Harm Dieder Kirschner

Harm Dieder Kirschner (* 1962) ist Orgelbaumeister mit Sitz in Stapelmoor (Ostfriesland).

Leben

Von 1982 bis 1986 ging er in die Orgelbaulehre bei Emil Hammer (Hannover). Kirschner war von 1987 bis 1991 und von 1995 bis 1997 bei den Orgelbauern Jürgen Ahrend, ab 1991 bei Johannes Rohlf sowie in den Jahren 1991 bis 1994 bei Orgelbau Mühleisen (Leonberg) tätig. Er absolvierte den Meisterkurs der Musikfachschule für Orgelbau in Ludwigsburg (1991–94).[1] Nachdem er zehn Jahre eine Orgelwerkstatt in Weener geführt hatte (1997–2007), verlegte er 2007 seinen Sitz nach Stapelmoor, wo eine neue Werkstatt gebaut wurde. Im Oktober 2009 waren dort fünf Mitarbeiter angestellt. Nach einer dreimonatigen Experimentierzeit mit einer provisorischen Gießerei in Weener betreibt Kirschner zusammen mit Winold van der Putten seit 2001 eine Gießerei im niederländischen Finsterwolde, wo das Verfahren des Sandgusses aus dem 17. Jahrhundert wiederbelebt und das Pfeifenmaterial in traditioneller Art gehämmert wird. Hierzu entwickelte Kirschner anhand der Zeichnungen von Dom Bédos eine mechanische Hämmermaschine.[2]

Im Herbst 2008 entdeckt Kirschner im Rahmen von Restaurierungsarbeiten Handschriften aus dem 15. Jahrhundert, die im Windbalg der Burhafer Orgel zur Abdichtung gedient hatten. Es handelt sich um Abschriften der „Summa de vitiis“ („Summe der Laster“), die der Dominikaner Wilhelmus Peraldus im 13. Jahrhundert über die Sünde verfasst hatte, sowie um liturgische Fragmente. Vermutlich stammen sie aus einem aufgehobenen Kloster und hatten nach der Reformationszeit für das protestantische Ostfriesland keinen Wert mehr.[3]

2018 besuchte ihn das NDR-Fernsehen für einen Bericht in der Sendung Hallo Niedersachsen.[4]

Werk

Schwerpunkt von Kirschners Arbeit sind Orgelneubauten in Nordwestdeutschland. Er ist aber auch mit verschiedenen Werken im Ruhrgebiet und vereinzelt international tätig. Stilistisch ist er nicht festgelegt, sondern baut in barocker, romantischer oder moderner Art. Kirschner hat inzwischen über 30 Orgelreparaturen und stilgerechte Restaurierungen durchgeführt.

Werkliste (Auswahl)

JahrOrtKircheBildManualeRegisterAnmerkungen
1997WesterstedeSt.-Petri-KircheNäsertruheI7Truhenorgel nach Gottlieb Näser (1734)
2000PrivatI4Truhenorgel
2001–2002StiepelDorfkirche StiepelI5Truhenorgel
2001St. GeorgiwoldSt. Georgiwolder Kirche
I/p5Umdisponierung der Orgel von Jehmlich, die bis 2001 in Duhnen stand (Zimbel II zu Octave 4′)
2002Toyota (Aichi) (Japan)City Concert Hall Nohgakudo
III/P59Gemeinschaftsprojekt mit John Brombaugh (USA)[5]
2002FirrelAndreaskirche
I/P11Umbau
2002Porto (Portugal)St. LourenzoII/P8Neubau, Übungsorgel
2003StiepelDorfkirche StiepelII/P15Neubau, der sich am barocken Stil orientiert[6]
2005HeselLiudgerikircheII/P13Reparatur und Umdisponierung der Orgel von Alfred Führer (1961)
2005RingstedtSt. FabianII/P18Renovierung der Orgel von Georg Wilhelm Wilhelmy (1788) und Alfred Führer (1974)
2005WeenerPrivat
II/p2Neubau Wandorgel
2006MünsterLukaskircheII/P22Umdisponierung und Intonation der Orgel von Gustav Steinmann (1961)
2006Nenndorf-TunxdorfHerz MariäII/P8Erweiterung und Umdisponierung
2006BuxtehudeSt. PetriI7Truhenorgel mit Transponiervorrichtung, die seit 2010 in St. Petri Buxtehude
2007WeenerOrganeum
Orgelfunktionsmodell
2008NorderneyEvangelische InselkircheIII/P30Neubau im romantischen Stil[7]
2008KuhstedtErlöserkircheII/P18Renovierung der Orgel von P. Furtwängler & Hammer (1893)
2008Duisburg-HambornAbtei HambornIII/P45Reparatur der Mönch-Orgel (1986)
2009/2022BurhafeSt.-Florian-KircheI/P12Restaurierung der Orgel von Johann Gottfried Rohlfs (1794) und Rekonstruktion der beiden Zungenregister (2022)
2010Sexbierum (Niederlande)Sixtuskerk
II/P22Mitarbeit bei der Restaurierung und Erweiterung der Orgel von Bakker en Timmenga (1992) im Gehäuse von Albertus Antonius Hinsz (1766–67) durch Mense Ruiter (Zuidhorn)
2012–2013CirkwehrumCirkwehrumer KircheII/p8umfassende Sanierung der letzten Orgel der Gebr. Rohlfs (1877–1879)
2014HattingenSankt GeorgII/P31Restaurierung Orgel von Christian Roetzel (1830)
2015PrivatII/P11Neubau einer „Cammerorgel“ im Cornettton
2017–2018NeuenburgSt. Georg, SchlosskapelleII/P12Restaurierung der Orgel von Johann Claussen Schmid (1875) in zwei Bauabschnitten
2019Mitling-MarkMitling-Marker KircheI/P8Restaurierung Orgel von Brond de Grave Winter (1860)

Literatur

  • Marc Waskowiak, Reinhard Ruge, Harm Kirschner: Die Kirschner-Orgel. Festschrift zur Einweihung am 23. Mai 2008 in der Ev.-luth. Inselkirche zu Norderney. Hrsg.: Kirchenvorstand der Ev.-luth. Kirchengemeinde Norderney. Norderney 2008.
  • Jürgen Stasing (Hrsg.): Die Kirschner-Orgel. Festschrift zur Einweihung – Stiepel 30. Oktober 2004. Evangelische Kirchengemeinde Stiepel, Bochum 2004.

Diskografie

  • Die Kirschner-Orgel der Stiepeler Dorfkirche. Stiepel 2005. semprelamusica (Michael Goede, Orgel; Olaf Reimers, Violoncello).
  • Du meine Seele singe. Stiepel 2008. semprelamusica (Michael Goede, Orgel und Continuo).
  • Was Gott tut, das ist wohlgetan. Stiepel 2009. semprelamusica (Michael Goede, Orgel; Andreas Post, Tenor; Andreas Nachtsheim, Arciliuto).
  • Mehr als Barock, Trompete & Orgel. Norderney 2010. Amis du Barogue (Marc Waskowiak, Orgel; Karsten Dobermann, Trompete).

Siehe auch

Commons: Harm Dieder Kirschner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kirchenvorstand der Ev.-luth. Kirchengemeinde Norderney (Hrsg.): Die Kirschner-Orgel. Festschrift zur Einweihung am 23. Mai 2008 in der Ev.-luth. Inselkirche zu Norderney. Norderney 2008, S. 38.
  2. Rheiderland-Zeitung vom 18. Juni 2015: Der Mann, der sich mit Pfeifen auskennt, S. 3, abgerufen am 26. Juli 2015.
  3. Ostfriesen-Zeitung vom 6. Februar 2009: Altes Manuskript in Orgel gefunden, abgerufen am 26. Juli 2015.
  4. @1@2Vorlage:Toter Link/www.ndr.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Orgel in Toyota, abgerufen am 26. Juli 2015.
  6. Orgel in Stiepel (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stiepel.evkirchebochum.de, abgerufen am 26. Juli 2015.
  7. Orgel in Norderney, abgerufen am 26. Juli 2015.