„Costa Concordia“ – Versionsunterschied

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Il vicesindaco e gli ultimi sulla nave'', repubblica.it 16.&nbsp;Januar 2012]</ref>
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Das Schiff hatte zwar 1100 Mitglieder Besatzung, aber das sind zum größten Teil Mitglieder im Gaststätten- und Servicebetrieb und nur wenige sind nautisches Personal. {{"|Bei 40 oder 50 Seeleuten reicht das gerade für einen Mann pro Rettungsboot. […] Zudem kommen die Seeleute aus vielen verschiedenen Nationen. […]|Friedrich Fuchs (Kapitän der für Notfallmanagement ausbildet)<ref name="vdin 20012012">VDI-nachrichten, 20. Januar 2012, Seite 3</ref>}} Zudem wird nautisches Personal mindestens aller fünf Jahre mehrtägig für einen Notfall trainiert, das sonstige Servicepersonal (Hotel und Gaststätten) nur zum Beginn des Einsatzes einmalig für einen einen Tag.<ref name="vdin 20012012" />
Das Schiff hatte zwar 1100 Mitglieder Besatzung, aber das sind zum größten Teil Mitglieder im Gaststätten- und Servicebetrieb und nur wenige sind nautisches Personal. {{"|Bei 40 oder 50 Seeleuten reicht das gerade für einen Mann pro Rettungsboot. […] Zudem kommen die Seeleute aus vielen verschiedenen Nationen.|Friedrich Fuchs, Ausbilder für Notfallmanagement.<ref name="vdin 20012012">VDI-nachrichten, 20. Januar 2012, Seite 3</ref>}} Das nautische Personal wird mindestens aller fünf Jahre mehrtägig für einen Notfall trainiert, das Servicepersonal (für Hotel- und Gaststättenbetrieb der Kreuzfahrtschiffe) nur zum Beginn des Einsatzes einmalig für einen Tag.<ref name="vdin 20012012" />


==== Reaktion der Reederei ====
==== Reaktion der Reederei ====

Version vom 26. Januar 2012, 11:17 Uhr

Costa Concordia
Costa Concordia 2011 im Hafen von Palma
Costa Concordia 2011 im Hafen von Palma
Schiffsdaten
Flagge Italien Italien
Schiffstyp Kreuzfahrtschiff
Klasse Concordia-Klasse (Typschiff)
Rufzeichen IBHD[1][2]
Heimathafen Genua
Eigner Costa Crociere S.p.A.[2]
Reederei Costa Crociere S.p.A.
Bauwerft Fincantieri – Cantieri Navali Italiani S.p.A. (Sestri Ponente, Italien)
Baunummer 6122
Baukosten 450 Mio. Euro[3]
Bestellung 6. April 2004[4]
Kiellegung 8. November 2004
Taufe 7. Juli 2006
Stapellauf 2. September 2005
Übernahme 29. Juni 2006
Verbleib Am 13. Januar 2012 auf Grund gelaufen und gekentert
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 290,2 m (Lüa)
247,4[4] m (Lpp)
Breite 35,5 m
Tiefgang (max.) 8,2 m
Vermessung 114.147 BRZ / 87.196 NRZ[2]
 
Besatzung 1100[5]
Maschinenanlage
Maschine Integrierter elektrischer Antrieb
2 × elektr. Propellermotoren (Converteam) je 21 MW
Maschinen­leistungVorlage:Infobox Schiff/Wartung/Leistungsformat 42.000 kW (57.104 PS)
Höchst­geschwindigkeit 22,5 kn (42 km/h)
Energie­versorgung 6 × Schiffsdieselmotoren (Wärtsilä 12V46C) je 12,6 MW
Generator­leistungVorlage:Infobox Schiff/Wartung/Leistungsformat 75.600 kW (102.787 PS)
Propeller 2 × Festpropeller
2 × Balance-Ruder
Transportkapazitäten
Zugelassene Passagierzahl 3780[4]
Sonstiges
Klassifizierungen Registro Italiano Navale
Registrier­nummern IMO: 9320544[2]

Die Costa Concordia ist ein Post-Panamax-Kreuzfahrtschiff der italienischen Reederei Costa Crociere, die zum britisch-US-amerikanischen und weltgrößten Kreuzfahrtunternehmen Carnival Corporation & plc gehört. Das Typschiff der Concordia-Klasse ist mit 114.147 BRZ vermessen und war zum Zeitpunkt der Indienststellung das größte italienische Kreuzfahrtschiff.

Das Raumverhältnis beträgt etwa 30 BRZ/Passagier (zum Vergleich Queen Mary 2: etwa 48 BRZ/Passagier, Ruby Princess: etwa 37 BRZ/Passagier, Oasis of the Seas: etwa 37,5 BRZ/Passagier). Die Reederei betreibt drei weitere Schiffe dieser Klasse, ein viertes ist im Bau. Das Schwesterschiff Costa Serena ist mit der Costa Concordia baugleich.

Das Schiff kollidierte am 13. Januar 2012 vor der Insel Giglio im Mittelmeer mit einem Felsen, schlug leck und liegt derzeit mit rund 65 Grad[6] Schlagseite unmittelbar nördlich des kleinen Hafens der Insel auf Grund.

Ausstattung

Das bunte Innendesign orientierte sich an den Ländern Europas, nach denen auch die Decks benannt wurden. Die Einrichtung wurde vom US-amerikanischen Designer Joseph Farcus ausgeführt, der alle neuen Costa-Schiffe seit der Costa Atlantica sowie die meisten Carnival-Schiffe gestaltet hat. Erstmals auf einem Kreuzfahrtschiff gab es einen hydraulischen Formel-1-Simulator, der gegen Gebühr benutzt werden konnte. Das Schiff beherbergte zudem das zum Zeitpunkt der Fertigstellung weltweit größte Wellness-Center an Bord eines Schiffes.

Geschichte

Bau und Jungfernfahrt 2006

Die Costa Concordia wurde am 8. November 2004 mit der Baunummer 6122 auf der italienischen Werft Fincantieri in Sestri Ponente auf Kiel gelegt und schwamm am 2. September 2005 im Baudock auf. Am 29. Juni 2006 wurde sie als bis dahin größtes italienisches Kreuzfahrtschiff an die Reederei Costa Crociere ausgeliefert. Die Taufe des Schiffes fand am 7. Juli 2006 im Hafen von Civitavecchia statt, Taufpatin war das tschechische Top-Model Eva Herzigová[7]. Als die Flasche nicht zerbarst, seien die anwesenden Seeleute entsetzt gewesen, weil das unter ihnen als schlechtes Vorzeichen gilt.[8] Die Jungfernfahrt begann am 15. Juli 2006 in Savona.

Zwischenfall 2008

Während heftiger Sturmböen rammte das Schiff am 22. November 2008 bei der Einfahrt in den Hafen von Palermo die Hafenanlagen. Dabei wurde die Costa Concordia leicht beschädigt.

Dreharbeiten 2010

2010 diente das Schiff als Kulisse für Film socialisme, einen gesellschaftskritischen Film von Jean-Luc Godard.[9]

Havarie 2012

Die auf Grund liegende Costa Concordia, im Vordergrund einige Rettungsboote im Hafen von Giglio
Die beschädigte Bordwand. Im Rumpf steckt noch ein Stück des Felsens, mit dem das Schiff kollidierte.
Kollisionsstelle (unten) und endgültige Position (Mitte) der Costa Concordia vor der Insel Giglio
Die letzten Positionen der Costa Concordia

Hergang

Die Costa Concordia lief am 13. Januar 2012 gegen 19 Uhr Ortszeit (MEZ) aus dem Hafen von Civitavecchia aus. Sie befand sich auf einer Kreuzfahrt durch das westliche Mittelmeer auf dem Weg nach Savona, von wo aus sie dann über Marseille, Barcelona, Palma und Cagliari Palermo anlaufen sollte.

Die Scole-Inseln südlich von Giglio Porto

Die auf der Route liegende Insel Giglio wurde sehr nah an ihrer Ostseite passiert. Nach Berichten von Passagieren und den Daten des Automatischen Identifikationssystems (AIS) rammte das Schiff gegen 21:45 Uhr einen Felsen;[10][11][12] der Voyage Data Recorder (VDR) des Schiffs registrierte den Kollisionszeitpunkt mit 21:45 Uhr und 5 Sekunden.[13] Als Kollisionspunkt wird ein Felsen auf der Position 42° 21′ 20″ N, 10° 55′ 50″ O genannt, der dem Riff Le Scole vorgelagert ist.[14][15] Le Scole befindet sich knapp südlich des Ortes Giglio Porto in unmittelbarer Landnähe, siehe auch das Bild rechts unten.[16] Am 16. Januar suchten Taucher der Carabinieri nach der Kollisionsstelle. An einem Felsen, der der Insel Scola piccola vorgelagert ist, fanden und fotografierten sie in ca. 8 Metern Tiefe Blechstreifen sowie Schleifspuren. Dieser Punkt ist etwa 95 Meter von der Küstenlinie entfernt.[17][18]

In der Backbordseite des Schiffs klafft ein etwa 70 Meter langer Riss. Auf Bildern deutlich sichtbar ist ein mehrere Meter großes Felsstück, das im Rumpf steckt. Nach Angaben der Feuerwehr gibt es auch auf der Steuerbordseite des Schiffs Beschädigungen des Rumpfes. Die im Baujahr gültigen Bauvorschriften verlangen, dass bei einem Leck bis zwölf Meter Länge die Stabilität des Schiffes nicht gefährdet sein darf.[19] Laut Angaben des Technischen Offiziers der Concordia waren schon kurz nach der Kollision fünf Abteilungen geflutet, die Schwimmfähigkeit war jedoch nur bei bis zu drei Abteilungen gesichert.[20]

Laut der betreibenden Kreuzfahrtgesellschaft versuchte der Kapitän, den Hafen der Insel Giglio anzusteuern, nachdem Wasser in das Schiff eingetreten war, um die Bergung zu erleichtern und eine noch größere Katastrophe zu verhindern. Ersten Ermittlungen der italienischen Küstenwache zufolge war das Schiff jedoch schon wenige Minuten nach der Kollision nicht mehr manövrierfähig, da die Maschinenräume überflutet waren. Die Endlage sei daher eher zufällig entstanden.[21] Dies wird von den Aussagen des Technischen Offiziers gestützt, der erklärte, bereits nach „wenigen Minuten sei alles [d.h. alle Maschinenräume] vollgelaufen gewesen“[20]. Den GPS-Daten zufolge bewegte sich das Schiff nach der Kollision vor der Inselküste in einer Schleife in Richtung Hafen, bevor es in seine Endlage entgegen der ursprünglichen Fahrtrichtung kam (siehe Rekonstruktion in [22]). Auch die beiden Buganker fielen nach Zeugenangaben erst bei dieser Position. Diese Aussage wird durch ein Video der Carabinieri-Taucher gestützt, demzufolge die Ankerketten offensichtlich nicht unter Zug standen.[23][24]

Das Schiff liegt mit zirka 65 Grad Schlagseite auf der Position 42° 21′ 57″ N, 10° 55′ 18″ O auf Grund.[6] Die Webcam von Giglio Porto liefert Aufnahmen des havarierten Schiffes.[25]

Viele der rund 3200 Passagiere der Costa Concordia saßen beim Abendessen, als das Kreuzfahrtschiff auf Grund lief. Ein heftiger Stoß habe laut Passagieren das Schiff erschüttert. Zunächst hatte die Schiffsführung von einem Problem mit dem Generator gesprochen. Nach etwa einer Stunde wurden die Passagiere aufgefordert, ihre Rettungswesten anzulegen, und bald darauf wurde das Signal zur Evakuierung des Schiffs gegeben. Einige Reisende sprangen in Panik über Bord, da die Insel Giglio nur wenige hundert Meter von der Unglücksstelle entfernt liegt. Die Wassertemperatur im umgebenden Meer betrug zum Unglückszeitpunkt etwa 14 °C.[26]

An Bord waren zum Unglückszeitpunkt 4229 Menschen, davon etwa 1000 Besatzungsmitglieder.[27] Unter den Passagieren befanden sich etwa 1000 Italiener, 566 Deutsche, 160 Franzosen, 111 Russen, 69 Schweizer, 77 Österreicher – unter ihnen der Bürgermeister von Salzburg, Heinz Schaden[28] – sowie 120 US-Amerikaner.[29] Unter den Passagieren waren auch einige Rollstuhlfahrer.[30][31]

Rettungsaktion und Opfer

Rettungsinseln und -leitern auf der Backbordseite der Costa Concordia
Gerettete Passagiere warten in Giglio Porto auf eine Passage zum Festland
Das Feuerwehrschiff VF07 in Giglio Porto am Morgen des 14. Januar. Im Hintergrund sind leere Rettungsboote und die havarierte Costa Concordia zu erkennen.

Nachdem die zuständige Leitstelle der Capitaneria di Porto in Livorno (Teil der Küstenwache Guardia Costiera) um 22.06 Uhr zufällig von der Havarie erfahren hatte und diese in einem Gespräch mit dem Schiff um 22.14 Uhr bestätigt wurde – allerdings zunächst nur als Stromausfall –, wurden nach und nach sechs größere und sieben kleinere Einheiten der Küstenwache und anderer Stellen ausgesandt. Das erste Boot, die G104 der Guardia di Finanza, war um 22.39 Uhr vor Ort und wurde von der regionalen Leitstelle zur Koordination der Seenotrettung (MRSC) in Livorno zum On-Scene-Commander (siehe IAMSAR) nominiert. Weiterhin waren ab etwa 23 Uhr alle drei Fähren der Insel (die Aegilium der Toremar sowie Isola del Giglio und Giuseppe Rum der Maregiglio) im Einsatz sowie ab 00.20 Uhr umschichtig insgesamt sechs Hubschrauber. Auch zwei Großfähren, die Giuseppe SA der Moby Lines und die Cruise Barcelona der Grimaldi Lines, sowie weitere Handelsschiffe wurden zu Hilfe gerufen.[32] Das Protokoll der Rettungsaktion im Zeitraum zwischen dem 13. Januar um 22.00 Uhr und dem 14. Januar um 06.00 Uhr wurde inzwischen veröffentlicht.[32]

Die meisten Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten in Rettungsbooten und mit den zu Hilfe gekommenen Schiffen auf die nur wenige hundert Meter entfernte Insel Giglio gebracht werden. Als das Kreuzfahrtschiff immer mehr Schlagseite bekam, wurden auch die Hubschrauber direkt zur Bergung eingesetzt. Rettungsmannschaften berichteten, sie hätten bis zu 150 Menschen aus dem Meer geborgen und an Land gebracht. Das Schiff wurde bis ca. 4.45 Uhr vollständig evakuiert. Ein in der Dunkelheit mit einer Wärmebildkamera von einem Hubschrauber aus aufgenommenes Video der Küstenwache zeigt auf der Backbordwand des fast auf der Seite liegenden Schiffs in einer langen Reihe stehende Menschen, die darauf warten, über eine herabgelassene Rettungsleiter in die herbeieilenden Boote zu gelangen.[33] Da auf der Insel Giglio nicht alle Passagiere untergebracht werden konnten, brachte man mit den verfügbaren Inselfähren, der aus Elba hinzugekommenen Achaeos der BluNavy sowie weiteren kleineren Passagierschiffen noch in der Nacht viele Gerettete nach Porto S. Stefano auf das Festland.[32]

Zunächst wurden von den Behörden 15 Personen als vermisst angegeben;[34] 36 Stunden nach dem Unglück konnte noch ein Besatzungsmitglied aus dem Wrack gerettet werden. Am Abend des 16. Januar aktualisierte die italienische Küstenwache die Zahl der Vermissten auf 29.[21] Bis zum 17. Januar wurden die Leichen von insgesamt 11 Opfern geborgen,[35] 21 Personen wurden noch vermisst, 5 Leichen sind noch nicht identifiziert.[36][37][38] Die italienische Tageszeitung La Repubblica hat am 17. Januar eine Liste der Vermissten veröffentlicht.[37] Rund 30 Menschen wurden verletzt. Vom 21. bis zum 24. Januar wurden weitere 5 Personen tot aus dem Wrack geborgen, die Zahl der gesicherten Opfer beträgt derzeit 16 (Stand 24. Januar 2012). [39][40][41][42] Für die Suche nach weiteren Opfern wird auch ein Tauchroboter eingesetzt.[43][44]

Die schwere Schlagseite der Costa Concordia erschwerte den Einsatz der Rettungskräfte. Am Morgen nach dem Unglück hatte das Schiff etwa 65 Grad Schlagseite nach Steuerbord.[6] Bei Tagesanbruch des 14. Januar suchten Rettungsmannschaften im Schiffsrumpf und auf dem Meer noch nach Vermissten. Die Küstenwache sagte, es handele sich um „eine gefährliche Suche“, denn das Schiff könne weiter sinken, indem es in eine tiefere Lage abrutscht. Dennoch suchte die Küstenwache im Inneren des Schiffes. „Wir müssen wissen, ob da noch Menschen sind. Vielleicht leben sie noch, eingeklemmt in einem Hohlraum. Und deshalb machen wir weiter unter sehr schwierigen Bedingungen“, sagte ein Sprecher der Küstenwache.[45] In der Nacht vom 14. auf den 15. Januar wurden drei weitere Überlebende aus dem Schiffsrumpf gerettet.

Die Passagiere wurden in Schulen, Hotels und Kirchen versorgt. In der italienischen Presse wird der Einsatz der Gigliesen hervorgehoben, sowohl bei der eigentlichen Rettung als auch später bei der Versorgung der Schiffbrüchigen. Da die Insel Giglio insgesamt nur rund 1400 Einwohner hat, war die kurzfristige Unterbringung von mehreren tausend Personen nicht einfach. Einige Passagiere berichteten, dass sie ohne ihre Schuhe in die Rettungsboote steigen mussten und dann von Bewohnern der Insel Schuhe gereicht bekamen. Andere Passagiere berichten, dass man ihnen ohne Weiteres Geld für die Rückfahrt in die Hand gedrückt habe.[46] Der Ministerpräsident Mario Monti hat vorgeschlagen, den Einwohnern für ihre Hilfe den Verdienstorden medaglia al valor civile zu verleihen.[47]

Ermittlungen

Nächtliche Suche nach Überlebenden am 14. Januar 2012.

Kapitän Schettino sowie sein Erster Offizier wurden nach ihrer Einvernahme auf Antrag der italienischen Staatsanwaltschaft in Grosseto in Untersuchungshaft genommen. Schettino wurde am 17. Januar nach der Haftprüfung jedoch unter Auflagen (Hausarrest) freigelassen.[48] Neben dem Verdacht der fahrlässigen Tötung und der Herbeiführung eines Schiffbruchs wurde ihnen vorgeworfen, das Schiff schon Stunden vor Abschluss der Evakuierung verlassen zu haben.[49]

Laut seiner Aussage bei der Haftprüfung wählte der Kapitän Francesco Schettino den nahen Kurs, um seinen Ex-Kollegen Mario Terenzio Palombo zu grüßen,[50] mit dem er während des Manövers telefonierte – der sich jedoch laut eigener Aussage nicht auf der Insel befand. Er habe dies schon mehrmals getan, habe aber diesmal zu spät gedreht. In einem ersten Interview hatte Schettino erklärt, der Felsen sei in der Seekarte nicht eingezeichnet gewesen. Medienberichten zufolge hatte die Schwester des Oberkellners Antonello Tievoli auf dem sozialen Netzwerk Facebook angekündigt, dass die Costa Concordia bald ganz nah vorbeifahren werde.[51] Das mehrfache dichte Passieren der Insel Giglio durch Costa-Schiffe im Jahr 2011 ist durch Fotos und Videos belegt.[52][53] Ebenfalls im Jahr 2011 bedankte sich der Bürgermeister von Giglio beim damaligen Kapitän nach einer solchen Vorbeifahrt schriftlich.[54][55] Die Praxis ist offenbar unter dem Namen „Verneigen“ bekannt. Während das Schiff nahe am Land ist, werden dabei die Schiffshörner betätigt.[56]

Ein Mitschnitt des Gesprächs der Küstenwache um 01:46 Uhr von einem Telefonat zwischen dem Kommandanten des MRSC Livorno, Gregorio Maria De Falco, und Schettino weist nach, dass letzterer sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an Bord befand, obwohl die Evakuierung noch in vollem Gange war.[57] De Falco wies ihn und den Ersten Offizier an, sofort an Bord zurückzukehren. Schettino verließ das Schiff nach Berichten der Hafenkommandantur bereits kurz nach Mitternacht und betrat es danach auch nicht mehr.[58][59]

Kritik an der Rettungsaktion

Passagiere sagten nach dem Unglück aus, an Bord sei Panik ausgebrochen, die Rettung sei viel zu spät eingeleitet worden und zudem chaotisch abgelaufen. Sie werfen der Besatzung vor, zu wenig ausgebildet gewesen zu sein und daher nicht richtig reagiert zu haben sowie zum Teil selbst geflüchtet zu sein, anstatt den Passagieren zu helfen. Außerdem sei die Koordination schlecht verlaufen und viele Passagiere wären nicht über die Lage aufgeklärt worden. Weiterhin habe die Besatzung zunächst angegeben, es handle sich um Probleme mit dem Generator und erst eine Stunde nach der Kollision wurde Alarm ausgelöst.[60]

Es haben sich allerdings auch Besatzungsmitglieder zu Wort gemeldet, die darauf hinwiesen, dass sie in wenigen Stunden unter den schlechten Bedingungen der starken Schiffsneigung fast alle Passagiere unverletzt von Bord bringen konnten. Mehr als 98 % der Passagiere wurden nicht oder nur leicht verletzt. Sie kritisieren ihrerseits einzelne Passagiere, die die Rettungsarbeiten beispielsweise durch Fotografieren behindert hätten.[61] Einige Passagiere hatten sich über nicht funktionierende Rettungslichter an Schwimmwesten beklagt. Hierzu wurde darauf hingewiesen, dass sich die Rettungslichter der Schwimmwesten nicht manuell einschalten lassen, sondern sich automatisch im Wasser aktivieren.

Die Schiffsführung hat erstmalig um 22:10 Uhr eine Meldung an das Hafenamt Livorno, das für Havarien in dem Seegebiet der Ansprechpartner ist, abgesetzt. In dieser Meldung wurde nur von einem defekten Generator gesprochen. Erst um 22:30 Uhr bekamen die Behörden Nachricht über den Wassereinbruch.[62] Um 22:58 wurde der Befehl gegeben, das Schiff zu verlassen. Zu diesem Zeitpunkt hatten jedoch einige Offiziere und Passagiere die Evakuierung bereits auf eigene Faust begonnen. [63]

Der Vizebürgermeister von Giglio ist laut einem Interview in der Nacht des Unglücks mit Hilfe einer der Strickleitern auf die Costa Concordia gestiegen und hat zunächst einen Verantwortlichen gesucht, um die Rettungsmaßnahmen zu koordinieren. Nachdem er in 20 Minuten niemanden gefunden hatte, hat er zunächst allein den Passagieren auf der Steuerbordseite beim Ausbooten geholfen. Als sich das Schiff stärker neigte und die Steuerbordseite im Wasser versank, befanden sich nach seinen Angaben noch ca. 500 Personen im Schiffsinneren, die durch die steiler werdenden Flure nicht mehr auf die Backbordseite hochkamen. Zusammen mit einem Schiffsoffizier brachte er eine Leiter an und brachte, zusammen mit zwei weiteren Helfern, die Passagiere auf die Außenhaut des Schiffes. Er gibt an, dieser Offizier sei der einzige Schiffsoffizier gewesen, den er an Bord gesehen habe.[64]

Das Schiff hatte zwar 1100 Mitglieder Besatzung, aber das sind zum größten Teil Mitglieder im Gaststätten- und Servicebetrieb und nur wenige sind nautisches Personal. „Bei 40 oder 50 Seeleuten reicht das gerade für einen Mann pro Rettungsboot. […] Zudem kommen die Seeleute aus vielen verschiedenen Nationen.“ (Friedrich Fuchs, Ausbilder für Notfallmanagement.[65]) Das nautische Personal wird mindestens aller fünf Jahre mehrtägig für einen Notfall trainiert, das Servicepersonal (für Hotel- und Gaststättenbetrieb der Kreuzfahrtschiffe) nur zum Beginn des Einsatzes einmalig für einen Tag.[65]

Reaktion der Reederei

Die Reederei Costa Crociere nannte das Unglück eine „bestürzende Tragödie“.[66] Am 15. Januar räumte die Reederei in ihrem Blog ein, dass die Schiffsführung offenbar mehrere Fehler gemacht habe. Unter anderem habe sie offenbar einen Kurs zu nah an der Küste gewählt. Weiterhin habe sie sich bei der Organisation der Rettung nicht an die Standards der Reederei, die den internationalen Regeln entsprächen oder über sie hinausgingen, gehalten. Die Reederei weist darauf hin, dass alle Besatzungsmitglieder das Ausbooten regelmäßig alle 14 Tage trainieren und weitere Schulungen und Unterweisungen stattfinden.[67]

Bergung des Schiffes

Durch die etwa 2200 Tonnen Treibstoff (Schweröl) und 180 Tonnen Schmierstoff an Bord könnte sich eine Gefährdung der Umwelt ergeben, die auch mehrere Naturreservate in der Umgebung des Monte Argentario beträfe.[68] Das Meeresgebiet um die toskanischen Inseln ist Bestandteil des Parco nazionale dell’Arcipelago Toscano[69] sowie auch Teil des multinationalen Walschutzgebiets Pelagos. Eine Bergung des Schiffs wäre die größte je vorgenommene Operation dieser Art. Die Reederei hat Smit Internationale sowie den italienischen Bergungsspezialisten Neri mit den Arbeiten betraut, die bereits einige Spezialisten auf die Insel gesandt haben, um Vorabklärungen zu treffen.[70][71] Den Experten zufolge müssen zunächst Schmier- und Treibstoffe abgepumpt werden. Seit dem 18. Januar ist die Kranplattform Meloria der Neri Group vor Ort, die beim Leeren der Treibstofftanks eingesetzt werden soll.[72] Nach Angaben des Unternehmens Neri wird es etwa fünf Wochen dauern, die Treibstofftanks zu leeren, sofern es die Wetterbedingungen zulassen.[73] Nach Angaben des Leiters des italienischen Zivilschutzes findet eine Verschmutzung der Umwelt bereits statt. Auch wenn das Schweröl aus den Tanks noch nicht ausgelaufen sei, sagte er, „dürfen wir nicht vergessen, dass Öle, Lösungs- und Reinigungsmittel an Bord sind – alles, was eine Stadt mit 4.000 Menschen braucht“.[74] Am 20. Januar rief die italienische Regierung für die Umgebung der Unglücksstelle den Notstand aus.[75] Am 24. Januar wurde mit den Vorbereitungen für die Leerung der Treibstofftanks begonnen.[76] Der Leerungsvorgang soll am Samstag, dem 28. Januar 2012 beginnen und etwa einen Monat dauern. Nach der Leerung soll das Schiff geborgen werden - dazu muss das Leck abgedichtet werden, danach kann das Schiff stabilisiert und das Wasser ausgepumpt werden. Costa Crociere nimmt an, dass das Schiff länger als bis zum Ende des Betriebsjahres 2012, dem 30. November 2012, ausfallen wird.[77]

Siehe auch

Commons: Costa Concordia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. „Costa Concordia“ auf vesseltracker.com, aufgerufen am 17. Januar 2012
  2. a b c d Equasis – France-Ministry for Transport: Administrative Daten der „Costa Concordia“. Abgerufen am 14. Januar 2012.
  3. tagesschau.de Drei Tote nach Kreuzfahrt-Katastrophe, 14. Januar 2012
  4. a b c Registro Italiano Navale: Technische und administrative Daten der „Costa Concordia“. Abgerufen am 14. Januar 2012.
  5. Technische Daten der Costa Concordia
  6. a b c Frontalansicht des havarierten Fahrzeugs
  7. Fincantieri: The new flagship Costa Concordia, the largest Italian and European cruise vessel, christened and feted in the Port of Rome. 7. Juli 2006, abgerufen am 14. Januar 2012.
  8. Flasche bei Taufe nicht geborsten. NZZ vom 20.01.2012
  9. Unglücksschiff war Filmkulisse, Spiegel Online, 17. Januar 2012
  10. Costa Concordia: Drei Tote bei Kreuzfahrtschiff-Unglück vor Italien, Die Welt, 14. Januar 2012 (abgerufen am 14. Januar 2012)
  11. Das Protokoll des Costa Concordia-Unfalls, B.Z. Berlin, 14. Januar 2012;
  12. AIS-Positionen kurz vor und nach der Kollision
  13. RAI TG1 online: La manovra di accostamento al porto non era voluta, 16. Januar 2012
  14. Luftbildaufnahme von "Le Scole"
  15. Rekonstruktion Kollisionspunkt als PDF-Datei
  16. Nave fuori rotta per salutare con le sirene, Primocanale, 14. Januar 2012, 20:18 Uhr
  17. Crew Mutinied on Behalf of Passengers, Corriere della Sera - English, 17.&nbsp Januar 2012
  18. la foto dell'urto alle Scole e la ricostruzione definitiva dell'incidente
  19. Rumpf bot nur Schutz gegen kleinere Lecks, Spiegel Online, 16. Januar 2012
  20. a b iltirreno.it Cronaca 23-01-2012 16:39 'Ufficiale guardia macchina: Le pompe non funzionavano'
  21. a b La manovra di accostamento è stata solo un caso, Il Tirreno, 16. Januar 2012
  22. a b grounding of the Costa Concordia; AIS-Visualisierung. Quality Positioning Services BV (QPS)
  23. L’ancoraggio è avvenuto a nave ferma
  24. I sub dei carabinieri controllano le ancore della Concordia
  25. Webcam in Giglio Porto
  26. Wetterlage Tirreno Settentrionale für Samstag, 14. Januar 2012
  27. Tote und Verletzte bei Schiffsunglück vor Italiens Küste. tagesschau.de, vom 14. Januar 2012
  28. Claudia Lagler: Bürgermeister Schaden: „Keine organisierte Evakuierung“, DiePresse.com, 15. Januar 2012, abgerufen am 20. Januar 2012
  29. Gaia Pianigiani und Sarah Maslin Nir: As Divers Search Cruise Ship, Reason for Crash Is Unclear., New York Times, 15. Januar 2012, abgerufen am 16. Januar 2012
  30. Focus Video @ca. 75s
  31. Spiegel Online 15. Januar 2012
  32. a b c Il brogliaccio della capitaneria di porto di Livorno, repubblica.it 18.&nbsp Januar 2012, siehe auch Diskussion
  33. Video der Küstenwache von der Rettungsaktion.
  34. Taucher finden weitere Opfer an Bord der „Costa Concordia“, T-Online-Nachrichten, 15. Januar 2012
  35. ala/AFP/dpa: Rettungskräfte bergen fünf Leichen aus Wrack In: Spiegel Online. 17. Januar 2012
  36. tagesschau.de:Zahl der „Costa Concordia“-Toten steigt auf elf, 17. Januar 2012.
  37. a b La lista dei dispersi, Liste der Vermissten auf repubblica.it, 17. Januar 2012 (italienisch)
  38. Cronaca di mercoledì 18 gennaio, iltirreno.it 18. Januar 2012
  39. http://www.focus.de/panorama/welt/costa-concordia/bergungsarbeiten-an-der-costa-concordia-taucher-finden-frauenleiche-auf-dem-schiffswrack_aid_705244.html
  40. Taucher finden weitere Frauenleiche
  41. http://www.sueddeutsche.de/panorama/havarie-der-costa-concordia-zwei-weitere-leichen-aus-wrack-geborgen-1.1264918
  42. http://www.abendblatt.de/vermischtes/article2168217/Costa-Concordia-Zahl-der-Toten-steigt-auf-16.html
  43. Concordia-Bergung: Ferngesteuerter Roboter sucht im Meer nach Leichen diepresse.com, abgerufen am 21.Januar 2012
  44. Cruise disaster: Rescuers use robot to search for the missing telegraph.co.uk
  45. tagesschau.de: Kreuzfahrt-Drama vor Italiens Küste, 14. Januar 2012
  46. Famiglia reggiana sopravvissuta all'inferno della Costa Concordia, Reggio Online, 14. Januar 2012
  47. Governo Italiano - Rassegna stampa: MONTI: MEDAGLIA AL VALORE PER IL GIGLIO
  48. Arresti domiciliari a Schettino repubblica.it 17.01.2012
  49. Opfer identifiziert – Kapitän verhaftet. In: Süddeutsche Zeitung. 14. Januar 2012, abgerufen am 15. Januar 2012.
  50. Schettino ammette: „Ho sbagliato la manovra“. In: la Repubblica vom 18. Januar 2012
  51. dpa-Meldung bdt0035 vom 18. Januar 2012, 3:33 Uhr
  52. Foto eines Costa-Schiffes vor Giglio Porto 9. August 2011
  53. Video einer Vorbeifahrt an Giglio 8/2011
  54. Lo spettacolo unico del passaggio ravvicinato della Concordia al Giglio In: La Stampa vom 15. Januar 2012
  55. Andrea Dernbach, Andreas Oswald, Elisa Simantke, Paul Kreiner: Ist der Kapitän schuld am Schiffbruch der „Costa Concordia“? In: Der Tagesspiegel vom 15. Januar 2012
  56. C. Pagel: Kapitän verkroch sich im Haus eines Taxifahrers. In: Focus-Online vom 17. Januar 2012
  57. Costa Concordia-Havarie: Von sinneraubenden Frauen, Helden und fadenscheinigen Ausreden. In: Cabo Ruivo vom 19. Januar 2012
  58. „Gehen Sie an Bord, verflucht nochmal!“ In: tagesschau.de abgerufen am 17. Januar 2012
  59. „Schettino, torni a bordo!“ In: rai.tv vom 17. Januar 2012
  60. F. Ehlers: Havarie der „Costa Concordia“: Passagiere beklagen Rettungs-Chaos. In: Spiegel Online vom 15. Januar 2012
  61. Marco Pasqua:: Costa Concordia, ira equipaggio „Salvate migliaia di persone“ In: la Repubblica vom 15. Januar 2012
  62. Errore umano, procedure non rispettate. In: la Repubblica vom 16. Januar 2012
  63. Minuto per minuto la notte da incubo, repubblica.it 18.&bsnp;Januar 2012
  64. [http://www.repubblica.it/cronaca/2012/01/16/news/pellegrini_sindaco_giglio_eroi-28241279/ "In quell'inferno ci siamo aiutati" Il vicesindaco e gli ultimi sulla nave, repubblica.it 16. Januar 2012]
  65. a b VDI-nachrichten, 20. Januar 2012, Seite 3
  66. AFP: Three dead after cruise ship runs aground off Italy, 14. Januar 2012
  67. Comunicazione Importante – 15 gennaio 2012 ore 20.15 – Costa Concordia Isola del Giglio, Blog von Costa Crociere, 15. Januar 2012, 20:15 Uhr
  68. Costa Concordia-Havarie: Ein Kapitän auf Abwegen
  69. Das größte Meeresschutzgebiet im Mittelmeerraum
  70. Domani si comincia a svuotare i serbatoi, iltirreno.it 16. Januar 2012
  71. Focus Online SPECIAL: Am Ende könnte nur das Zerstückeln des Schiffs helfen vom 18. Januar 2012
  72. Costa Concordia, le foto di oggi
  73. Neri e D’Alesio in azione al Giglio, iltirreno.it 18.01.2012
  74. http://www.fr-online.de/panorama/costa-concordia-frauenleiche-auf-costa-concordia--gefunden,1472782,11490470.html
  75. Italien ruft den Notstand aus
  76. Iniziate le operazioni per la bonifica, iltirreno.it 24.  Januar 2012
  77. Costa Concordia-Havarie: Schiffsunglück als Grundlage zum Betrugsfalle Aus Cabo Ruivo, abgerufen am 24. Januar 2012

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