werden, zu entscheiden/einzugreifen.


Bis zur Mitte des vierten Jahrhunderts behielt das Patriarchat das Vorrecht, den hebräischen Kalender festzulegen , und hütete die Feinheiten der erforderlichen Berechnungen, um Einmischungen der babylonischen Gemeinschaft einzuschränken. Aufgrund der Christenverfolgung war Hillel II. im Jahr 359 n. Chr. gezwungen, den Kalender dauerhaft festzulegen.  Diese Einrichtung symbolisierte den Übergang der Autorität vom Patriarchat zu den babylonischen Talmudakademien <ref>{{Literatur |Autor=Julius H. Greenstone, Isaac Landman |Titel=The Universal Jewish Encyclopedia |Sammelwerk=The Jewish Quarterly Review |Band=32 |Nummer=1 |Datum=1941-07 |ISSN=0021-6682 |DOI=10.2307/1452335 |Seiten=97 }}</ref>.
Bis zur Mitte des vierten Jahrhunderts behielt das Patriarchat das Vorrecht, den hebräischen Kalender festzulegen , und hütete die Feinheiten der erforderlichen Berechnungen, um Einmischungen der babylonischen Gemeinschaft einzuschränken. Aufgrund der Christenverfolgung war Hillel II. im Jahr 359 n. Chr. gezwungen, den Kalender dauerhaft festzulegen.  Diese Einrichtung symbolisierte den Übergang der Autorität vom Patriarchat zu den babylonischen Talmudakademien <ref>{{Literatur |Autor=Julius H. Greenstone, Isaac Landman |Titel=The Universal Jewish Encyclopedia |Sammelwerk=The Jewish Quarterly Review |Band=32 |Nummer=1 |Datum=1941-07 |ISSN=0021-6682 |DOI=10.2307/1452335 |Seiten=97 }}</ref>.


=== Archäologische Funde ===
=== Archäologische Funde ===
Im Jahr 2004 wurde bei Ausgrabungen in Tiberias, die von der Israelischen Altertumsbehörde durchgeführt wurden , ein Gebäude aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. freigelegt, das möglicherweise der Sitz des Sanhedrins war, als dieser in dieser Stadt zusammentrat. Damals hieß es ''Beit Hava'ad'' .
Im Jahr 2004 wurde bei Ausgrabungen in Tiberias, die von der Israelischen Altertumsbehörde durchgeführt wurden , ein Gebäude aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. freigelegt, das möglicherweise der Sitz des Sanhedrins war, als dieser in dieser Stadt zusammentrat. Damals hieß es ''Beit Hava'ad'' .


== Der Sanhedrin im napoleonischen Frankreich ==
== Der Sanhedrin im napoleonischen Frankreich ==

Version vom 27. Juni 2024, 01:03 Uhr

Darstellung des antiken jüdischen Sanhedrin-Rates aus der People's Cyclopedia of Universal Knowledge von 1883.

Der Sanhedrin (סנהדרין) oder Hohe Rat war lange Zeit die oberste jüdische religiöse und politische Instanz und gleichzeitig das oberste Gericht. Das Wort Sanhedrin ist eine Hebräisierung des griechischen συνέδριον synhedrion („Versammlung, Rat“).[1] Außerdem bezeichnet Sanhedrin den gleichnamigen Traktat der Mischna.[2]

Oberstes Gericht: Der Große Sanhedrin mit 71 Mitgliedern: Das höchste jüdische Gericht war der Sanhedrin, auch bekannt als „Großer Rat“, und bestand aus 71 Rabbinern.

[3] 71 Mitgliedern kommt aus der Idee, dass G-tt Mose bat, 70 ältere Männer Israels zu versammeln. Mose leitete sie, was bedeutet, dass es insgesamt 71 Richter gab, einschließlich Mose.

Als Mose starb, wurde der weiseste Richter an seiner Stelle ernannt. Dieser Richter, bekannt als Nasi, leitete das Gericht. Der zeitweise Richter, der av bet din, saß zu seiner Rechten und diente als Assistent des Nasi. Die restlichen 69 Richter saßen vor ihnen, geordnet nach Weisheit, Alter und Ansehen.

Standort des Sanhedrin: Der Sanhedrin war immer in der Nähe der Stiftshütte oder des Tempels. Während Moses’ Zeit war er nahe dem Eingang zur Stiftshütte; später hatte er einen speziellen Raum auf dem Tempelgelände. Gegen Ende der Zeit des Zweiten Tempels traf er sich an verschiedenen Orten in Israel und setzte seine Arbeit bis etwa zum 5. Jahrhundert fort.

Der Sanhedrin zur Zeit des Jerusalemer Tempels

Die erste historische Erwähnung des Sanhedrin findet sich bei Flavius Josephus. Er berichtet, wie im Jahr 57 v. Chr. Aulus Gabinius das Land in fünf synedria oder synodoi einteilte.[4] Im Traktat Sanhedrin im Talmud ist die Rede von einem großen Sanhedrin mit 71 Mitgliedern[5] und von einem kleineren mit 23 Mitgliedern. Laut Tradition seien sie von Moses einberufen und eine Fortsetzung der Großen Versammlung (Knesset Gedola), die 200 v. Chr. erwähnt wird. Die 71 Mitglieder des Hohen Rates waren Priester, jüdische „Älteste“ und Schriftgelehrte. Abgesehen von einigen pharisäischen[6] Schriftgelehrten waren die Mitglieder wohl hauptsächlich Sadduzäer, die überwiegend den adligen Volksgruppen angehörten. Den Vorsitz hatte der Hohepriester, nach 191 v. Chr. der Nasi.

Seinen Sitz hatte der Sanhedrin zunächst in Jerusalem. Zu Beginn der römischen Herrschaft über Judäa verfügte die Versammlung noch über einen erheblichen Einfluss und eine gewisse Autonomie, hatte allerdings vermutlich nicht mehr das Recht, über Tod und Leben zu entscheiden.[7] König Herodes, dem ein konkurrierendes Machtzentrum ein Dorn im Auge war, ließ fast alle Mitglieder des Sanhedrin hinrichten.[8] Er setzte einen neuen, ihm gefügigen Sanhedrin ein.[9]

Im Neuen Testament kommt die Bezeichnung Synhedrion in den Evangelien und der Apostelgeschichte 22 Mal vor. Nach neutestamentlicher Überlieferung hatte der Hohe Rat einen wichtigen Anteil am Tod Jesu. Er konnte zwar das Todesurteil nicht selbst vollstrecken, habe Jesus jedoch mit der Anklage eines Messiasanspruchs an den römischen Statthalter Pontius Pilatus überstellt und auf seine Hinrichtung gedrungen.[10]

Während Der Jüdisch-Römischen Kriege

Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70 n. Chr. wurde der Sanhedrin in Jawne mit eingeschränkten Befugnissen durch eine Vereinbarung zwischen Jochanan ben Zakai und dem römischen Kaiser Vespasian wiederhergestellt. Vespasian stimmte dem zu, weil er der Ansicht war, dass die Pharisäer nicht in dem Maße an der ersten Revolte beteiligt gewesen waren wie andere Gruppen. So setzte sich der Sanhedrin in Jawna fast ausschließlich aus pharisäischen Gelehrten zusammen. Die kaiserlich-römische Regierung erkannte den Sanhedrin an. Sie betrachtete das Oberhaupt des Sanhedrins als ihren eigenen bezahlten Regierungsbeamten mit dem Status eines Präfekten. Die römische Gesetzgebung schränkte die Befugnisse des Sanhedrins stark ein, bestätigte allerdings die höchste Autorität des Gremiums in religiösen Angelegenheiten. In dem Versuch, revolutionäre Elemente zu unterdrücken, erklärte Rom eine Form des Judentums zur einzig anerkannten Form der Religion. Dies führte zur Verfolgung sektiererischer Gruppen und zu Versuchen dieser Gruppen, den Sanhedrin vor der römischen Regierung zu rügen [11].

Der Sitz des Patriarchats wurde im Jahr 80 n. Chr. unter dem Vorsitz von Gamaliel II. nach Usha verlegt. Im Jahr 116 zog es zurück nach Yavneh, und dann wieder zurück nach Usha.[12]

Der Sanhedrin in Jawne nach der Tempelzerstörung

Als im Jahr 70 der Jerusalemer Tempel und Jerusalem von den Römern nach einem jüdischen Aufstand zerstört wurden, gingen auch die jüdischen Behörden unter, also auch der Sanhedrin.[13]

Rabbi Jochanan ben Sakkai erhielt von den Römern die Erlaubnis, den Sitz des Hohen Rates nach Jawne zu verlegen; gleichzeitig wurde dort eine jüdische Schule errichtet.[14] Da der Tempel zerstört war, wurde der Sanhedrin nicht mehr vom Hohenpriester, sondern von einem Patriarchen geleitet; gleichzeitig übernahm die frühere Opposition, die Gruppe der Pharisäer, die Führung der Versammlung.[15]

Die Wiedererrichtung des Sanhedrin

Die vorherrschende Meinung im Judentum ist, dass erst nach Errichtung des Dritten Tempels ein neuer Sanhedrin gebildet werden wird. Jedoch gab es bereits in den Arbeiten einiger der größten halachischen Autoritäten zumindest Überlegungen, welche Anforderungen für eine Wiedererrichtung gegeben sein müssten. Insbesondere Maimonides erörtert diese Fragestellung in seinem Opus magnum zur Halacha, der Mischne Tora, und vertritt die Position, dass ein neuer Sanhedrin durch den Konsens der „Weisen Israels“ zu Stande kommen kann.

„Es scheint mir, dass wenn alle Weisen des Landes Israel (Eretz Israel) darin übereinkommen, Richter (dayanim) zu ernennen und diesen die Smicha zu erteilen, jene Richter mit Smicha (musmachim) in Strafsachen Urteile fällen und selbst Smichot erteilen können.“

Rambam, Mischne Tora, Hilchot Sanhedrin 4:11[16]
Moses, Symbol der jüdischen Gemeinde, kniet vor Napoleon und empfängt aus seinen Händen die Gesetzestafeln: Medaille von 1806, dem napoleonischen Sanhedrin gewidmet, in der Sammlung des Jüdischen Museums der Schweiz.

Ebenso geht der Autor des bis heute als allgemein verbindlich geltenden Halachakompendiums Schulchan Aruch, Rabbi Joseph Karo, davon aus, dass ein Konsens aller halachischen Autoritäten prinzipiell die Wiedererrichtung des Sanhedrins ermöglichen würde.[17] Mit Bezug auf die Arbeiten dieser beiden Gelehrten unternahm eine Gruppe Rabbiner seit 2003 Vorbereitungen zur Wiedereinsetzung des Sanhedrin in Israel.[18] Dieses sehr umstrittene Vorgehen erhielt mehr Beachtung, als nach einem geheim gehaltenen ersten Nasi im Juni 2005 der angesehene Gelehrte und Rabbiner Adin Steinsaltz den Vorsitz übernahm. Im Juni 2008 erklärte er indes seinen Austritt aus dem Sanhedrin und begründete dies mit Bedenken über die Entwicklung des Rates und seine Sorge über den möglichen Verstoß gegen die Halacha.[19]

Nach dem Bar Kokhba-Aufstand

Galiläa im späten Altertum

Karte des antiken Galiläa, Beschriftung englisch (1911)

Rabbinische Texte weisen darauf hin, dass Südgaliläa nach dem Bar Kokhba-Aufstand zum Sitz der rabbinischen Gelehrsamkeit im Land Israel wurde. In dieser Region befand sich der Hof des Patriarchen, der zunächst in Usha, dann in Bet Shearim, später in Sepphoris und schließlich in Tiberias angesiedelt war[20].

Der Große Sanhedrin zog im Jahr 140 unter dem Vorsitz von Schimon ben Gamliel II. nach Schafaram um, danach nach Beit Schearim und später unter dem Vorsitz von Juda ha-Nasi (165-220) nach Sepphoris. Unter dem Vorsitz von Gamaliel III. (220-230), einem Sohn von Judah ha-Nasi, zog es schließlich im Jahr 220 nach Tiberias um, wo es mehr zu einem Konsistorium wurde, das allerdings unter dem Vorsitz von Judah II.

Während des Vorsitzes von Gamaliel IV (270-290) ließ er aufgrund der römischen Verfolgung den Namen Sanhedrin fallen, und seine maßgeblichen Entscheidungen wurden anschließend unter dem Namen Beth HaMidrash veröffentlicht[citation needed].

Im Jahr 363 ordnete Kaiser Julian (reg. 355-363 n. Chr.), ein Abtrünniger des Christentums, den Wiederaufbau des Tempels an.[[21]] Das Scheitern des Projekts wird auf das Erdbeben in Galiläa im Jahr 363 und auf die ambivalente Haltung der Juden gegenüber dem Projekt zurückgeführt. Sabotage ist eine Möglichkeit, ebenso wie ein zufälliges Feuer. Unter den christlichen Historikern jener Zeit war die Ansicht verbreitet, dass ein göttliches Eingreifen vorlag.[[22]] Als Reaktion auf Julians pro-jüdische Haltung verbot der spätere Kaiser Theodosius I. (reg. 379-395 n. Chr.) dem Sanhedrin, sich zu versammeln, und erklärte die Ordination für illegal. Für jeden Rabbiner, der die Ordination erhielt, wurde die Todesstrafe verhängt, und die Stadt, in der die Ordination stattfand, wurde vollständig zerstört[[23]].

Da der hebräische Kalender jedoch auf Zeugenaussagen beruhte, deren Sammlung viel zu gefährlich geworden war, empfahl Rabbi Hillel II. den Wechsel zu einem mathematisch basierten Kalender, der auf einer geheimen und vielleicht letzten Sitzung im Jahr 358 n. Chr. angenommen wurde. Dies war die letzte allgemeine Entscheidung des Großen Sanhedrins.

Gamaliel VI. (400-425) war der letzte Präsident des Sanhedrins. Mit seinem Tod im Jahr 425 verbot Theodosius II. den Titel des Nasi, das letzte Überbleibsel des alten Sanhedrins. Ein kaiserlicher Erlass von 426 leitete die Steuer der Patriarchen (post excessum patriarchorum) in die kaiserliche Schatzkammer um.[[24]] Der genaue Grund für die Abschaffung des Patriarchats ist nicht klar,[[25]] obwohl Gamaliel VI, der letzte Inhaber des Amtes, der vom Kaiser zeitweise in den Rang eines Präfekten erhoben worden war,[[26]] sich möglicherweise mit den kaiserlichen Behörden überworfen hatte. [20] Danach wurden die Juden nach und nach von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen.[[27]] Ein auf das Jahr 429 datiertes Gesetz verweist jedoch auf die Existenz eines Sanhedrins in jeder der oströmischen Provinzen Palästinas.[[28]]

Zusammenfassung der patriarchalischen Macht

Es folgt eine Zusammenfassung der Befugnisse und Verantwortlichkeiten des Patriarchats seit Beginn des dritten Jahrhunderts, basierend auf rabbinischen Quellen, wie sie von LI Levine verstanden wurden[29]:

  1. Vertreter bei den kaiserlichen Behörden;
  2. Schwerpunkte der Führung in der jüdischen Gemeinde:
    1. Täglicher Besuch von prominenten Familien;
    2. Erklärung öffentlicher Fastentage;
    3. Einleitung oder Aufhebung des Verbots ( herem );
  3. Ernennung von Richtern an jüdischen Gerichten im Land Israel;
  4. Regelung des Kalenders;
  5. Erlass von Gesetzen und Verordnungen hinsichtlich der Anwendbarkeit oder Befreiung von gesetzlichen Vorschriften, zB:
    1. Verwendung der Erträge aus dem Sabbatjahr und Anwendbarkeit von Sabbatjahrverordnungen;
    2. Rückkauf oder Auslösung ehemals jüdischen Landes von nichtjüdischen Besitzern;
    3. Status der hellenistischen Städte des Landes Israel bezüglich Reinheit, Zehnt, Sabbatjahr;
    4. Befreiungen vom Zehnten;
    5. Bedingungen in Scheidungsdokumenten;
    6. Verwendung von von Nichtjuden produziertem Öl;
  6. Entsendung von Abgesandten in Diasporagemeinschaften;
  7. Besteuerung: sowohl die Befugnis zur Erhebung von Steuern als auch die Autorität, über die Verwendung von Steuern, die von den Gemeinderäten für lokale Zwecke erhoben werden, zu entscheiden/einzugreifen.

Bis zur Mitte des vierten Jahrhunderts behielt das Patriarchat das Vorrecht, den hebräischen Kalender festzulegen , und hütete die Feinheiten der erforderlichen Berechnungen, um Einmischungen der babylonischen Gemeinschaft einzuschränken. Aufgrund der Christenverfolgung war Hillel II. im Jahr 359 n. Chr. gezwungen, den Kalender dauerhaft festzulegen.  Diese Einrichtung symbolisierte den Übergang der Autorität vom Patriarchat zu den babylonischen Talmudakademien [30].

Archäologische Funde

Im Jahr 2004 wurde bei Ausgrabungen in Tiberias, die von der Israelischen Altertumsbehörde durchgeführt wurden , ein Gebäude aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. freigelegt, das möglicherweise der Sitz des Sanhedrins war, als dieser in dieser Stadt zusammentrat. Damals hieß es Beit Hava'ad .

Der Sanhedrin im napoleonischen Frankreich

Am 23. August 1806 wurde unter Napoleon Bonaparte eine Grand Sanhédrin („Großer Sanhedrin“) genannte Versammlung von 71 jüdischen Notabeln, darunter Rabbiner unter Vorsitz von David Sinzheim und Laien unter dem Sprecher Abraham Furtado, einberufen.[31][19] Sie sollten aus der Halacha und aus dem Tanach Antworten auf Fragen zum Verhältnis von jüdischem und staatlichem Recht finden. Aus ihr ging das heutige Consistoire central israélite hervor.

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Shelomoh Yosef Zevin: Encyclopedia Talmudica, Band IV, Yad Harav Herzog Press, 1992, ISBN 0-87306-714-2, Seite 22 ff.
  • Cohen, S.J.D., „Patriarchs and Scholarchs,“ PAAJR 48 (1981), 57–85.
  • Karlheinz MüllerSanhedrin, Synhedrium. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 30, de Gruyter, Berlin / New York 1999, ISBN 3-11-016243-1, S. 32–42.
  • Heinrich W. Guggenheimer: The Jerusalem Talmud – Tractates Sanhedrin, Makkot, and Horaiot. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-021961-6.
  • Pierre Birnbaum: Sanhédrin. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 5: Pr–Sy. Metzler, Stuttgart/Weimar 2014, ISBN 978-3-476-02505-0, S. 319–323.

Zum napoleonischen Sanhedrin:

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Karlheinz Müller: Sanhedrin, Synhedrium. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 30, de Gruyter, Berlin / New York 1999, ISBN 3-11-016243-1, S. 32.
  2. Heinrich W. Guggenheimer: The Jerusalem Talmud – Fourth Order: Neziqin – Tractates Sanhedrin, Makkot, and Horaiot, Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-021960-9, S. 1 ff.
  3. Yehuda Shurpin: The Sanhedrin: The Jewish Court System. In: www.chabad.org. chabad.org, 2021, abgerufen am 24. April 2024 (englisch).
  4. Flavius Josephus: Jüdische Altertümer 14, 90–91.
  5. Meir Holder: History of the Jewish People – From Yavneh to Pumbedisa. Mesorah Publications, 1986, ISBN 0-89906-499-X, S. 19.
  6. Jens Schröter: Jesus von Nazaret. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2006, ISBN 3-374-02409-2, S. 113.
  7. Dazu ausführlich: Karlheinz Müller: Sanhedrin, Synhedrium. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 30, de Gruyter, Berlin / New York 1999, ISBN 3-11-016243-1, S. 35–38.
  8. Flavius Josephus: Jüdische Altertümer 14, 168–171.
  9. Karlheinz Müller: Sanhedrin, Synhedrium. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 30, de Gruyter, Berlin / New York 1999, ISBN 3-11-016243-1, S. 34.
  10. Thomas Söding: Der Prozess Jesu – die historischen Umstände. (pdf; 40 kB) Ruhr-Universität Bochum, 9. März 2011, abgerufen am 5. April 2021.
  11. Tilman Bechthold-Hengelhaupt.: Die Entstehung der römischen Republik und die Frage der Demokratie. In: Fächer & Schularten Sprachen und Literatur Latein Antike Kultur Römische Geschichte Tabellen, Daten und Hintergrundtexte zur römischen Geschichte Die Entstehung der römischen Republik und die Frage der Demokratie. Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Mai 2020, abgerufen im Mai 2020.
  12. Gerda Lerner , Christine Thomas .: Die Entstehung des Patriarchats. Hrsg.: Gerda Lerner , Christine Thomas . Manifest Verlag, 2023, ISBN 978-3-96156-124-7.
  13. Emil Schürer: Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, Bd. 2. Leipzig, 2. Aufl. 1907, überarbeitete englische Übersetzung von Géza Vermes und Pamela Vermès, unter dem Titel The history of the Jewish people in the age of Jesus Christ. A new English version, Bd. 2. Clark, Edinburgh 1979, ISBN 0-567-02243-9, S. 209.
  14. Shmuel Safrai: Das Zeitalter der Mischna und des Talmuds (70–640). In: Haim Hillel Ben-Sasson (Hrsg.): Geschichte des jüdischen Volkes. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. C. H. Beck, München 2. Aufl. 1981, ISBN 978-3-406-55918-1, S. 375–470, hier S. 392–393.
  15. Karlheinz Müller: Sanhedrin, Synhedrium. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 30, de Gruyter, Berlin / New York 1999, ISBN 3-11-016243-1, S. 40.
  16. Rambam/Maimonides: Mishne Torah, Hilchot Sanhedrin 4:11
  17. Rabbi Joseph Karo: Maʿaseh Beit Din. Ähnlich auch in Beit Josef: Choschen Mischpat 295.
  18. The Sanhedrin Initiative – The Sanhedrin English. In: thesanhedrin.org. Abgerufen am 9. April 2012.
  19. a b Sue Fishkoff: Steinsaltz completes Talmud translation with Global Day of Jewish Learning. In: Jewish Telegraphic Agency. 31. Oktober 2010, abgerufen am 6. April 2021 (englisch).
  20. Mishnah and the social formation of the early Rabbinic Guild : a socio-rhetorical approach. In: Jack N. Lightstone (Hrsg.): Canadian Corporation for Studies in Religion. Wilfrid Laurier University, 2002, ISBN 978-0-88920-375-4, S. 192.
  21. Ammianus Marcellinus, Res Gestae (Clark, upper critical apparatus). Abgerufen am 26. Juni 2024.
  22. Supplementum Epigraphicum GraecumReligion. Restoration of temples by Julian the Apostate, 361-363 A.D. Abgerufen am 26. Juni 2024.
  23. Supplementum Epigraphicum GraecumReligion. Restoration of temples by Julian the Apostate, 361-363 A.D. Abgerufen am 26. Juni 2024.
  24. A history of the Jewish people. 11. Auflage. Harvard Univ. Press, Cambridge, Mass 2002, ISBN 978-0-674-39731-6.
  25. The illustrated history of the Jewish people. Harcourt Brace, New York 1997, ISBN 978-0-15-100302-0.
  26. Chisholm, Hugh, (22 Feb. 1866–29 Sept. 1924), Editor of the Encyclopædia Britannica (10th, 11th and 12th editions). In: Who Was Who. Oxford University Press, 1. Dezember 2007, doi:10.1093/ww/9780199540884.013.u194658.
  27. Editors Evangelical Quarterly: An Internati: History of the Jewish Nation after the Destruction of Jerusalem under Titus. By Alfred Edersheim, Grinfield Lecturer on the Septuagint at the University of Oxford. Revised by Henry A. White, Fellow of New College, Oxford. With a Preface by William Sanday, Margaret Professor of Divinity and Canon of Christ Church, Oxford. (Baker Book House, Grand Rapids 6, Michigan, U.S.A. 1954. xiv, 553 pp. $4.20.). In: Evangelical Quarterly: An International Review of Bible and Theology. Band 26, Nr. 4, 30. Juli 1954, ISSN 0014-3367, S. 241, doi:10.1163/27725472-02604018.
  28. Lee I. Levine: The Jewish Patriarchate. In: Oxford Research Encyclopedia of Classics. Oxford University Press, 2018, ISBN 978-0-19-938113-5, doi:10.1093/acrefore/9780199381135.013.8133.
  29. Jack N. Lightstone: Mishnah and the social formation of the early rabbinic guild: a socio-rhetorical approach (= Studies in Christianity and Judaism. Nr. 11). Wilfrid Laurier Univ. Press, Waterloo, Ont. 2002, ISBN 978-0-88920-375-4.
  30. Julius H. Greenstone, Isaac Landman: The Universal Jewish Encyclopedia. In: The Jewish Quarterly Review. Band 32, Nr. 1, Juli 1941, ISSN 0021-6682, S. 97, doi:10.2307/1452335.
  31. John F. Oppenheimer (Red.) u. a.: Lexikon des Judentums. 2. Auflage. Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh u. a. 1971, ISBN 3-570-05964-2, Sp. 694.