Karmann

Wilhelm Karmann GmbH

Rechtsform GmbH
Gründung 1901
Sitz Osnabrück, Deutschland
Leitung
  • Peter Harbig
  • Jochen Voss
  • Wilhelm Dietrich Karmann
Mitarbeiterzahl 6925 (2007) [1]
Umsatz 1.300 Mio (2008) [2]
Website www.karmann.de

Karmann ist eine Automobil- und Karosseriebaufirma mit Hauptsitz im niedersächsischen Osnabrück. Neben der Fertigung und Entwicklung von Gesamtfahrzeugen, insbesondere von Cabriolets und Coupés auf Basis von Fahrzeugen anderer Hersteller, erstellt Karmann hauptsächlich Dachsysteme und Großwerkzeuge für andere Fahrzeughersteller.

Weltweit hatte die Karmann-Gruppe 2007 ca. 7.000 Mitarbeiter, neben dem Hauptsitz in Deutschland sind weitere Standorte in Plymouth (Michigan, USA), Cuautlancingo (Mexiko), Vendas Novas (Portugal), Zary und Chorzów (Polen), Yokohama (Japan) und Sunderland (England). Der Jahresumsatz betrug 2008 1,3 Mrd Euro.

Seit 1949 wurden bei Karmann etwa drei Millionen Fahrzeuge gefertigt. Der Auslauf der Fahrzeugproduktion ist bis Mitte 2009 vorgesehen, sofern bis dahin kein Nachfolgeauftrag kommt, sodass Karmann sich in diesem Fall zu einem reinen Zulieferunternehmen entwickeln wird. Schwerpunkt werden dann die Bereiche Cabrio-Dachsysteme und Fahrzeugentwicklung sein.

Am 8. April 2009 hat die Wilhelm Karmann GmbH Insolvenz angemeldet, das betrifft auch die Tochterunternehmen in Rheine (Kreis Steinfurt) und Bissendorf (Kreis Osnabrück).[3][4] Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Ottmar Hermann, der auch zum vorläufigen Insolvenzverwalter von Woolworth bestellt wurde und bereits den Baukonzern Philipp Holzmann abwickelte.[5]

Geschichte

1901 bis 1945

Nach Übernahme einer (Pferde-)Wagenfabrik (1901) von Christian Klages übernahm Wilhelm Karmann sen. erste kleinere Aufträge als Auftragsfertiger unter anderem für Adler, Dürkopp und DKW. In den 1920er Jahren reiste Karmann in die USA, um die dortigen Fertigungsmethoden zu studieren und für seine Fahrzeugfertigung umzusetzen.

Seit 1945

Letztes VW 1303 Cabriolet

Nach dem Zweiten Weltkrieg fokussierte sich Karmann hauptsächlich als Auftragsfertiger und Entwickler auf die Volkswagen AG. Neben dem Karmann Ghia wurden für Volkswagen sämtliche Cabriolets der Fahrzeugmodelle VW Käfer und Golf sowie der VW Scirocco und Corrado gefertigt. Karmann expandierte und baute in den 1960er Jahren weitere Fahrzeugwerke in Sao Paulo (Brasilien) und Rheine auf. In den späten 1970er und den 1980er Jahren fertigte Karmann die Coupés der 6er-Reihe von BMW. Seit Anfang der 1990er Jahre werden für Daimler Chrysler das CLK Cabriolet und ab 1997 für Audi das Audi 80 und A4 Cabriolet als Gesamtfahrzeuge gefertigt.

Zum 31. März 2008 wurde die brasilianische Tochtergesellschaft an die Grupo Brasil, einen bedeutenden brasilianischen Autozulieferer, verkauft. Somit beendet Karmann nach fast 48 Jahren sein Engagement in Brasilien. Wie an den deutschen Standorten Osnabrück und Rheine wurden nahe Sao Paulo seit den 1960er Jahren komplette Fahrzeuge gefertigt. Neben Abwandlungen des Karmann Ghia lief zuletzt der in Lizenz gebaute Land Rover Defender vom Band. Bereits im August 2007 erfolgte der Verkauf der hundertprozentigen Karmann-Tochter Julius Heywinkel GmbH an den Finanzinvestor Nord Holding Unternehmensbeteiligungsgesellschaft mbH aus Hannover.

Am 8. April 2009 meldete Karmann Insolvenz an.[3] Der vorläufige Insolvenzverwalter gibt dem Fahrzeugbauer aber gute Chancen und plant aller Voraussicht nach das Unternehmen fortzuführen.[6]

Fahrzeuge

Karmann Ghia

Ghia Cabriolet

Der Karmann Ghia ist das bekannteste eigenständige Fahrzeugmodell von Karmann. Es wurde im Auftrag von Volkswagen bei Karmann entwickelt und gebaut und begründete den guten Ruf der Firma. Der Ghia war sowohl als Coupé als auch als Cabriolet erhältlich. Der Prototyp stammte von dem Turiner Designer Luigi Segre in der Firma Ghia. Die weitere Arbeit an diesem wie auch an vielen anderen Fahrzeugen bei Karmann leistete Johannes Beeskow, der von 1956 bis 1976 die technische Entwicklung leitete.

In den bei Karmann produzierten Stückzahlen wurden die Karmann Ghia-Typen Coupé und Cabrio später sowohl vom Cabrio des VW Golf I als auch vom VW Scirocco leicht übertroffen; nur wenn man die ersten Karmann-Typen über Coupé und Cabrio zusammenrechnet, war der Karmann Ghia das erfolgreichste Fahrzeug bei Karmann.

Fahrzeugentwicklung

Neben der Fahrzeugentwicklung des Audi A3 Cabriolet war die Firma Karmann an der Entwicklung des Mercedes-Benz Vaneo sowie weiterer Entwicklungen im Nutzfahrzeugbereich (MAN) beteiligt.

Zur IAA 2005 stellte das Unternehmen eine Studie vor, die ein neues Marktsegment begründen sollte, das Sports Utility Cabrio.

Weitere Fahrzeugmodelle

Karmann Transformer Concept (IAA 2001)
Studie eines Polo GTI Cabrios (2007)

Für folgende Fahrzeughersteller wurden bei Karmann Fahrzeuge bzw. Karosserien produziert.

Außerdem überrascht Karmann immer wieder mit Designstudien, wie auf der IAA in Frankfurt 2005. Hier präsentierte Karmann einen Geländewagen mit Cabriodach und gegenläufig zu öffnenden Türen.

Als Partner bei Entwicklung, Design und Produktion beteiligt sich die Wilhelm Karmann GmbH am neuerlichen Marktauftritt eines traditionsreichen Sportwagen-Herstellers: In einer exklusiven Kleinserie wird seit Herbst 2005 der Supersportwagen Spyker C8 Spyder der niederländischen Marke Spyker gefertigt. Innerhalb von drei Jahren sollen 350 Exemplare des extravaganten Zweisitzers produziert werden.

Produktion

Gesamtproduktion

Insgesamt produzierte Karmann in seiner Firmengeschichte über drei Millionen Fahrzeuge der nachstehenden Modelle.

Gesamtproduktion
Modell Baujahr von Baujahr bis produzierte Einheiten Anmerkungen
AMC Javelin 1969 1969 281
Audi 80 Cabrio 1997 2000 12112
Audi A4 Cabrio 2002 2009 160000 (Stand ca. Einheiten: Anfang 2008)
BMW 2000 C/CS 1965 1970 13696 Rohkarosserien
BMW 3,0 CS 1971 1975 21147
BMW 635 CSI 1976 1989 86314
Chrysler Crossfire Coupé 2003 2007 45506
Chrysler Crossfire Cabrio 2003 2007 30539
Ford Escort RS Cosworth 1992 1996 8082
Ford Escort FEC Cabrio 1983 1990 104237
Ford Escort Cabrio 1990 1997 80620
Ford Merkur XR4Ti (US-Version) des Ford Sierra XR4i
Karmann GF
Karmann Ghia Coupé 1955 1974 362601
Karmann Ghia Cabriolet 1957 1974 80881
Karmann Ghia Typ 34 1961 1969 42505
Kia Sportage Geländewagen 1995 1998 25984
Land Rover Defender 2002 2005 2777 (in Brasilien)
Mercedes-Benz CLK A208 Cabrio 1998 2003 115264
Mercedes-Benz CLK C208 Coupé 2000 2002 28706
Mercedes-Benz CLK A209 Cabrio 2003 2009
Opel Diplomat A Coupe 1967 1968 347
Porsche 914 1969 1976 118949
Porsche 968 1991 1994 11803
Renault 19 Cabrio 1990 1996 29222 Rohkarosserien und Verdecksysteme
Renault Mégane I Cabrio 1996 2003 74096 komplette Rohkarosserien und Verdecke
Renault Mégane CC Cabrio 2004
Triumph TR6 1969 1976
VW Corrado 1988 1995 97521
VW Golf Cabrio MK I 1979 1993 388522
VW Golf Cabrio Mk III 1993 1997 129475
VW Golf Cabrio Mk IV (Basis Golf III) 1997 2001 82588
VW Golf Variant MK III 1997 1999 80928
VW Käfer Cabrio 1949 1980 331847
VW Scirocco I 1974 1980 504153
VW Scirocco II 1980 1992 291497
VW Bus mit Karmann Gipsy Wohnmobil-Aufbau 1980 1992 891
VW LT mit Karmann Wohnmobil-Aufbau

Aktuelle Produktion von Karosseriemodulen

Karmann fertigt weiterhin Karosseriemodule für folgende Fahrzeuge:

Karosserie eines Spyker C8

Werkzeugbau

Ferner ist Karmann ein Hersteller von Werkzeugen für Tiefziehpressen (Sparte Karmann Werkzeug- und Produktionsmittelbau).

Ende des Fahrzeugbaus

Mit der Absicht von Audi, die Produktion des neuen vom A4 abgeleiteten Cabrios wieder in Audi-eigene Fertigung zu nehmen,[7] suchte Karmann in der Autoindustrie seit 2007 nach größeren Anschlussaufträgen insbesondere für das Fahrzeugwerk in Rheine.[8] Dies gelang bis zum heutigen Tag nicht; die großen deutschen Serienhersteller konnten oder wollten Karmann keine weiteren Aufträge in Aussicht stellen. Der Auslauf der Fahrzeugproduktion ist nun zur Mitte 2009 vorgesehen. Als letztes Fahrzeug rollte am 23. Juni 2009 um 11:35 Uhr ein schwarzes Mercedes CLK-Cabriolet von Band.[9] Mit dem Ende der Fahrzeugproduktion bei Karmann ist ein erheblicher Arbeitsplatzrückgang in der Region verbunden.

Literatur

Ähnliche Hersteller

Als Entwickler, Karosseriebauer und Kleinserienhersteller ähnelt Karmann Firmen wie

Commons: Karmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007
  2. Presseinformation zum Genfer Automobilsalon 3. März 2009
  3. a b Handelsblatt.com, Karmann meldet Insolvenz an, 8. April 2009
  4. www.neue-oz.de, Karmann meldet Insolvenz an, 8. April 2009
  5. www.handelsblatt.com, Insolvenzverwalter Ottmar Hermann, 16. April 2009
  6. vgl. Focus.de, Cabrio-Spezialist: Insolvenzverwalter gibt Karmann gute Chancen, 9. April 2009
  7. WDR.de, Das letzte Cabrio aus Rheine, 20. Februar 2009
  8. Sueddeutsche.de, Kahlschlag bei Karmann, 7. Januar 2008
  9. Spiegel Online, Cabrio-Spezialist fertigt letztes Fahrzeug, 22. Juni 2008

Koordinaten: 52° 15′ 57″ N, 8° 4′ 40″ O