„Anrechnungszeit“ – Versionsunterschied

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Als '''Anrechnungszeit''' (AZ) bezeichnet man in [[Deutschland]] eine [[rentenrechtliche Zeiten|rentenrechtliche Zeit]], die – in Abgrenzung zu den (tatsächlich [[Verbeitragung|verbeitragten]]) [[Beitragszeit]]en und den sogenannten [[Berücksichtigungszeit]]en – eine [[beitragsfreie Zeiten|beitragsfreie Zeit]] ist.
{{Redundanztext|[[Benutzer:Karsten11|Karsten11]] 20:30, 22. Feb. 2008 (CET)|Februar 2008|Beitragsfreie Zeiten|Anrechnungszeit}}


Sie kann sowohl dem Grunde wie der Höhe nach zu anwartschaftserhöhenden Rentenansprüchen führen.
Als '''Anrechnungszeit''' (AZ) bezeichnet man eine Zeitspanne, die für verschiedene Berechnungen von Berechtigungen herangezogen werden kann. In Deutschland wird sie unter anderem zur Rentenberechnung, in Österreich zur [[Pension (Altersvorsorge)|Pensionsberechnung]] herangezogen, aber auch für [[Arbeitslosenversicherung]] und andere.


== Gesetzliche Grundlagen ==
Für die Rentenberechnung in Deutschland wird diese in den §§ 58, 252, 252a und 253 des sechsten Sozialgesetzbuches ([[SGB]]) geregelt.
Für die Rentenberechnung in Deutschland wird diese in {{§|58|sgb_6|juris}} des [[Sechstes Buch Sozialgesetzbuch|Sechsten Buches Sozialgesetzbuch]] (SGB VI) geregelt.
Anrechnungszeiten können für folgende Tatsachen anerkannt werden:


Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen der Versicherte aus persönlichen Gründen an der Beitragszahlung gehindert war. Für folgende Tatsachen können nach {{§|58|sgb_6|juris}} SGB VI Anrechnungszeiten anerkannt werden:
*Arbeitsunfähigkeit (inkl. Rehabilitation) [[Anrechnungszeit#Arbeitsunfähigkeit|siehe §58 Abs.1 Nr. 1 SGB VI]]
*Krankheit zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr [[Anrechnungszeit#Krankheit zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr|siehe §58 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI]]
*Schwangerschaft/Mutterschutz [[Anrechnungszeit#Schwangerschaft/Mutterschutz|siehe §58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI]]
*Arbeitslosigkeit [[Anrechnungszeit#Arbeitslosigkeit|siehe §58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI]]
*Ausbildungssuche [[Anrechnungszeit#Ausbildungssuche|siehe §58 Abs. 1 Nr. 3a SGB VI]]
*Schulbesuch [[Anrechnungszeit#Schulbesuch|siehe §58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI]]
*Rentenbezug [[Anrechnungszeit#Rentenbezug|siehe §58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI]]


* Arbeitsunfähigkeit (inkl. Rehabilitation) (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI)
Es bestehen noch Übergangsregelungen und Altfälle für die noch für weitere Tatbestände Anrechnungszeiten anerkannt werden können, diese sind jedoch in der Praxis nicht mehr relevant.
* Krankheit zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI)
* Schwangerschaft/Mutterschutz (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI)
* Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI)
* Ausbildungssuche nach dem 17. Lebensjahr (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a SGB VI)
* Schul-, Fachschul- und Hochschulbesuch nach dem 17. Lebensjahr (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI)
* Rentenbezug vor Vollendung der (individuellen) [[Regelaltersgrenze]] mit gleichzeitiger [[Zurechnungszeit]] (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB VI)
* Bezug von [[Bürgergeld]] (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI)


Übergangs- und Sonderregelungen, die nicht mehr das aktuelle Recht abbilden, jedoch noch angewendet werden, sind in den §§ {{§|252|sgb_6|juris}}, {{§|252a|sgb_6|juris}} und {{§|253|sgb_6|juris}} SGB VI geregelt. Zu diesen weiterhin anerkennungsfähigen Zeiten zählen zum Beispiel die Anrechnungszeit wegen des Bezugs von [[Arbeitslosengeld II]] (§ 252 Abs. 10 SGB VI) oder die Anrechnungszeit wegen Schwangerschaft im [[Beitrittsgebiet]] nach dem [[Tag der Befreiung|8. Mai 1945]] (§ 252a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI).
Die Rentenversicherungsträger, das sind die [[Deutsche Rentenversicherung|Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung]] ehem. LVAen, die [[Deutsche Rentenversicherung Bund]] ehem. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), die [[Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See]] ehem. Bundesknappschaft, Bahnkasse & Seekasse (Fusion zum 1. Oktober 2005) entscheiden über die Anerkennung einer Anrechnungszeit durch einen [[Verwaltungsakt]] d.h. durch einen [[Bescheid]]. Anrechnungszeiten werden in der Regel von der Krankenkasse (bei Arbeitsunfähigkeit, Schulbesuch und Schwangerschaft) oder von der [[Agentur für Arbeit]] dem Rentenversicherungsträger gemeldet. Sollte es sich um andere Anrechnungszeittatbestände handeln oder ist die Meldung nicht durchgeführt worden, sind die Tatsachen die zu einer Anerkennung der Anrechnungszeit führen in der Regel nachzuweisen.


== Verwaltungsrechtliche Durchführung ==
Eine Anrechnungszeit kann nicht anerkannt werden, wenn wegen des gleichen Tatbestands Sozialleistungen gezahlt werden. Dies ist vor allem bei Arbeitsunfähigkeit und bei Arbeitslosigkeit ein häufiger Ausschlußgrund.
Die [[Rentenversicherungsträger]] entscheiden über die Anerkennung einer Anrechnungszeit durch [[Verwaltungsakt (Deutschland)|Verwaltungsakt]], das heißt durch einen öffentlich-rechtlichen [[Bescheid]]. Anrechnungszeiten werden in der Regel von der Krankenkasse (bei Arbeitsunfähigkeit, Schulbesuch und Schwangerschaft) oder von der [[Agentur für Arbeit]] (Arbeitslosigkeit und Bürgergeld) dem Rentenversicherungsträger gemeldet. Sollte es sich um andere Anrechnungszeittatbestände handeln oder ist die Meldung nicht durchgeführt worden, sind die Tatsachen, die zu einer Anerkennung der Anrechnungszeit führen können, nachzuweisen.


Eine Anrechnungszeit kann nicht anerkannt werden, wenn wegen des gleichen Tatbestands Sozialleistungen gezahlt werden. Dies ist vor allem bei Arbeitsunfähigkeit und bei Arbeitslosigkeit ein häufiger Ausschlussgrund.
Anrechnungszeiten können, obwohl der Tatbestand erfüllt ist, nicht anrechenbar sein. Dies ist der Fall wenn bei Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft oder Arbeitslosigkeit keine versicherte Beschäftigung/Tätigkeit unterbrochen wird (Ausnahme: Der Tatbestand wird zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr zurückgelegt).


Anrechnungszeiten können, obwohl der Tatbestand erfüllt ist, nicht anrechenbar sein. Dies ist der Fall, wenn bei Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft oder Arbeitslosigkeit eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterbrochen wird (Ausnahme: Der Tatbestand wird zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr zurückgelegt). Unterbrechung liegt auch dann vor, wenn zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit und dem Beginn des Anrechnungszeit-Tatbestandes eine Lücke von weniger als einem Kalendermonat liegt. Es ist möglich, eine entsprechend zu große Lücke durch sogenannte „Überbrückungstatbestände“ zu schließen. Dies ist vor allem dann notwendig, wenn zwei Anrechnungszeiten aufeinander folgen. Als Überbrückungstatbestand gelten hier alle einfachen Anrechnungszeit-Tatbestände oder auch eine Berücksichtigungszeit (zum Beispiel wegen Kindererziehung).
Anrechnungszeiten können sich über die [[Gesamtleistungsbewertung]] rentensteigernd auswirken oder werden selbst bewertet. Zudem kann die Anwartschaft für eine [[Erwerbsminderungsrente]] erhalten bleiben.
Bei der Rentenberechnung werden die Anrechnungszeiten sehr unterschiedlich bewertet.
Für die Rentenberechnung ist zwischen Schul-und Hochschulausbildungen und einem Fachschulbesuch zu unterscheiden.


== Gesamtleistungsbewertung ==
Schulbesuch, Krankheit und Schwangerschaft/Mutterschutz können auch anrechenbar sein, wenn Sie im Ausland zurückgelegt wurden.


Anrechnungszeiten können sich über die [[Gesamtleistungsbewertung]] rentensteigernd auswirken oder werden selbst bewertet. Zudem kann die Anwartschaft für eine [[Erwerbsminderungsrente]] erhalten bleiben (Anwartschaftserhaltungszeit). Bei der Rentenberechnung werden die Anrechnungszeiten sehr unterschiedlich bewertet. Insbesondere werden Fachschulausbildungen anders als sonstige Schul-, Fachhochschul- und Hochschulzeiten bewertet ({{§|71|sgb_6|juris}} SGB VI).


Schulbesuch, Krankheit und Schwangerschaft/Mutterschutz können anrechenbar sein, wenn sie im Ausland zurückgelegt wurden.
== ''Auszüge aus dem Gesetzestext zum § 58 (1) SGB VI'' ==


== Anrechnungszeiten für Schul-, Fachhochschul- und Hochschulausbildung ==
=== Arbeitsunfähigkeit ===
Seit Anfang der 1990er Jahre hat in Deutschland ein allmählicher Abbau der Anrechnungszeiten für Schul-, Fachhochschul- und Hochschulausbildung (im Folgenden kurz ''Ausbildungszeiten'' genannt) bei der Berechnung der Rentenhöhe stattgefunden.


Bei einem Rentenbeginn bis Ende 1991 konnten Ausbildungszeiten ab dem 16. Geburtstag bis zum erfolgreichen Abschluss an einer Universität oder Fachhochschule angerechnet werden, bis insgesamt maximal 13 Jahre, sofern mindestens während der Hälfte der ''gesamten'' Versicherungsdauer Beiträge entrichtet wurden.
Auszug aus dem § 58 (1) Nr. 1 SGB VI
<pre>
Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte


Bei einem Rentenbeginn bis 1996 konnten Ausbildungszeiten bis maximal sieben Jahre rentensteigernd angerechnet werden.<ref name="berlinonline-2003-10-22">{{internetquelle|autor=Berrit Gräber|url=http://www.berliner-zeitung.de/archiv/bundesregierung-streicht-anrechnungszeiten-fuer-ausbildungsjahre-ab-2005-einbussen-fuer-neurentner,10810590,10123950.html|titel=Ab 2005 Einbußen für Neurentner. Bundesregierung streicht Anrechnungszeiten für Ausbildungsjahre|hrsg=Berliner Zeitung www.berlinonline.de|datum=22. Oktober 2003|zugriff=7. Februar 2013|archiv-url=https://web.archive.org/web/20151103044551/http://www.berliner-zeitung.de/archiv/bundesregierung-streicht-anrechnungszeiten-fuer-ausbildungsjahre-ab-2005-einbussen-fuer-neurentner,10810590,10123950.html|archiv-datum=2015-11-03}}</ref>
1. wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben,
</pre>
=== Krankheit zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr ===


Bei einem Rentenbeginn ab 2002 war die rentensteigernde Anrechnung von Ausbildungszeiten auf maximal drei Jahre nach dem 17. Lebensjahr begrenzt, und sie wurden noch mit bis zu 75 % des Durchschnittseinkommens angerechnet.<ref name="focus-2010-08-18">{{internetquelle|autor=Berrit Gräber|url=http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rente/tid-19549/rente-vielen-akademikern-droht-altersarmut_aid_542612.html|titel=Vielen Akademikern droht Altersarmut|hrsg=Focus Online|datum=18. August 2010|zugriff=18. August 2010}}</ref>
Auszug aus dem § 58 (1) Nr. 1a SGB VI
<pre>
Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte


Bei einem Rentenbeginn ab 2009 gelten Ausbildungszeiten nicht mehr als rentensteigernde Anrechnungszeit ({{§|263|sgb_6|juris}} SGB&nbsp;VI). Ausbildungszeiten ab dem 17. Geburtstag werden für maximal 8&nbsp;Jahre ({{§|58|sgb_6|juris}} SGB&nbsp;VI) nur noch als Anrechnungszeit zur Erfüllung der [[Wartezeit (Sozialversicherungsrecht)|Wartezeit]] von 35 Jahren für die [[Altersrente#Altersrente für schwerbehinderte Menschen|Altersrente für schwerbehinderte Menschen]] und [[Altersrente#Altersrente für langjährig Versicherte|langjährig Versicherte]] berücksichtigt.
1a. nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr mindestens einen
Kalendermonat krank gewesen sind, soweit die Zeiten nicht mit anderen
rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
</pre>


Der Besuch einer [[Fachschule (Deutschland)|Fachschule]] und eine Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen wirken sich rentensteigernd aus ({{§|74|sgb_6|juris}} SGB&nbsp;VI).<ref>{{internetquelle|autor=Marcus Kleinlein|url=http://rente-rentenberater.de/20100308305/rente-artikel/ausbildungszeiten-werden-fuer-die-rente-geringer-bewertet|titel=Ausbildungszeiten werden für die Rente geringer bewertet|zugriff=14. August 2010}}</ref>
=== Schwangerschaft/Mutterschutz ===


=== Gründe und Auswirkungen ===
Auszug aus dem § 58 (1) Nr. 2 SGB VI
Die Einschnitte, die vor allem Hochschulabsolventen gegenüber früher schlechter stellten, wurden mit dem Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit begründet. Im Eckpunktepapier zur Rentenreform von 2003 hieß es, vor dem Hintergrund steigender demografischer Belastungen der Alterssicherungssysteme könne es nicht mehr Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, Ausbildungszeiten ohne Beitragszahlungen rentenrechtlich auszugleichen.<ref name="berlinonline-2003-10-22"/>
<pre>
Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte


Die Reduzierung der Anrechnung von Schul- und Hochschulzeiten für die Rentenhöhe, in Kombination mit anderen Faktoren wie der [[Prekarisierung|Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse]] und der durch das [[Alterseinkünftegesetz]] schrittweise zunehmenden Steuerlast wird als Risiko für eine zunehmende [[Altersarmut]] auch unter Hochschulabsolventen angesehen.<ref name="focus-2010-08-18"/>
2. wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem
Mutterschutzgesetz eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit
nicht ausgeübt haben,
</pre>
=== Arbeitslosigkeit ===


== Siehe auch ==
Auszug aus dem § 58 (1) Nr. 3 SGB VI
* [[Freiwillige Beiträge]]
<pre>
* [[Pflichtbeitragszeit]]
Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte
* [[Kindererziehungszeit]]
* [[Zurechnungszeit]]
* [[Deutsche Rentenversicherung]]


== Weblinks ==
3. wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchende
* {{§§|sgb_6|juris|text=Text des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch}}
gemeldet waren und eine öffentlichrechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des
zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben,
</pre>
=== Ausbildungssuchend ===


== Einzelnachweise ==
Auszug aus dem § 58 (1) Nr. 3a SGB VI
<pre>
Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte


<references/>
3a. nach dem vollendeten 17. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat bei einem
deutschen Arbeitsamt als Ausbildungsuchende gemeldet waren, soweit die Zeiten
nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
</pre>
=== Schulbesuch ===

Auszug aus dem § 58 (1) Nr. 4 SGB VI
<pre>
Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte

4. nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule
besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben
(Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht
Jahren, oder
</pre>

=== Rentenbezug ===

Auszug aus dem § 58 (1) Nr. 5 SGB VI
<pre>
Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte

5. eine Rente bezogen haben, soweit diese Zeiten auch als Zurechnungszeit in der
Rente berücksichtigt waren, und die vor dem Beginn dieser Rente liegende
Zurechnungszeit.
</pre>

== Siehe auch ==
* [[Rentenrechtliche Zeiten]]: [[freiwillige Beiträge]], [[Pflichtbeitragszeit]], [[Berücksichtigungszeit]], [[Kindererziehungszeit]], [[Zurechnungszeit]]
* Versicherungsträgern: [[Bundesversicherungsanstalt für Angestellte|BfA]], [[Landesversicherungsanstalt]], [[Seekasse]], [[Bundesknappschaft]]


{{Rechtshinweis}}
{{Rechtshinweis}}


[[Kategorie:Rentenversicherung]]
[[Kategorie:Rentenversicherung]]
[[Kategorie:Sozialversicherung (Deutschland)]]

Aktuelle Version vom 22. Juni 2024, 15:57 Uhr

Als Anrechnungszeit (AZ) bezeichnet man in Deutschland eine rentenrechtliche Zeit, die – in Abgrenzung zu den (tatsächlich verbeitragten) Beitragszeiten und den sogenannten Berücksichtigungszeiten – eine beitragsfreie Zeit ist.

Sie kann sowohl dem Grunde wie der Höhe nach zu anwartschaftserhöhenden Rentenansprüchen führen.

Gesetzliche Grundlagen

Für die Rentenberechnung in Deutschland wird diese in § 58 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelt.

Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen der Versicherte aus persönlichen Gründen an der Beitragszahlung gehindert war. Für folgende Tatsachen können nach § 58 SGB VI Anrechnungszeiten anerkannt werden:

  • Arbeitsunfähigkeit (inkl. Rehabilitation) (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI)
  • Krankheit zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI)
  • Schwangerschaft/Mutterschutz (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI)
  • Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI)
  • Ausbildungssuche nach dem 17. Lebensjahr (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a SGB VI)
  • Schul-, Fachschul- und Hochschulbesuch nach dem 17. Lebensjahr (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI)
  • Rentenbezug vor Vollendung der (individuellen) Regelaltersgrenze mit gleichzeitiger Zurechnungszeit (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB VI)
  • Bezug von Bürgergeld (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI)

Übergangs- und Sonderregelungen, die nicht mehr das aktuelle Recht abbilden, jedoch noch angewendet werden, sind in den §§ § 252, § 252a und § 253 SGB VI geregelt. Zu diesen weiterhin anerkennungsfähigen Zeiten zählen zum Beispiel die Anrechnungszeit wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II (§ 252 Abs. 10 SGB VI) oder die Anrechnungszeit wegen Schwangerschaft im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 (§ 252a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI).

Verwaltungsrechtliche Durchführung

Die Rentenversicherungsträger entscheiden über die Anerkennung einer Anrechnungszeit durch Verwaltungsakt, das heißt durch einen öffentlich-rechtlichen Bescheid. Anrechnungszeiten werden in der Regel von der Krankenkasse (bei Arbeitsunfähigkeit, Schulbesuch und Schwangerschaft) oder von der Agentur für Arbeit (Arbeitslosigkeit und Bürgergeld) dem Rentenversicherungsträger gemeldet. Sollte es sich um andere Anrechnungszeittatbestände handeln oder ist die Meldung nicht durchgeführt worden, sind die Tatsachen, die zu einer Anerkennung der Anrechnungszeit führen können, nachzuweisen.

Eine Anrechnungszeit kann nicht anerkannt werden, wenn wegen des gleichen Tatbestands Sozialleistungen gezahlt werden. Dies ist vor allem bei Arbeitsunfähigkeit und bei Arbeitslosigkeit ein häufiger Ausschlussgrund.

Anrechnungszeiten können, obwohl der Tatbestand erfüllt ist, nicht anrechenbar sein. Dies ist der Fall, wenn bei Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft oder Arbeitslosigkeit eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterbrochen wird (Ausnahme: Der Tatbestand wird zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr zurückgelegt). Unterbrechung liegt auch dann vor, wenn zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit und dem Beginn des Anrechnungszeit-Tatbestandes eine Lücke von weniger als einem Kalendermonat liegt. Es ist möglich, eine entsprechend zu große Lücke durch sogenannte „Überbrückungstatbestände“ zu schließen. Dies ist vor allem dann notwendig, wenn zwei Anrechnungszeiten aufeinander folgen. Als Überbrückungstatbestand gelten hier alle einfachen Anrechnungszeit-Tatbestände oder auch eine Berücksichtigungszeit (zum Beispiel wegen Kindererziehung).

Gesamtleistungsbewertung

Anrechnungszeiten können sich über die Gesamtleistungsbewertung rentensteigernd auswirken oder werden selbst bewertet. Zudem kann die Anwartschaft für eine Erwerbsminderungsrente erhalten bleiben (Anwartschaftserhaltungszeit). Bei der Rentenberechnung werden die Anrechnungszeiten sehr unterschiedlich bewertet. Insbesondere werden Fachschulausbildungen anders als sonstige Schul-, Fachhochschul- und Hochschulzeiten bewertet (§ 71 SGB VI).

Schulbesuch, Krankheit und Schwangerschaft/Mutterschutz können anrechenbar sein, wenn sie im Ausland zurückgelegt wurden.

Anrechnungszeiten für Schul-, Fachhochschul- und Hochschulausbildung

Seit Anfang der 1990er Jahre hat in Deutschland ein allmählicher Abbau der Anrechnungszeiten für Schul-, Fachhochschul- und Hochschulausbildung (im Folgenden kurz Ausbildungszeiten genannt) bei der Berechnung der Rentenhöhe stattgefunden.

Bei einem Rentenbeginn bis Ende 1991 konnten Ausbildungszeiten ab dem 16. Geburtstag bis zum erfolgreichen Abschluss an einer Universität oder Fachhochschule angerechnet werden, bis insgesamt maximal 13 Jahre, sofern mindestens während der Hälfte der gesamten Versicherungsdauer Beiträge entrichtet wurden.

Bei einem Rentenbeginn bis 1996 konnten Ausbildungszeiten bis maximal sieben Jahre rentensteigernd angerechnet werden.[1]

Bei einem Rentenbeginn ab 2002 war die rentensteigernde Anrechnung von Ausbildungszeiten auf maximal drei Jahre nach dem 17. Lebensjahr begrenzt, und sie wurden noch mit bis zu 75 % des Durchschnittseinkommens angerechnet.[2]

Bei einem Rentenbeginn ab 2009 gelten Ausbildungszeiten nicht mehr als rentensteigernde Anrechnungszeit (§ 263 SGB VI). Ausbildungszeiten ab dem 17. Geburtstag werden für maximal 8 Jahre (§ 58 SGB VI) nur noch als Anrechnungszeit zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen und langjährig Versicherte berücksichtigt.

Der Besuch einer Fachschule und eine Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen wirken sich rentensteigernd aus (§ 74 SGB VI).[3]

Gründe und Auswirkungen

Die Einschnitte, die vor allem Hochschulabsolventen gegenüber früher schlechter stellten, wurden mit dem Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit begründet. Im Eckpunktepapier zur Rentenreform von 2003 hieß es, vor dem Hintergrund steigender demografischer Belastungen der Alterssicherungssysteme könne es nicht mehr Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, Ausbildungszeiten ohne Beitragszahlungen rentenrechtlich auszugleichen.[1]

Die Reduzierung der Anrechnung von Schul- und Hochschulzeiten für die Rentenhöhe, in Kombination mit anderen Faktoren wie der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse und der durch das Alterseinkünftegesetz schrittweise zunehmenden Steuerlast wird als Risiko für eine zunehmende Altersarmut auch unter Hochschulabsolventen angesehen.[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Berrit Gräber: Ab 2005 Einbußen für Neurentner. Bundesregierung streicht Anrechnungszeiten für Ausbildungsjahre. Berliner Zeitung www.berlinonline.de, 22. Oktober 2003, archiviert vom Original am 3. November 2015; abgerufen am 7. Februar 2013.
  2. a b Berrit Gräber: Vielen Akademikern droht Altersarmut. Focus Online, 18. August 2010, abgerufen am 18. August 2010.
  3. Marcus Kleinlein: Ausbildungszeiten werden für die Rente geringer bewertet. Abgerufen am 14. August 2010.