„Alphonse Kahn“ – Versionsunterschied

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'''Alphonse Kahn''' (* [[13. Mai]] [[1908]] in [[Hamburg]]; † [[30. Juli]] [[1985]] in [[Koblenz]]) war ein deutscher Jurist jüdischer Herkunft und [[Kommunistische Partei Deutschlands|kommunistischer]] [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus]]. Nach dem Ende des NS-Regimes setzte er sein [[Antifaschismus|antifaschistisches]] Engagement in führenden Funktionen fort. In der Gründungsphase der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] gehörte Kahn zu den ersten Betroffenen des [[Adenauer-Erlass]]es.
'''Alphonse Kahn''' (* [[13. Mai]] [[1908]] in [[Hamburg]]; † [[30. Juli]] [[1985]] in [[Koblenz]]) war ein deutscher Jurist jüdischer Herkunft und [[Kommunistische Partei Deutschlands|kommunistischer]] [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus]]. Nach dem Ende des NS-Regimes setzte er sein [[Antifaschismus|antifaschistisches]] Engagement in führenden Funktionen fort. In der Gründungsphase der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] gehörte Kahn zu den ersten Betroffenen des antikommunistischen „[[Adenauer-Erlass]]es“.


== Leben ==
== Leben ==
Alfons Kahn (seinen Vornamen französisierte er im Exil) entstammte einer sozialdemokratisch orientierten deutsch-jüdischen Familie. Das [[Abitur]] machte er 1928 während seiner kaufmännischen Ausbildung an einer [[Abendschule]] und begann noch in demselben Jahr ein Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in [[Freiburg im Breisgau]], [[Berlin]], [[Paris]] und seiner Heimatstadt Hamburg.<ref>{{Literatur |Titel=Die Protokolle des Ministerrats von Rheinland-Pfalz |Hrsg=Kommission für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz |Ort=Mainz |Datum=2007 |ISBN=978-3775814065 |Seiten=562}}</ref> Zu Beginn der 1930er Jahre wurde er Mitglied der „Freien Wissenschaftlichen Vereinigung“ und der [[Rote Hilfe Deutschlands|Roten Hilfe]], für die er als [[Rechtsberater]] tätig wurde. 1932 organisierte er sich in der KPD.
Alfons Kahn (seinen Vornamen französisierte er im Exil) entstammte einer sozialdemokratisch orientierten deutsch-jüdischen Familie. Das [[Abitur]] machte er 1928 während seiner kaufmännischen Ausbildung an einer [[Abendschule]] und begann noch in demselben Jahr ein Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in [[Freiburg im Breisgau]], [[Berlin]], [[Paris]] und seiner Heimatstadt Hamburg.<ref>{{Literatur |Titel=Die Protokolle des Ministerrats von Rheinland-Pfalz |Hrsg=Kommission für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz |Ort=Mainz |Datum=2007 |ISBN=978-3775814065 |Seiten=562}}</ref> Zu Beginn der 1930er Jahre wurde er Mitglied der „Freien Wissenschaftlichen Vereinigung“ und der [[Rote Hilfe Deutschlands|Roten Hilfe]], für die er als [[Rechtsberater]] tätig wurde. 1932 organisierte er sich in der KPD.


Ende Februar 1933 entkam er der beginnenden Kommunistenverfolgung, indem er mit einer falschen Identität lebte. Ende Oktober 1933 floh er, als seine Verhaftung drohte und er gewarnt wurde, aus Deutschland. Mit der Hilfe von Jura-Professoren aus Frankreich gelang ihm die Flucht über Belgien nach Paris, wo er als Kaufmann tätig war. Er arbeitete dort mit dem Gewerkschaftsbund [[Confédération générale du travail]] (CGT) zusammen. Dort und später in den Internierungslagern organisierte Kahn auch politische Theater- und Kabarettveranstaltungen.<ref>{{Internetquelle |autor=Maegie Koreen |url=https://www.chanson-cafe.de/Chanson_Cafe_Europa/pdf/Manuskript%20Paris%20-%20Ein%20Chanson%20f%C3%BCr%20Edith.pdf |titel=Chanson-Café Europa - Chansonkonzerte gegen das Vergessen Jüdische Kleinkünstler und Kabarettstationen zwischen Heimat und Exil Berlin - Paris - Marseille - Paris 1930-1960. Manuskript zu: "Ein Chanson für Edith” Der Welterfolg des Norbert Glanzberg (1910 - 2001) |titelerg= |werk=chanson-cafe.de |hrsg= |datum=2009-07-11 |seiten= |format=PDF; 127 kB |sprache= |offline= |archiv-url= |archiv-datum= |zugriff=2021-06-21 |kommentar= |zitat=}}</ref>
Ende Februar 1933 entkam er der beginnenden Kommunistenverfolgung, indem er mit einer falschen Identität lebte. Ende Oktober 1933 floh er, als seine Verhaftung drohte und er gewarnt wurde, aus Deutschland. Mit der Hilfe von Jura-Professoren aus Frankreich gelang ihm die Flucht über Belgien nach Paris, wo er zur Finanzierung seines Lebensunterhalts als Kaufmann tätig wurde. Er arbeitete dort mit dem Gewerkschaftsbund [[Confédération générale du travail]] (CGT) zusammen. Dort und später in den Internierungslagern organisierte Kahn auch politische Theater- und Kabarettveranstaltungen.<ref>{{Internetquelle |autor=Maegie Koreen |url=https://www.chanson-cafe.de/Chanson_Cafe_Europa/pdf/Manuskript%20Paris%20-%20Ein%20Chanson%20f%C3%BCr%20Edith.pdf |titel=Chanson-Café Europa - Chansonkonzerte gegen das Vergessen Jüdische Kleinkünstler und Kabarettstationen zwischen Heimat und Exil Berlin - Paris - Marseille - Paris 1930-1960. Manuskript zu: "Ein Chanson für Edith” Der Welterfolg des Norbert Glanzberg (1910 - 2001) |titelerg= |werk=chanson-cafe.de |hrsg= |datum=2009-07-11 |seiten= |format=PDF; 127 kB |sprache= |offline= |archiv-url= |archiv-datum= |zugriff=2021-06-21 |kommentar= |zitat=}}</ref>


Im September 1939 wurde er zunächst im Lager [[Le Vernet (Internierungslager)|Le Vernet]] interniert, später in [[Tombebouc]] und in anderen Lagern. Es gelang ihm, der Internierung zu entkommen und sich der [[Résistance]] anzuschließen. Er erhielt französische Personalpapiere und konnte damit als „Franzose“ bei den deutschen Besatzungsbehörden eine Anstellung als Buchhalter finden, die es ihm ermöglichte, der Résistance zu helfen. Er erhielt dort nicht nur militärisch relevante Informationen, sondern er hatte auch die Möglichkeit, zahlreichen Mitkämpfern der Résistance zu neuen Papieren und bezahlter Arbeit zu verhelfen. Daneben beteiligte er sich auch an Sabotageaktionen seiner Widerstandsgruppe. 1943 schloss er sich der ''[[Bewegung Freies Deutschland]] für den Westen'' an.
Im September 1939 wurde er zunächst im Lager [[Le Vernet (Internierungslager)|Le Vernet]] interniert, später in [[Tombebouc]] und in anderen Lagern. Es gelang ihm, der Internierung zu entkommen und sich der [[Résistance]] anzuschließen. Er erhielt französische Personalpapiere und konnte damit als „Franzose“ bei den deutschen Besatzungsbehörden eine Anstellung als Buchhalter finden, die es ihm ermöglichte, der Résistance zu helfen. Er erhielt dort nicht nur militärisch relevante Informationen, sondern er hatte auch die Möglichkeit, zahlreichen Mitkämpfern der Résistance zu neuen Papieren und bezahlter Arbeit zu verhelfen. Daneben beteiligte er sich auch an Sabotageaktionen seiner Widerstandsgruppe. 1943 schloss er sich der ''[[Bewegung Freies Deutschland]] für den Westen'' an.
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1946 wurde Kahn Verwaltungsrat in [[Ludwigshafen am Rhein]] und dort als Oberregierungsrat Leiter der ''Landesbetreuungsstelle für die Opfer des Faschismus''. 1947 zog er nach Koblenz und wurde dort Referent in der Entschädigungsabteilung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen und gleichzeitig Leiter des Landesamtes für Wiedergutmachung. 1949 wurde er zum Richter am Landesentschädigungsgericht Rheinland-Pfalz berufen.
1946 wurde Kahn Verwaltungsrat in [[Ludwigshafen am Rhein]] und dort als Oberregierungsrat Leiter der ''Landesbetreuungsstelle für die Opfer des Faschismus''. 1947 zog er nach Koblenz und wurde dort Referent in der Entschädigungsabteilung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen und gleichzeitig Leiter des Landesamtes für Wiedergutmachung. 1949 wurde er zum Richter am Landesentschädigungsgericht Rheinland-Pfalz berufen.


Mit dem [[Adenauer-Erlass]] von 1950,<ref>{{Literatur |Autor=Boris Spernol |Titel=Die „Kommunistenklausel“. Wiedergutmachungspraxis als Instrument des Antikommunismus |Hrsg=Stefan Creuzberger, Dierk Hoffmann |Sammelwerk=„Geistige Gefahr“ und „Immunisierung der Gesellschaft“. Antikommunismus und politische Kultur in der frühen Bundesrepublik |Verlag=De Gruyter Oldenbourg |Ort=München |Datum=2014 |DOI=10.1524/9783486781045 |Seiten=203 f.}}</ref> nach dem nachrichtendienstlich als „verfassungsfeindlich“ beurteilte Linke aus dem öffentlichen Dienst zu entlassen waren, „schlug der Wind“ in den staatlichen Institutionen „um“. „Die Nazi-Gegner wurden verdrängt, und die breite Mehrheit derjenigen durfte zurückkehren in die staatlichen Ämter, die Hitler gedient hatten.“<ref>{{Literatur |Autor=[[Gunter Hofmann]] |Titel=Helmut Schmidt. Soldat, Kanzler, Ikone |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2015 |ISBN=978-3406686887}}</ref> Auch leitende Beamte der bundesdeutschen Landesentschädigungsbehörden verschwanden aus ihren Funktionen, darunter mehrere jüdische Beamte unterschiedlicher Parteiorientierung, „die selbst NS-Verfolgte waren“.<ref>{{Literatur |Autor=Gilad Margalit |Titel=Die Nachkriegsdeutschen und „ihre Zigeuner“. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz |Verlag=Metropol-Verlag |Ort=Berlin |Datum=2001 |ISBN=978-3932482380 |Seiten=122}}</ref> Sie wurden durch nichtjüdische Beamte ersetzt, die „überwiegend harte Positionen gegenüber den ehemals Verfolgten bezogen“.<ref>{{Literatur |Autor=Gilad Margalit |Titel=Die Nachkriegsdeutschen und „ihre Zigeuner“. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz |Verlag=Metropol-Verlag |Ort=Berlin |Datum=2001 |ISBN=978-3932482380 |Seiten=155}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Boris Spernol |Titel=Die „Kommunistenklausel“. Wiedergutmachungspraxis als Instrument des Antikommunismus |Hrsg=Stefan Creuzberger, Dierk Hoffmann |Sammelwerk=„Geistige Gefahr“ und „Immunisierung der Gesellschaft“. Antikommunismus und politische Kultur in der frühen Bundesrepublik |Verlag=De Gruyter Oldenbourg |Ort=München |Datum=2014 |DOI=10.1524/9783486781045 |Seiten=235}}</ref> Zu den Ausgeschiedenen jüdischer Herkunft gehörte neben [[Marcel Frenkel]] (NRW), [[Ludwig Loeffler]] (Hamburg), [[Curt Epstein]] (Hessen) und [[Philipp Auerbach]] (Bayern) auch Alphonse Kahn. Im Mai 1951 wurde er wegen seiner Mitgliedschaft in der KPD aus dem Landesdienst entfernt. Er arbeitete anschließend als [[Syndikus]] für mehrere Firmen.<ref name="MahnmalKoblenz"/>
Mit dem [[Adenauer-Erlass]] von 1950 wurde er als Mitglied einer verfassungsfeindlichen Organisation im Mai 1951 entlassen.<ref>{{Literatur |Autor=Boris Spernol |Titel=Die „Kommunistenklausel“. Wiedergutmachungspraxis als Instrument des Antikommunismus |Hrsg=Stefan Creuzberger, Dierk Hoffmann |Sammelwerk=„Geistige Gefahr“ und „Immunisierung der Gesellschaft“. Antikommunismus und politische Kultur in der frühen Bundesrepublik |Verlag=De Gruyter Oldenbourg |Ort=München |Datum=2014 |DOI=10.1524/9783486781045 |Seiten=203 f.}}</ref>


Kahn war Präsidiumsmitglied der [[Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes]], der [[Vereinigung demokratischer Juristen]] und stellvertretender Vorsitzender der ''Interessengemeinschaft ehemaliger deutscher Widerstandskämpfer der vom Faschismus okkupierten Länder'' (IEDW). Nach dem [[KPD-Verbot]] 1956 und der Wiedergründung einer kommunistischen Partei 1968 wurde er Mitglied der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]].
Politisch und juristisch trat er weiterhin aktiv für seine allgemein-, rechts- und entschädigungspolitischen Überzeugungen ein. Er war Präsidiumsmitglied der [[Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes]], der [[Vereinigung demokratischer Juristen]] und stellvertretender Vorsitzender der Interessengemeinschaft ehemaliger deutscher Widerstandskämpfer der vom Faschismus okkupierten Länder (IEDW). Nach dem [[KPD-Verbot]] 1956 und der Wiedergründung einer kommunistischen Partei 1968 wurde er Mitglied der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]].


== Schriften ==
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[[Kategorie:Résistancekämpfer]]
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[[Kategorie:Person (Bewegung Freies Deutschland)]]
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[[Kategorie:Mitglied der VVN-BdA]]
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[[Kategorie:NS-Opfer]]
[[Kategorie:NS-Opfer]]

Version vom 2. November 2021, 12:54 Uhr

Alphonse Kahn (* 13. Mai 1908 in Hamburg; † 30. Juli 1985 in Koblenz) war ein deutscher Jurist jüdischer Herkunft und kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Nach dem Ende des NS-Regimes setzte er sein antifaschistisches Engagement in führenden Funktionen fort. In der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland gehörte Kahn zu den ersten Betroffenen des antikommunistischen „Adenauer-Erlasses“.

Leben

Alfons Kahn (seinen Vornamen französisierte er im Exil) entstammte einer sozialdemokratisch orientierten deutsch-jüdischen Familie. Das Abitur machte er 1928 während seiner kaufmännischen Ausbildung an einer Abendschule und begann noch in demselben Jahr ein Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Freiburg im Breisgau, Berlin, Paris und seiner Heimatstadt Hamburg.[1] Zu Beginn der 1930er Jahre wurde er Mitglied der „Freien Wissenschaftlichen Vereinigung“ und der Roten Hilfe, für die er als Rechtsberater tätig wurde. 1932 organisierte er sich in der KPD.

Ende Februar 1933 entkam er der beginnenden Kommunistenverfolgung, indem er mit einer falschen Identität lebte. Ende Oktober 1933 floh er, als seine Verhaftung drohte und er gewarnt wurde, aus Deutschland. Mit der Hilfe von Jura-Professoren aus Frankreich gelang ihm die Flucht über Belgien nach Paris, wo er zur Finanzierung seines Lebensunterhalts als Kaufmann tätig wurde. Er arbeitete dort mit dem Gewerkschaftsbund Confédération générale du travail (CGT) zusammen. Dort und später in den Internierungslagern organisierte Kahn auch politische Theater- und Kabarettveranstaltungen.[2]

Im September 1939 wurde er zunächst im Lager Le Vernet interniert, später in Tombebouc und in anderen Lagern. Es gelang ihm, der Internierung zu entkommen und sich der Résistance anzuschließen. Er erhielt französische Personalpapiere und konnte damit als „Franzose“ bei den deutschen Besatzungsbehörden eine Anstellung als Buchhalter finden, die es ihm ermöglichte, der Résistance zu helfen. Er erhielt dort nicht nur militärisch relevante Informationen, sondern er hatte auch die Möglichkeit, zahlreichen Mitkämpfern der Résistance zu neuen Papieren und bezahlter Arbeit zu verhelfen. Daneben beteiligte er sich auch an Sabotageaktionen seiner Widerstandsgruppe. 1943 schloss er sich der Bewegung Freies Deutschland für den Westen an.

Als ihm März 1944 die Enttarnung drohte, wurde er rechtzeitig gewarnt. Die Westleitung der KPD um Otto Niebergall organisierte für ihn die „Flucht“ nach Deutschland und in das besetzte Gebiet der Tschechoslowakei, wo er sich wieder der Widerstandsbewegung des Nationalkomitees Freies Deutschland anschloss.

Nach dem Ende des NS-Regimes setzt Kahn seinen antifaschistischen und demokratischen Kampf unter den veränderten Bedingungen fort.[3] Er wurde einer der Gründer der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes in der französischen Zone.[4] Er trat erneut der KPD bei und wurde deren ernannter Vertreter im Unterausschuss der Gemischten Kommission für Verfassungsfragen im provisorischen Landesparlament. In seiner Partei wurde er in die Landesleitung Hessen-Pfalz, später in die Landesleitung Rheinland-Pfalz gewählt. Bei der Gründung der VVN Pfalz am 1. Februar 1947 in Ludwigshafen hielt Kahn das Hauptreferat.[5]

1946 wurde Kahn Verwaltungsrat in Ludwigshafen am Rhein und dort als Oberregierungsrat Leiter der Landesbetreuungsstelle für die Opfer des Faschismus. 1947 zog er nach Koblenz und wurde dort Referent in der Entschädigungsabteilung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen und gleichzeitig Leiter des Landesamtes für Wiedergutmachung. 1949 wurde er zum Richter am Landesentschädigungsgericht Rheinland-Pfalz berufen.

Mit dem Adenauer-Erlass von 1950,[6] nach dem nachrichtendienstlich als „verfassungsfeindlich“ beurteilte Linke aus dem öffentlichen Dienst zu entlassen waren, „schlug der Wind“ in den staatlichen Institutionen „um“. „Die Nazi-Gegner wurden verdrängt, und die breite Mehrheit derjenigen durfte zurückkehren in die staatlichen Ämter, die Hitler gedient hatten.“[7] Auch leitende Beamte der bundesdeutschen Landesentschädigungsbehörden verschwanden aus ihren Funktionen, darunter mehrere jüdische Beamte unterschiedlicher Parteiorientierung, „die selbst NS-Verfolgte waren“.[8] Sie wurden durch nichtjüdische Beamte ersetzt, die „überwiegend harte Positionen gegenüber den ehemals Verfolgten bezogen“.[9][10] Zu den Ausgeschiedenen jüdischer Herkunft gehörte neben Marcel Frenkel (NRW), Ludwig Loeffler (Hamburg), Curt Epstein (Hessen) und Philipp Auerbach (Bayern) auch Alphonse Kahn. Im Mai 1951 wurde er wegen seiner Mitgliedschaft in der KPD aus dem Landesdienst entfernt. Er arbeitete anschließend als Syndikus für mehrere Firmen.[3]

Politisch und juristisch trat er weiterhin aktiv für seine allgemein-, rechts- und entschädigungspolitischen Überzeugungen ein. Er war Präsidiumsmitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, der Vereinigung demokratischer Juristen und stellvertretender Vorsitzender der Interessengemeinschaft ehemaliger deutscher Widerstandskämpfer der vom Faschismus okkupierten Länder (IEDW). Nach dem KPD-Verbot 1956 und der Wiedergründung einer kommunistischen Partei 1968 wurde er Mitglied der DKP.

Schriften

  • mit Marcel Frenkel, Philipp Auerbach, Leo Zuckermann (Hrsg.): Handbuch der Wiedergutmachung in Deutschland. Humanitas, Koblenz 1949.
  • mit Walter H. Seiter: Hitlers Blutjustiz. Ein noch zu bewältigendes Kapitel deutscher Vergangenheit. Mit einer Einführung von Norman Paech und einem Nachwort von Heinz Düx. Hrsg.: Vereinigung demokratischer Juristen, Interessengemeinschaft ehemaliger deutscher Widerstandskämpfer in den vom Faschismus okkupierten Ländern, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten. Röderberg-Verlag, Frankfurt am Main 1981, ISBN 978-3-87682-733-9.
  • Das sind keine Menschen! Als junger Jurist im überparteilichen Untersuchungsausschuß. In: Helmut Heins, WN-Bund der Antifaschisten Hamburg (Hrsg.): Bruno Tesch und Gefährten – Erinnerungen an den "Altonaer Blutsonntag". Hamburg 1983.

Einzelnachweise

  1. Kommission für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Die Protokolle des Ministerrats von Rheinland-Pfalz. Mainz 2007, ISBN 978-3-7758-1406-5, S. 562.
  2. Maegie Koreen: Chanson-Café Europa - Chansonkonzerte gegen das Vergessen Jüdische Kleinkünstler und Kabarettstationen zwischen Heimat und Exil Berlin - Paris - Marseille - Paris 1930-1960. Manuskript zu: "Ein Chanson für Edith” Der Welterfolg des Norbert Glanzberg (1910 - 2001). (PDF; 127 kB) In: chanson-cafe.de. 11. Juli 2009, abgerufen am 21. Juni 2021.
  3. a b 054. Alphonse Kahn (Jude, Kommunist, Emigrant und Beamter in Koblenz). In: mahnmal-koblenz.de. Förderverein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz, abgerufen am 21. Juni 2021.
  4. Rainer Hudemann: Anfänge der Wiedergutmachung. Französische Besatzungszone 1945–1950. In: Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für historische Sozialwissenschaft. Nr. 13, 1987, S. 205.
  5. Klaus J. Becker: Die KPD in Rheinland-Pfalz 1946–1956. Diss. Univ. Mannheim 1999. v. Hase und Koehler, Mainz 2001, ISBN 978-3-7758-1393-8, S. 291.
  6. Boris Spernol: Die „Kommunistenklausel“. Wiedergutmachungspraxis als Instrument des Antikommunismus. In: Stefan Creuzberger, Dierk Hoffmann (Hrsg.): „Geistige Gefahr“ und „Immunisierung der Gesellschaft“. Antikommunismus und politische Kultur in der frühen Bundesrepublik. De Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 203 f., doi:10.1524/9783486781045.
  7. Gunter Hofmann: Helmut Schmidt. Soldat, Kanzler, Ikone. C. H. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-68688-7.
  8. Gilad Margalit: Die Nachkriegsdeutschen und „ihre Zigeuner“. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz. Metropol-Verlag, Berlin 2001, ISBN 978-3-932482-38-0, S. 122.
  9. Gilad Margalit: Die Nachkriegsdeutschen und „ihre Zigeuner“. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz. Metropol-Verlag, Berlin 2001, ISBN 978-3-932482-38-0, S. 155.
  10. Boris Spernol: Die „Kommunistenklausel“. Wiedergutmachungspraxis als Instrument des Antikommunismus. In: Stefan Creuzberger, Dierk Hoffmann (Hrsg.): „Geistige Gefahr“ und „Immunisierung der Gesellschaft“. Antikommunismus und politische Kultur in der frühen Bundesrepublik. De Gruyter Oldenbourg, München 2014, S. 235, doi:10.1524/9783486781045.