Merck KGaA

Merck KGaA

Logo der Merck KGaA
Rechtsform Kommanditgesellschaft auf Aktien
ISIN DE0006599905
Gründung 1668
Sitz Darmstadt
Leitung
Mitarbeiterzahl 33.062 (31. Dezember 2009)
Umsatz 7,747 Mrd. Euro (2009)[1]
Branche Chemie- und Pharmaindustrie
Website www.merck.de
Die Zentrale der Merck KGaA in Darmstadt.
V.l.n.r. Pyramide (Besucherempfang), „Grüner Turm“ von Friedrich Pützer (1905) und „Adlerhorst“ (Bürobereich des Vorstandsvorsitzenden)

Die Merck KGaA (in Nordamerika EMD) ist ein deutsches Unternehmen der Chemie- und Pharmaindustrie mit Sitz in Darmstadt. Die heutige Merck KGaA ist völlig unabhängig von dem US-amerikanischen Pharmakonzern Merck & Co., Inc. Beide Unternehmen sind aber auf die deutsche Industriellen-Familie Merck zurückzuführen, welche die Merck & Co., Inc. bis zum Ersten Weltkrieg als Tochtergesellschaft der Merck KGaA betrieb. Infolge des Krieges wurde die Merck & Co., Inc. durch Enteignung ein eigenständiges Unternehmen.

Die deutsche Merck verlor mit der Enteignung der US-Tochter auch die Rechte an dem Namen Merck in Nordamerika, und darf diesen dort nicht mehr verwenden. Daher tritt sie in Nordamerika unter dem Namen EMD (abgeleitet von Emanuel Merck, Darmstadt) auf. Auf der anderen Seite firmiert die amerikanische Merck & Co., Inc. in der übrigen Welt als MSD Sharp & Dohme.

Die Merck KGaA, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, ist überwiegend in Familienbesitz. Über die E. Merck KG als Komplementär hält die Familie Merck rund 70 % des Gesamtkapitals und 30 % des Kapitals lauten auf die Aktien der Kommanditaktionäre. Seit 1995 werden die Aktien an der Börse gehandelt und sind seit dem 15. Juni 2007 im DAX an der Frankfurter Wertpapierbörse vertreten.

Die Anfänge von Merck gehen bis in das Jahr 1668 zurück. Merck ist damit das älteste pharmazeutisch-chemische Unternehmen der Welt.

Geschichte

Die Merck KGaA heute

Luftaufnahme des Stammsitzes von Merck in Darmstadt, aufgenommen aus südöstlicher Richtung
Karl-Ludwig Kley, seit 2007 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Merck KGaA
Die Merck´schen Flüssigkristallforscher Matthias Bremer, Melanie Klasen-Memmer und Kazuaki Tarumi bei der Verleihung des Deutschen Zukunftspreises 2003 durch Bundespräsident Johannes Rau.

Für das Unternehmen sind rund 33.000 Mitarbeiter (einschließlich Merck Serono) tätig, davon zirka 10.000 in Deutschland und allein im Darmstädter Stammwerk etwa 8600. In 25 Ländern mit 54 Standorten wird produziert. In 59 Ländern ist Merck weltweit mit 178 Gesellschaften (Stand Dezember 2008) vertreten. Seit 1995 werden die Aktien des Unternehmens an der Börse gehandelt. Die Kapitalmehrheit (ca. 70 %) der KGaA liegt bei der als Komplementär auftretenden E. Merck KG, die nach wie vor von der Familie Merck geleitet wird und die strategischen Leitlinien des Konzerns vorgibt. Das Kapital der E. Merck KG wird überwiegend von stillen Gesellschaftern gehalten, die der inzwischen weit verzweigten Familie Merck angehören. Die Merck-Familie hat 217 Mitglieder (Stand Oktober 2009). Davon bilden 130 die Gesellschafterversammlung, die wiederum den Familienrat bestimmt.[2][3] Der Familienrat ist das gesellschaftsrechtliche Gremium der E. Merck KG. In ihm werden die Mitglieder des Gesellschafterrates und der Vorstandsvorsitzende der Merck KGaA, sowie sein Stellvertreter bestimmt und Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung für das Unternehmen getroffen. Vorsitzender des elfköpfigen Gremiums ist Jon Baumhauer. Der Gesellschafterrat hat eine dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ähnliche Funktion. Er überwacht die Geschäftsführung der E. Merck KG und der Merck KGaA. Für wesentliche Geschäfte der KGaA bedarf es der Zustimmung durch den Gesellschafterrat, der zudem die Mitglieder der Geschäftsleitung der KGaA bestellt und abberuft. Im Gesellschafterrat sitzen sowohl Familienmitglieder, als auch externe Mitglieder, wie beispielsweise Arend Oetker. Vorsitzender des neun Mitglieder umfassenden Gesellschafterrates ist Frank Stangenberg-Haverkamp. Stangenberg-Haverkamp und Baumhauer sind Nachfahren in der elften Generation von Friedrich Jacob Merck und aufgrund ihrer Funktion die obersten Repräsentanten der Unternehmerfamilie Merck.[4][5]

Während in den vergangenen Jahren weltweit sehr viele Chemie- und Pharmaunternehmen sich konsequent auf ein Geschäftsfeld fokussiert haben – beispielsweise haben sich Degussa, BASF, DuPont und Altana von ihren Pharmaaktivitäten getrennt, während umgekehrt beispielsweise Roche, Boehringer Ingelheim und die Hoechst AG ihre Chemieaktivitäten verkauften – setzt die Merck KGaA weiterhin auf beide Standbeine Pharma und Chemie.[6]

Unternehmensbereich Pharma

Der Unternehmensbereich Pharma gliedert sich aktuell in zwei Sparten. Im Mai 2007 verkaufte Merck die Sparte Generika für 4,9 Milliarden Euro an das US-Unternehmen Mylan Laboratories. Mit verschiedenen Tochterunternehmen in mehreren Ländern gehörte die Merck KGaA zu den umsatzstärksten Generika-Herstellern der Welt.

Merck Serono

Der Schwerpunkt des Unternehmensbereiches Pharma sind Produktion und Vertrieb von Originalpräparaten auf den Gebieten:

Forschungsschwerpunkt Onkologie

Der Schwerpunkt im Bereich Forschung und Entwicklung von Merck Serono liegt auf dem Gebiet der Onkologie. Merck arbeitet hier an der Entwicklung von Therapien, die zielgerichtet auf Krebszellen wirken, ohne gesunde Zellen zu schädigen. Die Entwicklungsprojekte nutzen das Potenzial von Immunologie, Biotechnologie und Molekularbiologie, um den Körper bei seinem eigenen Kampf gegen Krebszellen zu unterstützen. Das Ziel sind effektive Therapien, die verträglicher sind als andere zur Zeit verfügbare Therapiemöglichkeiten.

Merck forscht dabei auf vier Hauptgebieten:

  • monoklonale Antikörper, die das Krebswachstum blockieren
  • therapeutische Krebsimpfstoffe (Vakzine), welche die körpereigene Immunabwehr gegen Tumore mobilisieren
  • Immunzytokine, die Tumorzellen erkennen und eine lokale Immunantwort hervorrufen
  • Angiogenesehemmer, die Tumore „aushungern“, indem sie von der weiteren Versorgung mit Nährstoffen abgeschnitten werden.

Mit diesen gezielten Behandlungsansätzen soll die Überlebenszeit der Patienten verlängert und ihre Lebensqualität verbessert werden. Zu den wichtigsten Entwicklungssubstanzen gehört der chimäre monoklonale Antikörper Cetuximab, das Tumorvakzin Stimuvax und der Angiogenesehemmer Cilengitid.

Consumer Health Care (Selbstmedikation)

Im Bereich Selbstmedikation werden nicht verschreibungspflichtige Medikamente, sogenannte OTC-Arzneimittel, und Nahrungsergänzungsmittel produziert und vertrieben. Beispiele sind Nasivin, Bion3, Multibionta, Cebion, Kohle-Compretten, Femibion, Kidabion, Neurobion, Epamax und Kytta-Salbe.

Unternehmensbereich Chemie

Das Werk Gernsheim mit ca. 1000 Mitarbeitern
Luftaufnahme des Werkes in Gernsheim am Rhein

Im Bereich Spezialchemie hat Merck zwei Sparten.

Liquid Crystals (Flüssigkristalle)

Ein Pionier ist die Merck KGaA im Bereich der LCD-Technik. Merck ist der weltgrößte Hersteller von Flüssigkristallen, die für die Herstellung von LC/TFT-Displays benötigt werden. Der Weltmarktanteil liegt bei über 60 %; das Unternehmen gilt damit als ein sogenannter Hidden Champion.[7]

Im März 2005 übernahm Merck die zum Avecia-Konzern gehörende Covion Organic Semiconductors GmbH. Das ursprünglich aus der Hoechst AG abgespaltene Unternehmen mit Sitz im Industriepark Höchst stellt organische lichtemittierende Materialien für OLEDs her. Das in Merck OLED Materials GmbH umbenannte Unternehmen ist Bestandteil der Flüssigkristallsparte. Zusammen mit einer Forschungs- und Entwicklungseinheit auf dem Gebiet der Polymerelektronik, die in Manchester angesiedelt ist, zahlte Merck für die Übernahme 50 Mio. Euro in bar.

Am 2. April 2007 gab Merck bekannt, die OLED Materials GmbH abzuwickeln und das Vermögen auf die Merck KGaA übertragen. 100 Mitarbeiter wurden in die Sparte Flüssigkristalle integriert.[8]

Performance & Life Science Chemicals

Reagenzien und Testkits für Industrie, Forschungslabor und Umweltanalyse. Produkte und Dienstleistungen für die gesamte Prozesskette der Arzneimittelentwicklung und -herstellung, beispielsweise für die Chromatographie (Chromolith). Roh- und Wirkstoffe für die Kosmetik: Eusolex, RonaCare. Weitere Produkte in dieser Sparte sind Effektpigmente für industrielle Anwendungen und für die Kosmetikindustrie, beispielsweise Iriodin, Colorstream und Xirallic. Und Technische Produkte: Patinal-Aufdampfmaterialien für die Antireflexbeschichtung von Fotoobjektiven und Brillengläsern sowie die Beschichtung von Optiken für CD-, DVD- und BluRay-Player; Optipur-Materialien für die Zucht von Einkristallen; die neue Materialklasse Ionische Flüssigkeiten (Ionic Liquids) und Materialien für Hochtemperatursupraleiter.

Gesellschaftliches Engagement

Ein Teil des unternehmerischen Gewinns spendet Merck für gemeinnützige gesellschaftliche Zwecke. Im Jahr 2008 waren dies knapp acht Millionen Euro, was 1,4 % des Ergebnisses vor Steuern in diesem Jahr entsprach.[9] Ein von diesen Mitteln gefördertes Projekt ist beispielsweise das Merck-Praziquantel-Spendenprogramm, bei dem Merck gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Bilharziose bei afrikanischen Schulkindern bekämpft. Merck stellt dabei seit 2007 für zehn Jahre insgesamt 200 Millionen Tabletten mit dem Wirkstoff Praziquantel, im Gesamtwert von 80 Millionen US-Dollar, kostenlos zu Verfügung. Damit können 27 Millionen Kinder behandelt werden.[10][11]

Einzelnachweise

  1. Merck steigert Gesamterlöse 2009 um 2,1% auf 7,7 Mrd €. Pressemitteilung der Merck KGaA vom 23. Februar 2010
  2. S. Haas und H. Schwarz: Mächtiger Familienclan. In: Süddeutsche Zeitung vom 12. Juni 2006
  3. Merck-Strippenzieher – 400 Millionen in zwei Wochen. In: Manager Magazin vom 14. Juni 2006
  4. W. Huber: Aufsichtsgremien der E. Merck OHG neu besetzt. Pressemitteilung der Merck KGaA vom 28. Juli 2004
  5. J. Salz u. a.: Merck setzt auf neue Medikamente. In: Wirtschaftswoche vom 16. Januar 2007
  6. H. Neukirchen und J. H. Wiskow: Tradition belastet. In: Wirtschaftswoche vom 4. Oktober 2006
  7. H. Simon: Hidden Champions des 21. Jahrhunderts: Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer. Frankfurt a. M.: Campus, 2007. ISBN 978-3-593-38380-4. S. 20.
  8. Pressemitteilung der Merck KGaA
  9. merck.de: Verantwortung für die Gesellschaft. Abgerufen am 29. Juni 2010
  10. merck.de: Bekämpfung der Tropenkrankheit Bilharziose. Abgerufen am 29. Juni 2010
  11. Merck und WHO beschließen Partnerschaft. In: Ärztezeitung vom 26. April 2007

Literatur

Commons: Merck KGaA – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 54′ N, 8° 39′ O