„Panzerbüchse“ – Versionsunterschied

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[[Datei:PTRS 41.jpg|mini|Eine russische [[Halbautomatik|halbautomatische]] Panzerbüchse vom Typ [[Simonow PTRS-41|PTRS-41]] bzw. Panzerbüchse 784(r) oder PzB 784(r) mit einem Kaliber von 14,5 mm]]
[[Datei:PTRS 41.jpg|mini|Eine sowjetische [[Selbstlader|Selbstladepanzerbüchse]] vom Typ [[Simonow PTRS-41|PTRS-41]] im Kaliber 14,5 mm]]
Die '''Panzerbüchse''' gehört zu den [[Panzerabwehrhandwaffe]]n und dient zur [[Panzerabwehr|Bekämpfung]] von [[Panzer]]n und gepanzerten Fahrzeugen. Entwickelt wurden diese Waffen zwischen den beiden [[Weltkrieg]]en, kurz nach dem Aufkommen der ersten Panzer im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]]. Es handelt sich um schwere, großkalibrige Gewehre, die mit besonders starker Treibladung panzerbrechende [[Wuchtgeschoss]]e verschießen. Das Ziel ist, die Panzerung durch die [[kinetische Energie]] des Geschosses zu durchschlagen und somit die Besatzung bzw. wichtige Bestandteile des Panzers außer Gefecht zu setzen.
Die '''Panzerbüchse''' gehört zu den [[Panzerabwehrhandwaffe]]n und dient zur [[Panzerabwehr|Bekämpfung]] von [[Panzer]]n und gepanzerten Fahrzeugen. Entwickelt wurden diese Waffen zwischen den beiden [[Weltkrieg]]en, kurz nach dem Aufkommen der ersten Panzer im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]]. Es handelt sich um schwere, großkalibrige Gewehre, die mit besonders starker Treibladung panzerbrechende Geschosse verschießen. Das Ziel ist, die Panzerung zu durchschlagen und die Besatzung bzw. wichtige Bestandteile des Panzers außer Gefecht zu setzen.


Durch die starke Munition bedingt ist der Rückstoß für den Schützen enorm. Spätere Entwicklungen versuchten den Rückstoß mit mechanischen Maßnahmen (beispielsweise beweglichen Läufen) und [[Mündungsbremse]]n zu verringern.
Durch die starke Munition bedingt ist der Rückstoß für den Schützen enorm. Spätere Entwicklungen versuchten den Rückstoß mit mechanischen Maßnahmen (beispielsweise beweglichen Läufen) und [[Mündungsbremse]]n zu verringern.

== Abgrenzung ==
Von [[Reaktive Panzerbüchse|reaktiven Panzerbüchsen]] wird im Unterschied zur herkömmlichen Panzerbüchse meist eine [[Hohlladung]] verschossen, um die Panzerung zu durchschlagen; das Hohlladungsgeschoss fliegt hier raketengetrieben mit deutlich geringerer Geschwindigkeit als das von der Panzerbüchse verschossene Hartgeschoss.


== Entwicklung ==
== Entwicklung ==
Schon zu Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] zeigte sich, dass die Panzerbüchsen den Wettlauf mit den immer dicker werdenden Panzerungen nicht gewinnen konnten. Bei neueren Panzern erreichten sie nicht mehr die geforderten Durchschlagleistungen, da diese proportional mit ihrem Gewicht (Kaliber und Rohrlänge) ansteigt. Die Grenzen des tragbaren Gewichts und des akzeptablen Rückschlags wurden erreicht. Deswegen wurden bereits in der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs kaum noch Waffen dieser Art produziert. An ihre Stelle traten Waffen, die [[Hohlladung]]smunition verschossen.
Schon zu Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] zeigte sich, dass die Panzerbüchsen den Wettlauf mit den immer dicker werdenden Panzerungen nicht gewinnen konnten. Sie erreichten nicht mehr die geforderten Durchschlagleistungen, da diese proportional mit ihrem Gewicht (Kaliber und Rohrlänge) ansteigt. Die Grenzen des tragbaren Gewichts und des akzeptablen Rückstoßes wurden erreicht. Deswegen wurden bereits in der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs kaum noch Waffen dieser Art produziert. An ihre Stelle traten [[Reaktive Panzerbüchse|reaktive Panzerbüchsen]], die [[Hohlladung]]smunition verschossen. Das Hohlladungsgeschoss fliegt hier mit deutlich geringerer Geschwindigkeit als das Geschoss einer Panzerbüchse.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Hochleistungsgewehre erschienen zuerst um 1800 für die Jagd auf Großwild. Aus der Zeit stammt der Begriff [[Elefantenbüchse]]. Panzerbüchsen schlagen denselben Pfad ein – ein möglichst großes (= massereiches) Geschoss mit möglichst hoher Geschwindigkeit ins Ziel zu bringen.
Hochleistungsgewehre erschienen zuerst um 1800 für die Jagd auf Großwild. Aus der Zeit stammt der Begriff [[Elefantenbüchse]]. Panzerbüchsen schlagen denselben Pfad ein – ein möglichst großes (= massereiches) Geschoss mit möglichst hoher Geschwindigkeit ins Ziel zu bringen.


Die Panzerbüchsen wurden nach den ersten Panzereinsätzen des Ersten Weltkrieges entwickelt, gedacht als eine geeignete Abwehrwaffe der Infanterie gegen Panzer. Mangels Alternativen wurden die Panzer anfänglich im direkten Beschuss mit herkömmlichen [[Artillerie]]-Kanonen und mit improvisierten Sprengmitteln bekämpft. Es zeigte sich aber schnell, dass die neue Waffe „Panzer“ auch die Entwicklung einer entsprechenden Waffe als Gegenmaßnahme erforderte.
Die Panzerbüchsen wurden nach den ersten Panzereinsätzen des Ersten Weltkrieges entwickelt, gedacht als eine geeignete Abwehrwaffe der Infanterie gegen Panzer. Mangels Alternativen wurden die Panzer anfänglich im direkten Beschuss mit herkömmlichen [[Artillerie]]-Kanonen und mit improvisierten Sprengmitteln bekämpft. Es zeigte sich aber schnell, dass die neue Waffe „Panzer“ auch die Entwicklung einer entsprechenden Abwehrwaffe erforderte.


Die erste Panzerbüchse war das deutsche [[Tankgewehr M1918]] von Mauser im Kaliber 13,25 × 92 mm HR, das nach einer Entwicklungszeit von nur vier Monaten kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs zum Einsatz kam. Die Waffe basierte auf dem [[Gewehr 98]] von Mauser und konnte Panzerungen von etwa 20 Millimetern auf eine Entfernung von 100–200 Metern bei einem Auftreffwinkel von 90 Grad durchschlagen, war aber durch ihre Größe (etwa 180 Zentimeter lang und 17 Kilogramm schwer) extrem unhandlich. Der Rückstoß war ebenfalls gewaltig, bereits nach wenigen Schüssen bekam der Schütze Kopf- und Gliederschmerzen und musste abgelöst werden. Später wurde die Waffe durch die [[Panzerbüchse 38/39]] mit dem Kaliber 7,92 × 94 mm ersetzt.
Die erste Panzerbüchse war das deutsche [[Tankgewehr M1918]] von Mauser im Kaliber [[13 × 92 mm HR]], das nach einer Entwicklungszeit von nur vier Monaten kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs zum Einsatz kam. Die Waffe stellte im Prinzip ein vergrößertes [[Gewehr 98]] dar und konnte Panzerungen von etwa 20 Millimeter Dicke auf eine Entfernung von 100–200 Metern bei einem Auftreffwinkel von 90 Grad durchschlagen. Durch ihre Größe (etwa 180 Zentimeter lang und 17 Kilogramm schwer) war sie sehr unhandlich. Der Rückstoß war ebenfalls gewaltig, bereits nach wenigen Schüssen bekam der Schütze Kopf- und Gliederschmerzen und musste abgelöst werden.


Zwischen den Weltkriegen wurde eine Vielzahl weiterer Panzerbüchsen eingeführt. Teilweise bestanden die Geschosse aus bestimmten Metallen (beispielsweise [[Wolfram]]), was ihnen eine bessere Durchschlagskraft verlieh. Das größte verwendete Kaliber betrug 20 Millimeter, so etwa die Finnische [[Lahti L-39]] – die Waffen wogen damit über 50 Kilogramm. Die Grenze des technisch Machbaren war erreicht.
Zwischen den Weltkriegen wurde eine Vielzahl weiterer Panzerbüchsen eingeführt. Teilweise bestanden die Geschosse aus bestimmten Metallen (beispielsweise [[Wolfram]]), was ihnen eine höhere [[Durchschlagskraft]] verlieh. Das größte verwendete Kaliber betrug 20&nbsp;Millimeter, so etwa die finnische [[Lahti&nbsp;L-39]], die über 50&nbsp;Kilogramm wog. Die Grenze des technisch Machbaren war erreicht. Deutschland war durch den [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrag]] die Entwicklung von Panzerbüchsen verboten; vorhandene Tankgewehre mussten abgeliefert werden.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.whq-forum.de/cms/413.0.html |wayback=20100403114120 |text=www.waffenhq.de: ''Das Tankgewehr M1918'' }}</ref> Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die [[Panzerbüchse 38]] im Kaliber [[7,92 × 94 mm]] entwickelt.<ref>{{Internetquelle | url=http://world.guns.ru/atr-e.html | titel=Anti-tank rifles | autor=Maxim Popenker | hrsg=world.guns.ru | werk=Modern Firearms | datum= | archiv-url= | archiv-datum= | zugriff=2015-10-05 | sprache=en | format= | offline= }}</ref>


Trotzdem bekämpfte die [[Rote Armee]] mit den [[PTRD (Waffe)|PTRD]] und [[PTRS]] in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs teilweise erfolgreich deutsche Panzer wie den [[Panzerkampfwagen III]]. Da eine nur einmal durchschlagene Panzerung selten für den Panzer fatal war, setzten die Russen oft mehrere Panzerbüchsen gleichzeitig ein. Panzerbüchsen wie die PTRS waren jedoch halbautomatisch, was eine höhere Schussfolge begünstigte.
Die [[Rote Armee]] bekämpfte mit den [[PTRD]] und [[PTRS]] in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs teilweise erfolgreich deutsche Panzer wie den [[Panzerkampfwagen III]]. Da ein Treffer meist nicht ausreichte, um den Panzer außer Gefecht zu setzen, setzten die sowjetischen Soldaten oft mehrere Panzerbüchsen gleichzeitig ein. Die Selbstladebüchse PTRS ermöglichte eine höhere Schussfolge.


Teilweise wurden die Panzerbüchsen auch im Häuserkampf gegen Infanterie eingesetzt.
Teilweise wurden die Panzerbüchsen auch im Häuserkampf gegen Infanterie eingesetzt.
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Mit zunehmender Panzerung waren diese Waffen aber nicht mehr effektiv, so dass wirksamere Panzerabwehrwaffen entwickelt wurden.
Mit zunehmender Panzerung waren diese Waffen aber nicht mehr effektiv, so dass wirksamere Panzerabwehrwaffen entwickelt wurden.


Ende der 1980er-Jahre wurden den Panzerbüchsen jedoch eine Wiederentdeckung zuteil. Abweichend von ihrer ursprünglichen Form werden sie heute von militärischen und polizeilichen Spezialeinheiten als [[Anti-materiel rifle]]s zur Bekämpfung leicht- und ungepanzerter Ziele sowie zur [[Scharfschütze]]nbekämpfung verwendet.
Ende der 1980er-Jahre wurde den Panzerbüchsen jedoch eine Wiederentdeckung zuteil. Abweichend von ihrer ursprünglichen Form werden sie heute von militärischen und polizeilichen Spezialeinheiten als [[Anti-materiel rifle]]s zur Bekämpfung leicht- und ungepanzerter Ziele sowie zur [[Scharfschütze]]nbekämpfung verwendet.


== Liste nach Herstellerland ==
== Liste nach Herstellerland ==
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! Land
! Land
! Panzerbüchse
! Panzerbüchse
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| Sowjetunion
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| [[PTRD (Waffe)|PTRD]]
| [[PTRD]]
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| Sowjetunion
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| [[Simonow PTRS-41|PTRS]]
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| Deutschland
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| [[Panzerbüchse 38/39]]
| [[Panzerbüchse 38]]
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| [[Panzerbüchse 39]]
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| Deutschland
| [[2,8-cm-schwere Panzerbüchse 41|Schwere Panzerbüchse 41]]
| [[2,8-cm-schwere Panzerbüchse 41|Schwere Panzerbüchse 41]]
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| 97-Shiki ([[Typ 97 Automatische Kanone]]) 20 mm
| 97-Shiki ([[Typ 97 Automatische Kanone]]) 20 mm
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| Tschechoslowakei / Deutsches Reich
| Schweiz
| Solothurn 7,92 mm MSS 41
| [[Panzerbüchse M.SS41]] [[7,92 × 94 mm]]
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| Schweiz
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| [[Schwere Panzerbüchse Oerlikon]]
| [[Schwere Panzerbüchse Oerlikon]]
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| [[Solothurn S18/100|Solothurn S18]] 20 mm
| Schweiz
| [[Solothurn S-18/100|Solothurn S-18]] 20 mm
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| [[Steyr HS]]
| [[Steyr HS]]
|}
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== Reaktive Panzerbüchsen ==
Da die oben beschriebenen herkömmlichen Panzerbüchsen gegen die immer stärker werdenden Panzerungen immer weniger ausrichten konnten, wurden seit dem Zweiten Weltkrieg vermehrt [[Reaktive Panzerbüchse]]n entwickelt. Dabei handelt es sich nicht um [[Büchse]]n im eigentlichen Sinne, sondern um tragbare großkalibrige Waffen, bei denen ein Teil der Verbrennungsgase der [[Treibladung]] nach hinten aus dem an beiden Enden offenen Rohr ausgestoßen wird, wodurch kein [[Rückstoß]] auftritt. Verschossen werden meist [[High Explosive Anti Tank|HEAT]]- bzw. [[Hohlladung]]sgeschosse, die auch bei geringen Geschossgeschwindigkeiten eine hohe [[Durchschlagskraft]] besitzen.<ref>Reiner Lidschun, Günter Wollert: ''Infanteriewaffen - Illustrierte Enzyklopädie der Infanteriewaffen aus aller Welt'', Brandenburgisches Verlagshaus, 1998, ISBN 3-89488-057-0. S. 41</ref>

== Literatur ==
* Gordon L. Rottman: ''World War II Infantry Anti-Tank Tactics'' Osprey Publishing, 2005, Seite 47, ISBN 978-1-84176-842-7. [https://web.archive.org/web/20180515174100/https://www.educacion-holistica.org/notepad/documentos/War/Elite/World%20War%20II%20Infantry%20Anti-Tank%20Tactics.pdf (67 Seiten online-PDF)]
* Vorschrift der Wehrmacht: Merkblatt 77/2 ''8,8 cm R-Panzerbüchse 54 (Ofenrohr) Richtlinien für Ausbildung und Einsatz'', 1943, ISBN 978-3-75683-691-8


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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== Einzelnachweise ==
<references />


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Aktuelle Version vom 18. Mai 2023, 07:59 Uhr

Eine sowjetische Selbstladepanzerbüchse vom Typ PTRS-41 im Kaliber 14,5 mm

Die Panzerbüchse gehört zu den Panzerabwehrhandwaffen und dient zur Bekämpfung von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen. Entwickelt wurden diese Waffen zwischen den beiden Weltkriegen, kurz nach dem Aufkommen der ersten Panzer im Ersten Weltkrieg. Es handelt sich um schwere, großkalibrige Gewehre, die mit besonders starker Treibladung panzerbrechende Geschosse verschießen. Das Ziel ist, die Panzerung zu durchschlagen und die Besatzung bzw. wichtige Bestandteile des Panzers außer Gefecht zu setzen.

Durch die starke Munition bedingt ist der Rückstoß für den Schützen enorm. Spätere Entwicklungen versuchten den Rückstoß mit mechanischen Maßnahmen (beispielsweise beweglichen Läufen) und Mündungsbremsen zu verringern.

Entwicklung

Schon zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zeigte sich, dass die Panzerbüchsen den Wettlauf mit den immer dicker werdenden Panzerungen nicht gewinnen konnten. Sie erreichten nicht mehr die geforderten Durchschlagleistungen, da diese proportional mit ihrem Gewicht (Kaliber und Rohrlänge) ansteigt. Die Grenzen des tragbaren Gewichts und des akzeptablen Rückstoßes wurden erreicht. Deswegen wurden bereits in der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs kaum noch Waffen dieser Art produziert. An ihre Stelle traten reaktive Panzerbüchsen, die Hohlladungsmunition verschossen. Das Hohlladungsgeschoss fliegt hier mit deutlich geringerer Geschwindigkeit als das Geschoss einer Panzerbüchse.

Geschichte

Hochleistungsgewehre erschienen zuerst um 1800 für die Jagd auf Großwild. Aus der Zeit stammt der Begriff Elefantenbüchse. Panzerbüchsen schlagen denselben Pfad ein – ein möglichst großes (= massereiches) Geschoss mit möglichst hoher Geschwindigkeit ins Ziel zu bringen.

Die Panzerbüchsen wurden nach den ersten Panzereinsätzen des Ersten Weltkrieges entwickelt, gedacht als eine geeignete Abwehrwaffe der Infanterie gegen Panzer. Mangels Alternativen wurden die Panzer anfänglich im direkten Beschuss mit herkömmlichen Artillerie-Kanonen und mit improvisierten Sprengmitteln bekämpft. Es zeigte sich aber schnell, dass die neue Waffe „Panzer“ auch die Entwicklung einer entsprechenden Abwehrwaffe erforderte.

Die erste Panzerbüchse war das deutsche Tankgewehr M1918 von Mauser im Kaliber 13 × 92 mm HR, das nach einer Entwicklungszeit von nur vier Monaten kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs zum Einsatz kam. Die Waffe stellte im Prinzip ein vergrößertes Gewehr 98 dar und konnte Panzerungen von etwa 20 Millimeter Dicke auf eine Entfernung von 100–200 Metern bei einem Auftreffwinkel von 90 Grad durchschlagen. Durch ihre Größe (etwa 180 Zentimeter lang und 17 Kilogramm schwer) war sie sehr unhandlich. Der Rückstoß war ebenfalls gewaltig, bereits nach wenigen Schüssen bekam der Schütze Kopf- und Gliederschmerzen und musste abgelöst werden.

Zwischen den Weltkriegen wurde eine Vielzahl weiterer Panzerbüchsen eingeführt. Teilweise bestanden die Geschosse aus bestimmten Metallen (beispielsweise Wolfram), was ihnen eine höhere Durchschlagskraft verlieh. Das größte verwendete Kaliber betrug 20 Millimeter, so etwa die finnische Lahti L-39, die über 50 Kilogramm wog. Die Grenze des technisch Machbaren war erreicht. Deutschland war durch den Versailler Vertrag die Entwicklung von Panzerbüchsen verboten; vorhandene Tankgewehre mussten abgeliefert werden.[1] Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die Panzerbüchse 38 im Kaliber 7,92 × 94 mm entwickelt.[2]

Die Rote Armee bekämpfte mit den PTRD und PTRS in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs teilweise erfolgreich deutsche Panzer wie den Panzerkampfwagen III. Da ein Treffer meist nicht ausreichte, um den Panzer außer Gefecht zu setzen, setzten die sowjetischen Soldaten oft mehrere Panzerbüchsen gleichzeitig ein. Die Selbstladebüchse PTRS ermöglichte eine höhere Schussfolge.

Teilweise wurden die Panzerbüchsen auch im Häuserkampf gegen Infanterie eingesetzt.

Mit zunehmender Panzerung waren diese Waffen aber nicht mehr effektiv, so dass wirksamere Panzerabwehrwaffen entwickelt wurden.

Ende der 1980er-Jahre wurde den Panzerbüchsen jedoch eine Wiederentdeckung zuteil. Abweichend von ihrer ursprünglichen Form werden sie heute von militärischen und polizeilichen Spezialeinheiten als Anti-materiel rifles zur Bekämpfung leicht- und ungepanzerter Ziele sowie zur Scharfschützenbekämpfung verwendet.

Liste nach Herstellerland

Land Panzerbüchse
Erster Weltkrieg
Deutschland Tankgewehr M1918
Zweiter Weltkrieg
Sowjetunion PTRD
PTRS
Deutschland Panzerbüchse 38
Panzerbüchse 39
Schwere Panzerbüchse 41
Polen Karabin przeciwpancerny wz.35
Großbritannien Panzerbüchse Boys
Finnland L-39 20 mm Lahti
Japan 97-Shiki (Typ 97 Automatische Kanone) 20 mm
Tschechoslowakei / Deutsches Reich Panzerbüchse M.SS41 7,92 × 94 mm
Schweiz Schwere Panzerbüchse Oerlikon
Solothurn S18 20 mm
Anti-materiel rifles
USA Barrett M82A1
Kroatien RT-20
Ungarn Gepard 12,7 mm
Südafrika NTW-20
Österreich Steyr HS

Reaktive Panzerbüchsen

Da die oben beschriebenen herkömmlichen Panzerbüchsen gegen die immer stärker werdenden Panzerungen immer weniger ausrichten konnten, wurden seit dem Zweiten Weltkrieg vermehrt Reaktive Panzerbüchsen entwickelt. Dabei handelt es sich nicht um Büchsen im eigentlichen Sinne, sondern um tragbare großkalibrige Waffen, bei denen ein Teil der Verbrennungsgase der Treibladung nach hinten aus dem an beiden Enden offenen Rohr ausgestoßen wird, wodurch kein Rückstoß auftritt. Verschossen werden meist HEAT- bzw. Hohlladungsgeschosse, die auch bei geringen Geschossgeschwindigkeiten eine hohe Durchschlagskraft besitzen.[3]

Literatur

Commons: Panzerbüchsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. www.waffenhq.de: Das Tankgewehr M1918 (Memento vom 3. April 2010 im Internet Archive)
  2. Maxim Popenker: Anti-tank rifles. In: Modern Firearms. world.guns.ru, abgerufen am 5. Oktober 2015 (englisch).
  3. Reiner Lidschun, Günter Wollert: Infanteriewaffen - Illustrierte Enzyklopädie der Infanteriewaffen aus aller Welt, Brandenburgisches Verlagshaus, 1998, ISBN 3-89488-057-0. S. 41