Asamkirche (München)

Asamhaus, Asamkirche und Priesterhaus (Sendlinger Straße 34, 32 und 30)

Die Asamkirche (offiziell St.-Johann-Nepomuk-Kirche) in der Sendlinger Straße in Münchens Altstadt wurde von 1733 bis 1746 von den Brüdern Asam (Cosmas Damian Asam und Egid Quirin Asam) errichtet. Sie gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke der beiden Hauptvertreter des süddeutschen Spätbarocks. Die Asamkirche steht bereits an der Schwelle zum Rokoko, doch tritt hier die typische Leitform im Ornament, die Rocaille, noch nicht auf.

Bildnis Egid Quirin Asams links des Hochaltars
Bildnis Egid Quirin Asams links des Hochaltars
Bildnis Cosmas Damian Asams rechts des Hochaltars
Bildnis Cosmas Damian Asams rechts des Hochaltars

Entstehung

Die Kirche sollte ursprünglich als Kapelle der inzwischen in München ansässigen Brüder Asam entstehen. Nachdem es Egid Quirin Asam zwischen 1729 und 1733 gelungen war, mehrere neben seinem Wohnhaus gelegene Grundstücke zu erwerben, errichtete er ab 1733 zusammen mit seinem Bruder Cosmas Damian dort die Kirche St. Johann Nepomuk. Die Grundsteinlegung erfolgte 1733 am Fest des heiligen Nepomuk durch Kurprinz Maximilian Joseph von Bayern; die noch unvollendete Kirche wurde am 1. Mai 1746 geweiht.[1] Der Wiederaufbau nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg erfolgte 1946 bis 1948, die Fassade wurde 1973 sowie 1983 renoviert, das Innere 1975-1983 durch Erwin Schleich.[2]

Die Kirche ist eine Filialkirche von St. Peter.

Innenansicht
Gnadenstuhl im Chor

Architektur

Die Kirche wurde ohne Auftrag und als Privatkirche zur höheren Ehre Gottes und zum Seelenheil der Baumeister errichtet. Das ermöglichte den Brüdern auch, unabhängig von den Vorstellungen von Auftraggebern zu bauen. Die Kirche ist noch von den Vorstellungen des römischen Barocks geprägt, während im Jahr der Grundsteinlegung mit St. Anna im Lehel bereits die erste Rokokokirche Bayerns vollendet worden war. Durch die gewonnene künstlerische Freiheit konnte Egid Quirin Asam gleich einem Monarchen durch ein Fenster aus seinem Privathaus direkt auf den Hochaltar blicken. Obwohl die Kirche eigentlich als Privatkirche geplant war, mussten die Gebrüder sie nach Protesten der Bevölkerung öffentlich zugänglich machen. Egid Quirin Asam konzipierte die Kirche als Beichtkirche für die Jugend. So enthält sie sieben Beichtstühle mit allegorischen Darstellungen.

Fassade

Die spätbarocke Fassade ist eingebunden in die Häuserflucht der Sendlinger Straße. Sie wirkt ausgesprochen steil und schwingt konvex vor. Große Pilaster mit Fantasiekapitellen flankieren Portal und Obergeschossfenster. Während die rahmenden Pilaster konkav einschwingen, schwingt die Fassadenmitte konvex vor. Ein großer, aus geschwungenen Gebälkstücken zusammengesetzter Giebel schließt die Fassade ab. Der kleine Glockenturm ist etwas nach hinten versetzt. Die gesamte Fassade scheint aus einem Felssockel emporzuwachsen. Sowohl Portal wie Fenster werden von Säulen gerahmt. Während das Portal einen geschweiften Giebel trägt, trägt das Hochfenster eine verkleinerte Fassung des Hauptgiebels. Auf dem Portalgiebel ist der Heilige Nepomuk dargestellt, den Giebel des Fenster bekrönen Darstellungen der drei geistlichen Tugenden. In den Kapitellen der Pilaster sind Kaiser und Papst dargestellt[3].

Innenraum

Die Asamkirche entstand auf engstem Raum, das Grundstück misst nur 22,2 mal 8,8 m. Umso erstaunlicher ist die Leistung der beiden Baumeister, denen es gelang, im zweistöckigen Innenraum Architektur, Malerei und Plastik harmonisch zu verbinden. Insbesondere die indirekte Lichtführung im Chorbereich ist gelungen: Hinter dem Hauptgesims versteckte Fenster beleuchten die Dreifaltigkeitsfiguren effektvoll von hinten. Das Hauptgesims scheint durch seine geschwungene Führung auf- und abzuwogen.

Den Grundriss bildet ein schmales Längsrechteck. Es besteht aus drei Teilen: querovaler Vorraum mit Orgelempore, längsgerichteter Gemeinderaum, querovaler Altarraum. Alle drei Räume besitzen abgerundete Ecken. Der Altarraum ist eingezogen.

Der Innenraum der Kirche ist auffallend steil proportioniert. Der Aufriss ist zweigeschossig. Beide Geschosse werden durch drei Nischen gegliedert, wobei die mittlere Nische breiter ist. Pilaster, im Obergeschoss Hermenpilaster, dienen als Rahmung. Sowohl der umlaufende Balkon als auch das Hauptgebälk kragen mit kräftigen Hohlkehlen vor. Deshalb ist der Ansatz des Gewölbes den Blicken der Besucher entzogen. Besonders raffiniert ist die Lichtführung, wobei die Helligkeit von unten nach oben zunimmt. Der unterste Abschnitt ist relativ dunkel gehalten. Die Gestaltung hier symbolisiert die Leiden der Welt. Der zweite Abschnitt ist heller gehalten und war dem Kaiser vorbehalten. Drei Jahre vor der Weihe der Kirche, im Jahre 1742, hatte der bayrische Kurfürst Karl Albrecht die Kaiserwürde erlangt. Der oberste Abschnitt mit seiner indirekt beleuchteten Deckenmalerei ist Gott und der Ewigkeit gewidmet.

Bei einem Bombenangriff 1944 wurde der Chor stark beschädigt, erst mit der Innenrestaurierung von 1975 bis 1983 wurde nach Quellenstudium ein hypothetisches ursprüngliches Erscheinungsbild des Chors hergestellt.

Einrichtung

Im Vorraum befindet sich beidseits je ein Beichtstuhl, darüber beeindrucken links der Apostel Petrus, rechts der hl. Hieronymus als lebensgroße Stuckfiguren. Der hl. Petrus ist mit zwei Schlüsseln für Binden und Lösen auf Erden und im Himmel (Matthäus 16,19 EU) dargestellt. Links neben der Nische des hl. Hieronymus ist das Zech-Epitaph von Ignaz Günther zu sehen.

Der Hochaltar steht im ersten Geschoss. Seine vier gewundenen Freisäulen mit korinthischen Kapitellen zitieren die vier Bernini-Säulen über dem Petrusgrab in St. Peter in Rom. Vordere und hintere Säulen sind durch vergoldete Blumengehänge verbunden. Auf den Kapitellen steht jeweils eine Ziervase. Im Altarauszug thront Gott, der den gekreuzigten Erlöser zwischen schwebenden Engeln präsentiert. Unterhalb des von anbetenden Engeln flankierten Tabernakels ist eine Reliquie des hl. Johannes Nepomuk aufbewahrt. Über dem Hochaltar befindet sich dreidimensional dargestellt ein sogenannter Gnadenstuhl, auf dem Gottvater mit der dreifachen päpstlichen Tiara auf dem Haupt abgebildet ist. Gegenüber einer gewöhnlich sehr streng gegliederten barocken Pfarrkirche weist die Asamkirche aufgrund ihrer Eigenschaft als Privatkirche einige Eigentümlichkeiten auf: Die Kirche ist gewestet und nicht wie üblich geostet, das heißt, der Hochaltar befindet sich im Westen. Zudem ist das gegenüber der Kanzel angebrachte Kruzifix zu niedrig aufgehängt. In Barockkirchen soll dieses höher als die Kanzel hängen, so dass auch der Prediger zu Jesus aufschauen muss.

Orgel

Die Orgel wurde 1982 von Wilhelm Stöberl erbaut. Sie hat 16 Register auf zwei Manualen und Pedal mit mechanischen Schleifladen.[4]

I Hauptwerk C–g3
Prinzipal 8′
Rohrflöte 8′
Oktav 4′
Waldflöte 2′
Sesquialtera II 223
Mixtur IV 113
II Brustwerk C–g3
Copula 8′
Hohlflöte 4′
Principal 2′
Quinte 113
Cymbal III 1′
Hoboi 8′
Tremulant
Pedal C–f1
Subbass 16′
Oktavbass 8′
Choralbass 4′
Fagott 16′

Priesterhaus und Asamhaus

Das Priesterhaus, nördlich an die Kirche anschließend, ist ein fünfgeschossiger schmaler Spätbarockbau mit stuckierten Fensterrahmungen, ornamentalen Scheitelsteinen und reich profilierten Gurtgesimsen, wohl von Matthias Krinner, 1771–1773 erbaut. Südlich an die Kirche schließt sich das Asamhaus an.

Zitate

  • Der bayerische Autor und Kabarettist Jörg Maurer beschreibt die Asamkirche wie folgt: Dieses Gebäude ist sozusagen eine Kurzfassung des bayerischen Wesens... Hier drinnen versteht man Bayern am schnellsten. Die Gebrüder Asam haben die Kirche 1733 gebaut und gestaltet, ohne kirchliche oder weltliche Auftraggeber, lediglich für den Eigenbedarf... Dieses Eigenständige, Eigenbrötlerische führt zum Kern des bayerischen Wesens. Den Brüdern Asam ging es wohl weniger um Andacht und stille Einkehr, sondern um Repräsentation, Größe, Pathos, Muskelspiel sowie üppige Dekoration und das alles auf engsten Raum... Richtig in sich versinken und still beten kann man hier weniger, eher geblendet staunen und den Kopf schütteln. ... Nach dem Besuch der Asamkirche versteht man die Einheimischen ein bisschen besser. Nicht viel, aber ein bisschen. Das ist schon einmal ein Anfang.[5]

Literatur

  • Richard Bauer, Gabriele Dischinger: München, Asamkirche (Schnell & Steiner Kleine Kunstführer, 1277). Regensburg, 2005, ISBN 3-7954-4028-9.
  • Richard Bauer, Gabriele Dischinger (u. a.): St. Johann Nepomuk im Licht der Quellen – Materialien und Erörterungen zur Asam-Kirche in München. München, 1977
  • Herbert Brunner/Alexander von Reitzenstein: Bayern. Kunstdenkmäler und Museen (Reclams Kunstführer, Bd. 1). 7. Auflage. Reclamverlag, Stuttgart 1970. S. 578–580.
  • Adolf Feulner: Die Asamkirche in München. München, 1932.
  • Norbert Lieb: Barockkirchen zwischen Donau und Alpen. Hirmerverlag, München, 1992, 6. Auflage. ISBN 978-3-7774-5420-7, S. 47–53.
  • Winfried Nerdinger (Hg): Architekturführer München, Dietrich Reimer Verlag, Berlin, 1994, ISBN 978-3-496-01359-4, S. 35.
  • Dorith Riedl: Zu zwei Asam-Kirchen. München, St. Johann Nepomuk. Straubing, Ursulinenklosterkirche. Dorith Riedl, Perfect Paperback 1979, ISBN 3-88341-001-2.
  • Erwin Schleich: Die Asam-Kirche in München – Ein Beitrag zur Restaurierung im September 1977. Stuttgart, 1977, ISBN 3-7984-0348-1.
  • Thomas Schauerte: Die „Asamkirche“ St. Johann Nepomuk in München und die Memoria des Egid Quirin Asam, in: Münch, Birgit Ulrike/Marquard Herzog/Andreas Tacke (Hrsg.): Künstlergräber. Genese – Typologie – Intention – Metamorphosen, Petersberg 2011, S. 185–203, ISBN 978-3-86568-629-9
  • Bernhard Schütz: Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben 1580 - 1780. Hirmerverlag, München 2000. ISBN 978-3-7774-8290-3, S. 60–61.
Commons: Asamkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schnell, Kunstführer Nr. 1277: Asamkirche St. Johann Nepomuk München, 9. Aufl., Verlag Schnell und Steiner Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-4028-2.
  2. Winfried Nerdinger: Architekturführer München. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1994, ISBN 978-3-496-01359-4, S. 36.
  3. Herbert Brunner/Alexander von Reitzenstein: Bayern. Kunstdenkmäler und Museen (Reclams Kunstführer, Bd. 1). 7. Auflage. Reclamverlag, Stuttgart 1970, S. 579.
  4. Wilhelm Stöberl-Orgel in der Asamkirche München. www.organindex.de. Aufgerufen am 14. Mai 2018.
  5. Jörg Maurer, Bayern für die Hosentasche – Was Reiseführer verschweigen, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2016, S. 7ff, ISBN 978-3-596-52101-2

Koordinaten: 48° 8′ 6,4″ N, 11° 34′ 10,3″ O