„Otto Regenbogen (Philologe)“ – Versionsunterschied

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Version vom 28. Oktober 2009, 19:23 Uhr

Otto Regenbogen (* 14. Februar 1891 in Neumarkt in Schlesien; † 8. November 1966 in Heidelberg) war ein deutscher klassischer Philologe. Er war ein entschiedener Vertreter des „Dritten Humanismus“ und zog als Professor für Klassische Philologie in Heidelberg ab 1925 eine große Schülerschaft an sich. Da er die jüdische Abstammung seiner Ehefrau verspätet meldete, wurde er 1935 von den Nationalsozialisten zwangsweise beurlaubt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beteiligte er sich rege am Wiederaufbau der Universität und erhielt seine Professur zurück. Seine Forschungsarbeit bezog sich besonders auf die antike Naturwissenschaft und Medizin, die Tragödien Senecas, den Schriftsteller Lukrez sowie auf Einzelfragen zu Aischylos, Homer und Platon. In der Lukrezforschung nimmt er eine Außenseiterrolle ein;[1] seine Interpretation der Seneca-Tragödien führte dagegen zu einer positiveren Bewertung des Dichters, die bis heute fortwirkt.[2]

Leben

Otto Regenbogen wurde am 14. Februar 1891 in der schlesischen Kreisstadt Neumarkt als Sohn des Veterinärmediziners Otto Regenbogen (1854–1925) und seiner Frau Karoline geb. Spies geboren. Sein Vater wurde 1898 als ordentlicher Professor an die Tierärztliche Hochschule Berlin berufen. Otto Regenbogen besuchte ab 1900 das Berliner Friedrichs-Gymnasium, wo ihn nach eigenem Bekunden[3] besonders die altsprachlichen Lehrer Heinrich Buermann[4], Johannes Fischer[5] und Adolf Trendelenburg[6] beeinflussten. Darum bezog Regenbogen nach der Reifeprüfung zum Sommersemester 1909 die Berliner Universität, um Klassische Philologie und Germanistik zu studieren. Das Sommersemester 1910 verbrachte er in Göttingen, wo er unter anderem bei Paul Wendland ein philologisches Seminar und bei Jacob Wackernagel eine sprachwissenschaftliche Übung besuchte.[7] Am meisten beeinflussten ihn seine Berliner Lehrer Hermann Diels und Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff,[8] die ihn auch zu seiner Dissertation anregten: Am 20. Mai 1914 wurde Regenbogen mit den Symbola Hippocratea promoviert.

Gymnasiallehrer in Berlin

Während er sich auf das Staatsexamen vorbereitete, brach der Erste Weltkrieg aus. Regenbogen meldete sich zum Jahresende freiwillig als Krankenpfleger und trat den Dienst im Januar 1915 an. Am 15. Juni 1915 bestand Regenbogen mit Auszeichnung das Erste Staatsexamen für die Fächer Latein, Griechisch und Deutsch;[9] das Probejahr wurde ihm erlassen. Für seinen Einsatz als Krankenpfleger erhielt er am 27. Januar 1916 das Rote Kreuz für Mediziner (3. Klasse).[9] Im Februar beendete er den Dienst und kehrte nach Berlin zurück, wo er im April am Mommsen-Gymnasium in Charlottenburg sein Seminarjahr begann. Am 1. April 1918 wurde er zum Oberlehrer ernannt. Nebenbei bemühte sich Regenbogen auch um sein akademisches Fortkommen und betrieb seine Habilitation an der Berliner Universität, die er 1920 erreichte. Seine Antrittsvorlesung Hippokrates und die Hippokratische Sammlung ging auf die Anregung Diels’ zurück. Schon damals bot Wilamowitz seinem Schüler eine Stelle an der Universität an, aber Regenbogen lehnte ab, weil er seine Gymnasialklasse zum Abitur führen wollte.[10]

Als Wilamowitz 1921 emeritiert wurde, ging Regenbogen als nebenamtlicher Privatdozent an die Universität Berlin. Hier lernte er Werner Jaeger kennen, der zum Nachfolger von Wilamowitz berufen worden war. Der Kontakt mit Jaeger war ein bestimmendes Ereignis in seinem Leben. Durch die Eindrücke des Ersten Weltkriegs war Regenbogen in seiner Zeit als Gymnasiallehrer bewusst geworden, dass es seiner Generation an klaren inneren Werten fehlte. Die Dekonstruktion des Humanismuskonzepts aus dem 19. Jahrhundert setzte die Lernenden „dem ewig Vorläufigen“ aus.[11] Darum schloss sich Regenbogen in den 20er Jahren dem neuen Humanismuskonzept an, das von Werner Jaeger in Berlin und Julius Stenzel in Breslau vertreten wurde. Die Neubesinnung bestand darin, dass der Humanismus nicht mehr als absolutes Ideal (klassizistisch), sondern als zeitlich verankertes Beispiel (historisch) verstanden wurde. Der Fixpunkt für den neuen Humanismus Jaegers und seiner Anhänger war das griechische Konzept der Paideia, wie sie von Platon propagiert worden war. Regenbogen nahm sich vor, dieses neue Konzept in der akademischen Lehre umzusetzen. Am 1. April 1923 verließ er das Gymnasium und ging als außerordentlicher Professor für Klassische Philologie an die Berliner Universität.

Professor in Heidelberg

Schon zwei Jahre später erhielt Regenbogen einen Ruf auf den Lehrstuhl für Klassische Philologie an der Universität Heidelberg, der mit dem Tode Franz Bolls (1924) vakant war. Regenbogen nahm den Ruf an und zog nach Heidelberg, wo er bis an sein Lebensende wirkte. Er arbeitete auf landesweiten Kongressen daran mit, Jaegers Humanismuskonzept weiterzuentwickeln. 1929 wurde er zum Ersten Vorsitzenden des Deutschen Altphilologenverbandes gewählt, dem er seit seiner Gründung (1925) angehörte. Im selben Jahr wählte ihn auch die Heidelberger Akademie der Wissenschaften zum ordentlichen Mitglied ihrer Philosophisch-Historischen Klasse.

Regenbogens akademisches Wirken in Heidelberg wurde schon früh allgemein anerkannt, was sich daran zeigte, dass er von vielen Universitäten als Berufungskandidat gehandelt wurde. So heißt es in einem Gutachten der Universität Freiburg von 1931: „Alle seine Arbeiten … bedeuten eine entschiedene sachliche wie methodische Förderung der Wissenschaft. … Durch die ihm eigene eindringende Kraft des geschriebenen wie gesprochenen Worts versteht R[egenbogen] lebendig anzuregen und sich zu führen. Ein starkes persönliches Ethos im Bunde mit einem in langer Erfahrung erprobten didaktischen Geschick macht ihn zum Lehrer von zündender Wirkung.“[12]. Damals stand Regenbogen an zweiter Stelle hinter Eduard Fraenkel. 1931 lehnte er einen Ruf der Universität Basel (als Nachfolger Kurt Lattes) ab, den 1932 Harald Fuchs annahm. 1933 wurde Regenbogen hinter Wolfgang Schadewaldt als Nachfolger von Alfred Körte in Leipzig gehandelt. Gemeinsam mit Schadewaldt und Werner Jaeger wurde Regenbogen 1934 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen.[13]

Disziplinarverfahren und Verbannung vom Lehramt 1935–1945

Während der Zeit des Nationalsozialismus wahrte Regenbogen Distanz zur Ideologie der Machthaber. In seinem Amt verhielt er sich möglichst unparteiisch. So unterstützte er die Berufung des nationalsozialistisch gesinnten Pädagogen Ernst Krieck (1934)[14] und die seines Schülers Hans Oppermann (1935), eines bekennenden Nationalsozialisten, durch positive Gutachten.[15] Im selben Jahr kam für Regenbogen das berufliche Verhängnis: Seit 1929 war er mit Dora Schöll verheiratet, der Tochter des Heidelberger Philologen Fritz Schöll, deren Großmutter eine konvertierte Jüdin war.[16] In seinem „Ariernachweis“ vom 18. Juni 1935 hatte Regenbogen die Herkunft seiner Frau mit „arisch“ angegeben. Später erklärte er, er habe nicht gewusst, dass die Großmutter seiner Frau erst im Alter von vier oder fünf Jahren getauft worden war und seine Frau somit als „jüdischer Mischling“ galt. Ungeachtet dieser Erklärung leitete der Rektor der Universität Heidelberg, Wilhelm Groh, am 19. September 1935 ein Disziplinarverfahren gegen Regenbogen ein.[17] Gleichzeitig enthob er ihn seines Amtes und kürzte seine Bezüge um 20%, „weil er die ihm als Beamten obliegende Pflicht, sich durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung und des Vertrauens, die sein Beruf erfordert, würdig zu erweisen, verletzt hat“.[18]

Der Rektor empfahl Regenbogen, die beim Ministerium geführten Akten zu berichtigen. Regenbogens Anwalt Leonhard wandte sich an den Dekan Günther um Unterstützung, der jedoch dieses „dreiste Schreiben“ an den Rektor weiterreichte. Unter wachsendem Druck trat Regenbogen 1936 vom Vorsitz des Deutschen Altphilologenverbandes zurück. Im Januar 1937 bat er um eine Reiseerlaubnis nach Uppsala, die der Dekan unter Hinweis auf das immer noch schwebende Disziplinarverfahren ablehnte. In erster Instanz wurde Regenbogen zu fünf Jahren Dienstentlassung bei 75% des Ruhegehalts verurteilt; dieses Urteil wurde jedoch revidiert. Als Regenbogen eine Einladung nach Basel erhielt, empfahl ihm der damalige Rektor Krieck, freiwillig abzusagen.[19] Am 22. Juni erhielt Regenbogen einen Verweis und wurde zu einer Geldstrafe von 300 Mark (etwa 30% eines Monatsgehalts) verurteilt. Das Ministerium erwägte, ihn an eine andere Universität zu versetzen.[20] Diese Pläne erübrigten sich, als der Reichsstatthalter ihn am 24. September 1937 gemäß § 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand versetzte.[21] Regenbogen unternahm keine weiteren Schritte gegen dieses Urteil, weil er das – wie er dem Rektor Krieck schrieb – für nutzlos hielt.

Zu Regenbogens Nachfolger auf dem Lehrstuhl wurde 1937 Hildebrecht Hommel berufen, der 1945 von den Amerikanern abgesetzt wurde.[22]

Nachkriegszeit

Nach Kriegsende bemühte sich Regenbogen sofort um seinen Wiedereintritt in die akademische Lehre. Bereits im April 1945, kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner in Heidelberg, beriet er in der Wohnung des SPD-Politikers Emil Henk mit den Professoren Alfred Weber, Else Jaffé, Karl Jaspers und Alexander Mitscherlich die Zukunft der Universität Heidelberg. Auf Initiative des Counter Intelligence Corps wurde nach kurzer Zeit der sogenannte „Dreizehnerausschuss“ gebildet, der unter der Leitung von Martin Dibelius den Wiederaufbau der universitären Selbstverwaltung organisierte. Im August wurde Regenbogen zum Dekan der Philosophischen Fakultät ernannt. Ein Unterausschuss des „Dreizehnerausschusses“, dem auch Otto Regenbogen angehörte, sollte die NS-treuen Professoren und Dozenten politisch bewerten. Diese Arbeit wurde jedoch durch die Entlassungsmaßnahmen der amerikanischen Besatzungsmacht im Zuge der Entnazifizierung von 1945/1946 zunichte gemacht.[23] Regenbogen setzte sich damals für eine differenzierte Behandlung der Dozenten ein: Er wollte diejenigen, die sich aktiv für das Naziregime eingesetzt hatten, von der Universität verbannt wissen, die anderen aber, auch wenn sie in die NSDAP oder in die SS eingetreten waren, wollte er nach Möglichkeit im Lehrbetrieb belassen.[24]

Am 7. September 1945 wurde Regenbogen wieder in sein Amt als Professor eingesetzt. Er erhielt dafür die Planstelle des Ordinarius für Volkskunde Eugen Fehrle, eines Nationalsozialisten und SS-Mitglieds, der von den Amerikanern seines Amtes enthoben war. Der Lehrstuhl für Volkskunde wurde zum Lehrstuhl für Klassische und Germanische Philologie umgestaltet. Als Dekan wurde Regenbogen 1946 durch Wahl für ein Jahr bestätigt. Am 12. September 1946 wählte ihn die Berliner Akademie der Wissenschaften zum korrespondierenden Mitglied. Einen Ruf an die Humboldt-Universität zu Berlin (1947) lehnte er ab. Nach dem Ende seines Dekanats fungierte Regenbogen von 1948 bis 1949 als Sekretar der Philosophisch-Historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Von 1951 bis 1954 gehörte er der Vorstand des Deutschen Altphilologenverbandes an, dessen Ehrenmitglied er später wurde. Im Frühjahr 1953 hielt er sich als Gastprofessor an der Universität Uppsala auf und wurde zum Ausländischen Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften ernannt.

1959 wurde Regenbogen im Alter von 68 Jahren emeritiert. Zu seinem Nachfolger wurde Franz Dirlmeier berufen, der nach seiner Entlassung in München 1945 als Professor in Mainz und Würzburg gewirkt hatte. Er gab 1961 die Kleinen Schriften seines Vorgängers mit einem Porträt und einem Schriftenverzeichnis heraus. In seinen letzten Jahren nahm Regenbogens Schaffenskraft aufgrund eines Nervenleidens ab. Dennoch wurden ihm hohe öffentliche Ehren zuteil: 1962 erhielt er den Königlichen Griechischen Georgsorden, am 25. Mai 1966 das Große Bundesverdienstkreuz. Am 8. November 1966 starb Otto Regenbogen im Alter von 75 Jahren nach längerer Krankheit. Die Philosophische Fakultät der Universität Heidelberg richtete ihm zu Ehren am 18. Dezember 1966 eine Gedenkfeier aus.[25]

Zu seinen Schülern zählten Hermann Gundert, Hans Oppermann, Viktor Pöschl, Paul Händel, Alexander Kleinlogel, Christoff Neumeister und Gert Preiser.

Leistungen

Otto Regenbogen war auf weiten Gebieten der Altertumswissenschaft tätig. Er beschäftigte sich mit der antiken Philosophie und Naturwissenschaft, besonders mit der Medizingeschichte, sowie mit der griechisch-römischen Geschichtsschreibung und den römischen Dichtern der Klassik und Nachklassik. In seiner Forschung verbanden sich die Einflüsse seiner Lehrer Diels und Wilamowitz-Moellendorff, einerseits nach Synthese und Strukturierung der Einzelforschung zu streben und andererseits die Universalität des Wissens und das Individuelle jeder Erscheinung wahrzunehmen.[26]

Regenbogens Beschäftigung mit der antiken Medizingeschichte geht auf Hermann Diels’ Anregung zurück. Bereits seine Dissertation von 1914 widmete er dem griechischen Arzt Hippokrates von Kos. Als bahnbrechend galt sein Aufsatz Eine Forschungsmethode antiker Naturwissenschaft von 1930,[27] in dem er die damaligen Methoden der Analogie und des Experiments untersuchte. Dies führte ihn zur Philosophie der Peripatetiker, mit der er sich in den folgenden Jahren stark auseinandersetzte. In drei Aufsätzen (1930–1937) bemühte er sich, moderne Fehldeutungen aufzudecken und die Leistung der Aristoteles-Schüler für die antike Naturwissenschaft darzustellen. In seinem umfassenden Artikel über den Philosophen und Naturforscher Theophrastos von Eresos in der Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft von 1940[28] legte er die Summe seiner Forschungen nieder und schuf einen bis heute gültigen Ausgangspunkt der Theophrastforschung.[29]

Ebenfalls in den dreißiger Jahren beschäftigte sich Regenbogen intensiv mit den römischen Dichtern Lukrez und Seneca. Seine Schriften Lukrez, seine Gestalt in seinen Gedichten (1932), Schmerz und Tod in den Tragödien Senecas (1930) und Seneca als Denker römischer Willenshaltung (1936) untersuchten das Fortleben und die Weiterentwicklung griechischer Philosophie der römischen Welt. Im Werk des Lukrez sah er eine unaufhebbare innere Spannung zwischen dem persönlichen, religiösen Gefühl und dem epikureischen Dogma des Dichters. Auch wenn diese existenzielle Interpretation von anderen Fachwissenschaftlern vielfach angegriffen wurde,[1] sorgte sie doch für eine verstärkte Beschäftigung mit Lukrez.

Christoph Kugelmeier nennt Regenbogens Vortrag Schmerz und Tod in den Tragödien Senecas einen „Meilenstein für die Senecaforschung“.[2] Bedeutend war der neue Interpretationsansatz bei Regenbogen: Während sich die Forschung bisher nur mit der schriftstellerischen Technik und der Stilistik Senecas beschäftigten und die Ergebnisse mit den klassischen Tragikern verglichen, legte Regenbogen den Schwerpunkt auf den Gehalt der Tragödien und führte somit Seneca Verdienst in der Darstellung und Behandlung der Affekte und emotionaler Krisensituationen vor.

Eine Entsprechung zu diesen latinistischen Arbeiten bilden auf gräzistischem Gebiet Regenbogens Arbeiten zur Tragik des Aischylos (1933)[30] und zum Verständnis der Seele bei Homer (1948). In dieser Schrift[31] analysierte Regenbogen den Ansatz seines Heidelberger Vorgängers Erwin Rohde und die daraus resultierende Kontroverse. Er bemühte sich, die Grenze zwischen (unhinterfragtem) archaisch-numinösem göttlichen Wirken und dem Beginn einer Reflexionshaltung zu ziehen. Im Anschluss an Erwin Rohde, der die Psyche mit dem Leiblichen verknüpft sah, sprach Regenbogen von der „Vital-Seele“.

Die wahrscheinlich wichtigste Leistung Regenbogens konzentriert sich auf die griechischen Historiker Herodot und Thukydides. Er begründete die moderne Auffassung, nach der die Entstehung der Geschichtswerke nicht mehr auf die äußeren Entwicklungen zurückzuführen ist, sondern auf eine Struktur geschichtlichen Denkens. Regenbogen sah die Vielfalt des herodoteischen und die Konzentration des thukydideischen Geschichtswerkes in einem Prinzip begründet, das religiös-metaphysische und immanent-politische Geschichtsdeutung gegeneinander stellt.[32] Darüber hinaus veröffentlichte er eine Übersetzung ausgewählter Thukydides-Reden (Politische Reden, Leipzig 1949).

Die Mitte seines Werkes (zwischen archaisch-frühklassischer griechischer und hochklassisch-nachklassischer lateinischer Literatur) bildet eine Studie über den platonischen Dialog Phaidros von 1950.[33] Regenbogen beantwortete die alte Forschungsfrage, wieso der Dialog mit Eros und Rhetorik zwei thematische Schwerpunkte hat, mit der Vereinigung beider Prinzipien im Logos, den Sokrates dem jungen Phaidros als Bildungsträger empfiehlt. Mit seiner späten Datierung des Phaidros (nach dem Philebos) stieß Regenbogen auf Widerspruch, der hauptsächlich mit sprachstatistischen Untersuchungen begründet ist.[34]

In seinem Spätwerk befasste sich Regenbogen wieder mit der griechischen Wissenschaft, von der bibliothekarischen Gelehrtenarbeit bis zur Popularhistorie. Er verfasste für den Pauly-Wissowa umfassende Artikel (Pamphila, Pausanias, Pinax), die auch als Sonderdrucke erschienen.

Literatur

Nachrufe und Erinnerungen
  • Hermann Gundert: Otto Regenbogen †. In: Gnomon. Band 39 (1967), S. 219–221.
  • Hermann Gundert: Otto Regenbogen. In: Gymnasium. Band 74 (1967), S. 105–107.
  • Hermann Gundert: Otto Regenbogen. In: Heidelberger Jahrbücher. Band 11 (1967), S. 27–39.
  • Viktor Pöschl: Otto Regenbogen (1891–1966). In: Eikasmos, Band 4 (1993), S. 293–294.
Spezialuntersuchungen
  • Jürgen C. Heß: Heidelberg 1945, Stuttgart 1996.
  • Jürgen Malitz: Klassische Philologie. In: Eckhard Wirbelauer (Hrsg.): Die Freiburger Philosophische Fakultät 1920–1960. Mitglieder – Strukturen – Vernetzungen. Freiburg/München 2006, S. 303–364.
  • Dorothee Mußgnug: Die vertriebenen Heidelberger Dozenten: Zur Geschichte der Ruprecht-Karls-Universität nach 1933. Heidelberg 1988.
  • Stephen P. Remy: The Heidelberg myth: The nazification and denazification of a German university. Cambridge (Mass.) 2002.
  • Birgit Vézina: „Die Gleichschaltung“ der Universität Heidelberg im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung. Heidelberg 1982.

Einzelnachweise

  1. a b Bernd Effe, Dichtung und Lehre, München 1977, S. 71 nennt Regenbogens Position „besonders kraß“.
  2. a b Christoph Kugelmeier, Die innere Vergegenwärtigung des Bühnenspiels in Senecas Tragödien, München 2007, S. 11.
  3. So Regenbogen in der Vita seiner Dissertation (1914), S. 79.
  4. Zu Heinrich Buermann siehe seinen Personalbogen bei der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung.
  5. Zu Johannes Fischer siehe seinen Personalbogen bei der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung.
  6. Zu Adolf Trendelenburg (nicht zu verwechseln mit Friedrich Adolf Trendelenburg, 1802–1872) siehe seinen Personalbogen bei der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung.
  7. Regenbogen in der Vita seiner Dissertation (1914), S. 79–80.
  8. In der Vita seiner Dissertation (1914), S. 80, nennt Regenbogen neben Diels und Wilamowitz noch Eduard Norden unter den Lehrern, denen er am meisten verdankt.
  9. a b Selbstangabe Otto Regenbogens in seinem Personalbogen (siehe Weblinks).
  10. Gundert (1967b), S. 106.
  11. Gundert (1967b), S. 105.
  12. Zitiert nach Malitz (2006), S. 304–305 Anmerkung 9.
  13. Eduard Seidler, Christoph J. Scriba, Wieland Berg: Leopoldina-Symposion: Die Elite der Nation im Dritten Reich. Das Verhältnis von Akademien und ihrem wissenschaftlichen Umfeld zum Nationalsozialismus, Halle 1995, S. 162.
  14. Vézina (1982), S. 133.
  15. Malitz (2006), S. 315–316 Anmerkung 54.
  16. Der Vater von Fritz Schöll, Gustav Adolf Schöll, heiratete 1842 Johanna Henle, eine Schwester des Anatomen Jakob Henle. Beide waren zwar Kinder eines jüdischen Kaufmanns, konvertierten aber mit der ganzen Familie 1821 zur evangelischen Konfession.
  17. Vézina (1982), S. 115.
  18. Aus der Disziplinarakte Otto Regenbogens im Universitätsarchiv Heidelberg, zitiert nach Mußgnug (1988), S. 102.
  19. Mußgnug (1988), S. 102.
  20. Mußgnug (1988), S. 103.
  21. Vézina (1982), S. 116.
  22. Heß (1996) S. 102.
  23. Heß (1996) S. 103–104.
  24. Remy (2002), S. 155.
  25. Gundert (1967c), S. 27.
  26. Gundert (1967a), S. 219 und Gundert (1967b), S. 105.
  27. Quellen und Studien zur Geschichte der antiken Mathematik, Abteilung B, Band 1 (1929/1930), S. 130–182. Nachdruck in: Kleine Schriften, München 1961, S. 141–194.
  28. Supplementband 7, 1940, Spalten 1353–1562; auch als Sonderdruck erschienen.
  29. Gundert (1967a), S. 220.
  30. Bemerkungen zu den Sieben des Aischylos, in: Hermes 68, 1933, S. 51ff.
  31. ΔΑΙΜΟΝΙΟΝ ΨΥΧΗΣ ΦΩΣ. Erwin Rohdes Psyche und die neuere Kritik. Ein Beitrag zum homerischen Seelenglauben, in: Synopsis, Festgabe für A. Weber, Heidelberg 1948, S. 366–396. Auch in: Kleine Schriften, München 1961, S. 1–28.
  32. Gundert (1967a), S. 221.
  33. Bemerkungen zur Deutung des Platonischen Phaidros, in: Miscellanea Academica Berolinensia, II, Berlin 1950, S. 198–219. Auch in: Kleine Schriften, München 1961, S. 248ff.
  34. Dorothee Hellwig, Adikia in Platons „Politeia“: Interpretationen zu den Büchern VIII und IX, Amsterdam 1980, S. 68, Anmerkung 159.

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