„Ebert und Noske in der Sommerfrische“ – Versionsunterschied

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== Vorgeschichte ==
== Vorgeschichte ==
Friedrich Ebert war seit November 1918 deutscher Reichskanzler, auch mit Unterstützung monarchistischer Politiker und der Obersten Heeresleitung (OHL). Er trug entscheidend dazu bei, dass die [[Novemberrevolution]] wirksam eingedämmt wurde und die [[Arbeiter- und Soldatenräte]] in verschiedenen Städten aufgelöst wurden.
Friedrich Ebert war seit November 1918 deutscher Reichskanzler, auch mit Unterstützung monarchistischer Politiker und der [[Oberste Heeresleitung|Obersten Heeresleitung]] (OHL). Er trug entscheidend dazu bei, dass die [[Novemberrevolution]] wirksam eingedämmt wurde und die [[Arbeiter- und Soldatenräte]] in verschiedenen Städten aufgelöst wurden.
Im Januar 1919 ließ er unter Leitung des Reichswehrministers Gustav Noske den sozialistischen [[Spartakusaufstand]] in Berlin blutig niederschlagen. Im Februar wurde er von der Nationalversammlung zum ersten deutschen Reichspräsidenten gewählt.
Im Januar 1919 ließ er unter Leitung des Reichswehrministers Gustav Noske den sozialistischen [[Spartakusaufstand]] in Berlin blutig niederschlagen. Im Februar wurde er von der [[Weimarer Nationalversammlung|Nationalversammlung]] zum ersten deutschen Reichspräsidenten gewählt.


Friedrich Ebert akzeptierte auch den [[Versailler Vertrag]] vom 28. Juni 1919, der dem Deutschen Reich Gebietsverluste und erhebliche Einschränkungen brachte, was ihn in weiten Teilen der deutschnationalen Bevölkerung zusätzlich unbeliebt machte.
Friedrich Ebert akzeptierte auch den [[Versailler Vertrag]] vom 28. Juni 1919, der dem Deutschen Reich Gebietsverluste und erhebliche Einschränkungen brachte, was ihn in weiten Teilen der deutschnationalen Bevölkerung zusätzlich unbeliebt machte.

Version vom 9. Juli 2024, 09:18 Uhr

Titelblatt der Berliner Illustrirten Zeitung, 1919

Ebert und Noske in der Sommerfrische war das Titelfoto der Berliner Illustrirten Zeitung am 21. August 1919. Es zeigte den neuen Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) und den Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) in Badehosen in der Ostsee. Das Foto wurde in der folgenden Zeit öfter zur Diffamierung der beiden benutzt.

Vorgeschichte

Friedrich Ebert war seit November 1918 deutscher Reichskanzler, auch mit Unterstützung monarchistischer Politiker und der Obersten Heeresleitung (OHL). Er trug entscheidend dazu bei, dass die Novemberrevolution wirksam eingedämmt wurde und die Arbeiter- und Soldatenräte in verschiedenen Städten aufgelöst wurden. Im Januar 1919 ließ er unter Leitung des Reichswehrministers Gustav Noske den sozialistischen Spartakusaufstand in Berlin blutig niederschlagen. Im Februar wurde er von der Nationalversammlung zum ersten deutschen Reichspräsidenten gewählt.

Friedrich Ebert akzeptierte auch den Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919, der dem Deutschen Reich Gebietsverluste und erhebliche Einschränkungen brachte, was ihn in weiten Teilen der deutschnationalen Bevölkerung zusätzlich unbeliebt machte.

Entstehung und Veröffentlichung des Fotos

Das ursprüngliche Foto

Der neue Reichspräsident reiste im Sommer 1919 durch das Land, um sich bei der Bevölkerung bekannter zu machen. Am 17. Juli weilte er in Hamburg und anschließend in Haffkrug in der Lübecker Bucht, wo er ein Kindererholungsheim der Hamburger Konsumgenossenschaft Produktion besuchte, anwesend war auch Henry Everling. Anschließend gingen er und weitere Personen an den Strand und badeten in der Ostsee.[1][2][3] Der lokale Fotograf Wilhelm Steffen, der auch schon im Kinderheim Aufnahmen gemacht hatte, bat die Herren, sich zu einem Gruppenfoto aufzustellen. Er machte die Zusage, es nicht zu veröffentlichen.

Am 9. August erschien das Foto dennoch in der konservativen Deutschen Tageszeitung auf einer der hinteren Seiten. Dazu waren verschiedene Behauptungen angegeben, wie, Friedrich Ebert habe die Veröffentlichung selbst veranlasst, um sich besser zu präsentieren, die mit diesem, teilweise bewusst falschen Text versehen waren:

„Mitte Juli weilten die Herren Reichspräsident Fritz Ebert und Reichswehrminister Noske auch einige Tage im Ostseebade Haffkrug bei Travemünde. In Ausübung ihrer hohen Machtvollkommenheiten dispensierten sie sich von der dort herrschenden Vorschrift, nur im Kostüm zu baden, stellten der Welt ihre ganze Mannesschönheit zur Schau und veranlassten in animierter Stimmung die Fixierung der nebenstehend wiedergegebenen Szene auf eine photographische Platte. Nachträglich kamen ihnen doch Bedenken über die Abzüge. Herr Ebert hatte indes die Freundlichkeit, uns eine Kopie zur Verfügung zu stellen, weil er in ihrer Wiedergabe mit Recht eine treffliche Propaganda für das neue Regime und für seine Person erblickt.“[4]

Diese Veröffentlichung hatte aber keine nennenswerten Konsequenzen.

Am 21. August brachte die auflagenstarke linksliberale Berliner Ilustrirte Zeitung einen Ausschnitt des Fotos auf ihrer Titelseite. Auf diesem waren nur noch Friedrich Ebert und Gustav Noske zu sehen, außerdem Josef Riege verdeckt unten. An diesem Tag wurde Friedrich Ebert in Weimar zum Reichspräsidenten vereidigt. Die Veröffentlichung der Zeitung wurde vom eigentlichen Termin, am Sonntag, den 24. August, auf diesen Donnerstag vorverlegt. Sie war offensichtlich als eine humorvolle Ergänzung zu diesem bedeutenden Ereignis gedacht.[5]

Reaktionen

Die SPD-Zeitung Vorwärts erklärte nach dem Erscheinen, das Foto sei in unberechtigter Weise (...) in die Öffentlichkeit gebracht worden, worauf sich der Chefredakteur Kurt Korff und der Leiter des Ullstein Verlages Georg Bernhard entschuldigten und von einem Versehen sprachen.

Es erschienen in den nächsten Wochen aber mehrere Fotomontagen und Karikaturen dazu. Die rechtskonservative Deutsche Tageszeitung brachte eine Postkarte heraus, auf der über dem Foto der beiden ein würdevolles Porträt von Kaiser Wilhelm II. und darunter eines von Generalfeldmarschall von Hindenburg hinzugefügt war, mit der Unterschrift Einst und Jetzt.[6] Die Satirezeitschrift Kladderadatsch veröffentlichte eine karikierte Fassung der Nationalhymne Heil dir im Siegerkranz. „Heil dir am Badestrand / Herrscher im Vaterland / Heil, Ebert, dir! / Du hast die Badebüx, / sonst hast du weiter nix / als deines Leibes Zier. / Heil, Ebert, dir!“

Die KPD-Zeitschrift Die Pleite veröffentlichte eine Karikatur, in der die beiden Politiker in einem Meer aus Blut und Leichen stehen, bezogen auf die vielen Toten der Niederschlagung des Januaraufstandes in Berlin.[7] Das Magazin Satyr brachte eine herabwürdigende Karikatur, die Ebert als Eber und Noske als Affen darstellte.

Friedrich Ebert ging gegen verschiedene Entstellungen gerichtlich vor. Zu der Postkarte mit der Fotomontage erklärte das Gericht, dass die Verbreitung unrechtmäßig geschehen sei, verurteilte die Verantwortlichen aber nicht. Die Zeitschrift Satyr wurde freigesprochen, eine solche Karikatur sei zwar würdelos, aber erlaubt. Daraufhin veröffentlichte sie gleich die nächste Karikatur, in der Ebert eine Ohrfeige erhält. Bei öffentlichen Auftritten von Reichspräsident Ebert wurde in den folgenden Jahren von dessen Kritikern öfter auch eine rote Badehose gezeigt oder auf einen Mast gehängt.

Über die allgemeine Wirkung des Fotos in der Bevölkerung gibt es sonst nur wenige Berichte. Die körperliche Darstellung der beiden entsprach nicht dem damaligen Schönheitsideal. Auch hatten sie nur eine kurze Badehose an und keinen ganzteiligen Badeanzug, wie es zu dieser Zeit noch oft üblich war.[8]

Der Schriftsteller Joseph Roth schrieb 1923: „Ebert in Badehose wurde das wirkungsvollste weil pöbelhafteste Argument gegen die Republik“.[9]

Das Erscheinen des Badehosen-Fotos war ein erstes Beispiel dafür, wie mediale Veröffentlichungen das Ansehen von Politikern und anderen öffentlichen Personen beeinflussen können.[10]

Literatur

  • Walter Mühlhausen: Im Visier der Fotografen. Reichspräsident Friedrich Ebert im Bild. Heidelberg 2009
  • Walter Mühlhausen: Die Weimarer Republik entblößt. Das Badehosen-Foto von Friedrich Ebert und Gustav Noske. In: Gerhard Paul (Hrsg.): Das Jahrhundert der Bilder. Band 1: 1900–1949. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2009, S. 236–243
  • Niels Albrecht: Die Macht einer Verleumdungskampagne. Antidemokratische Agitationen der Presse und Justiz gegen die Weimarer Republik und ihren ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert vom „Badebild“ bis zum Magdeburger Prozeß. Dissertation. Bremen 2002, besonders S. 45–88 (PDF, 3,7 MB)
  • Ulli Kulke: Wie zwei Badehosen zur Staatsaffäre wurden. In: Berliner Morgenpost vom 18. Juni 2017, auch 25. August 2019 Text, mit einigen Hintergrundinformationen

Einzelnachweise

  1. Ulli Kulke, Wie zwei Badehosen zur Staatsaffäre wurden, in Berliner Morgenpost vom 25. August 2019 Text; mit Notizen von Rudolf Nadolny
  2. Medienpolitik Museen Köln, 2000, zitiert aus einem Tagebuchbericht
  3. Rudolf Nadolny, Mein , 1955, S. 133f., mit detaillierten Tagebuchnotizen über diesen Tag
  4. Deutsche Tageszeitung vom 9. August 1919, Beilage S. 4, zitiert nach ...
  5. Bernhard Fulda: Die Politik der »Unpolitischen«. Boulevard und Massenpresse in den zwanziger und dreißiger Jahren. In: Frank Bösch, Norbert Frei (Hrsg.): Medialisierung und Demokratie im 20. Jahrhundert. Wallstein, Göttingen 2006, S. 66, so sinngemäß
  6. Das Badehosenfoto Schule BW (PDF), mit dieser Fotomontage (S. 3)
  7. Medienpolitik Museen Köln, zweites Bild (nach rechts schieben); November 1923
  8. Silvia Tyburski, Fehlstart mit Badehose, in Mare, 145, 2021, S. 42f. Text
  9. Bernd Braun: Der Reichspräsident in den Ländern. In: Eberhard Kolb (Hrsg.): Friedrich Ebert als Reichspräsident. Amtsführung und Amtsverständnis. Oldenbourg, München 1998, S. 161, mit diesem Zitat
  10. Politik der Badehose. Volksvertreter im Urlaub. Der Spiegel, 9. Juli 2008, abgerufen am 28. Juni 2024., mit weiteren Urlaubsfotos von Politikern