Friedrich Wilhelm Wagner (Politiker, 1894)

Friedrich Wilhelm Wagner (* 28. Februar 1894 in Ludwigshafen am Rhein; † 17. März 1971 ebenda) war ein deutscher Jurist und Politiker (SPD). Er war von 1961 bis 1967 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts.

Leben

Wagner wurde als Sohn eines Arbeiters geboren und absolvierte die Oberrealschule in Ludwigshafen, wo er auch das Abitur ablegte. Nach dem Studium der Staats- und Rechtswissenschaft in Tübingen, München, Heidelberg und Berlin war er vorübergehend in der Kommunalverwaltung tätig. 1922 ließ er sich als Anwalt in Ludwigshafen nieder. Wagner war Mitglied der Freireligiösen Gemeinde Ludwigshafen und der Freimaurerloge Carl zur Eintracht in Mannheim. Von 1920 bis 1922 war Wagner Vorsitzender des Ortsvereins Ludwigshafen der SPD, von 1925 bis 1933 Gauvorsitzender des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold für das Gebiet Pfalz, Saar, Nahe. Zudem war er langjähriges Mitglied des Bezirksvorstands der pfälzischen SPD. 1930 zog er in den Reichstag, 1931 in den Ludwigshafener Stadtrat ein. Wagner führte als Jurist zahlreiche politische Prozesse, verteidigte u.a. den SPD-Vorsitzenden Otto Wels gegen den NSDAP-Gauleiter im Rheinland und späteren Begründer und Anführer der Deutschen Arbeitsfront (DAF), Robert Ley, der zu drei Monaten Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Am 10. März 1933 wurde Wagner während eines Prozesses verhaftet. Ihm gelang noch am gleichen Tag die Flucht nach Straßburg, später Paris, wo er sich in diversen Exilorganisationen betätigte. Wagner war von 1937 bis 1941 Vorsitzender der Zentralvereinigung der deutschen Emigration und aktiv beteiligt im Ausschuss zur Vorbereitung einer Volksfront. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Frankreich floh er über Spanien und Portugal in die USA, wo er von April 1941 bis November 1946 blieb. Wagner bekam eine Stellung als Bibliothekar an der Rand School of Social Science in New York, wurde deutsches Vorstandsmitglied der Social Democratic Federation. Als Mitglied der Association of Free Germans sowie der German Labour Delegation beschäftigte Wagner sich mit der Deutschen Frage und gehörte so auch zu den Unterzeichnern der Erklärung „What is to be done with Germany?“ von Ostern 1945.

Bei seiner Rückkehr nach Ludwigshafen Anfang 1947 eröffnete Wagner erneut seine Anwaltskanzlei und wirkte in zahlreichen Prozessen an der juristischen Aufarbeitung der NS-Zeit mit. Im Nürnberger I.G.-Farben-Prozess verteidigte er 1947/48 den Leiter des Ludwigshafener Werks, Carl Wurster, und erwirkte einen Freispruch. Darüber hinaus war er von 1948 bis 1956 als Präsident der rheinland-pfälzischen Anwaltskammer tätig und bekleidete von 1959 bis 1961 das Amt des Präsidenten des Ehrengerichtshofes für Rechtsanwälte des Landes Rheinland-Pfalz.

Wagner wurde 1947 Mitglied des Landtags von Rheinland-Pfalz und war Vorsitzender des Rechts- und des Hauptausschusses. Er gehörte dem Parlamentarischen Rat an, wo er den Vorsitz Kompetenzausschusses innehatte. Der heute im Grundgesetz verankerte Artikel 102 ("Die Todesstrafe ist abgeschafft.") geht auf seine Initiative zurück. Wagner gehörte dem Bundestag bis 1961 als stets in seinem Ludwigshafener Wahlkreis direkt gewählter Abgeordneter an und befasste sich vornehmlich mit juristischen Fragen. Er saß in den ersten beiden Bundestagen dem Ausschuss für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (später: „… und Urheberrecht“) vor. Ferner war Wagner Mitglied des Rechtsausschusses, der in den ersten beiden Wahlperioden als Ausschuss für Rechtswesen und Verfassungsrecht firmierte, des Ausschusses für Mittelstandsfragen sowie des Richterwahlausschusses zur Wahl der Richter an oberen Bundesgerichten.

Von 1961 bis 1967 war Wagner Präsident des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts und damit Nachfolger des verstorbenen Rudolf Katz, den er im New York kennengelernt hatte.

Wagner war 1970 Mitbegründer der Freimaurerloge "Pylon am Rhein" in Ludwigshafen.

Ehrungen

Nach der Verleihung des Ehrentitels Justizrat erhielt Wagner 1964 anlässlich seines 70. Geburtstages den großen Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland mit Schulterband und Stern und wurde zum Ehrenbürger der Stadt Ludwigshafen ernannt. Zudem hat seine Heimatstadt ihm den Friedrich-Wilhelm-Wagner-Platz im Stadtteil Mitte gewidmet.

Literatur

  • Becker, Klaus J., Der Nachlass Friedrich Wilhelm Wagner. In: Pfälzisch-Rheinische Familienkunde. 55. Jahrgang, Band XVI, Heft 1, 2006
  • Braun, Günter, Friedrich Wilhelm Wagner (1894-1971). Vom Hemshofjungen zum Verfassungsrichter. In: Die pfälzische Sozialdemokratie. Beiträge zu ihrer Geschichte von den Anfängen bis 1948/49. Hrsg. Von Manfred Geis und Gerhard Nestler. Edenkoben 1999, S. 654-670.
  • Marquet, Andreas, Generationen in der Ludwigshafener Sozialdemokratie. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz, 108. Band 2010.