„Quadriburgium“ – Versionsunterschied

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|Belegung von bis = 69/70 n.&nbsp;Chr.<br />bis Anfang 5.&nbsp;Jh. n.&nbsp;Chr.
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'''''Quadriburgium''''', auch '''Kastell Qualburg''', war im 1. bis 5. Jahrhundert eine [[Römisches Reich|römische]] Befestigungsanlage am [[Niedergermanischer Limes|Niedergermanischen Limes]].
Das '''Kastell Qualburg''' ([[latein]]isch möglicherweise '''''Quadriburgium''''') war im 1. bis 5.&nbsp;Jahrhundert eine [[Römisches Reich|römische]] Befestigungsanlage am [[Niedergermanischer Limes|Niedergermanischen Limes]]. Der Ort lag auf einer 17 Meter hohen, [[Alluvialboden|alluvialen]] [[Düne]] an einem heute verlandeten Altarm des [[Rhein]]s. Die Düne ist heute mit dem Ort [[Qualburg]] bei [[Bedburg-Hau]] am [[Niederrhein (Region)|Niederrhein]] überbaut. Der bei dem römischen Historiker [[Ammianus Marcellinus]] in dessen Werk ''Res gestae'' überlieferte Ortsname ''Quadriburgium'' wird in der Forschung häufig mit diesem Fundplatz gleichgesetzt, auch wenn es dafür keine sicheren Beweise gibt.
Der Ort lag auf einer 17 Meter hohen, [[Alluvium|alluvialen]] [[Düne]] an einem heute verlandeten Altarm des [[Rhein]]s. Die Düne ist heute mit dem Ort [[Qualburg]] bei [[Bedburg-Hau]] am [[Niederrhein (Region)|Niederrhein]] überbaut.

Der bei dem römischen Historiker [[Ammianus Marcellinus]] in dessen Werk ''Res gestae'' überlieferte Ortsname ''Quadriburgium'' wird allgemein mit diesem Fundplatz gleichgesetzt.


== Lage ==
== Lage ==
[[Datei:St martinus qualburg.JPG|thumb|Kirche St. Martinus.]]
[[Datei:St. Martinus Qualburg PM16-2.jpg|mini|Kirche St. Martinus]]
[[Datei:Limes1.png|thumb|Lage des Kastells Qualburg im Verlauf des Niedergermanischen Limes.]]
[[Datei:Limes1.png|mini|Lage des Kastells Qualburg im Verlauf des Niedergermanischen Limes.]]
Das heutige [[Bodendenkmal]] befindet sich in Ortslage in der Gemeinde Qualburg. Die Kirche St. Martinus erhebt sich heute über dem mutmaßlichen Zentrum des römisch-fränkischen Siedlungsplatzes.
Das heutige [[Bodendenkmal]] befindet sich in Ortslage in der Gemeinde Qualburg. Die Kirche [[St. Martinus (Qualburg)|St. Martinus]] erhebt sich heute über dem mutmaßlichen Zentrum des römisch-fränkischen Siedlungsplatzes.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
In Folge des [[Bataveraufstand]]es wurde auf der Düne eine erste, vermutlich bereits militärische Anlage errichtet. Anfang des 2. Jahrhunderts ist der militärische Charakter greifbarer. Zu dieser Zeit wurde die Anlage durch einen Doppelgraben gesichert. Zu der Befundlage innerhalb dieser Umwehrung gibt es bislang keine Erkenntnisse. Möglicherweise befand sich hier ein [[Kleinkastell]] oder eine [[Benefiziarier]]station. Um die Mitte des im 3. Jahrhunderts wurde die Befestigung Quadriburgiums von dem ''numerus Ursariensium'' erneuert und mit zwei 16 Meter breiten Gräben umgeben. Es wird angenommen, dass der ''[[Numerus (Hilfstruppe)|numerus]]'', der über einen gestempelten Ziegel belegt ist, hier stationiert war, weshalb die Anlage als [[Numeruskastell]] angesprochen wird<ref>Gechter 1987, S. 347.</ref>. Die Gräben wurden um 275 verfüllt, was auf eine Zerstörung der Anlage im Zuge der Germaneneinfälle von 275/76 hindeutet. Die Befundlage deutet auf einen Wiederaufbau unter [[Probus (Kaiser)|Probus]] hin. Kurz danach wurde das Kastell jedoch aufgelassen und erst bei den erneuten Germaneneinfällen Mitte des 4. Jahrhunderts unter [[Julian Apostata]] wieder in Betrieb genommen, wovon Ammianus Marcellinus berichtet.<ref>''Res gestae'' 18,2,4.</ref> Endgültig aufgegeben wurde der Standort erst zu Beginn des 5. Jahrhunderts.
Infolge des [[Bataveraufstand]]es wurde auf der Düne eine erste, vermutlich bereits militärische Anlage errichtet. Anfang des 2.&nbsp;Jahrhunderts ist der militärische Charakter greifbarer. Zu dieser Zeit wurde die Anlage durch einen Doppelgraben gesichert. Zu der Befundlage innerhalb dieser Umwehrung gibt es bislang keine Erkenntnisse. Möglicherweise befand sich hier ein [[Kleinkastell]] oder eine [[Benefiziarier]]station. Um die Mitte des 3.&nbsp;Jahrhunderts wurde die Befestigung ''Quadriburgiums'' von dem ''[[Numerus Ursariensium]]'' erneuert und mit zwei 16 Meter breiten Gräben umgeben. Es wird angenommen, dass der ''[[Numerus (Hilfstruppe)|numerus]]'', der über einen gestempelten Ziegel belegt ist, hier stationiert war, weshalb die Anlage als [[Numeruskastell]] angesprochen wird.<ref>Michael Gechter: ''Bedburg-Hau-Qualburg.'' In: Heinz Günter Horn (Hrsg.): ''Die Römer in Nordrhein-Westfalen''. Theiss, Stuttgart, 1987, ISBN 3-8062-0312-1, S. 347–348, hier S. 347.</ref> In der Literatur des späteren 20. Jahrhunderts wird von einer Zerstörung der Anlage im Zuge germanischer Angriffe um 275/276 ausgegangen, die sich durch den archäologischen Befund aber nicht nachweisen lässt.<ref>Stijn Heeren: ''The theory of 'Limesfall' and the material culture of the late 3<sup>rd</sup> century.'' In: ''Germania.'' Band 94, 2016, S. 185–209, hier S. 191–192.</ref> Die weitere Geschichte der Anlage hängt davon ab, ob man eine Gleichsetzung des Kastells in Qualburg mit dem Ort Quadriburgium annimmt, von dem der antike Schriftsteller Ammianus Marcellinus berichtet. Ihm zufolge habe der spätere Kaiser [[Julian (Kaiser)|Julian]] den Ort, der bis dahin eine Zivilsiedlung war, Mitte des 4. Jahrhunderts in ein Kastell umgewandelt.<ref>Ammianus Marcellinus, ''Res gestae'' 18,2,4.</ref> Da für Qualburg für das 3. Jahrhundert noch eine militärische Besatzung nachgewiesen ist, bedeutet eine Gleichsetzung mit dem bei Ammianus erwähnten Quadriburgium, dass das Militärlager um 300 aufgegeben worden und in eine Zivilsiedlung umgewandelt, nach etwa einem halben Jahrhundert aber wieder zu einem Militärstützpunkt gemacht worden wäre. Gegen diese Rekonstruktion – und damit auch gegen eine Gleichsetzung von Qualburg und Quadriburgium – könnte der Fund einer [[Zwiebelknopffibel]] sprechen, der für die Anwesenheit eines hohen Offiziers am Ort im frühen 4. Jahrhundert sprechen könnte. Endgültig aufgegeben wurde das Kastell in Qualburg erst zu Beginn des 5.&nbsp;Jahrhunderts.<ref>Stijn Heeren: ''The theory of 'Limesfall' and the material culture of the late 3<sup>rd</sup> century.'' In: ''Germania.'' Band 94, 2016, S. 185–209, hier S. 192.</ref>


== Vicus und Gräber ==
== Vicus und Gräber ==
Das Lagerdorf ([[Vicus]]) ist bislang nicht ergraben. Dennoch kann angenommen werden, dass es ohne Unterbrechung von der zweiten Hälfte des 1. bis zu Beginn des 5. Jahrhunderts bestand. Funde aus der Martinuskirche, die sich heute im Zentrum der des antiken Siedlungsbereichs befindet, weisen auf eine Siedlungskontinuität auch in fränkischer Zeit hin. Darunter sind eine durchbrochene [[Greifenschnalle]] des 7. Jahrhunderts und vier vermutlich frühere Grabplatten, auf denen die germanischen Namen „Alfruc“ und „Gerhard“ überliefert sind. Die Bestattung an der Martinuskirche weist auf eine erhaltenen gebliebene, romanische Tradition hin.
Das Lagerdorf (''[[Vicus]]'') ist bislang nicht ergraben. Dennoch kann angenommen werden, dass es ohne Unterbrechung von der zweiten Hälfte des 1. bis zu Beginn des 5.&nbsp;Jahrhunderts bestand. Funde aus der Martinuskirche, die sich heute im Zentrum des antiken Siedlungsbereichs befindet, weisen auf eine Siedlungskontinuität auch in fränkischer Zeit hin. Darunter sind eine durchbrochene [[Greifenschnalle]] des 7.&nbsp;Jahrhunderts und vier vermutlich frühere Grabplatten, auf denen die germanischen Namen „Alfruc“ und „Gerhard“ überliefert sind. Die Bestattung an der Martinuskirche weist auf eine erhaltenen gebliebene, romanische Tradition hin.


== Denkmalschutz ==
== Denkmalschutz ==
Das Kastell und der Bereich des Lagervicus sind [[Bodendenkmal]]e nach dem ''Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG)''<ref>[http://sgv.im.nrw.de/lmi/owa/pl_text_anzeigen?v_id=5720031106092634017 Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG)]</ref>. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.
Das Kastell und der Bereich des Lagervicus sind [[Bodendenkmal]]e nach dem ''Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz DSchG)''<ref>[https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=224&bes_id=4488&aufgehoben=N&menu=1&sg=0 Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG)]</ref>. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig. Zufallsfunde sind an die Denkmalbehörden zu melden.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Clive Bridger: ''Neufunde aus Qualburg.'' In: ''[[Bonner Jahrbücher]]'' 190, 1990, S.&nbsp;373–403.
* [[Julianus Egidius Bogaers]] und [[Christoph B. Rüger]]: ''Der Niedergermanische Limes. Materialien zu seiner Geschichte''. Rheinland-Verlag, Köln 1974, ISBN 3-7927-0194-4, S.&nbsp;96−98
* [[Kurt Böhner]]: ''Zur frühmittelalterlichen Besiedlungsgeschichte des Niederrheingebietes zwischen Krefeld und Kleve.'' In: ''Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern''. Band 14: ''Linker Niederrhein''. Zabern, Mainz 1969, S.&nbsp;86&nbsp;f.
* Clive Bridger: ''Neufunde aus Qualburg.'' In: ''[[Bonner Jahrbücher]]'' 190, 1990, S.&nbsp;373-403.
* [[Michael Gechter]]: ''Bedburg-Hau-Qualburg.'' In: [[Heinz Günter Horn]] (Hrsg.): ''Die Römer in Nordrhein-Westfalen''. Theiss, Stuttgart, 1987, ISBN 3-8062-0312-1, S.&nbsp;347&nbsp;f.
* [[Kurt Böhner]]: ''Zur frühmittelalterlichen Besiedlungsgeschichte des Niederrheingebietes zwischen Krefeld und Kleve.'' In: ''Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern''. Bd.&nbsp;14: ''Linker Niederrhein''. Zabern, Mainz 1969, S.&nbsp;86f.
* Stijn Heeren: ''The theory of 'Limesfall' and the material culture of the late 3<sup>rd</sup> century.'' In: ''[[Germania (Zeitschrift)|Germania]].'' Band 94, 2016, S. 185–209, hier S. 191–192.
* [[Michael Gechter]]: ''Bedburg-Hau-Qualburg.'' In: [[Heinz Günter Horn]] (Hrsg.): ''Die Römer in Nordrhein-Westfalen''. Theiss, Stuttgart, 1987, ISBN 3-8062-0312-1, S.&nbsp;347f.
* [[Heinz Günter Horn]]: ''Schneppenbaum-Qualburg – Quadriburgium''. In: [[Julianus Egidius Bogaers]] und [[Christoph B. Rüger]] (Hrsg.): ''Der Niedergermanische Limes. Materialien zu seiner Geschichte''. Rheinland-Verlag, Köln 1974, ISBN 3-7927-0194-4, S.&nbsp;96–98
* [[Harald von Petrikovits]]: ''Das römische Rheinland.'' Rheinland-Verlag, Bonn 1960 (Beiheft Bonner Jahrbücher&nbsp;8).
* [[Harald von Petrikovits]]: ''Schneppenbaum (Kreis Kleve).'' In: ''Bonner Jahrbücher.'' Band 142, 1937, S. 325–339.
* Harald von Petrikovits: ''Das römische Rheinland'' (= ''Bonner Jahrbücher.'' Beiheft 8) Rheinland-Verlag, Bonn 1960.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
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Aktuelle Version vom 14. Oktober 2023, 15:23 Uhr

Kastell Qualburg
AlternativnameQuadriburgium
LimesNiedergermanischer Limes
Datierung (Belegung)69/70 n. Chr.
bis Anfang 5. Jh. n. Chr.
TypKleinkastell
EinheitNumerus Ursariensium
Größeunbekannt
Bauweiseunbekannt
Erhaltungszustandoberirdisch nicht mehr sichtbar
OrtQualburg
Geographische Lage51° 46′ 40″ N, 6° 10′ 44″ OKoordinaten: 51° 46′ 40″ N, 6° 10′ 44″ O hf
VorhergehendHarenatium (Kastell Kleve-Rindern) (nordwestlich)
AnschließendKastell Steincheshof (südöstlich)

Das Kastell Qualburg (lateinisch möglicherweise Quadriburgium) war im 1. bis 5. Jahrhundert eine römische Befestigungsanlage am Niedergermanischen Limes. Der Ort lag auf einer 17 Meter hohen, alluvialen Düne an einem heute verlandeten Altarm des Rheins. Die Düne ist heute mit dem Ort Qualburg bei Bedburg-Hau am Niederrhein überbaut. Der bei dem römischen Historiker Ammianus Marcellinus in dessen Werk Res gestae überlieferte Ortsname Quadriburgium wird in der Forschung häufig mit diesem Fundplatz gleichgesetzt, auch wenn es dafür keine sicheren Beweise gibt.

Lage

Kirche St. Martinus
Lage des Kastells Qualburg im Verlauf des Niedergermanischen Limes.

Das heutige Bodendenkmal befindet sich in Ortslage in der Gemeinde Qualburg. Die Kirche St. Martinus erhebt sich heute über dem mutmaßlichen Zentrum des römisch-fränkischen Siedlungsplatzes.

Geschichte

Infolge des Bataveraufstandes wurde auf der Düne eine erste, vermutlich bereits militärische Anlage errichtet. Anfang des 2. Jahrhunderts ist der militärische Charakter greifbarer. Zu dieser Zeit wurde die Anlage durch einen Doppelgraben gesichert. Zu der Befundlage innerhalb dieser Umwehrung gibt es bislang keine Erkenntnisse. Möglicherweise befand sich hier ein Kleinkastell oder eine Benefiziarierstation. Um die Mitte des 3. Jahrhunderts wurde die Befestigung Quadriburgiums von dem Numerus Ursariensium erneuert und mit zwei 16 Meter breiten Gräben umgeben. Es wird angenommen, dass der numerus, der über einen gestempelten Ziegel belegt ist, hier stationiert war, weshalb die Anlage als Numeruskastell angesprochen wird.[1] In der Literatur des späteren 20. Jahrhunderts wird von einer Zerstörung der Anlage im Zuge germanischer Angriffe um 275/276 ausgegangen, die sich durch den archäologischen Befund aber nicht nachweisen lässt.[2] Die weitere Geschichte der Anlage hängt davon ab, ob man eine Gleichsetzung des Kastells in Qualburg mit dem Ort Quadriburgium annimmt, von dem der antike Schriftsteller Ammianus Marcellinus berichtet. Ihm zufolge habe der spätere Kaiser Julian den Ort, der bis dahin eine Zivilsiedlung war, Mitte des 4. Jahrhunderts in ein Kastell umgewandelt.[3] Da für Qualburg für das 3. Jahrhundert noch eine militärische Besatzung nachgewiesen ist, bedeutet eine Gleichsetzung mit dem bei Ammianus erwähnten Quadriburgium, dass das Militärlager um 300 aufgegeben worden und in eine Zivilsiedlung umgewandelt, nach etwa einem halben Jahrhundert aber wieder zu einem Militärstützpunkt gemacht worden wäre. Gegen diese Rekonstruktion – und damit auch gegen eine Gleichsetzung von Qualburg und Quadriburgium – könnte der Fund einer Zwiebelknopffibel sprechen, der für die Anwesenheit eines hohen Offiziers am Ort im frühen 4. Jahrhundert sprechen könnte. Endgültig aufgegeben wurde das Kastell in Qualburg erst zu Beginn des 5. Jahrhunderts.[4]

Vicus und Gräber

Das Lagerdorf (Vicus) ist bislang nicht ergraben. Dennoch kann angenommen werden, dass es ohne Unterbrechung von der zweiten Hälfte des 1. bis zu Beginn des 5. Jahrhunderts bestand. Funde aus der Martinuskirche, die sich heute im Zentrum des antiken Siedlungsbereichs befindet, weisen auf eine Siedlungskontinuität auch in fränkischer Zeit hin. Darunter sind eine durchbrochene Greifenschnalle des 7. Jahrhunderts und vier vermutlich frühere Grabplatten, auf denen die germanischen Namen „Alfruc“ und „Gerhard“ überliefert sind. Die Bestattung an der Martinuskirche weist auf eine erhaltenen gebliebene, romanische Tradition hin.

Denkmalschutz

Das Kastell und der Bereich des Lagervicus sind Bodendenkmale nach dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz – DSchG)[5]. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig. Zufallsfunde sind an die Denkmalbehörden zu melden.

Siehe auch

Literatur

  • Clive Bridger: Neufunde aus Qualburg. In: Bonner Jahrbücher 190, 1990, S. 373–403.
  • Kurt Böhner: Zur frühmittelalterlichen Besiedlungsgeschichte des Niederrheingebietes zwischen Krefeld und Kleve. In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern. Band 14: Linker Niederrhein. Zabern, Mainz 1969, S. 86 f.
  • Michael Gechter: Bedburg-Hau-Qualburg. In: Heinz Günter Horn (Hrsg.): Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Theiss, Stuttgart, 1987, ISBN 3-8062-0312-1, S. 347 f.
  • Stijn Heeren: The theory of 'Limesfall' and the material culture of the late 3rd century. In: Germania. Band 94, 2016, S. 185–209, hier S. 191–192.
  • Heinz Günter Horn: Schneppenbaum-Qualburg – Quadriburgium. In: Julianus Egidius Bogaers und Christoph B. Rüger (Hrsg.): Der Niedergermanische Limes. Materialien zu seiner Geschichte. Rheinland-Verlag, Köln 1974, ISBN 3-7927-0194-4, S. 96–98
  • Harald von Petrikovits: Schneppenbaum (Kreis Kleve). In: Bonner Jahrbücher. Band 142, 1937, S. 325–339.
  • Harald von Petrikovits: Das römische Rheinland (= Bonner Jahrbücher. Beiheft 8) Rheinland-Verlag, Bonn 1960.

Einzelnachweise

  1. Michael Gechter: Bedburg-Hau-Qualburg. In: Heinz Günter Horn (Hrsg.): Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Theiss, Stuttgart, 1987, ISBN 3-8062-0312-1, S. 347–348, hier S. 347.
  2. Stijn Heeren: The theory of 'Limesfall' and the material culture of the late 3rd century. In: Germania. Band 94, 2016, S. 185–209, hier S. 191–192.
  3. Ammianus Marcellinus, Res gestae 18,2,4.
  4. Stijn Heeren: The theory of 'Limesfall' and the material culture of the late 3rd century. In: Germania. Band 94, 2016, S. 185–209, hier S. 192.
  5. Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG)