„Essener Münster“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Essen 2011 66-2.jpg|mini|hochkant=1.5|Das Essener Münster von der Südseite aus gesehen (2011)]]
Das '''Essener Münster''' ist die Bischofskirche des [[Bistum Essen|Bistums Essen]], des „Ruhrbistums“. Die den Heiligen [[Cosmas und Damian (Heilige)|Cosmas und Damian]] sowie der [[Maria (Mutter Jesu)|Jungfrau Maria]] geweihte Kirche, die seit der Bistumsgründung auch oft '''Essener Dom''' genannt wird, steht am Burgplatz in der östlichen Innenstadt von [[Essen]].
Das '''Essener Münster''' ist die Bischofskirche des [[Bistum Essen|Bistums Essen]], des sogenannten „Ruhrbistums“, am [[Burgplatz (Essen)|Burgplatz]] in der Innenstadt von [[Essen]]. Es trägt das [[Patrozinium]] der heiligen [[Cosmas und Damian]] und der [[Maria (Mutter Jesu)|Jungfrau Maria]] und wird auch ''Essener Dom'' genannt.


Das Gotteshaus war die Kirche des [[Stift Essen|Damenstifts Essen]], gegründet um [[845]] von [[Altfrid]], [[Bistum Hildesheim|Bischof von Hildesheim]], um das sich die Stadt Essen entwickelte. Die heutige Kirche, die nach Kriegszerstörung im Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut wurde, ist eine nach [[1275]] errichtete [[Gotik|gotische]] [[Hallenkirche]] aus hellem [[Sandstein]]. Das [[Oktogon (Architektur)|oktogonale]] [[Westwerk]] und die [[Krypta]] sind erhaltene Teile des [[Vorromanik|ottonischen]] Vorgängerbaus. Dem Münster ist nördlich ein [[Klostergeviert|Kreuzgang]] angeschlossen. Zu seinen bedeutendsten Kunstschätzen zählt die [[Goldene Madonna]], die älteste vollplastische Marienfigur nördlich der Alpen.
Der Dom, der mehrere Vorgängerbauten hatte, war ursprünglich die Stiftskirche des [[Stift Essen|Essener Frauenstifts]], das um 845 von dem [[Bischof von Hildesheim|Hildesheimer Bischof]] [[Altfrid]] gegründet worden war. Das nach Kriegszerstörung im Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaute Münster ist eine ursprünglich nach 1275 errichtete [[Gotik|gotische]] [[Hallenkirche]] aus hellem [[Sandstein]]. Der [[Oktogon (Architektur)|oktogonale]] [[Westbau]] und die [[Krypta]] sind erhaltene Teile des [[Vorromanik|ottonischen]] Vorgängerbaus. Dem Münster ist nördlich ein [[Kreuzgang]] angeschlossen. Zu seinen bedeutendsten Kunstschätzen zählt die [[Goldene Madonna]], die älteste voll[[Plastik (Kunst)|plastische]] Marienfigur nördlich der Alpen.
[[Bild:Münster Essen 20060326.jpg|thumb|300px|Das Essener Münster von der Südseite aus gesehen]]


== Baugeschichte ==
== Baugeschichte ==
=== Vorherige Siedlungen ===
=== Vorherige Siedlungen ===
Das Gelände des Domes war bereits vor der Gründung des Stiftes besiedelt. Der [[Bistum Hildesheim|Hildesheimer]] [[Bischof]] [[Altfrid]] (Amtszeit 847–874) soll auf seinem Gut ''Asnide'' ein Frauenstift gegründet haben. Ein direkter Nachweis dieses Gutes ist bisher nicht gelungen. [[Pfostenloch|Pfostenlöcher]], [[merowinger]]zeitliche Scherben und Bestattungen nahe der Münsterkirche lassen jedoch den Schluss zu, das bereits vor Gründung des Stiftes eine Besiedelung des Platzes bestand.
Das Gelände des Domes war bereits vor der Gründung des Stiftes besiedelt. Der Hildesheimer Bischof Altfrid (Amtszeit 847–874) soll auf seinem Gut ''Asnide'' ein Frauenstift gegründet haben. Ein direkter Nachweis dieses Gutes ist bisher nicht gelungen. [[Pfostenloch|Pfostenlöcher]], [[merowinger]]zeitliche Scherben und Bestattungen nahe der Münsterkirche lassen jedoch den Schluss zu, dass bereits vor Gründung des Stiftes eine Besiedelung des Platzes bestand.


=== Die erste Kirche ===
=== Erste Kirche ===
Die heutige Essener Domkirche ist der dritte Kirchenbau an dieser Stelle. Grundmauern der Vorgängerkirchen wurden 1952 von Walter Zimmermann ausgegraben. Die erste Kirche an dieser Stelle wurde von den Gründern des Essener Stifts, dem Hildesheimer Bischof Altfrid und Gerswid, der ersten überlieferten Äbtissin, zwischen 845 und 870 errichtet. Der Bau, der bereits die Breite von [[Kirchenschiff|Mittel- und Seitenschiffen]] seiner Nachfolgerbauten vorgab, war eine dreischiffige [[Basilika]] in west-östlicher Ausrichtung. Westlich vor dem [[Langhaus (Kirche)|Langhaus]] befand sich eine kleine, fast quadratische Vorhalle. Die Arme des [[Querhaus]]es schlossen sich an einen rechteckigen Mittelraum an, sie hatten die Höhe des Mittelschiffes. Nur von den Querhausarmen aus waren Räume in den östlichen Enden der Seitenschiffen zugänglich. Ob diese Räume, wie Zimmermann anhand der Ausgrabungsbefunde annahm, die Höhe des Seitenschiffes hatten oder, wie Lange in einer neueren Rekonstruktion annimmt, die Höhe der Seitenchöre, ist strittig. Östlich der [[Vierung]] befand sich der halbrund geschlossene [[Chor (Architektur)|Chor]], an den sich seitlich rechteckige Räume anlehnten, die vom Querhaus aus zugänglich waren.
Die heutige Essener Domkirche ist der dritte Kirchenbau an dieser Stelle. Grundmauern der Vorgängerkirchen wurden 1952 von Walter Zimmermann ausgegraben. Die erste Kirche an dieser Stelle wurde von den Gründern des Essener Stifts, dem Hildesheimer Bischof Altfrid und Gerswid, der ersten überlieferten Äbtissin, zwischen 845 und 870 errichtet. Der Bau, der bereits die Breite von [[Kirchenschiff|Mittel- und Seitenschiffen]] seiner Nachfolgerbauten vorgab, war eine dreischiffige [[Basilika (Bautyp)|Basilika]] in west-östlicher Ausrichtung. Westlich vor dem [[Langhaus (Kirche)|Langhaus]] befand sich eine kleine, fast quadratische Vorhalle. Die Arme des [[Querhaus]]es schlossen sich an einen rechteckigen Mittelraum an; sie hatten die Höhe des Mittelschiffes. Nur von den Querhausarmen aus waren Räume in den östlichen Enden der Seitenschiffe zugänglich. Ob diese Räume, wie Zimmermann anhand der Ausgrabungsbefunde annahm, die Höhe des Seitenschiffes hatten oder, wie Lange in einer neueren Rekonstruktion annimmt, die Höhe der Seitenchöre, ist strittig. Östlich der [[Vierung]] befand sich der halbrund geschlossene [[Chor (Architektur)|Chor]], an den sich seitlich rechteckige Räume anlehnten, die vom Querhaus aus zugänglich waren.


Diese erste Kirche wurde 946 durch einen Brand beschädigt, der in den Kölner Annalen als ''Astnide cremabatur'' („Essen brannte nieder“) verzeichnet ist.
Diese erste Kirche wurde 946 durch einen Brand beschädigt, der in den Kölner Annalen als ''Astnide cremabatur'' („Essen brannte nieder“) verzeichnet ist.


=== Die frühottonische Stiftskirche ===
=== Frühottonische Stiftskirche ===
[[Datei:Essen 2011 36 stitched-2.jpg|mini|Blick in die Innenkrypta der Theophanu]]
Aus den Jahren 960–964 sind mehrere Weiheinschriften für Teile der neuen Kirche überliefert, aus denen geschlossen wird, dass der Brand von 946 die Kirche nur beschädigt hatte. Für [[Langhaus (Kirche)|Langhaus]] und [[Chor (Architektur)|Chor]] sind keine Inschriften überliefert, diese wurden wohl vom [[Karolinger|karolingischen]] Bau übernommen. Dieser Schluss wurde durch die Ergebnisse der Ausgrabungen von 1952 bestätigt. Man benutzt die notwendigen Erneuerungen gleich zu einem Ausbau der Kirchenanlage. Die neuen Teile waren eine Außen[[krypta]], ein [[Westwerk]] sowie ein dem Westwerk vorgelagertes [[Atrium]] mit einer [[Kapelle]] des Heiligen [[Johannes der Täufer|Johannes des Täufers]], wobei Westwerk und Atrium möglicherweise bereits vor dem Brand errichtet wurden. Dieser Kirchenbau kann aus den Grabungsbefunden rekonstruiert werden, hatte in dieser Form allerdings nicht lange Bestand, da bereits unter der kunstsinnigen Äbtissin [[Mathilde II. (Essen)|Mathilde]], die von 973 bis 1011 amtierte, vielleicht aber auch erst unter der von 1039 bis 1058 regierenden Äbtissin [[Theophanu (Essen)|Theophanu]], ein Neubau errichtet wurde. Möglich ist auch, dass ein von Mathilde begonnener Neubau durch Theophanu vollendet wurde. Von dem [[Ottonen|ottonischen]] Neubau sind heute noch bedeutende Bestandteile erhalten.
Aus den Jahren von 960 bis 964 sind mehrere [[Weihinschrift]]en für Teile der neuen Kirche überliefert, aus denen geschlossen wird, dass der Brand von 946 die Kirche nur beschädigt hatte. Für [[Langhaus (Kirche)|Langhaus]] und [[Chor (Architektur)|Chor]] sind keine Inschriften überliefert, diese wurden wohl vom [[Karolinger|karolingischen]] Bau übernommen, die einzelnen Bauabschnitte sind strittig, einige Teile können bereits vor dem Brand begonnen oder fertiggestellt worden sein. Notwendige Erneuerungen zu einem Ausbau der Kirchenanlage zu benutzen, war in dieser Zeit nicht ungewöhnlich. Die neuen Teile, die vermutlich von den Äbtissinnen [[Agana (Essen)|Agana]] und [[Hathwig (Essen)|Hathwig]] in Auftrag gegeben wurden, waren eine Außen[[krypta]], ein [[Westwerk]] sowie ein dem Westwerk vorgelagertes [[Narthex|Atrium]] mit einer [[Kapelle (Kirchenbau)|Kapelle]] [[Johannes der Täufer|Johannes des Täufers]]. Dieser Kirchenbau kann aus den Grabungsbefunden rekonstruiert werden, hatte in dieser Form allerdings nicht lange Bestand, da möglicherweise bereits unter der kunstsinnigen Äbtissin [[Mathilde (Essen)|Mathilde]], die von 973 bis 1011 amtierte, vielleicht aber auch erst unter der von 1039 bis 1058 regierenden Äbtissin [[Theophanu (Essen)|Theophanu]], Enkelin der Kaiserin [[Theophanu (HRR)|Theophanu]], ein Neubau errichtet wurde. Möglich ist auch, dass ein von Mathilde begonnener Neubau durch Theophanu vollendet wurde. Von dem [[Liudolfinger|ottonischen]] Neubau sind heute noch bedeutende Bestandteile erhalten.

=== Ottonischer Neubau ===


=== Der ottonische Neubau ===
[[Bild:Ottonischer_Bau.jpg|thumb|Der ottonische Bau mit der vorgelagerten Johanneskapelle und dem Westbau]]
Die Ausdehnung des ottonischen Neubaus war durch die beiden Vorgängerbauten vorgegeben. Der größte Teil der [[Gründung (Bauwesen)|Fundamente]] wurde wieder verwendet, nur dort, wo die Belastungen gewachsen waren oder die Raumaufteilung stark abwich, wurden neue gesetzt.
Die Ausdehnung des ottonischen Neubaus war durch die beiden Vorgängerbauten vorgegeben. Der größte Teil der [[Gründung (Bauwesen)|Fundamente]] wurde wieder verwendet, nur dort, wo die Belastungen gewachsen waren oder die Raumaufteilung stark abwich, wurden neue gesetzt.


Auch der Neubau bestand aus einem dreischiffigen [[Kirchenschiff|Langhaus]] mit Querhaus und einem anschließenden [[Chor (Architektur)|Chorraum]], der von Nebenchören begleitet wurde. In den Chorraum war nun eine [[Krypta]] hineingebaut worden. Der Chor schloss innen mit einer halbrunden [[Apsis]] ab, die nach außen von fünf Seiten eines Zehnecks ummantelt war. An den Chor lehnte sich eine zweistöckige Außenkrypta an, deren Westmauern sich an die östlichen Mauern der Nebenchöre anschlossen. Türen neben den Altarnischen gewährten direkten Zugang zur Krypta. Die Nebenchöre besassen [[Empore]]n, die sowohl zu den Querhausarmen als auch zum Hauptchor hin geöffnet waren. Die Außenwand der Querhausstirnseiten war nunmehr zweigeschossig, wobei das Obergeschoss durch drei Nischen mit Fenstern gegliedert war. Im Erdgeschoss befanden sich Nischen, diese Nischengliederung setzte sich in den Mauern des Seitenschiffes fort. Über diesen Nischen zog sich entlang der Wände ein Laufgang, der in das Emporengeschoss des neuen Westbaus führte. Das [[Joch (Architektur)|Zwischenjoch]] zwischen Westbau und Langhaus wurde beibehalten. Die Gliederung der Mittelschiffswände ist nicht bekannt, Rekonstruktionen anhand anderen Kirchen, insbesondere der [[Abtei Susteren|Stiftskirche von Susteren]], die in vielem vom Essener ottonischen Neubau inspiriert scheint, nehmen einen Wechsel von [[Pfeiler]]n und [[Säule]]n an. Auf der Wandzone zwischen diesen [[Arkade]]n und den Fenstern oberhalb des Anschlusses der Seitenschiffdächer befanden sich vermutlich Wandmalereien, da Reste von Malereien im Westbau gefunden wurden. Außen hatten die [[Obergaden]] des Mittelschiffs eine Gliederung aus [[Pilaster]]n und [[Volute]]n[[kapitell]]en, wahrscheinlich in zwölf Feldern.
Auch der Neubau bestand aus einem dreischiffigen [[Kirchenschiff|Langhaus]] mit Querhaus und einem anschließenden [[Chor (Architektur)|Chorraum]], der von Nebenchören begleitet wurde. In den Chorraum war nun eine [[Krypta]] hineingebaut worden. Der Chor schloss innen mit einer halbrunden [[Apsis]] ab, die nach außen von fünf Seiten eines Zehnecks ummantelt war. An den Chor lehnte sich eine zweistöckige Außenkrypta an, deren Westmauern sich an die östlichen Mauern der Nebenchöre anschlossen. Türen neben den Altarnischen gewährten direkten Zugang zur Krypta. Die Nebenchöre besaßen [[Empore]]n, die sowohl zu den Querhausarmen als auch zum Hauptchor hin geöffnet waren. Die Außenwand der Querhausstirnseiten war nunmehr zweigeschossig, wobei das Obergeschoss durch drei Nischen mit Fenstern gegliedert war. Im Erdgeschoss befanden sich Nischen, diese Nischengliederung setzte sich in den Mauern des Seitenschiffes fort. Über diesen Nischen zog sich entlang der Wände ein Laufgang, der in das Emporengeschoss des neuen Westbaus führte. Das [[Joch (Architektur)|Zwischenjoch]] zwischen Westbau und Langhaus wurde beibehalten. Die Gliederung der Mittelschiffswände ist nicht bekannt, Rekonstruktionen anhand anderen Kirchen, insbesondere der [[Abtei Susteren|Stiftskirche von Susteren]], die in vielem vom Essener ottonischen Neubau inspiriert scheint, nehmen einen Wechsel von [[Pfeiler]]n und [[Säule]]n an. Auf der Wandzone zwischen diesen [[Arkade]]n und den Fenstern oberhalb des Anschlusses der Seitenschiffdächer befanden sich vermutlich Wandmalereien, da Reste von Malereien im Westbau gefunden wurden. Außen hatten die [[Obergaden]] des Mittelschiffs eine Gliederung aus [[Pilaster]]n und [[Volute]]n[[kapitell]]en, wahrscheinlich in zwölf Feldern.


==== Der Westbau ====
==== Westbau ====
[[Bild:Dehio_213_Essen.jpg|thumb|Rekonstruktionszeichnung des Westbaues im Ursprungszustand]]
[[Datei:Dehio 213 Essen.jpg|mini|Rekonstruktionszeichnung des Westbaues im Ursprungszustand]]
[[Bild:Dehio_41_Essen_Westchor.jpg|thumb|Grundriss und Innenaufbau des Westbaues]]
[[Datei:Dehio 41 Essen Westchor.jpg|mini|Grundriss und Innenaufbau des Westbaues]]
[[Bild:Essen Dom Westwerk2.jpg|thumb|Der heutige Zustand]]
[[Datei:Essen 2011 26 stitched-2.jpg|mini|Ansicht des heutigen Zustandes]]
Die Vermutung, dass der unbekannte Baumeister der Essener Stiftskirche einer der besten [[Architekt]]en seiner Zeit war, gründet sich besonders auf den Westbau, der noch heute das Bild der Kirche bestimmt. Wie bei der Vorgängerkirche ist der Westbau nur wenig breiter als die Flucht der Seitenschiffmauern. Von Außen besteht der Westbau aus einem fast quadratischen Mittelturm, der von einem achteckigen Glockengeschoss mit Zeltdach bekrönt war. In die Westwand des Baus waren zwei achtseitige Treppentürme eingelassen, die unterhalb des Glockengeschosses des Mittelturms endeten. Das oberste Geschoss der Treppentürme war rund. Glockengeschoss des Mittelturms und die Obergeschosse der Treppentürme waren mit Pilastern versehen. An die Nord und Südseite des Mittelturmes lehnten sich zweigeschossige Seitenräume an, deren Obergeschoss von Pilastern gegliedert war. Im Erdgeschoss dieser Nebenräume führten in Nischen gesetzte Portale in die Kirche, der Mitteleingang des Vorgängerbaus in den Westbau wurde aufgegeben und durch ein großes rundbogiges Fenster ersetzt. Der Westbau verlor damit die Funktion einen Triumpheingang in die Kirche zu schaffen. Stattdessen bildete der gedrungene Baukörper ein optisches Gegengewicht zu dem breit angelegten Ostbau.
Die Vermutung, dass der unbekannte Baumeister der Essener Stiftskirche einer der besten [[Architekt]]en seiner Zeit war, gründet sich besonders auf den Westbau, der noch heute das Bild der Kirche bestimmt. Wie bei der Vorgängerkirche ist der Westbau nur wenig breiter als die Flucht der Seitenschiffmauern. Von Außen besteht er aus einem fast quadratischen Mittelturm, der von einem achteckigen Glockengeschoss mit Zeltdach bekrönt war. In die Westwand des Baus waren zwei achtseitige Treppentürme eingelassen, die unterhalb des Glockengeschosses des Mittelturms endeten. Das oberste Geschoss der Treppentürme war rund. Glockengeschoss des Mittelturms und die Obergeschosse der Treppentürme waren mit Pilastern versehen. An die Nord und Südseite des Mittelturmes lehnten sich zweigeschossige Seitenräume an, deren Obergeschoss von Pilastern gegliedert war. Im Erdgeschoss dieser Nebenräume führten in Nischen gesetzte Portale in die Kirche, der Mitteleingang des Vorgängerbaus in den Westbau wurde aufgegeben und durch ein großes rundbogiges Fenster ersetzt. Der Westbau verlor damit die Funktion, einen Triumpheingang in die Kirche zu schaffen. Stattdessen bildete der gedrungene Baukörper ein optisches Gegengewicht zu dem breit angelegten Ostbau.

Innen war der Westbau reich und kompliziert gegliedert. In den Mittelraum ist ein Westchor in der Form eines halbierten Sechsecks eingebaut, der von einem Umgang umschlossen wird. In der Mitte befand sich in der Westwand eine flache Nische, seitlich befanden sich in flachen Nischen die Zugänge zu den Treppentürmen. Der Westbau öffnet sich gegen das Zwischenjoch in einem großen, von Pfeilern getragenen Bogen. Vor diesem Bogen stand im Westchor ein Altar zu Ehren des heiligen [[Simon Petrus|Petrus]]. Im Aufbau folgen die Wände dem Vorbild des Westchores der [[Aachener Dom|Aachener Pfalzkapelle]], an den auch die Verwendung des Oktogons für das Glockengeschoss erinnert. Im Erdgeschoss setzen drei unterteilte Bogen auf sechseckigen Pfeilern auf. Die Bogenöffnungen des Obergeschosses sind zweireihig mit Säulenstellungen gefüllt, die Säulen tragen antikisierende Kapitelle.


Innen war der Westbau reich und kompliziert gegliedert. In den Mittelraum ist ein Westchor in der Form eines halbierten Sechsecks eingebaut, der von einem Umgang umschlossen wird. In der Mitte befand sich in der Westwand eine flache Nische, seitlich befanden sich in flachen Nischen die Zugänge zu den Treppentürmen. Der Westbau öffnet sich gegen das Zwischenjoch in einem großen, von Pfeilern getragenen Bogen. Vor diesem Bogen stand im Westchor ein dem Hl. [[Petrus]] geweihter Altar. Im Aufbau folgen die Wände dem Vorbild des Westchores der [[Aachener Dom|Aachener Pfalzkapelle]], an den auch die Verwendung des Oktogons für das Glockengeschoss erinnert. Im Erdgeschoss setzen drei unterteilte Bogen auf sechseckigen Pfeilern auf. Die Bogenöffnungen des Obergeschosses sind zweireihig mit Säulenstellungen gefüllt, die Säulen tragen antikisierende Kapitelle.
Von Außen gesehen war der Westbau damit eine Dreiturmanlage, die innen einen Westchor umhüllte, der ein halbierter Zentralbau war. Ein vergleichbares Bauwerk ist nicht bekannt.
Von Außen gesehen war der Westbau damit eine Dreiturmanlage, die innen einen Westchor umhüllte, der ein halbierter Zentralbau war. Ein vergleichbares Bauwerk ist nicht bekannt.

[[Datei:WestbauMalerei06.JPG|mini|hochkant|Reste ottonischer Wandmalerei im Westbau]]


Der Westbau war reich ausgemalt, wobei die Bemalung in der Halbkuppel zum Langhaus das jüngste Gericht zeigte. Die Malerei nahm auf die Erscheinung Jesu Bezug, daraus wird geschlossen, dass die Auftraggeberin der Ausmalung die Äbtissin Theophanu (dieser griechischer Name bedeutet ''Gotteserscheinung'') war.
Der Westbau war reich ausgemalt, wobei die Bemalung in der Halbkuppel zum Langhaus das jüngste Gericht zeigte. Die Malerei nahm auf die Erscheinung Jesu Bezug, daraus wird geschlossen, dass die Auftraggeberin der Ausmalung die Äbtissin Theophanu (dieser griechischer Name bedeutet ''Gotteserscheinung'') war.


==== Die Krypta ====
==== Krypta ====
Durch den Einbau der Krypta wurde der Boden des Hauptchores über das Niveau der Böden von Lang- und Querhaus erhoben. Die Seitenchöre blieben auf einer Höhe mit Lang- und Querhaus. Die Krypta bestand aus einer dreischiffigen Innenkrypta und einer um diese gelegte fünfschiffige Außenkrypta. Der Zugang zur Innenkrypta erfolgte von den Ostseiten der Nebenchöre aus, durch die man zunächst in die Außenkrypta gelangte. Die Außenkrypta hatte quadratische und längsrechteckige Joche, die im Wechsel angelegt waren und durch feingegliederte quadratische Pfeiler getrennt wurden. Die drei mittleren Ostjoche waren besonders hervorgehoben. Während die Ostwände in den beiden seitlichen Jochen einfache halbrunde Nischen zeigten, war an das mittlere Joch ein kleiner, mit drei halbrunden Nischen versehener Chor angesetzt. An den mittleren Wandpfeilern der Außenkrypta sind Sandsteinplatten erhalten, denen sich als Weihedatum der Krypta der 9. September 1051 und die in den Kryptenaltären erhaltenen Reliquien entnehmen lassen.
Durch den Einbau der Krypta wurde der Boden des Hauptchores über das Niveau der Böden von Lang- und Querhaus erhoben. Die Seitenchöre blieben auf einer Höhe mit Lang- und Querhaus. Die Krypta bestand aus der dreischiffigen Krypta der [[Agana (Essen)|Agana]], die durch den über ihr gebauten neuen Ostchor der Theophanu nun zur Innenkrypta wurde, und einer um diese gelegte fünfschiffige Außenkrypta. Der Zugang zur Innenkrypta erfolgte von den Ostseiten der Nebenchöre aus, durch die man zunächst in die Außenkrypta gelangte. Die Außenkrypta hatte quadratische und längsrechteckige Joche, die im Wechsel angelegt waren und durch feingegliederte quadratische Pfeiler getrennt wurden. Die drei mittleren Ostjoche waren besonders hervorgehoben. Während die Ostwände in den beiden seitlichen Jochen einfache halbrunde Nischen zeigten, war an das mittlere Joch ein kleiner, mit drei halbrunden Nischen versehener Chor angesetzt. An den mittleren Wandpfeilern der Außenkrypta sind Sandsteinplatten erhalten, denen sich als Weihedatum der Krypta der 9. September 1051 und die in den Kryptenaltären erhaltenen Reliquien entnehmen lassen.


=== Spätere Anbauten ===
=== Spätere Anbauten ===
Kurze Zeit nach der Fertigstellung der ottonischen Kirche, vermutlich unter der Nachfolgerin der Äbtissin Theophanu, wurde das Atrium erneuert. Das Atrium wurde 1471 bei der Erneuerung und Vergrößerung der dem Münster westlich vorgelagerten [[St. Johann Baptist (Essen)|Kirche St. Johann Baptist]], die als Tauf- und Pfarrkirche der Stiftsuntertanen diente, verkleinert, präsentiert sich jedoch ansonsten in seiner vermutlich 1060–1080 entstandenen Form.
[[Bild:Münster Essen Atrium 20060326.jpg|thumb|Atrium des Münsters mit dem Oberlicht der [[Adveniat]]-Krypta]]
Kurze Zeit nach der Fertigstellung der ottonischen Kirche, vermutlich unter der Nachfolgerin der Äbtissin Theophanu, wurde das Atrium erneuert. Das Atrium wurde 1471 bei der Erneuerung und Vergrößerung der dem Münster westlich vorgelagerten [[Kirche St. Johann Baptist (Essen)|Kirche St. Johann Baptist]], die als Tauf- und Pfarrkirche der Stiftsuntertanen diente, verkleinert, präsentiert sich jedoch ansonsten in seiner vermutlich 1060-1080 entstandenen Form.


Die nächste Erweiterung der Kirchenanlage war ein Anbau an das südliche Querhaus im 12. Jahrhundert. Dieser sehr massive Anbau enthielt im Obergeschoss das sectarium, in dem die Urkunden und Akten des Stifts aufbewahrt wurden, und diente vermutlich auch als Schatzkammer. Die Vorhalle des Anbaus diente wahrscheinlich den Zwecken des kirchlichen Gerichts.
Die nächste Erweiterung der Kirchenanlage war ein Anbau an das südliche Querhaus im 12. Jahrhundert. Dieser sehr massive Anbau enthielt im Obergeschoss das sectarium, in dem die Urkunden und Akten des Stifts aufbewahrt wurden, und diente auch als Schatzkammer. Die darunter gelegene offene Halle, die zu einem späteren Zeitpunkt geschlossen wurde, diente den Zwecken des kirchlichen Gerichts. Dieser Anbau ist heute Teil der Essener Domschatzkammer.


== Die gotische Hallenkirche ==
== Gotische Hallenkirche ==
[[Datei:Essen 2011 31.jpg|mini|Innenansicht Richtung Hauptaltar]]
1275 brannte die ottonische Stiftskirche nieder, wobei der Westbau und die Krypta erhalten blieben. Beim Aufbau, der in die Amtszeit der Äbtissin Beatrix von Holte fiel, verbanden die Baumeister altes mit den neuen Bauformen der [[Gotik]]. Am Neubau haben nacheinander zwei Baumeister gewirkt, von denen der erste, ein Meister Martin, im Jahr 1304 auf sein Amt verzichtete. Meister Martin, der, wie aus Details seiner Ornamentik gedeutet wird, Kirchenbauten aus [[Burgund]] und der [[Champagne]] kannte wie auch die Formensprache der [[Köln]]er und [[Trier]]er [[Dombauhütte]]n, zeichnete für die Gesamtkonzeption verantwortlich. Diese sah zunächst einen Langchor ähnlich der [[Mönchengladbacher Münster|St. Vituskirche]] in [[Mönchengladbach]] vor. Noch unter der Bauleitung von Meister Martin wurde dieses Konzept aufgegeben und ein von der 1235 begonnenen [[Marburg]]er [[Elisabethkirche (Marburg)|Elisabethkirche]] inspirierter Hallenchor gebaut, mit dem die Außenkrypta überbaut wurde. Diese Übertragung der Form des Langhauses auf den Chor war erstmalig in Deutschland. Der Nachfolger Meister Martins ist namentlich nicht bekannt. Seine Formensprache ist eher bodenständig-westfälisch, er übernahm jedoch die Baukonzeption seines Vorgängers und führte diese zu Ende.
[[Datei:Heutiger Bau.jpg|mini|Der heutige Bauzustand mit der Kirche St. Johann Baptist, Atrium und vollständigem Kreuzgang]]
1275 brannte die ottonische Stiftskirche nieder, wobei der Westbau und die Krypta erhalten blieben. Beim Aufbau, der in die Amtszeit der Äbtissinnen [[Berta von Arnsberg]] und [[Beatrix von Holte]] fiel, verbanden die Baumeister altes mit den neuen Bauformen der [[Gotik]]. Die Form der Hallenkirche wurde in bewusstem Kontrast zum [[Kölner Dom]] gewählt, da sich das Stift Essen der Machtansprüche der Kölner Erzbischöfe erwehren musste und die Bauherrinnen mit der Bauform ihre Einheit und Unabhängigkeit ausdrücken wollten. Am Neubau wirkten nacheinander zwei Baumeister, von denen der erste, ein Meister Martin, im Jahr 1305 aufgrund von Differenzen mit der Äbtissin Beatrix von Holte auf sein Amt verzichtete. Meister Martin, der, wie aus Details seiner Ornamentik gedeutet wird, Kirchenbauten aus [[Burgund]] und der [[Champagne]] kannte wie auch die Formensprache der [[Köln]]er und Trierer [[Dombauhütte]]n, zeichnete für die Gesamtkonzeption verantwortlich. Diese sah zunächst einen Langchor ähnlich der [[Mönchengladbacher Münster|St.-Vituskirche]] in [[Mönchengladbach]] vor. Noch unter der Bauleitung von Meister Martin wurde dieses Konzept aufgegeben und ein von der 1235 begonnenen [[Marburg]]er [[Elisabethkirche (Marburg)|Elisabethkirche]] inspirierter Hallenchor gebaut, mit dem die Außenkrypta überbaut wurde. Dies war in Deutschland die erste Übertragung der Form des Langhauses auf den Chor. Der Nachfolger Meister Martins ist namentlich nicht bekannt. Seine Formensprache ist eher bodenständig-westfälisch, er übernahm jedoch die Baukonzeption seines Vorgängers und führte sie zu Ende.


Die ursprünglich flacheren Dächer des [[Oktogon (Architektur)|Oktogon]]s und der Treppentürme wurden durch spitzere Hauben ersetzt, die Treppentürme außerdem noch ein Stockwerk erhöht. Über der Vierung besaß die gotische Stiftskirche noch einen Vierungsturm. Auch der Kreuzgang wurde erneuert. Der gesamte Neubau wurde an einem 8. Juli neu geweiht, wobei das genaue Jahr nicht bekannt ist. Der 8. Juli ist der heute noch begangene Weihetag der Münsterkirche.
Die ursprünglich flacheren Dächer des [[Oktogon (Architektur)|Oktogons]] und der Treppentürme wurden durch spitzere Hauben ersetzt, die Treppentürme außerdem um ein Stockwerk erhöht. Über der Vierung besaß die gotische Stiftskirche noch einen Vierungsturm. Auch der Kreuzgang wurde erneuert. Der gesamte Neubau wurde an einem 8. Juli neu geweiht, wahrscheinlich 1316. Der 8. Juli ist der heute noch begangene Weihetag der Münsterkirche.


=== Spätere Veränderungen ===
=== Spätere Veränderungen ===
Im 18. Jahrhundert erfolgte eine [[Barock]]isierung der Stiftskirche. Der alte Vierungsturm wurde durch einen schlankeren [[Dachreiter]] ersetzt. Die Fenster der Südseite des Domes wurden verbreitert und verloren ihr gotisches [[Maßwerk]]. Die spitzen Hauben des Westbaus wurden durch barocke Zwiebelhauben ersetzt, zudem erhielt das Glockengeschoss eine Uhr. Im Inneren wurde ein Großteil der alten Ausstattung entfernt und ersetzt, sodass sich nur wenige Teile der gotischen Ausstattung erhalten haben. Diese lassen sich nicht mehr in Zusammenhänge bringen.
[[Bild:Münster Essen Westwerk 20060326.jpg|thumb|Der Westbau mit Ansatz des Langhauses, deutlich erkennbar die Dachgestaltung von 1880]]
Im 18. Jahrhundert erfolgte eine [[Barock]]isierung der Stiftskirche. Der alte Vierungsturm wurde durch einen schlankeren [[Dachreiter]] ersetzt. Die Fenster der Südseite des Domes wurden verbreitert und verloren ihr gotisches [[Maßwerk]]. Die spitzen Hauben des Westbaus wurden durch barocke Zwiebelhauben ersetzt, zudem erhielt das Glockengeschoss eine Uhr. Im Inneren wurde ein Großteil der alten Innenausstattung entfernt und ersetzt, so dass sich nur wenige originale Teile der gotischen Ausstattung erhalten haben, die sich nicht mehr in Zusammenhänge bringen lassen.


Um 1880 folgte man in Essen der modischen Begeisterung, die [[Gotik]] als urdeutschen Baustil anzusehen, und machte die Änderungen des Barocks soweit rückgängig, wie es möglich war. Der Westbau erhielt sein vorheriges Aussehen zurück, wobei der Essener Architekt und Kunsthistoriker [[Georg Humann]] verhindern konnte, dass dieser gotisiert wurde. Außerdem entfernte man die barocke Innenausstattung, von der heute nur noch zwei Heiligenfiguren im Eingang der Domschatzkammer erhalten sind. Daneben erhielt die Kirche ihre heutige Dachgestaltung und einen neugotischen Dachreiter auf der Vierung.
Um 1880 folgte man in Essen der modischen Begeisterung, die [[Gotik]] als urdeutschen Baustil anzusehen, und machte die Änderungen des Barocks soweit rückgängig, wie es möglich war. Der Westbau erhielt sein vorheriges Aussehen zurück, wobei der Essener Architekt und Kunsthistoriker [[Georg Humann]] verhindern konnte, dass dieser gotisiert wurde. Außerdem entfernte man die barocke Innenausstattung, von der heute ein Seitenaltar als Hauptaltar in der vorgelagerten Anbetungskirche [[St. Johann Baptist (Essen)|St. Johann Baptist]] steht. Einige Heiligenfiguren befinden sich dort, einige andere in der Domschatzkammer. Die als Ersatz für die barocken Stücke neu gefertigte Ausstattung fiel dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer, sodass von ihr noch weniger erhalten ist. Während der Baumaßnahmen um 1880 erhielt die Kirche auch ihre heutige Dachgestaltung und einen neugotischen Dachreiter auf der Vierung.


=== Kriegszerstörung und Wiederaufbau ===
=== Kriegszerstörung und Wiederaufbau ===
In der Nacht vom 5. auf den 6. März 1943 flog die [[Royal Air Force]] mit 442 Flugzeugen einen Angriff auf die durch die [[Friedrich Krupp AG|Kruppwerke]] für die [[Wirtschaft im nationalsozialistischen Deutschland|Kriegswirtschaft des Nationalsozialismus]] wichtige Stadt Essen, bei dem in weniger als einer Stunde 137.000 Brandbomben und 1100 Sprengbomben über der Innenstadt abgeworfen wurden. Die Münsterkirche brannte aus und erlitt schwerste Schäden, lediglich die ältesten Teile des Baus, der Westbau und die Krypta, wurden weniger beschädigt.
[[Bild:Heutiger_Bau.jpg|thumb|Der heutige Bauzustand mit der Kirche St. Johann Baptist, Atrium und vollständigem Kreuzgang]]

In der Nacht vom 5. auf den 6. März 1943 flog die [[Royal Air Force]] mit 442 Flugzeugen einen Angriff auf die durch die [[Friedrich Krupp AG|Kruppwerke]] für die [[Kriegswirtschaft_Deutschland_(1939-1945)|Kriegswirtschaft des Nationalsozialismus]] wichtige Stadt Essen, bei dem in weniger als einer Stunde 137.000 Brandbomben und 1100 Sprengbomben über der Innenstadt abgeworfen wurden. Die Münsterkirche brannte aus und erlitt schwerste Schäden, lediglich die ältesten Teile des Baus, der Westbau und die Krypta, wurden geringer beschädigt. Der Entschluss zum Wiederaufbau wurde nach der Befreiung durch die alliierten Truppen bereits in einer der ersten Sitzungen des von diesen eingesetzten Stadtrats unter dem kommunistischen Oberbürgermeister [[Heinz Renner]] einstimmig gefasst. Noch im selben Jahr begann man mit Sicherungsarbeiten der Trümmer. Die Kriegszerstörungen ermöglichten auch die umfangreichen archeologischen Ausgrabungen in der Kirche durch Walter Zimmermann; diese erbrachten zahlreiche Erkenntnisse über die Vorgängerbauten der heutigen Kirche wie auch über die Bestattungen in der Kirche. Der Wiederaufbau wurde 1951 begonnen und geschah zügig: Bereits 1952 waren der Westbau und das Langhaus wieder benutzbar, bis 1958 war auch der Rest der Kirche wieder aufgebaut, wobei man auch die Nordseite des Kreuzganges wieder schloss, die man im 19. Jahrhundert abgebrochen hatte. Der neugotische Dachreiter aus dem Vorjahrhundert wurde durch einen schlankeren und statisch günstigeren Dachreiter ersetzt. wodurch die Kirche ihre heutige äußere Gestalt erhielt. Die vollständig wiedererrichtete Kirche wurde dann 1958 Bischofssitz.
Der Entschluss zum Wiederaufbau fiel nach der Befreiung durch die alliierten Truppen bereits in einer der ersten Sitzungen des von diesen eingesetzten Stadtrats unter dem kommunistischen Oberbürgermeister [[Heinz Renner]] einstimmig. Renner rief auch zur Gründung eines Vereins auf, der den Wiederaufbau unterstützen sollte, 1947 gründete sich daraufhin der noch heute aktive [[Verein für die Erhaltung und Ausstattung des Essener Münsters (Münsterbauverein)]]. Noch im selben Jahr begann man mit Sicherungsarbeiten der Trümmer. Die Kriegszerstörungen ermöglichten auch umfangreiche archäologische Ausgrabungen in der Kirche durch Walter Zimmermann; diese erbrachten zahlreiche Erkenntnisse über die Vorgängerbauten der heutigen Kirche wie auch über die Bestattungen in der Kirche.

Der Wiederaufbau begann 1951 und geschah zügig: Bereits 1952 waren der Westbau und das Langhaus wieder benutzbar, bis 1958 war auch der Rest der Kirche wieder aufgebaut, wobei man auch die Nordseite des Kreuzganges wieder schloss, die man im 19. Jahrhundert abgebrochen hatte. Der neugotische Dachreiter aus dem Vorjahrhundert wurde durch einen schlankeren und statisch günstigeren Dachreiter ersetzt, wodurch die Kirche ihre heutige äußere Gestalt erhielt. Die vollständig wiedererrichtete Kirche wurde 1958 zum Bischofssitz.


=== Jüngste Ergänzungen ===
=== Jüngste Ergänzungen ===
Die Stiftskirche war nie über die Größe der ottonischen Kirche hinaus gewachsen. Erst die Einrichtung des [[Bistum Essen|Ruhrbistums]] machte eine neue Erweiterung notwendig. [[Franz Kardinal Hengsbach]], der erste Ruhrbischof, hatte bereits zu Lebzeiten erklärt, dass er von seinem Vorrecht, in seiner Bischofskirche bestattet zu werden, Gebrauch machen wolle, aber nicht neben dem Hl. [[Altfrid]] in der ottonischen Krypta. Um diesen Wunsch zu erfüllen, wurde 1981-1983 unter dem Atrium eine Westkrypta angelegt, deren Eingang innerhalb des alten Westbaus liegt. In dieser mit modernen Betongussrelief von [[Emil Wachter]] geschmückten [[Adveniat]]-Krypta, deren Name daran erinnert, dass Kardinal Hengsbach Mitbegründer des bischöflichen Hilfswerkes Adveniat war, wurden die bei der Ausschachtung gefundenen Gebeine der im Mittelalter im Atrium bestatteten Kanoniker und 1991 auch Kardinal Hengsbach bestattet.
Die Stiftskirche war nie über die Größe der ottonischen Kirche hinaus gewachsen. Erst die Einrichtung des [[Bistum Essen|Ruhrbistums]] machte eine neue Erweiterung notwendig. [[Franz Hengsbach|Franz Kardinal Hengsbach]], der erste Ruhrbischof, hatte bereits zu Lebzeiten erklärt, dass er von seinem Vorrecht, in seiner Bischofskirche bestattet zu werden, Gebrauch machen wolle, aber nicht neben dem Hl. [[Altfrid]] in der ottonischen Krypta. Um diesen Wunsch zu erfüllen, wurde unter dem Atrium von 1981 bis 1983 eine von Dombaumeister [[Heinz Dohmen]] geplante Westkrypta angelegt, deren Eingang innerhalb des alten Westbaus liegt. Sie wurde von [[Emil Wachter]] mit modernen Betongussreliefs gestaltet. Seit Dezember 2000 heißt sie „Adveniat-Krypta“; der Name erinnert daran, dass Kardinal Hengsbach Mitbegründer des Bischöflichen Hilfswerkes [[Bischöfliche Aktion Adveniat|Adveniat]] war. In der Westkrypta/Adveniat-Krypta wurden die bei der Ausschachtung gefundenen Gebeine der im Mittelalter im Atrium bestatteten Kanoniker bestattet, 1991 Kardinal Hengsbach und 2014 sein Amtsnachfolger Bischof [[Hubert Luthe]].


Die südliche Seitenschiffskapelle ist seit dem 10. Oktober 2004 der Erinnerung und Verehrung des 2001 selig gesprochenen [[Nikolaus Groß]] gewidmet und neu gestaltet.
Die südliche Seitenschiffskapelle ist seit dem 10. Oktober 2004 der Erinnerung und Verehrung des 2001 seliggesprochenen [[Nikolaus Groß]] gewidmet und neu gestaltet.


== Abmessungen ==
== Abmessungen ==
Die gesamte Kirchenanlage einschließliche der vorgelagerten Kirche [[Kirche St. Johann Baptist (Essen)|St. Johann]] ist 90 m lang, die Breite beträgt zwischen 24 m und 31 m beim Querhaus mit Ansatz der Domschatzkammer. Die Höhen betragen:
Die gesamte Kirchenanlage einschließlich der vorgelagerten Kirche St. Johann ist 90 m lang, die Breite beträgt zwischen 24 m und 31 m beim Querhaus mit Ansatz der Domschatzkammer. Die Höhen betragen:
{| class="wikitable"
{| {{prettytable}}
!Höhen:
!innen
!außen
|-
|-
! Höhen
|Langhaus
! Innen
|13 m (Gewölbe)
! Außen
|17 m
|-
|-
| Langhaus
|Chor (m. Krypta)
|15 m (Gewölbe)
| 13 m (Gewölbe)
|20 m
| 17 m
|-
|-
| Chor (m. Krypta)
|Westwerk
| 15 m (Gewölbe)
| 
|35 m
| 20 m
|-
|-
| Westwerk
|Vierungsturm
| 
|  
|28 m
| 35 m
|-
|-
| Vierungsturm
|Turm St. Johann
| 
|  
|50 m
| 38 m
|-
| Turm St. Johann
|  
| 50 m
|}
|}
Der Rauminhalt des Münsters beträgt grob geschätzt 45.000 m³, die Mauerwerksmasse etwa 10.000 m³. Das Bauwerk wiegt geschätzt 25.000 t.
Der Rauminhalt des Münsters beträgt grob geschätzt 45.000 m³, die Mauerwerksmasse etwa 10.000 m³. Das Bauwerk wiegt geschätzt 25.000 t.


== Ausstattung ==
== Ausstattung ==
[[Bild:GoMa.jpg|thumb|Der bedeutendste Kunstschatz der Kirche, die [[Goldene Madonna]]]]
[[Datei:Golden Madonna.jpg|mini|Der bedeutendste Kunstschatz der Kirche, die [[Goldene Madonna]]]]
Aufgrund der Barockisierung im 18. Jahrhundert, der Regotisierung des 19. Jahrhunderts und den Zerstörungen des [[Zweiter Weltkrieg|zweiten Weltkriegs]] sind von der früheren Ausstattung der Münsterkirche nur wenige, aber dafür um so bedeutendere Reste erhalten. Der Innenraum wirkt vergleichsweise schlicht und vor allem durch seine Architektur, deren Detailschönheit von vielen Besuchern übersehen wird, da der Glanz der beiden bedeutendsten mittelalterlicher Kunstwerke des Domes sie überstrahlt.
Aufgrund der Barockisierung im 18. Jahrhundert, der Regotisierung des 19. Jahrhunderts und der Zerstörungen des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] sind von der früheren Ausstattung der Münsterkirche nur wenige, aber dafür umso bedeutendere Reste erhalten. Der Innenraum wirkt vergleichsweise schlicht, vor allem durch seine Architektur, deren Detailschönheit von vielen Besuchern übersehen wird, da der Glanz der beiden bedeutendsten mittelalterlichen Kunstwerke des Domes sie überstrahlt.


=== Domschatz ===
=== Domschatz ===
''Hauptartikel:'' [[Essener Domschatz]]
{{Hauptartikel|Essener Domschatz}}
Das Münster besitzt einen Domschatz, der der Öffentlichkeit zugänglich ist. In der nördlichen Seitenschiffskapelle befindet sich seit 1959 der größte Schatz der Kirche, die [[Goldene Madonna]], die älteste vollplastische Marienfigur der Welt und die Schutzpatronin des Ruhrbistums. Die 74 cm hohe Figur aus Pappelholz, die mit Goldblech beschlagen ist, stammt aus der Zeit der Äbtissin [[Mathilde (Essen)|Mathilde]] und stellt Maria als Himmelskönigin dar, die die Macht über den Erdkreis für ihren Sohn hält. Die Figur, die ursprünglich bei Prozessionen mitgeführt wurde, gelangte vermutlich aufgrund Mathildes Verwandtschaft zum [[Liudolfinger|ottonischen]] Königshaus nach Essen. Die über tausend Jahre alte Figur wurde 2004 umfassend restauriert.


Im Zentrum des Westbaus steht heute der monumentale [[Siebenarmiger Leuchter (Essen)|Siebenarmige Leuchter]], den die Äbtissin [[Mathilde (Essen)|Mathilde]] zwischen 973 und 1011 anfertigen ließ. Der Leuchter, 2,26 m hoch und 1,88 m breit, ist aus 46 aus Bronze gegossenen Einzelteilen zusammengesetzt. Der Leuchter symbolisiert die Gesamtheit von Dreifaltigkeit und die Erde mit ihren vier Himmelsrichtungen und Christus als das Licht der Welt, das im jüngsten Gericht die Gläubigen heimgeleitet ([[Offenbarung des Johannes|Offb 7]]).
Das Münster besitzt einen Domschatz, der der Öffentlichkeit zugänglich ist. In der nördlichen Seitenschiffskapelle befindet sich seit 1959 der größte Schatz der Kirche, die [[Goldene Madonna]], die älteste vollplastische Marienfigur der Welt und die Schutzpatronin des Ruhrbistums. Die 74 cm hohe Figur aus Pappelholz, das mit Goldblech beschlagen ist, stammt aus der Zeit der Äbtissin [[Mathilde II. (Essen)|Mathilde]] und stellt Maria als Himmelskönigin, die die Macht über den Erdkreis für ihren Sohn hält, dar. Die Figur, die ursprünglich bei Prozessionen mitgeführt wurde, gelangte vermutlich aufgrund Mathildes Verwandtschaft zum [[Liudolfinger|ottonischen]] Königshaus nach Essen. Die über tausend Jahre alte Figur wurde 2004 umfassend restauriert.


Im Domschatz sind zudem die sogenannte [[Kinderkrone Ottos III.]], die vier ottonischen [[Vortragekreuz]]e, das lange als Richtschwert der Märtyrer Cosmas und Damian verehrte [[Zeremonialschwert (Essen)|ottonische Schwert]], der Buchdeckel des [[Theophanu-Evangeliar]]s, mehrere gotische Armreliquiare, die größte weltweit erhaltene Sammlung burgundischer Agraffen sowie das [[Essener Domschatzkammer Hs. 1|karolingische Evangeliar]] bemerkenswert.
Im Zentrum des Westbaus steht heute der monumentale [[Siebenarmiger Leuchter (Essen)|Siebenarmige Leuchter]], den die Äbtissin [[Mathilde II. (Essen)|Mathilde]] zwischen 973 und 1011 anfertigen ließ. Der Leuchter, 2,26 m hoch und 1,88 m breit, ist aus 46 aus Bronze gegossenen Einzelteilen zusammengesetzt. Der Leuchter symbolisiert die Gesamtheit von Dreifaltigkeit und der Erde mit ihren vier Himmelsrichtungen und Christus als das Licht der Welt, das im jüngsten Gericht die Gläubigen heimgeleitet ([[offenbarung des Johannes|Off 7]]).

Im Domschatz sind zudem die [[Kinderkrone Ottos III.]] seiner Aachener Krönung, die vier ottonischen [[Vortragekreuz]]e, das lange als Richtschwert der Märtyrer Cosmas und Damian verehrte ottonische Schwert sowie das Theophanu-Evangeliar bemerkenswert.


=== Idasäule ===
=== Idasäule ===
Das älteste erhaltene Ausstattungsstück der Münsterkirche ist die Kreuzsäule im Chorraum, die heute ein modernes Kreuz trägt. Bis ins 15. Jahrhundert trug sie ein mit vergoldetem Kupferblech überzogenes Kreuz, von dem sich noch heute die Stifterplatte und möglicherweise weitere Reste im Domschatz befinden. Die Inschrift ''ISTAM CRUCEM (I)DA ABBATISSA FIERI IUSSIT'' („Dieses Kreuz ließ die Äbtissin Ida anfertigen“) lässt die [[971]] verstorbene Essener Äbtissin Ida als Auftraggeberin erkennen, diskutiert wird jedoch auch die Schwester der Essener Äbtissin Theophanu, [[Ida (St. Maria im Kapitol)|Ida]], Äbtissin von [[St. Maria im Kapitol]] zu Köln. Die Säule selbst ist wahrscheinlich eine antike [[Spolie]], wie aufgrund des [[Kannelierung|kannelierten]] Untersatzes mit [[Basis (Architektur)|attischer Basis]] angenommen wird. Das [[Kapitell]] ist der Antike nachempfunden, allerdings besonders reich verziert. In der Gestaltung ist es den Kapitellen der Westempore, der Krypta, sowie denen in der Ludgeridenkrypta der [[Kloster Werden|Werdener Abteikirche]] und der [[St.-Lucius-Kirche (Essen)|Luciuskirche]] in [[Essen-Werden|Werden]] verwandt.
Das älteste erhaltene Ausstattungsstück der Münsterkirche ist die Kreuzsäule im Chorraum, die heute ein modernes Kreuz der Fuldaer [[Benediktinerinnen|Benediktinerin]] [[Lioba Munz]] OSB trägt. Bis ins 15. Jahrhundert trug sie ein mit vergoldetem Kupferblech überzogenes Kreuz, von dem sich noch heute die Stifterplatte und möglicherweise weitere Reste im Domschatz befinden. Die Inschrift {{Inschrift|ISTAM CRUCEM (I)DA ABBATISSA FIERI IUSSIT}} („Dieses Kreuz ließ die Äbtissin Ida anfertigen“) lässt die 971 verstorbene Essener Äbtissin [[Ida (Essen)|Ida]] als Auftraggeberin erkennen, diskutiert wurde jedoch auch die Schwester der Essener Äbtissin Theophanu, [[Ida (St. Maria im Kapitol)|Ida]], Äbtissin von [[St. Maria im Kapitol]] zu Köln. Die Säule selbst ist wahrscheinlich eine antike [[Spolie]], wie aufgrund des [[Kannelierung|kannelierten]] Untersatzes mit [[Basis (Architektur)|attischer Basis]] angenommen wird. Das [[Kapitell]] ist der Antike nachempfunden, allerdings besonders reich verziert. In der Gestaltung ist es den Kapitellen der Westempore, der Krypta, sowie denen in der Ludgeridenkrypta der [[Kloster Werden|Werdener Abteikirche]] und der [[St.-Lucius-Kirche (Essen)|Luciuskirche]] in [[Werden]] verwandt.


=== Altfrids-Grabmal ===
=== Altfrids-Grabmal ===
In der Ostkrypta befindet sich das gotische Hochgrab des Hildesheimer Bischofs und Gründers von Essen [[Altfrid]] aus Kalksandstein, das auf die Zeit um 1300 datiert wird. Begründet wird die Datierung mit auffallenden Ähnlichkeiten der Tumba mit Kölner Heiligengräbern, insbesondere dem Grab der Hl. Irmgard im Kölner Dom.
In der Ostkrypta befindet sich das gotische Hochgrab des Hildesheimer Bischofs und Gründers von Essen [[Altfrid]] aus Kalksandstein, das auf die Zeit um 1300 datiert wird und vermutlich unter der Äbtissin [[Beatrix von Holte]] entstand. Begründet wird die Datierung mit auffallenden Ähnlichkeiten der Tumba mit Kölner Heiligengräbern, insbesondere dem Grab der Hl. Irmgard im Kölner Dom.


=== Weitere Kunstwerke ===
=== Weitere Kunstwerke ===
[[Datei:Essen Münster Grablegung Christi.jpg|mini|[[Grablegung Christi (Bildtypus)|Grablegung Christi]]]]
Das heilige Grab im südlichen Seitenschiff stammt aus der Spätgotik. Die Epoche des Barock ist im Essener Münster durch zwei [[Epitaph (Grabinschrift)|Epitaph]]e vertreten. Der Ältere der 1614 verstorbenen Äbtissin [[Elisabeth von Bergh-s'Heerenberg|Elisabeth von Bergh]] enthält noch deutliche [[Renaissance]]elemente. Diese in [[Antwerpen]] aus schwarzem [[Marmor]] gefertigte Platte befindet sich an der Nordwand des östlichen Seitenschiffjochs und zeigt die Äbtissin in ihrer Amtskleidung, umgeben von den Wappen ihrer Vorfahren. Der zweite Epitaph, der der Äbtissin Johanna von Baexen, stammt von 1677 und befindet sich an der südlichen Außenmauer.
Die Sandstein-Figurengruppe der „[[Grablegung Christi (Bildtypus)|Grablegung Christi]]“ im südlichen Seitenschiff stammt aus der Spätgotik. Der unbekannte Kölner Meister, der sie im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts schuf, wird mit dem [[Notname]]n ''[[Meister der von Carbenschen Gedächtnisstiftung]]'' bezeichnet. Eine weitere Skulptur des frühen 16. Jahrhunderts ist die kurz nach 1500 am Niederrhein entstandene Figur des heiligen Nothelfers [[Rochus von Montpellier|Rochus]] an der Nordwand des Münsters.


Die Epoche des Barocks ist im Essener Münster durch zwei [[Epitaph]]e vertreten. Das ältere der im Jahr 1614 verstorbenen Äbtissin [[Elisabeth von Bergh-s’Heerenberg|Elisabeth von Bergh]] enthält noch deutliche [[Renaissance]]elemente. Diese in [[Antwerpen]] aus schwarzem [[Marmor]] gefertigte Platte befindet sich an der Nordwand des östlichen Seitenschiffjochs und zeigt die Äbtissin in ihrer Amtskleidung, umgeben von den Wappen ihrer Vorfahren. Das zweite Epitaph, das der Äbtissin [[Anna Salome von Salm-Reifferscheidt]], wird [[Johann Mauritz Gröninger]] zugeschrieben und befindet sich an der Nordwand der Orgelempore.
Aufgrund der Kriegszerstörungen hat die Münsterkirche keine alten Fenster des Mittelalters. Das Essener Domkapitel hat beim Wiederaufbau jedoch bedeutende moderne Künstler beauftragt, neue Fenster für die Kirche zu entwerfen und moderne Sakralkunstwerke zu fertigen, die sich in die alte Bausubstanz harmonisch einfügen. Das Michaelsfenster und die Fenster der Emporengeschosse des Westbaus sind von [[Heinrich Campendonk]] gestaltet, die Chorfenster von [[Ludwig Gies]], die des Langhauses von [[Wilhelm Buschulte]] und die Fenster der Krypta von [[Alfred Manessier]]. Das Altarfries ist ein Werk des [[Bildhauer]]s [[Elmar Hillebrand]] und seines Schülers Ronald Hughes. Die [[Bronze]]türen von Atrium und Kirche wie auch der [[Kreuzweg]]fries im Langhaus sind Werke des [[österreich]]ischen Künstlers [[Toni Schneider-Manzell]].

Aufgrund der Kriegszerstörungen hat die Münsterkirche keine alten Fenster des Mittelalters. Das Essener [[Domkapitel]] beauftragte beim Wiederaufbau bedeutende Künstler, neue Fenster zu entwerfen und moderne Sakralkunstwerke zu schaffen, die sich in die alte Bausubstanz harmonisch einfügen. Das Michaelsfenster und die Fenster der Emporengeschosse des Westbaus sind von [[Heinrich Campendonk]] gestaltet, die Chorfenster von [[Ludwig Gies]], die des Langhauses von [[Wilhelm Buschulte]] und die Fenster der Krypta von [[Alfred Manessier]]. Das Altarfries ist ein Werk des Bildhauers [[Elmar Hillebrand]] und seines Schülers Ronald Hughes. Die [[Bronze]]türen von Atrium und Kirche wie auch der [[Kreuzweg]]fries im Langhaus sind Werke des [[österreich]]ischen Künstlers [[Toni Schneider-Manzell]].


=== Orgel ===
=== Orgel ===
[[Datei:20190322 049 essen.jpg|mini|Blick durch das nördliche Seitenschiff auf die Rieger-Orgel]]
Das Münster verfügt seit 2004 über eine neue [[Orgel]], die von der renommierten Orgelbauwerkstatt Rieger aus [[Schwarzach (Vorarlberg)]] erbaut wurde, die auf den Orgelbauer [[Franz Rieger (Orgelbauer)|Franz Rieger]] zurückgeht. Die Orgel, die auch für Orgelkonzerte benutzt wird, verfügt über 4 Manuale, 95 Pfeifenreihen, 69 Register und 5.102 Pfeifen.
Das Münster verfügt seit 2004 über eine neue [[Orgel]], die von der [[Rieger Orgelbau|Orgelbauwerkstatt Rieger]] aus [[Schwarzach (Vorarlberg)]] erbaut wurde. Das Instrument besteht aus zwei Orgelwerken, die von einem [[Spieltisch (Orgel)|Generalspieltisch]] aus angesteuert werden können. Die Orgelanlage hat insgesamt 69 [[Register (Orgel)|Register]] (5.102 [[Orgelpfeife|Pfeifen]], 95 Pfeifenreihen).


Auf der Chorempore im Norden befindet sich die Hauptorgel mit 57 Registern auf 3 [[Manual (Musik)|Manualen]] und [[Pedal (Orgel)|Pedal]].<ref name="Orgeldisposition">[https://dommusik-essen.de/domorgel/technische-details#c542 ''Disposition und Pläne der Rieger-Orgel im Hohen Dom zu Essen (2004).''] In: ''dommusik-essen.de,''abgerufen am 4. Dezember 2020.</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://organindex.de/index.php?title=Essen,_Dom_St._Cosmas_und_Damian |titel=Informationen zur Orgel (-geschichte) auf Organ index |abruf=2023-02-24}}</ref>
=== Geläut ===
Sowohl in der Glockenstube des Westwerks als auch im Dachreiter über der Vierung befinden sich [[Glocke]]n. Das Geläut des Münsters wird durch das Geläut der vorgelagerten [[Kirche St. Johann Baptist (Essen)|Johanneskirche]] klanglich ergänzt, wobei die 1787 gegossenen Glocken dieser Kirche allerdings nicht klanglich auf die teilweise älteren Glocken der Münsterkirche abgestimmt sind, was ein leicht unharmonisches Gesamtbild ergibt.


Auf dem vierten Manual des Spieltischs lässt sich das [[Werk (Orgel)#Auxiliarwerk|Auxiliarwerk]] anspielen. Es befindet sich an der Westwand des südlichen Seitenschiffes und dient mit seinen 10 Manual- und zwei Pedalregistern der Beschallung im hinteren Teil des Kirchenraumes und der besseren Gemeindeführung. Seine Manualregister sind auf drei Werke verteilt: Prinzipalwerk, schwellbares Hochdruckwerk und Bombardwerk. Sie sind jeweils einzeln an die drei Manuale und das Pedal der Hauptorgel ankoppelbar.<ref name="Orgeldisposition" />
==== Die Glocken des Westwerks ====
Im Westwerk befinden sich drei große Glocken. Die älteste, fis<nowiki>'</nowiki> gestimmte Glocke, stammt bereits aus dem 14. Jahrhundert. Sie trägt die Inschrift ''DELIGNO CLAMANTEM DUM SONO SIGNO'' (''Mein Klang bezeichnet den Ruf Christi vom Kreuz.''). Bei ihr handelt es sich um eine frühe gotische Dreiklangglocke. Die zweite ältere Glocke ist e<nowiki>'</nowiki> gestimmt und mit 1650 kg und einem Durchmesser von 1,40 m die größte des Geläuts. Sie trägt eine längere Inschrift, die als Jahr des Gusses [[1546]] nennt. Gegossen wurde die Glocke direkt in Essen auf dem heutigen Burgplatz. Die dritte Glocke im Westwerk ist ais<nowiki>'</nowiki> gestimmt und inschriftslos, der Form nach jedoch ebenfalls in das 14. Jahrhundert einzuordnen.


Die [[Disposition (Orgel)|Disposition]] lautet (die Zahlen entsprechen nicht der Nummerierung der Register am Spieltisch):
==== Die Glocken des Dachreiters ====

Der Dachreiter enthält ein Geläut von drei Glocken, von denen zwei, die ais<nowiki>''</nowiki> und die cis<nowiki>'''</nowiki>-Glocken 1955 von der Glockengießerei Petit aus [[Gescher]] gegossen wurden, die auf dieselbe Gießereitradition wie die Gießerei zurückgeht, die 1787 die Glocken von St. Johann Baptist gegossen hatte. Diese beiden Glocken tragen die Inschriften ''Ave Maria Trösterin 1955'' und ''Ave Maria Königin 1955''. Die dritte Glocke im Dachreiter trägt die Inschrift ''WEI GOT WEL DEINEN DEI BIDDE VOR DE KRESTEN SEELEN AN 1522'' (''Wer Gott dienen will, der bete für der Christen Seelen A(nno D(omini) 1522''). Diese Glocke hat einen Durchmesser von 47,7 cm und wiegt etwa 80 kg, sie ist gis<nowiki>''</nowiki> gestimmt.
{| class="toptextcells" style="border-collapse:collapse;" border="0" cellspacing="20" cellpadding="12"
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''I Hauptwerk''' C–c<sup>4</sup>
----
|-
|{{0}}1. || Principal || 16′
|-
|{{0}}2. || Principal || {{0}}8′
|-
|{{0}}3. || Metallgedackt || {{0}}8′
|-
|{{0}}4. || Flûte harmonique<ref group="A" name="Über" /> || {{0}}8′
|-
|{{0}}5. || Gamba || {{0}}8′
|-
|{{0}}6. || Octave || {{0}}4′
|-
|{{0}}7. || Blockflöte || {{0}}4′
|-
|{{0}}8. || Quinte || {{0}}{{Bruch|2|2|3}}′
|-
|{{0}}9. || Superoctave || {{0}}2′
|-
|10. || Mixtur major V || {{0}}2′
|-
|11. || Mixtur minor IV–V || {{0}}{{Bruch|1|1|3}}′
|-
|12. || Cornet V || {{0}}8′
|-
|13. || Trompete || 16′
|-
|14. || Trompete || {{0}}8′
|}
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''II Positiv''' C–c<sup>4</sup><ref group="A" name="Schwell">Schwellbar.</ref>
----
|-
|15. || Bourdon || 16′
|-
|16. || Principal || {{0}}8′
|-
|17. || Holzgedackt || {{0}}8′
|-
|18. || Salicional || {{0}}8′
|-
|19. || Unda maris || {{0}}8′
|-
|20. || Prestant || {{0}}4′
|-
|21. || Rohrflöte || {{0}}4′
|-
|22. || Sesquialtera II || {{0}}{{Bruch|2|2|3}}′
|-
|23. || Doublette || {{0}}2′
|-
|24. || Larigot || {{0}}{{Bruch|1|1|3}}′
|-
|25. || Scharff IV || {{0}}1′
|-
|26. || Cromorne || {{0}}8′
|-
|27. || Clarinette || {{0}}8′
|-
| || ''Tremulant''
|}
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''III Schwellwerk''' C–c<sup>4</sup>
----
|-
|28. || Gemshorn || 16′
|-
|29. || Bourdon || {{0}}8′
|-
|30. || Hohlflöte || {{0}}8′
|-
|31. || Viola || {{0}}8′
|-
|32. || Aeoline || {{0}}8′
|-
|33. || Voix céleste || {{0}}8′
|-
|34. || Principal || {{0}}4′
|-
|35. || Fugara || {{0}}4′
|-
|36. || Traversflöte<ref group="A" name="Über">Überblasendes Register.</ref> || {{0}}4′
|-
|37. || Nazard<ref group="A" name="Über" /> ||{{0}}{{Bruch|2|2|3}}′
|-
|38. || Octavin<ref group="A" name="Über" /> || {{0}}2′
|-
|39. || Tierce<ref group="A" name="Über" /> ||{{0}}{{Bruch|1|3|5}}′
|-
|40. || Sifflet || {{0}}1′
|-
|41. || Fourniture III–V || {{0}}{{Bruch|2|2|3}}′
|-
|42. || Basson || 16′
|-
|43. || Trompette harmonique || {{0}}8′
|-
|44. || Hautbois || {{0}}8′
|-
|45. || Clairon harmonique || {{0}}4′
|-
|46. || Voix humaine || {{0}}8′
|-
| || ''Tremulant''
|-
|}
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''Pedal''' C–g<sup>1</sup>
----
|-
|47. || ''Untersatz <small>(Ext. Nr. 49)</small>'' || ''32′''
|-
|48. || Principal || 16′
|-
|49. || Subbass || 16′
|-
|50. || Principal || {{0}}8′
|-
|51. || Gedackt || {{0}}8′
|-
|52. || Cello || {{0}}8′
|-
|53. || Choralbass || {{0}}4′
|-
|54. || Bombarde || 16′
|-
|55. || Fagott || 16′
|-
|56. || Posaune || {{0}}8′
|-
|57. || Klarine || {{0}}4′
|}
|}
'''Auxiliaire'''
{| class="toptextcells" style="border-collapse:collapse;" border="0" cellspacing="20" cellpadding="12"
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''IV Principalwerk''' C–c<sup>4</sup>
----
|-
|58. || Principal || 8′
|-
|59. || Octave || 4′
|-
|60. || Superoctave {{0}} || 2′
|-
|61. || Mixtur III || {{Bruch|1|1|3}}′
|-
|}
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''IV Hochdruckwerk''' C–c<sup>4</sup><ref group="A" name="Schwell" />
----
|-
|62. || Doppelflöte || 8′
|-
|63. || Cornet V || 8′
|-
|64. || Tuba || 8′
|}
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''IV Bombardwerk''' C–c<sup>4</sup><ref group="A" name="Pfeifen">Jeweils eigene Pfeifenreihen.</ref>
----
|-
|65. || Bombarde || 16′
|-
|66. || Bombarde || {{0}}8′
|-
|67. || Bombarde || {{0}}4′
|-
|
|}
|
{| border="0"
|colspan="3"| '''Pedal (Auxiliaire)''' C–g<sup>1</sup>
----
|-
|68. || Gedecktbass || 16′
|-
|69. || ''Gedecktbass <small>(Ext. Nr. 68)</small>'' || {{0}}''8′''
|-
|}
|}
* ''[[Koppel (Orgel)|Koppeln]]:''
** ''mechanisch:''
*** ''Normalkoppeln:'' II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
** ''elektrisch''
*** ''Normalkoppeln:'' II/I, III/I, III/II, IV/I, IV/II, IV/III, IV/P
*** ''Suboktavkoppeln:'' II/I, III/I, II/II, III/III
*** ''Superoktavkoppeln:'' II/P, III/P
** ''Auxiliaire-Werkskoppeln:''
*** ''Normalkoppeln:'' Principalwerk, Hochdruckwerk, Bombardwerk, Pedal (Auxiliaire) jeweils an I, II, III und Pedal
* ''[[Spielhilfen]]:''
** elektronische [[Kombination (Orgel)|Setzeranlage]]: 1000 (8×125) Kombinationen mit je 2 Inserts (A,B), Sequenzschaltung
** [[Registercrescendo]] vierfach programmierbar
** 8 Benutzer (eine freie Ebene, 7 ID-Karten): jede Ebene verfügt über die genannten Möglichkeiten (insgesamt stehen zur Verfügung also 24.000 Kombinationen und 32 frei zu programmierende Registercrescendi)
* ''Anmerkungen:''
<references group="A" />

=== Glocken ===
Im Oktogon des Westwerkes hängen drei [[Glocke]]n.<ref>Albert Rinken: ''Die Glocken des Münsters und der Anbetungskirche'' in: ''Münster am Hellweg'' 1949, S. 95 ff.; Josef Schueben: ''Das Geläut der Münsterkirche.'' In: ''Münster am Hellweg.'' 1956, S. 16 ff.</ref> Die älteste ''Christusglocke'' stammt aus dem Ende des 13.&nbsp;Jahrhunderts und trägt die Inschrift {{Inschrift|X&nbsp;P&nbsp;RISTVM DE LIGNO CLAMANTEM DVM SONO SIGNO}}<ref>„Wenn ich klinge, bezeichne ich Christus, der vom Holze schreit.“ Siehe {{B|Matthäus|27|50}}.</ref> – daher rührt auch ihr Beiname ''Dumsone''. Die große ''Marienglocke'' trägt eine längere Inschrift, die als Jahr des Gusses {{Inschrift|1546}} nennt. Gegossen wurde die Glocke auf dem heutigen Burgplatz. Die dritte Glocke ist inschriftlos, der Form nach jedoch in das 14. Jahrhundert einzuordnen.

Der Dachreiter enthält drei kleinere Glocken, von denen zwei 1955 von der Glockengießerei [[Petit & Gebr. Edelbrock]] aus [[Gescher]] gegossen wurden. Diese beiden Glocken tragen die Inschriften {{Inschrift|Ave Maria Trösterin 1955}} und {{Inschrift|Ave Maria Königin 1955}}. Die größte Glocke im Dachreiter trägt die Inschrift {{Inschrift|WEI GOT WEL DEINEN DEI BIDDE VOR DE KRESTEN SEELEN AN 1522}}.<ref>„Wer Gott dienen will, der bete für der Christen Seelen A(nno) D(omini) 1522“.</ref>

Das Geläut des Münsters wird durch das Geläut der vorgelagerten Kirche [[St. Johann Baptist (Essen)|St. Johann Baptist]] erweitert.

'''Technische Daten der Glocken:'''<ref>Gerhard Hoffs: {{Webarchiv|text=''Glocken im Stadtdekanat Essen''. |url=http://www.glockenbuecherbes.de/pdf/glockenbuch_essen.pdf |wayback=20130925185230}} (PDF; 1,5&nbsp;MB) S. 34–36; abgerufen am 27. August 2014.</ref>

{| class="wikitable sortable" style=text-align:center
|-
! Nr.
! Name
! Datierung/<br />Gussjahr
! Gießer, Gussort
! Durch-messer
! Masse ≈
! [[Schlagton]]<br /><small>([[Halbton|HT]]−{{Bruch|1|16}})</small>
! Hängeort
|-
| 1 || [[Maria (Mutter Jesu)|Maria]] || 1546 || Derich von Coellen<br>(Zuschreibung) || 1389 mm || 1650 kg || '''e¹'''−4 || Westwerk (Oktogon)
|-
| 2 || [[Jesus Christus|Christus]]<br>(gen. ''Dumsone'') || Ende<br>13. Jh. || unbekannt || 1278 mm || 1200 kg || '''fis¹'''−1 || Westwerk (Oktogon)
|-
| 3 || [[Johannes der Täufer|Johannes Baptist]] || 1787 || [[Petit & Gebr. Edelbrock|Henricus & Everhardus Petit<br>(Aarle-Rixtel)]] || 995 mm || 680 kg || '''gis¹'''+1 || St. Johann Baptist
|-
| 4 || – || 14. Jh. || unbekannt || 917 mm || 450 kg || '''ais¹'''+5 || Westwerk (Oktogon)
|-
| 5 || [[Johannes (Evangelist)|Johannes Evangelist]] || 1787 || Henricus & Everhardus Petit (Aarle-Rixtel) || 790 mm || 330 kg || '''his¹'''−4 || St. Johann Baptist
|-
| 6 || – || 1787 || Henricus & Everhardus Petit (Aarle-Rixtel) || 669 mm || 200 kg ||'''dis²'''−1 || St. Johann Baptist
|-
| 7 || – || 1522 || unbekannt || 477 mm || 80 kg || '''gis²'''+4 || Dachreiter
|-
| 8 || [[Trösterin der Betrübten|Maria Trösterin]] || 1955 || [[Petit & Gebr. Edelbrock]], Gescher || 425 mm || 50 kg || '''ais²'''+3 || Dachreiter
|-
| 9 || [[Maria Königin]] || 1955 || Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher || 371 mm || 38 kg || '''cis³'''+3 || Dachreiter
|}


== Nutzungsgeschichte ==
== Nutzungsgeschichte ==
=== Vom Anfang bis 1803 ===
=== Vom Anfang bis 1803 ===
[[Datei:Essener-Muenster-mit-St-Johann-Baptist-Kirche-Essen-2021.jpg|mini|Münster mit vorgelagerter St. Johann Baptist-Kirche]]
Das Essener Münster war seit der Gründung des ersten Kirchenbaus bis [[1803]] die Stiftskirche des [[Stift Essen|Stifts Essen]] und Mittelpunkt des Stiftslebens. Die Kirche war weder Pfarr- noch Bischofskirche, sondern diente hauptsächlich den Angehörigen des Damenstifts. Ihre Stellung war daher einer Klosterkirche vergleichbar, auch wenn das Damenstift Essen nicht der [[Benediktiner|benediktinischen]] Klosterregel folgte, sondern den [[Institutio sanctimonialium]], der [[816]] von der [[Aachener Reichssynode]] festgelegten kanonikalen Lebensform für Frauenkommunitäten, in einer noch weltlicheren Ausprägung. Im Münster fanden die Stundengebete und Messen der Stiftsgemeinschaft statt, sowie die Fürbitten für die verstorbenen Stiftsangehörigen, die adeligen Förderer des Stiftes und deren Vorfahren im Rahmen des organisierten Totengedenkens ([[Memorialwesen|Memoria]]).
Das Essener Münster war seit der Gründung des ersten Kirchenbaus bis 1803 die Stiftskirche des [[Stift Essen|Stifts Essen]] und Mittelpunkt des Stiftslebens. Die Kirche war weder Pfarr- noch Bischofskirche, sondern diente hauptsächlich den Angehörigen des Damenstifts. Ihre Stellung war daher einer Klosterkirche vergleichbar, auch wenn das Damenstift Essen nicht der [[Benediktiner|benediktinischen]] [[Klosterregel]] folgte, sondern der [[Institutio sanctimonialium]], der 816 von der [[Aachener Reichssynode]] festgelegten [[Kanoniker|kanonikalen]] Lebensform für Frauenkommunitäten, in einer noch weltlicheren Ausprägung. Im Münster fanden die [[Stundengebet]]e und [[Heilige Messe|Messen]] der Stiftsgemeinschaft statt, sowie die Fürbitten für die verstorbenen Stiftsangehörigen, die adeligen Förderer des Stiftes und deren Vorfahren im Rahmen des organisierten Totengedenkens ([[Memorialwesen|Memoria]]).


Die Anzahl der aus dem Adel stammenden Stiftsdamen, denen die Kirche diente, schwankte über die Jahrhunderte zwischen etwa 70 während der Blütezeit unter der Äbtissin [[Mathilde II. (Essen)|Mathilde]] im 10. Jahrhundert und drei im 16. Jahrhundert. Lediglich an hohen Feiertagen war die Kirche für die Stiftsabhängigen und später für die Bevölkerung der Stadt Essen zugänglich, deren Gottesdienst ansonsten die der Münsterkirche vorgelagerte [[Kirche St. Johann Baptist (Essen)|Kirche St. Johann Baptist]], die sich aus der ottonischen Taufkapelle entwickelt hatte, oder die St. Gertrudiskirche (heute [[Marktkirche (Essen)|Marktkirche]]) auf dem Marktplatz diente.
Die Anzahl der aus dem Adel stammenden Stiftsdamen, denen die Kirche diente, schwankte über die Jahrhunderte zwischen etwa 70 während der Blütezeit unter der Äbtissin [[Mathilde (Essen)|Mathilde]] im 10. Jahrhundert und drei im 16. Jahrhundert. Lediglich an hohen Feiertagen war die Kirche für die Stiftsabhängigen und später für die Bevölkerung der Stadt Essen zugänglich. Deren Gottesdienst fand ansonsten in der dem Münster vorgelagerte [[St. Johann Baptist (Essen)|Kirche St. Johann Baptist]] statt, die sich aus der ottonischen Taufkapelle entwickelt hatte, oder in der St.-Gertrudiskirche (heute [[Marktkirche (Essen)|Marktkirche]]) auf dem Marktplatz.


Die [[Reformation]] hatte auf die Münsterkirche keinen Einfluss. Die Bürger der Stadt Essen, mit dem Stift ohnehin im Dauerstreit, ob die Stadt freie Reichsstadt oder stiftsabhängig war, schlossen sich zwar überwiegend der Reformation an, die Stiftsdamen und Kanoniker und damit die Kirchgebäude des Stiftes blieben jedoch katholisch. Die protestantischen Bürger der Stadt übernahmen die nicht im Stiftsgelände gelegene St. Gertrudiskirche, die heutige Marktkirche, die katholisch verbliebenen Bürger nutzten weiter die im Stiftsbereich gelegene Kirche St. Johann Baptist als Pfarrkirche und die Stiftsdamen ihre Stiftskirche.
Die [[Reformation]] hatte auf die Münsterkirche keinen Einfluss. Die Bürger der Stadt Essen, mit dem Stift ohnehin im Dauerstreit, ob die Stadt [[Freie und Reichsstädte|freie Reichsstadt]] oder stiftsabhängig war, schlossen sich zwar überwiegend der Reformation an, die Äbtissinnen und Kanoniker und damit die Kirchgebäude des Stiftes blieben jedoch katholisch. Die protestantischen Bürger der Stadt übernahmen die nicht im Stiftsgelände gelegene St.-Gertrudiskirche, die heutige Marktkirche, die katholisch verbliebenen Bürger nutzten weiter die im Stiftsbereich gelegene Kirche St. Johann Baptist als Pfarrkirche und die Stiftsdamen ihre Stiftskirche.


=== Von 1803 bis heute ===
=== Von 1803 bis heute ===
[[Datei:Ökumenischer Gottesdienst im Essener Münster.jpg|mini|Ökumenischer Gottesdienst anlässlich des Abschieds vom Steinkohlenbergbau am 20. Dezember 2018]]
[[1803]] wurde das Stift vom Königreich [[Preußen]] [[Säkularisation|säkularisiert]]. Die Münsterkirche mit ihrem gesamten Inventar wurde allerdings sofort von der Pfarrgemeinde St. Johann Baptist übernommen. Die nächsten 150 Jahre war die Kirche Pfarrkirche. Der Name Münsterkirche, der sich eingebürgert hatte, blieb, auch wenn kein Stift mehr bestand. Als Pfarrkirche diente sie der katholischen Innenstadt-Gemeinde der Stadt Essen, die gerade im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts an Köpfen erheblich zunahm.
1803 wurde das Stift vom Königreich [[Preußen]] [[Säkularisation|säkularisiert]]. Die Münsterkirche mit ihrem gesamten Inventar wurde allerdings sofort von der Pfarrgemeinde St. Johann Baptist übernommen. Die nächsten 150 Jahre war die Kirche Pfarrkirche. Der Name Münsterkirche, der sich eingebürgert hatte, blieb, auch wenn kein Stift mehr bestand. Als Pfarrkirche diente sie der katholischen Innenstadt-Gemeinde der Stadt Essen, die gerade im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts an Mitgliedern erheblich zunahm.


Nachdem es bereits in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts erste Bestrebungen gegeben hatte, ein Bistum im [[Ruhrgebiet]] zu errichten, wurde [[1958]] aus Teilen der Bistümer [[Bistum Münster|Münster]], [[Bistum Paderborn|Paderborn]] und [[Bistum Köln|Köln]] ein neues [[Bistum Essen|Bistum]] errichtet, zu dessen Bischofskirche die Essener Münsterkirche erhoben wurde. Am 1. Januar 1958 wurde der erste Essener Bischof [[Franz Hengsbach]] in einem Festgottesdienst durch den Apostolischen [[Nuntius]] [[Aloysius Muench]] in sein Amt eingeführt. Seitdem ist das Essener Münster der religiöse Mittelpunkt des Bistums. Den Höhepunkt seiner über tausendjährigen Geschichte stellte schließlich [[1987]] der Besuch des [[Papst]]es [[Johannes Paul II.]] dar.
Nachdem es bereits in den 1920er-Jahren erste Bestrebungen gegeben hatte, ein Bistum im [[Ruhrgebiet]] zu errichten, wurde 1958 aus Teilen der Bistümer [[Bistum Münster|Münster]], [[Erzbistum Paderborn|Paderborn]] und [[Erzbistum Köln|Köln]] ein neues [[Bistum Essen|Bistum]] errichtet, zu dessen Bischofskirche die Essener Münsterkirche erhoben wurde. Am 1. Januar 1958 wurde der erste Essener Bischof [[Franz Hengsbach]] in einem Festgottesdienst durch den [[Apostolischer Nuntius|Apostolischen Nuntius]] [[Aloysius Muench]] in sein Amt eingeführt. Seitdem ist das Essener Münster der religiöse Mittelpunkt des Bistums. Den Höhepunkt seiner über tausendjährigen Geschichte stellte schließlich 1987 der Besuch des [[Papst]]es [[Johannes Paul&nbsp;II.]] dar.


== Domkapitel ==
== Domkapitel ==
[[Bild:Münster_Essen_Kreuzgang_20060326.jpg|thumb|Im Kreuzgang der Münsterkirche befindet sich auch der Friedhof der Domkapitulare]]
[[Datei:Münster Essen Kreuzgang 20060326.jpg|mini|Im Kreuzgang der Münsterkirche befindet sich auch der Friedhof der Domkapitulare]]
Das Essener [[Domkapitel]] umfasst elf residierende und nichtresidierende [[Domkapitular]]e.
Das Essener [[Domkapitel]] umfasst sechs residierende und vier nichtresidierende [[Domkapitular]]e unter Vorsitz des [[Dompropst]]es.<!-- Beleg dafür? → Derzeit sind zwei Stellen residierender Kapitulare vakant sowie eine nichtresidierende Stelle. -->


Gemäß dem [[Preußen-Konkordat|Konkordatsrecht]] von 1929 kommt ihm neben seinen üblichen Aufgaben (Sorge um die liturgischen Feiern in der Hohen Domkirche, Wahl eines [[Diözesanadministrator]]s, Beratung und Unterstützung des [[Bischof]]s bei der Leitung der [[Diözese]], Verwaltung des Domschatzes) auch das Recht der [[Bischof|Bischofswahl]] zu.
Gemäß dem [[Preußen-Konkordat]] von 1929 kommt ihm neben seinen üblichen Aufgaben (Sorge um die liturgischen Feiern in der Hohen Domkirche, Wahl eines [[Diözesanadministrator]]s, Beratung und Unterstützung des [[Bischof]]s bei der Leitung der [[Diözese]], Verwaltung des Domschatzes) auch das Recht der Bischofswahl zu.


Der knapp zehn Jahre<ref>{{Internetquelle |url=http://www.bistum-essen.de/bistum/domkapitel/die-mitglieder-des-domkapitels.html |titel=Die Mitglieder des Domkapitels |werk=bistum-essen.de |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140223113726/http://www.bistum-essen.de/bistum/domkapitel/die-mitglieder-des-domkapitels.html |archiv-datum=2014-02-23 |abruf=2014-03-04}}</ref> als Dompropst amtierende [[Monsignore]] Thomas Zander<ref>[https://www.bistum-essen.de/info/bistum/domkapitel ''Mitglieder des Domkapitels. Dompropst.''] In: ''bistum-essen.de,'' abgerufen am 6. Dezember 2020.</ref> hat nach Angaben des Bistums Essen Bischof Franz-Josef Overbeck gebeten, ihn als Propst und Pfarrer für die Propstei und Stadtpfarrei [[St. Lamberti (Gladbeck)|St. Lamberti]] in [[Gladbeck]] zu ernennen. Sein Nachfolger als Dompropst wird zum Hochfest [[Christkönigsfest|Christkönig]] 2023 Monsignore Michael Dörnemann, der Pfarrer der Essener Innenstadtpfarrei [[St. Gertrud (Essen)|St. Gertrud]]. So können die Leitungsaufgaben für Dom und Innenstadtpfarrei zukünftig aus einer Hand gestaltet werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/propst-wechsel-in-essen-und-gladbeck |titel=Propst-Wechsel in Essen und Gladbeck |datum=2023-06-08 |sprache=de |abruf=2023-06-29}}</ref>
[[Dompropst]] ist seit 2005 der Essener Stadtdechant [[Monsignore|Msgr.]] Otmar Vieth als Nachfolger von [[Prälat]] Günter Berghaus, der dem Domkapitel elf Jahre lang vorstand (1993–2004) und in den Ruhestand trat.


== Literatur ==
== Dommusik ==
Die erste und vornehmste Aufgabe der Essener Dommusik ist die musikalische Gestaltung der Pontifikal- und Kapitelsämter im Hohen Dom zu Essen. Aus dem Kirchenchor der Essener Münsterkirche ging nach der Gründung des Bistums Essen der Essener Domchor hervor. Er wird seit dem Jahr 2021 von Domkapellmeister [[Steffen Schreyer]] geleitet.<ref>{{Internetquelle |url=https://dommusik-essen.de/domchor |titel=Domchor |abruf=2021-11-19}}</ref> 1961 wurden die Essener Domsingknaben gegründet und knüpfen an die alte Tradition der Scholaren am Essener Damenstift an, die bis in die Zeit der Stadtgründung zurückreicht. Seit 2016 leitet Harald Martini den Chor.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/harald-martini-wird-neuer-leiter-der-essener-domsingknaben/ |titel=Harald Martini wird neuer Leiter der Essener Domsingknaben |werk=bistum-essen.de |datum=2016-06-08 |abruf=2016-06-09}}</ref> Der Mädchenchor am Hohen Dom zu Essen wurde auf Wunsch des Domkapitels 1992 vom damaligen Domkapellmeister [[Raimund Wippermann]] gegründet. Bedeutende Auszeichnungen (u.&nbsp;a. erster Preis beim [[Deutscher Chorwettbewerb|Deutschen Chorwettbewerb]] 2010) zeigen die hohe Qualität und das eigene Profil, das sich der Chor in dieser Zeit erarbeitet hat. Seit 2021 steht das Ensemble unter Leitung von Steffen Schreyer.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/neuer-domkapellmeister-fuer-den-essener-dom |titel=Neuer Domkapellmeister für den Essener Dom |sprache=de |abruf=2021-11-19}}</ref> Er rief mit seinem Stellenantritt auch ein Profiensemble mit dem Namen ''Capella cathedralis'' ins Leben.<ref>{{Internetquelle |url=https://dommusik-essen.de/capella-cathedralis |titel=Der Mädchenchor am Essener Dom |abruf=2021-11-19}}</ref> Domorganist ist seit 2014 [[Sebastian Küchler-Blessing]].
* Leonhard Küppers: ''Das Essener Münster''. Fredebeul & Koenen, Essen 1963.

* Klaus Lange: ''Die Krypta der Essener Stiftskirche.'' in: ''Essen und die sächsischen Frauenstifte im Frühmittelalter''. Klartext Verlag, Essen 2003. ISBN 3-89861-238-4.
== Siehe auch ==
* Klaus Lange: ''Der Westbau des Essener Doms. Architektur und Herrschaft in ottonischer Zeit'', Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster 2001. ISBN 3-40206-248-8.
* [[Liste der Äbtissinnen von Essen]]
* Albert Rinken: ''Die Glocken des Münsters und der Anbetungskirche'' in: ''Münster am Hellweg'' 1949, S. 95ff.
* [[Liste Essener Sakralbauten]]
* Josef Schueben: ''Das Geläut der Münsterkirche'' in: ''Münster am Hellweg'' 1956, S. 16ff.
* Walter Zimmermann: ''Das Münster zu Essen''. Düsseldorf 1956.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{Commons|Category:Essen cathedral|Essener Münster}}
{{Commonscat|Essen Minster|Essener Münster}}
*[http://www.essener-dom.de Webseite der Münsterkirche]
* [https://dom-essen.de/ Website der Münsterkirche]
* [https://dommusik-essen.de/ Website der Dommusik]
*[http://87.106.6.16/bet3/einrichtg/bemdb/index.php?id=startseite Webseite des Bistums]
*[http://www.muensterbauverein-essen.de/ Webseite des Münsterbauvereins]
* [https://www.bistum-essen.de/ Website des Bistums]
* [https://muensterbauverein-essen.de/ Website des Münsterbauvereins]
* [https://geo.essen.de/webdaten/sta61/Denkmaeler/Foto_Htm_und_pdf/AK1_Lfd_Nr_6.pdf Auszug aus der Denkmalliste der Stadt Essen.] Eintr.-Datum: 14. Februar 1985 (PDF; 626&nbsp;kB) In: ''essen.de,'' 12. Februar 2009<!-- abgerufen am 6. Dezember 2020 -->
* Marcus Schymiczek: [https://www.derwesten.de/staedte/essen/wie-der-essener-dom-einst-neu-aufgebaut-wurde-id11923843.html ''Wie der Essener Dom einst neu aufgebaut wurde.''] In: ''[[derwesten.de]]''

== Literatur ==
<!-- chronologisch -->
* [[Georg Humann]]: ''Der Westbau des Münsters zu Essen.'' Essen 1890, {{URN|nbn:de:hbz:061:1-231687}}.
* [[Paul Clemen]]: ''Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Essen'' (= ''[[Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz]].'' Band 2/III). Schwann, Düsseldorf 1893, S. 15 ff. ([https://archive.org/stream/DieKunstdenkmaelerDerRheinprovinz.Band2KreisEssen/die20kunstdenkme4ler20der20rheinprovinz20-20band2002-0320-20stadt20und20kreis20essen201893#page/n25/mode/2up Digitalisat] – [[Internet Archive]]).
* Walter Zimmermann: ''Das Münster zu Essen'' (= '' Die Kunstdenkmäler des Rheinlands'' Beiheft 3). Fredebeul & Koenen, Essen 1956.
* Leonhard Küppers: ''Das Essener Münster.'' Fredebeul & Koenen, Essen 1963.
* Klaus Lange: ''Der Westbau des Essener Doms. Architektur und Herrschaft in ottonischer Zeit.'' Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster 2001, ISBN 3-402-06248-8.
* Klaus Lange: ''Die Krypta der Essener Stiftskirche'' (= ''Essener Forschungen zum Frauenstift.'' Band 2). In: ''Essen und die sächsischen Frauenstifte im Frühmittelalter.'' Klartext Verlag, Essen 2003, ISBN 3-89861-238-4, S. 161–184.
* Klaus Lange: ''Der gotische Neubau der Essener Stiftskirche'' (= ''Essener Forschungen zum Frauenstift.'' Band 2). In: Thomas Schilp (Hrsg.): ''Reform – Reformation – Säkularisation. Frauenstifte in Krisenzeiten.'' Klartext Verlag, Essen 2004, ISBN 3-89861-373-9, S. 89–114.
* [[Clemens Kosch]], [[Andreas Lechtape]]: ''Die romanischen Kirchen von Essen und Werden. Architektur und Liturgie im Hochmittelalter'' (= ''Große Kunstführer.'' Band 253). Schnell + Steiner, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7954-2346-9.

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Navigationsleiste römisch-katholische Kathedralen in Deutschland}}

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{{SORTIERUNG:Essener Munster}}
[[Kategorie:Vorromanisches Bauwerk|Essener Münster]]
[[Kategorie:Ottonische Architektur]]
[[Kategorie:Bauwerk der Vorromanik in Deutschland]]
[[Kategorie:Krypta|Essen Munster]]
[[Kategorie:Stift Essen]]
[[Kategorie:Stift Essen]]
[[Kategorie:Kirchengebäude in Essen]]
[[Kategorie:Kirchengebäude in Essen|Munster]]
[[Kategorie:Katholische Bischofskirche (Deutschland)]]
[[Kategorie:Stadtkern (Essen)|Munster]]
[[Kategorie:Römisch-katholische Kathedrale in Deutschland]]
[[Kategorie:Hallenkirche]]
[[Kategorie:Gotisches Bauwerk in Essen|Munster]]
[[Kategorie:Gotische Kirche]]
[[Kategorie:Baudenkmal in Essen|Munster]]
[[Kategorie:Marienkirche|Essen]]
[[Kategorie:Kirchengebäude im Bistum Essen| ]]
[[Kategorie:Frauenstiftskirche in Deutschland|Essen]]
[[Kategorie:Oktogon]]
[[Kategorie:Cosmas-und-Damian-Kirche]]
[[Kategorie:Disposition einer Orgel|Essen, Essener Munster]]
[[Kategorie:Innenraum der Romanik]]
[[Kategorie:Rekonstruiertes Bauwerk in Essen|Munster]]
[[Kategorie:Geläut|Essen Dom]]
[[Kategorie:Kirchengebäude in Europa]]
[[Kategorie:Burgplatz (Essen)]]

Aktuelle Version vom 6. Februar 2024, 02:11 Uhr

Das Essener Münster von der Südseite aus gesehen (2011)

Das Essener Münster ist die Bischofskirche des Bistums Essen, des sogenannten „Ruhrbistums“, am Burgplatz in der Innenstadt von Essen. Es trägt das Patrozinium der heiligen Cosmas und Damian und der Jungfrau Maria und wird auch Essener Dom genannt.

Der Dom, der mehrere Vorgängerbauten hatte, war ursprünglich die Stiftskirche des Essener Frauenstifts, das um 845 von dem Hildesheimer Bischof Altfrid gegründet worden war. Das nach Kriegszerstörung im Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaute Münster ist eine ursprünglich nach 1275 errichtete gotische Hallenkirche aus hellem Sandstein. Der oktogonale Westbau und die Krypta sind erhaltene Teile des ottonischen Vorgängerbaus. Dem Münster ist nördlich ein Kreuzgang angeschlossen. Zu seinen bedeutendsten Kunstschätzen zählt die Goldene Madonna, die älteste vollplastische Marienfigur nördlich der Alpen.

Baugeschichte

Vorherige Siedlungen

Das Gelände des Domes war bereits vor der Gründung des Stiftes besiedelt. Der Hildesheimer Bischof Altfrid (Amtszeit 847–874) soll auf seinem Gut Asnide ein Frauenstift gegründet haben. Ein direkter Nachweis dieses Gutes ist bisher nicht gelungen. Pfostenlöcher, merowingerzeitliche Scherben und Bestattungen nahe der Münsterkirche lassen jedoch den Schluss zu, dass bereits vor Gründung des Stiftes eine Besiedelung des Platzes bestand.

Erste Kirche

Die heutige Essener Domkirche ist der dritte Kirchenbau an dieser Stelle. Grundmauern der Vorgängerkirchen wurden 1952 von Walter Zimmermann ausgegraben. Die erste Kirche an dieser Stelle wurde von den Gründern des Essener Stifts, dem Hildesheimer Bischof Altfrid und Gerswid, der ersten überlieferten Äbtissin, zwischen 845 und 870 errichtet. Der Bau, der bereits die Breite von Mittel- und Seitenschiffen seiner Nachfolgerbauten vorgab, war eine dreischiffige Basilika in west-östlicher Ausrichtung. Westlich vor dem Langhaus befand sich eine kleine, fast quadratische Vorhalle. Die Arme des Querhauses schlossen sich an einen rechteckigen Mittelraum an; sie hatten die Höhe des Mittelschiffes. Nur von den Querhausarmen aus waren Räume in den östlichen Enden der Seitenschiffe zugänglich. Ob diese Räume, wie Zimmermann anhand der Ausgrabungsbefunde annahm, die Höhe des Seitenschiffes hatten oder, wie Lange in einer neueren Rekonstruktion annimmt, die Höhe der Seitenchöre, ist strittig. Östlich der Vierung befand sich der halbrund geschlossene Chor, an den sich seitlich rechteckige Räume anlehnten, die vom Querhaus aus zugänglich waren.

Diese erste Kirche wurde 946 durch einen Brand beschädigt, der in den Kölner Annalen als Astnide cremabatur („Essen brannte nieder“) verzeichnet ist.

Frühottonische Stiftskirche

Blick in die Innenkrypta der Theophanu

Aus den Jahren von 960 bis 964 sind mehrere Weihinschriften für Teile der neuen Kirche überliefert, aus denen geschlossen wird, dass der Brand von 946 die Kirche nur beschädigt hatte. Für Langhaus und Chor sind keine Inschriften überliefert, diese wurden wohl vom karolingischen Bau übernommen, die einzelnen Bauabschnitte sind strittig, einige Teile können bereits vor dem Brand begonnen oder fertiggestellt worden sein. Notwendige Erneuerungen zu einem Ausbau der Kirchenanlage zu benutzen, war in dieser Zeit nicht ungewöhnlich. Die neuen Teile, die vermutlich von den Äbtissinnen Agana und Hathwig in Auftrag gegeben wurden, waren eine Außenkrypta, ein Westwerk sowie ein dem Westwerk vorgelagertes Atrium mit einer Kapelle Johannes des Täufers. Dieser Kirchenbau kann aus den Grabungsbefunden rekonstruiert werden, hatte in dieser Form allerdings nicht lange Bestand, da möglicherweise bereits unter der kunstsinnigen Äbtissin Mathilde, die von 973 bis 1011 amtierte, vielleicht aber auch erst unter der von 1039 bis 1058 regierenden Äbtissin Theophanu, Enkelin der Kaiserin Theophanu, ein Neubau errichtet wurde. Möglich ist auch, dass ein von Mathilde begonnener Neubau durch Theophanu vollendet wurde. Von dem ottonischen Neubau sind heute noch bedeutende Bestandteile erhalten.

Ottonischer Neubau

Die Ausdehnung des ottonischen Neubaus war durch die beiden Vorgängerbauten vorgegeben. Der größte Teil der Fundamente wurde wieder verwendet, nur dort, wo die Belastungen gewachsen waren oder die Raumaufteilung stark abwich, wurden neue gesetzt.

Auch der Neubau bestand aus einem dreischiffigen Langhaus mit Querhaus und einem anschließenden Chorraum, der von Nebenchören begleitet wurde. In den Chorraum war nun eine Krypta hineingebaut worden. Der Chor schloss innen mit einer halbrunden Apsis ab, die nach außen von fünf Seiten eines Zehnecks ummantelt war. An den Chor lehnte sich eine zweistöckige Außenkrypta an, deren Westmauern sich an die östlichen Mauern der Nebenchöre anschlossen. Türen neben den Altarnischen gewährten direkten Zugang zur Krypta. Die Nebenchöre besaßen Emporen, die sowohl zu den Querhausarmen als auch zum Hauptchor hin geöffnet waren. Die Außenwand der Querhausstirnseiten war nunmehr zweigeschossig, wobei das Obergeschoss durch drei Nischen mit Fenstern gegliedert war. Im Erdgeschoss befanden sich Nischen, diese Nischengliederung setzte sich in den Mauern des Seitenschiffes fort. Über diesen Nischen zog sich entlang der Wände ein Laufgang, der in das Emporengeschoss des neuen Westbaus führte. Das Zwischenjoch zwischen Westbau und Langhaus wurde beibehalten. Die Gliederung der Mittelschiffswände ist nicht bekannt, Rekonstruktionen anhand anderen Kirchen, insbesondere der Stiftskirche von Susteren, die in vielem vom Essener ottonischen Neubau inspiriert scheint, nehmen einen Wechsel von Pfeilern und Säulen an. Auf der Wandzone zwischen diesen Arkaden und den Fenstern oberhalb des Anschlusses der Seitenschiffdächer befanden sich vermutlich Wandmalereien, da Reste von Malereien im Westbau gefunden wurden. Außen hatten die Obergaden des Mittelschiffs eine Gliederung aus Pilastern und Volutenkapitellen, wahrscheinlich in zwölf Feldern.

Westbau

Rekonstruktionszeichnung des Westbaues im Ursprungszustand
Grundriss und Innenaufbau des Westbaues
Ansicht des heutigen Zustandes

Die Vermutung, dass der unbekannte Baumeister der Essener Stiftskirche einer der besten Architekten seiner Zeit war, gründet sich besonders auf den Westbau, der noch heute das Bild der Kirche bestimmt. Wie bei der Vorgängerkirche ist der Westbau nur wenig breiter als die Flucht der Seitenschiffmauern. Von Außen besteht er aus einem fast quadratischen Mittelturm, der von einem achteckigen Glockengeschoss mit Zeltdach bekrönt war. In die Westwand des Baus waren zwei achtseitige Treppentürme eingelassen, die unterhalb des Glockengeschosses des Mittelturms endeten. Das oberste Geschoss der Treppentürme war rund. Glockengeschoss des Mittelturms und die Obergeschosse der Treppentürme waren mit Pilastern versehen. An die Nord und Südseite des Mittelturmes lehnten sich zweigeschossige Seitenräume an, deren Obergeschoss von Pilastern gegliedert war. Im Erdgeschoss dieser Nebenräume führten in Nischen gesetzte Portale in die Kirche, der Mitteleingang des Vorgängerbaus in den Westbau wurde aufgegeben und durch ein großes rundbogiges Fenster ersetzt. Der Westbau verlor damit die Funktion, einen Triumpheingang in die Kirche zu schaffen. Stattdessen bildete der gedrungene Baukörper ein optisches Gegengewicht zu dem breit angelegten Ostbau.

Innen war der Westbau reich und kompliziert gegliedert. In den Mittelraum ist ein Westchor in der Form eines halbierten Sechsecks eingebaut, der von einem Umgang umschlossen wird. In der Mitte befand sich in der Westwand eine flache Nische, seitlich befanden sich in flachen Nischen die Zugänge zu den Treppentürmen. Der Westbau öffnet sich gegen das Zwischenjoch in einem großen, von Pfeilern getragenen Bogen. Vor diesem Bogen stand im Westchor ein Altar zu Ehren des heiligen Petrus. Im Aufbau folgen die Wände dem Vorbild des Westchores der Aachener Pfalzkapelle, an den auch die Verwendung des Oktogons für das Glockengeschoss erinnert. Im Erdgeschoss setzen drei unterteilte Bogen auf sechseckigen Pfeilern auf. Die Bogenöffnungen des Obergeschosses sind zweireihig mit Säulenstellungen gefüllt, die Säulen tragen antikisierende Kapitelle.

Von Außen gesehen war der Westbau damit eine Dreiturmanlage, die innen einen Westchor umhüllte, der ein halbierter Zentralbau war. Ein vergleichbares Bauwerk ist nicht bekannt.

Reste ottonischer Wandmalerei im Westbau

Der Westbau war reich ausgemalt, wobei die Bemalung in der Halbkuppel zum Langhaus das jüngste Gericht zeigte. Die Malerei nahm auf die Erscheinung Jesu Bezug, daraus wird geschlossen, dass die Auftraggeberin der Ausmalung die Äbtissin Theophanu (dieser griechischer Name bedeutet Gotteserscheinung) war.

Krypta

Durch den Einbau der Krypta wurde der Boden des Hauptchores über das Niveau der Böden von Lang- und Querhaus erhoben. Die Seitenchöre blieben auf einer Höhe mit Lang- und Querhaus. Die Krypta bestand aus der dreischiffigen Krypta der Agana, die durch den über ihr gebauten neuen Ostchor der Theophanu nun zur Innenkrypta wurde, und einer um diese gelegte fünfschiffige Außenkrypta. Der Zugang zur Innenkrypta erfolgte von den Ostseiten der Nebenchöre aus, durch die man zunächst in die Außenkrypta gelangte. Die Außenkrypta hatte quadratische und längsrechteckige Joche, die im Wechsel angelegt waren und durch feingegliederte quadratische Pfeiler getrennt wurden. Die drei mittleren Ostjoche waren besonders hervorgehoben. Während die Ostwände in den beiden seitlichen Jochen einfache halbrunde Nischen zeigten, war an das mittlere Joch ein kleiner, mit drei halbrunden Nischen versehener Chor angesetzt. An den mittleren Wandpfeilern der Außenkrypta sind Sandsteinplatten erhalten, denen sich als Weihedatum der Krypta der 9. September 1051 und die in den Kryptenaltären erhaltenen Reliquien entnehmen lassen.

Spätere Anbauten

Kurze Zeit nach der Fertigstellung der ottonischen Kirche, vermutlich unter der Nachfolgerin der Äbtissin Theophanu, wurde das Atrium erneuert. Das Atrium wurde 1471 bei der Erneuerung und Vergrößerung der dem Münster westlich vorgelagerten Kirche St. Johann Baptist, die als Tauf- und Pfarrkirche der Stiftsuntertanen diente, verkleinert, präsentiert sich jedoch ansonsten in seiner vermutlich 1060–1080 entstandenen Form.

Die nächste Erweiterung der Kirchenanlage war ein Anbau an das südliche Querhaus im 12. Jahrhundert. Dieser sehr massive Anbau enthielt im Obergeschoss das sectarium, in dem die Urkunden und Akten des Stifts aufbewahrt wurden, und diente auch als Schatzkammer. Die darunter gelegene offene Halle, die zu einem späteren Zeitpunkt geschlossen wurde, diente den Zwecken des kirchlichen Gerichts. Dieser Anbau ist heute Teil der Essener Domschatzkammer.

Gotische Hallenkirche

Innenansicht Richtung Hauptaltar
Der heutige Bauzustand mit der Kirche St. Johann Baptist, Atrium und vollständigem Kreuzgang

1275 brannte die ottonische Stiftskirche nieder, wobei der Westbau und die Krypta erhalten blieben. Beim Aufbau, der in die Amtszeit der Äbtissinnen Berta von Arnsberg und Beatrix von Holte fiel, verbanden die Baumeister altes mit den neuen Bauformen der Gotik. Die Form der Hallenkirche wurde in bewusstem Kontrast zum Kölner Dom gewählt, da sich das Stift Essen der Machtansprüche der Kölner Erzbischöfe erwehren musste und die Bauherrinnen mit der Bauform ihre Einheit und Unabhängigkeit ausdrücken wollten. Am Neubau wirkten nacheinander zwei Baumeister, von denen der erste, ein Meister Martin, im Jahr 1305 aufgrund von Differenzen mit der Äbtissin Beatrix von Holte auf sein Amt verzichtete. Meister Martin, der, wie aus Details seiner Ornamentik gedeutet wird, Kirchenbauten aus Burgund und der Champagne kannte wie auch die Formensprache der Kölner und Trierer Dombauhütten, zeichnete für die Gesamtkonzeption verantwortlich. Diese sah zunächst einen Langchor ähnlich der St.-Vituskirche in Mönchengladbach vor. Noch unter der Bauleitung von Meister Martin wurde dieses Konzept aufgegeben und ein von der 1235 begonnenen Marburger Elisabethkirche inspirierter Hallenchor gebaut, mit dem die Außenkrypta überbaut wurde. Dies war in Deutschland die erste Übertragung der Form des Langhauses auf den Chor. Der Nachfolger Meister Martins ist namentlich nicht bekannt. Seine Formensprache ist eher bodenständig-westfälisch, er übernahm jedoch die Baukonzeption seines Vorgängers und führte sie zu Ende.

Die ursprünglich flacheren Dächer des Oktogons und der Treppentürme wurden durch spitzere Hauben ersetzt, die Treppentürme außerdem um ein Stockwerk erhöht. Über der Vierung besaß die gotische Stiftskirche noch einen Vierungsturm. Auch der Kreuzgang wurde erneuert. Der gesamte Neubau wurde an einem 8. Juli neu geweiht, wahrscheinlich 1316. Der 8. Juli ist der heute noch begangene Weihetag der Münsterkirche.

Spätere Veränderungen

Im 18. Jahrhundert erfolgte eine Barockisierung der Stiftskirche. Der alte Vierungsturm wurde durch einen schlankeren Dachreiter ersetzt. Die Fenster der Südseite des Domes wurden verbreitert und verloren ihr gotisches Maßwerk. Die spitzen Hauben des Westbaus wurden durch barocke Zwiebelhauben ersetzt, zudem erhielt das Glockengeschoss eine Uhr. Im Inneren wurde ein Großteil der alten Ausstattung entfernt und ersetzt, sodass sich nur wenige Teile der gotischen Ausstattung erhalten haben. Diese lassen sich nicht mehr in Zusammenhänge bringen.

Um 1880 folgte man in Essen der modischen Begeisterung, die Gotik als urdeutschen Baustil anzusehen, und machte die Änderungen des Barocks soweit rückgängig, wie es möglich war. Der Westbau erhielt sein vorheriges Aussehen zurück, wobei der Essener Architekt und Kunsthistoriker Georg Humann verhindern konnte, dass dieser gotisiert wurde. Außerdem entfernte man die barocke Innenausstattung, von der heute ein Seitenaltar als Hauptaltar in der vorgelagerten Anbetungskirche St. Johann Baptist steht. Einige Heiligenfiguren befinden sich dort, einige andere in der Domschatzkammer. Die als Ersatz für die barocken Stücke neu gefertigte Ausstattung fiel dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer, sodass von ihr noch weniger erhalten ist. Während der Baumaßnahmen um 1880 erhielt die Kirche auch ihre heutige Dachgestaltung und einen neugotischen Dachreiter auf der Vierung.

Kriegszerstörung und Wiederaufbau

In der Nacht vom 5. auf den 6. März 1943 flog die Royal Air Force mit 442 Flugzeugen einen Angriff auf die durch die Kruppwerke für die Kriegswirtschaft des Nationalsozialismus wichtige Stadt Essen, bei dem in weniger als einer Stunde 137.000 Brandbomben und 1100 Sprengbomben über der Innenstadt abgeworfen wurden. Die Münsterkirche brannte aus und erlitt schwerste Schäden, lediglich die ältesten Teile des Baus, der Westbau und die Krypta, wurden weniger beschädigt.

Der Entschluss zum Wiederaufbau fiel nach der Befreiung durch die alliierten Truppen bereits in einer der ersten Sitzungen des von diesen eingesetzten Stadtrats unter dem kommunistischen Oberbürgermeister Heinz Renner einstimmig. Renner rief auch zur Gründung eines Vereins auf, der den Wiederaufbau unterstützen sollte, 1947 gründete sich daraufhin der noch heute aktive Verein für die Erhaltung und Ausstattung des Essener Münsters (Münsterbauverein). Noch im selben Jahr begann man mit Sicherungsarbeiten der Trümmer. Die Kriegszerstörungen ermöglichten auch umfangreiche archäologische Ausgrabungen in der Kirche durch Walter Zimmermann; diese erbrachten zahlreiche Erkenntnisse über die Vorgängerbauten der heutigen Kirche wie auch über die Bestattungen in der Kirche.

Der Wiederaufbau begann 1951 und geschah zügig: Bereits 1952 waren der Westbau und das Langhaus wieder benutzbar, bis 1958 war auch der Rest der Kirche wieder aufgebaut, wobei man auch die Nordseite des Kreuzganges wieder schloss, die man im 19. Jahrhundert abgebrochen hatte. Der neugotische Dachreiter aus dem Vorjahrhundert wurde durch einen schlankeren und statisch günstigeren Dachreiter ersetzt, wodurch die Kirche ihre heutige äußere Gestalt erhielt. Die vollständig wiedererrichtete Kirche wurde 1958 zum Bischofssitz.

Jüngste Ergänzungen

Die Stiftskirche war nie über die Größe der ottonischen Kirche hinaus gewachsen. Erst die Einrichtung des Ruhrbistums machte eine neue Erweiterung notwendig. Franz Kardinal Hengsbach, der erste Ruhrbischof, hatte bereits zu Lebzeiten erklärt, dass er von seinem Vorrecht, in seiner Bischofskirche bestattet zu werden, Gebrauch machen wolle, aber nicht neben dem Hl. Altfrid in der ottonischen Krypta. Um diesen Wunsch zu erfüllen, wurde unter dem Atrium von 1981 bis 1983 eine von Dombaumeister Heinz Dohmen geplante Westkrypta angelegt, deren Eingang innerhalb des alten Westbaus liegt. Sie wurde von Emil Wachter mit modernen Betongussreliefs gestaltet. Seit Dezember 2000 heißt sie „Adveniat-Krypta“; der Name erinnert daran, dass Kardinal Hengsbach Mitbegründer des Bischöflichen Hilfswerkes Adveniat war. In der Westkrypta/Adveniat-Krypta wurden die bei der Ausschachtung gefundenen Gebeine der im Mittelalter im Atrium bestatteten Kanoniker bestattet, 1991 Kardinal Hengsbach und 2014 sein Amtsnachfolger Bischof Hubert Luthe.

Die südliche Seitenschiffskapelle ist seit dem 10. Oktober 2004 der Erinnerung und Verehrung des 2001 seliggesprochenen Nikolaus Groß gewidmet und neu gestaltet.

Abmessungen

Die gesamte Kirchenanlage einschließlich der vorgelagerten Kirche St. Johann ist 90 m lang, die Breite beträgt zwischen 24 m und 31 m beim Querhaus mit Ansatz der Domschatzkammer. Die Höhen betragen:

HöhenInnenAußen
Langhaus13 m (Gewölbe)17 m
Chor (m. Krypta)15 m (Gewölbe)20 m
Westwerk 35 m
Vierungsturm 38 m
Turm St. Johann 50 m

Der Rauminhalt des Münsters beträgt grob geschätzt 45.000 m³, die Mauerwerksmasse etwa 10.000 m³. Das Bauwerk wiegt geschätzt 25.000 t.

Ausstattung

Der bedeutendste Kunstschatz der Kirche, die Goldene Madonna

Aufgrund der Barockisierung im 18. Jahrhundert, der Regotisierung des 19. Jahrhunderts und der Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs sind von der früheren Ausstattung der Münsterkirche nur wenige, aber dafür umso bedeutendere Reste erhalten. Der Innenraum wirkt vergleichsweise schlicht, vor allem durch seine Architektur, deren Detailschönheit von vielen Besuchern übersehen wird, da der Glanz der beiden bedeutendsten mittelalterlichen Kunstwerke des Domes sie überstrahlt.

Domschatz

Das Münster besitzt einen Domschatz, der der Öffentlichkeit zugänglich ist. In der nördlichen Seitenschiffskapelle befindet sich seit 1959 der größte Schatz der Kirche, die Goldene Madonna, die älteste vollplastische Marienfigur der Welt und die Schutzpatronin des Ruhrbistums. Die 74 cm hohe Figur aus Pappelholz, die mit Goldblech beschlagen ist, stammt aus der Zeit der Äbtissin Mathilde und stellt Maria als Himmelskönigin dar, die die Macht über den Erdkreis für ihren Sohn hält. Die Figur, die ursprünglich bei Prozessionen mitgeführt wurde, gelangte vermutlich aufgrund Mathildes Verwandtschaft zum ottonischen Königshaus nach Essen. Die über tausend Jahre alte Figur wurde 2004 umfassend restauriert.

Im Zentrum des Westbaus steht heute der monumentale Siebenarmige Leuchter, den die Äbtissin Mathilde zwischen 973 und 1011 anfertigen ließ. Der Leuchter, 2,26 m hoch und 1,88 m breit, ist aus 46 aus Bronze gegossenen Einzelteilen zusammengesetzt. Der Leuchter symbolisiert die Gesamtheit von Dreifaltigkeit und die Erde mit ihren vier Himmelsrichtungen und Christus als das Licht der Welt, das im jüngsten Gericht die Gläubigen heimgeleitet (Offb 7).

Im Domschatz sind zudem die sogenannte Kinderkrone Ottos III., die vier ottonischen Vortragekreuze, das lange als Richtschwert der Märtyrer Cosmas und Damian verehrte ottonische Schwert, der Buchdeckel des Theophanu-Evangeliars, mehrere gotische Armreliquiare, die größte weltweit erhaltene Sammlung burgundischer Agraffen sowie das karolingische Evangeliar bemerkenswert.

Idasäule

Das älteste erhaltene Ausstattungsstück der Münsterkirche ist die Kreuzsäule im Chorraum, die heute ein modernes Kreuz der Fuldaer Benediktinerin Lioba Munz OSB trägt. Bis ins 15. Jahrhundert trug sie ein mit vergoldetem Kupferblech überzogenes Kreuz, von dem sich noch heute die Stifterplatte und möglicherweise weitere Reste im Domschatz befinden. Die Inschrift ISTAM CRUCEM (I)DA ABBATISSA FIERI IUSSIT („Dieses Kreuz ließ die Äbtissin Ida anfertigen“) lässt die 971 verstorbene Essener Äbtissin Ida als Auftraggeberin erkennen, diskutiert wurde jedoch auch die Schwester der Essener Äbtissin Theophanu, Ida, Äbtissin von St. Maria im Kapitol zu Köln. Die Säule selbst ist wahrscheinlich eine antike Spolie, wie aufgrund des kannelierten Untersatzes mit attischer Basis angenommen wird. Das Kapitell ist der Antike nachempfunden, allerdings besonders reich verziert. In der Gestaltung ist es den Kapitellen der Westempore, der Krypta, sowie denen in der Ludgeridenkrypta der Werdener Abteikirche und der Luciuskirche in Werden verwandt.

Altfrids-Grabmal

In der Ostkrypta befindet sich das gotische Hochgrab des Hildesheimer Bischofs und Gründers von Essen Altfrid aus Kalksandstein, das auf die Zeit um 1300 datiert wird und vermutlich unter der Äbtissin Beatrix von Holte entstand. Begründet wird die Datierung mit auffallenden Ähnlichkeiten der Tumba mit Kölner Heiligengräbern, insbesondere dem Grab der Hl. Irmgard im Kölner Dom.

Weitere Kunstwerke

Grablegung Christi

Die Sandstein-Figurengruppe der „Grablegung Christi“ im südlichen Seitenschiff stammt aus der Spätgotik. Der unbekannte Kölner Meister, der sie im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts schuf, wird mit dem Notnamen Meister der von Carbenschen Gedächtnisstiftung bezeichnet. Eine weitere Skulptur des frühen 16. Jahrhunderts ist die kurz nach 1500 am Niederrhein entstandene Figur des heiligen Nothelfers Rochus an der Nordwand des Münsters.

Die Epoche des Barocks ist im Essener Münster durch zwei Epitaphe vertreten. Das ältere der im Jahr 1614 verstorbenen Äbtissin Elisabeth von Bergh enthält noch deutliche Renaissanceelemente. Diese in Antwerpen aus schwarzem Marmor gefertigte Platte befindet sich an der Nordwand des östlichen Seitenschiffjochs und zeigt die Äbtissin in ihrer Amtskleidung, umgeben von den Wappen ihrer Vorfahren. Das zweite Epitaph, das der Äbtissin Anna Salome von Salm-Reifferscheidt, wird Johann Mauritz Gröninger zugeschrieben und befindet sich an der Nordwand der Orgelempore.

Aufgrund der Kriegszerstörungen hat die Münsterkirche keine alten Fenster des Mittelalters. Das Essener Domkapitel beauftragte beim Wiederaufbau bedeutende Künstler, neue Fenster zu entwerfen und moderne Sakralkunstwerke zu schaffen, die sich in die alte Bausubstanz harmonisch einfügen. Das Michaelsfenster und die Fenster der Emporengeschosse des Westbaus sind von Heinrich Campendonk gestaltet, die Chorfenster von Ludwig Gies, die des Langhauses von Wilhelm Buschulte und die Fenster der Krypta von Alfred Manessier. Das Altarfries ist ein Werk des Bildhauers Elmar Hillebrand und seines Schülers Ronald Hughes. Die Bronzetüren von Atrium und Kirche wie auch der Kreuzwegfries im Langhaus sind Werke des österreichischen Künstlers Toni Schneider-Manzell.

Orgel

Blick durch das nördliche Seitenschiff auf die Rieger-Orgel

Das Münster verfügt seit 2004 über eine neue Orgel, die von der Orgelbauwerkstatt Rieger aus Schwarzach (Vorarlberg) erbaut wurde. Das Instrument besteht aus zwei Orgelwerken, die von einem Generalspieltisch aus angesteuert werden können. Die Orgelanlage hat insgesamt 69 Register (5.102 Pfeifen, 95 Pfeifenreihen).

Auf der Chorempore im Norden befindet sich die Hauptorgel mit 57 Registern auf 3 Manualen und Pedal.[1][2]

Auf dem vierten Manual des Spieltischs lässt sich das Auxiliarwerk anspielen. Es befindet sich an der Westwand des südlichen Seitenschiffes und dient mit seinen 10 Manual- und zwei Pedalregistern der Beschallung im hinteren Teil des Kirchenraumes und der besseren Gemeindeführung. Seine Manualregister sind auf drei Werke verteilt: Prinzipalwerk, schwellbares Hochdruckwerk und Bombardwerk. Sie sind jeweils einzeln an die drei Manuale und das Pedal der Hauptorgel ankoppelbar.[1]

Die Disposition lautet (die Zahlen entsprechen nicht der Nummerierung der Register am Spieltisch):

I Hauptwerk C–c4
01.Principal16′
02.Principal08′
03.Metallgedackt08′
04.Flûte harmonique[A 1]08′
05.Gamba08′
06.Octave04′
07.Blockflöte04′
08.Quinte0223
09.Superoctave02′
10.Mixtur major V02′
11.Mixtur minor IV–V0113
12.Cornet V08′
13.Trompete16′
14.Trompete08′
II Positiv C–c4[A 2]
15.Bourdon16′
16.Principal08′
17.Holzgedackt08′
18.Salicional08′
19.Unda maris08′
20.Prestant04′
21.Rohrflöte04′
22.Sesquialtera II0223
23.Doublette02′
24.Larigot0113
25.Scharff IV01′
26.Cromorne08′
27.Clarinette08′
Tremulant
III Schwellwerk C–c4
28.Gemshorn16′
29.Bourdon08′
30.Hohlflöte08′
31.Viola08′
32.Aeoline08′
33.Voix céleste08′
34.Principal04′
35.Fugara04′
36.Traversflöte[A 1]04′
37.Nazard[A 1]0223
38.Octavin[A 1]02′
39.Tierce[A 1]0135
40.Sifflet01′
41.Fourniture III–V0223
42.Basson16′
43.Trompette harmonique08′
44.Hautbois08′
45.Clairon harmonique04′
46.Voix humaine08′
Tremulant
Pedal C–g1
47.Untersatz (Ext. Nr. 49)32′
48.Principal16′
49.Subbass16′
50.Principal08′
51.Gedackt08′
52.Cello08′
53.Choralbass04′
54.Bombarde16′
55.Fagott16′
56.Posaune08′
57.Klarine04′

Auxiliaire

IV Principalwerk C–c4
58.Principal8′
59.Octave4′
60.Superoctave 02′
61.Mixtur III113
IV Hochdruckwerk C–c4[A 2]
62.Doppelflöte8′
63.Cornet V8′
64.Tuba8′
IV Bombardwerk C–c4[A 3]
65.Bombarde16′
66.Bombarde08′
67.Bombarde04′
Pedal (Auxiliaire) C–g1
68.Gedecktbass16′
69.Gedecktbass (Ext. Nr. 68)08′
  • Koppeln:
    • mechanisch:
      • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
    • elektrisch
      • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, IV/I, IV/II, IV/III, IV/P
      • Suboktavkoppeln: II/I, III/I, II/II, III/III
      • Superoktavkoppeln: II/P, III/P
    • Auxiliaire-Werkskoppeln:
      • Normalkoppeln: Principalwerk, Hochdruckwerk, Bombardwerk, Pedal (Auxiliaire) jeweils an I, II, III und Pedal
  • Spielhilfen:
    • elektronische Setzeranlage: 1000 (8×125) Kombinationen mit je 2 Inserts (A,B), Sequenzschaltung
    • Registercrescendo vierfach programmierbar
    • 8 Benutzer (eine freie Ebene, 7 ID-Karten): jede Ebene verfügt über die genannten Möglichkeiten (insgesamt stehen zur Verfügung also 24.000 Kombinationen und 32 frei zu programmierende Registercrescendi)
  • Anmerkungen:
  1. a b c d e Überblasendes Register.
  2. a b Schwellbar.
  3. Jeweils eigene Pfeifenreihen.

Glocken

Im Oktogon des Westwerkes hängen drei Glocken.[3] Die älteste Christusglocke stammt aus dem Ende des 13. Jahrhunderts und trägt die Inschrift X P RISTVM DE LIGNO CLAMANTEM DVM SONO SIGNO[4] – daher rührt auch ihr Beiname Dumsone. Die große Marienglocke trägt eine längere Inschrift, die als Jahr des Gusses 1546 nennt. Gegossen wurde die Glocke auf dem heutigen Burgplatz. Die dritte Glocke ist inschriftlos, der Form nach jedoch in das 14. Jahrhundert einzuordnen.

Der Dachreiter enthält drei kleinere Glocken, von denen zwei 1955 von der Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock aus Gescher gegossen wurden. Diese beiden Glocken tragen die Inschriften Ave Maria Trösterin 1955 und Ave Maria Königin 1955. Die größte Glocke im Dachreiter trägt die Inschrift WEI GOT WEL DEINEN DEI BIDDE VOR DE KRESTEN SEELEN AN 1522.[5]

Das Geläut des Münsters wird durch das Geläut der vorgelagerten Kirche St. Johann Baptist erweitert.

Technische Daten der Glocken:[6]

Nr.NameDatierung/
Gussjahr
Gießer, GussortDurch-messerMasse ≈Schlagton
(HT116)
Hängeort
1Maria1546Derich von Coellen
(Zuschreibung)
1389 mm1650 kg−4Westwerk (Oktogon)
2Christus
(gen. Dumsone)
Ende
13. Jh.
unbekannt1278 mm1200 kgfis¹−1Westwerk (Oktogon)
3Johannes Baptist1787Henricus & Everhardus Petit
(Aarle-Rixtel)
995 mm680 kggis¹+1St. Johann Baptist
414. Jh.unbekannt917 mm450 kgais¹+5Westwerk (Oktogon)
5Johannes Evangelist1787Henricus & Everhardus Petit (Aarle-Rixtel)790 mm330 kghis¹−4St. Johann Baptist
61787Henricus & Everhardus Petit (Aarle-Rixtel)669 mm200 kgdis²−1St. Johann Baptist
71522unbekannt477 mm80 kggis²+4Dachreiter
8Maria Trösterin1955Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher425 mm50 kgais²+3Dachreiter
9Maria Königin1955Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher371 mm38 kgcis³+3Dachreiter

Nutzungsgeschichte

Vom Anfang bis 1803

Münster mit vorgelagerter St. Johann Baptist-Kirche

Das Essener Münster war seit der Gründung des ersten Kirchenbaus bis 1803 die Stiftskirche des Stifts Essen und Mittelpunkt des Stiftslebens. Die Kirche war weder Pfarr- noch Bischofskirche, sondern diente hauptsächlich den Angehörigen des Damenstifts. Ihre Stellung war daher einer Klosterkirche vergleichbar, auch wenn das Damenstift Essen nicht der benediktinischen Klosterregel folgte, sondern der Institutio sanctimonialium, der 816 von der Aachener Reichssynode festgelegten kanonikalen Lebensform für Frauenkommunitäten, in einer noch weltlicheren Ausprägung. Im Münster fanden die Stundengebete und Messen der Stiftsgemeinschaft statt, sowie die Fürbitten für die verstorbenen Stiftsangehörigen, die adeligen Förderer des Stiftes und deren Vorfahren im Rahmen des organisierten Totengedenkens (Memoria).

Die Anzahl der aus dem Adel stammenden Stiftsdamen, denen die Kirche diente, schwankte über die Jahrhunderte zwischen etwa 70 während der Blütezeit unter der Äbtissin Mathilde im 10. Jahrhundert und drei im 16. Jahrhundert. Lediglich an hohen Feiertagen war die Kirche für die Stiftsabhängigen und später für die Bevölkerung der Stadt Essen zugänglich. Deren Gottesdienst fand ansonsten in der dem Münster vorgelagerte Kirche St. Johann Baptist statt, die sich aus der ottonischen Taufkapelle entwickelt hatte, oder in der St.-Gertrudiskirche (heute Marktkirche) auf dem Marktplatz.

Die Reformation hatte auf die Münsterkirche keinen Einfluss. Die Bürger der Stadt Essen, mit dem Stift ohnehin im Dauerstreit, ob die Stadt freie Reichsstadt oder stiftsabhängig war, schlossen sich zwar überwiegend der Reformation an, die Äbtissinnen und Kanoniker und damit die Kirchgebäude des Stiftes blieben jedoch katholisch. Die protestantischen Bürger der Stadt übernahmen die nicht im Stiftsgelände gelegene St.-Gertrudiskirche, die heutige Marktkirche, die katholisch verbliebenen Bürger nutzten weiter die im Stiftsbereich gelegene Kirche St. Johann Baptist als Pfarrkirche und die Stiftsdamen ihre Stiftskirche.

Von 1803 bis heute

Ökumenischer Gottesdienst anlässlich des Abschieds vom Steinkohlenbergbau am 20. Dezember 2018

1803 wurde das Stift vom Königreich Preußen säkularisiert. Die Münsterkirche mit ihrem gesamten Inventar wurde allerdings sofort von der Pfarrgemeinde St. Johann Baptist übernommen. Die nächsten 150 Jahre war die Kirche Pfarrkirche. Der Name Münsterkirche, der sich eingebürgert hatte, blieb, auch wenn kein Stift mehr bestand. Als Pfarrkirche diente sie der katholischen Innenstadt-Gemeinde der Stadt Essen, die gerade im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts an Mitgliedern erheblich zunahm.

Nachdem es bereits in den 1920er-Jahren erste Bestrebungen gegeben hatte, ein Bistum im Ruhrgebiet zu errichten, wurde 1958 aus Teilen der Bistümer Münster, Paderborn und Köln ein neues Bistum errichtet, zu dessen Bischofskirche die Essener Münsterkirche erhoben wurde. Am 1. Januar 1958 wurde der erste Essener Bischof Franz Hengsbach in einem Festgottesdienst durch den Apostolischen Nuntius Aloysius Muench in sein Amt eingeführt. Seitdem ist das Essener Münster der religiöse Mittelpunkt des Bistums. Den Höhepunkt seiner über tausendjährigen Geschichte stellte schließlich 1987 der Besuch des Papstes Johannes Paul II. dar.

Domkapitel

Im Kreuzgang der Münsterkirche befindet sich auch der Friedhof der Domkapitulare

Das Essener Domkapitel umfasst sechs residierende und vier nichtresidierende Domkapitulare unter Vorsitz des Dompropstes.

Gemäß dem Preußen-Konkordat von 1929 kommt ihm neben seinen üblichen Aufgaben (Sorge um die liturgischen Feiern in der Hohen Domkirche, Wahl eines Diözesanadministrators, Beratung und Unterstützung des Bischofs bei der Leitung der Diözese, Verwaltung des Domschatzes) auch das Recht der Bischofswahl zu.

Der knapp zehn Jahre[7] als Dompropst amtierende Monsignore Thomas Zander[8] hat nach Angaben des Bistums Essen Bischof Franz-Josef Overbeck gebeten, ihn als Propst und Pfarrer für die Propstei und Stadtpfarrei St. Lamberti in Gladbeck zu ernennen. Sein Nachfolger als Dompropst wird zum Hochfest Christkönig 2023 Monsignore Michael Dörnemann, der Pfarrer der Essener Innenstadtpfarrei St. Gertrud. So können die Leitungsaufgaben für Dom und Innenstadtpfarrei zukünftig aus einer Hand gestaltet werden.[9]

Dommusik

Die erste und vornehmste Aufgabe der Essener Dommusik ist die musikalische Gestaltung der Pontifikal- und Kapitelsämter im Hohen Dom zu Essen. Aus dem Kirchenchor der Essener Münsterkirche ging nach der Gründung des Bistums Essen der Essener Domchor hervor. Er wird seit dem Jahr 2021 von Domkapellmeister Steffen Schreyer geleitet.[10] 1961 wurden die Essener Domsingknaben gegründet und knüpfen an die alte Tradition der Scholaren am Essener Damenstift an, die bis in die Zeit der Stadtgründung zurückreicht. Seit 2016 leitet Harald Martini den Chor.[11] Der Mädchenchor am Hohen Dom zu Essen wurde auf Wunsch des Domkapitels 1992 vom damaligen Domkapellmeister Raimund Wippermann gegründet. Bedeutende Auszeichnungen (u. a. erster Preis beim Deutschen Chorwettbewerb 2010) zeigen die hohe Qualität und das eigene Profil, das sich der Chor in dieser Zeit erarbeitet hat. Seit 2021 steht das Ensemble unter Leitung von Steffen Schreyer.[12] Er rief mit seinem Stellenantritt auch ein Profiensemble mit dem Namen Capella cathedralis ins Leben.[13] Domorganist ist seit 2014 Sebastian Küchler-Blessing.

Siehe auch

Commons: Essener Münster – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Georg Humann: Der Westbau des Münsters zu Essen. Essen 1890, urn:nbn:de:hbz:061:1-231687.
  • Paul Clemen: Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Essen (= Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 2/III). Schwann, Düsseldorf 1893, S. 15 ff. (DigitalisatInternet Archive).
  • Walter Zimmermann: Das Münster zu Essen (= Die Kunstdenkmäler des Rheinlands Beiheft 3). Fredebeul & Koenen, Essen 1956.
  • Leonhard Küppers: Das Essener Münster. Fredebeul & Koenen, Essen 1963.
  • Klaus Lange: Der Westbau des Essener Doms. Architektur und Herrschaft in ottonischer Zeit. Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster 2001, ISBN 3-402-06248-8.
  • Klaus Lange: Die Krypta der Essener Stiftskirche (= Essener Forschungen zum Frauenstift. Band 2). In: Essen und die sächsischen Frauenstifte im Frühmittelalter. Klartext Verlag, Essen 2003, ISBN 3-89861-238-4, S. 161–184.
  • Klaus Lange: Der gotische Neubau der Essener Stiftskirche (= Essener Forschungen zum Frauenstift. Band 2). In: Thomas Schilp (Hrsg.): Reform – Reformation – Säkularisation. Frauenstifte in Krisenzeiten. Klartext Verlag, Essen 2004, ISBN 3-89861-373-9, S. 89–114.
  • Clemens Kosch, Andreas Lechtape: Die romanischen Kirchen von Essen und Werden. Architektur und Liturgie im Hochmittelalter (= Große Kunstführer. Band 253). Schnell + Steiner, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7954-2346-9.

Einzelnachweise

  1. a b Disposition und Pläne der Rieger-Orgel im Hohen Dom zu Essen (2004). In: dommusik-essen.de,abgerufen am 4. Dezember 2020.
  2. Informationen zur Orgel (-geschichte) auf Organ index. Abgerufen am 24. Februar 2023.
  3. Albert Rinken: Die Glocken des Münsters und der Anbetungskirche in: Münster am Hellweg 1949, S. 95 ff.; Josef Schueben: Das Geläut der Münsterkirche. In: Münster am Hellweg. 1956, S. 16 ff.
  4. „Wenn ich klinge, bezeichne ich Christus, der vom Holze schreit.“ Siehe Matthäus 27,50 EU.
  5. „Wer Gott dienen will, der bete für der Christen Seelen A(nno) D(omini) 1522“.
  6. Gerhard Hoffs: Glocken im Stadtdekanat Essen. (Memento vom 25. September 2013 im Internet Archive) (PDF; 1,5 MB) S. 34–36; abgerufen am 27. August 2014.
  7. Die Mitglieder des Domkapitels. In: bistum-essen.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Februar 2014; abgerufen am 4. März 2014.
  8. Mitglieder des Domkapitels. Dompropst. In: bistum-essen.de, abgerufen am 6. Dezember 2020.
  9. Propst-Wechsel in Essen und Gladbeck. 8. Juni 2023, abgerufen am 29. Juni 2023.
  10. Domchor. Abgerufen am 19. November 2021.
  11. Harald Martini wird neuer Leiter der Essener Domsingknaben. In: bistum-essen.de. 8. Juni 2016, abgerufen am 9. Juni 2016.
  12. Neuer Domkapellmeister für den Essener Dom. Abgerufen am 19. November 2021.
  13. Der Mädchenchor am Essener Dom. Abgerufen am 19. November 2021.

Koordinaten: 51° 27′ 21″ N, 7° 0′ 49″ O