„Taurus-Abhörfall“ – Versionsunterschied

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=== Deutschland ===
=== Deutschland ===
Die [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] bestätigte die Echtheit des Mitschnittes. Der deutsche Militär-Nachrichtendienst [[Militärischer Abschirmdienst|MAD]] prüft, wie schwer der Verstoß der Beteiligten gegen Regeln der [[Militärische Geheimhaltung|militärischen Geheimhaltung]] sein könnte.<ref name="focus_259723314">{{Internetquelle |autor=Focus-Online |url=https://www.focus.de/politik/deutschland/nach-abhoer-skandal-hat-die-bundeswehr-eine-brisante-vermutung_id_259723314.html |titel=Nach Abhörskandal hat die Bundeswehr eine brisante Vermutung |abruf=2. März 2024}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=_CD9K-kDDHE |titel=tagesschau 20:00 Uhr, 02.03.2024 |sprache=de-DE |abruf=2024-03-02}}</ref> Bundeskanzler Olaf Scholz nannte den Vorgang „eine sehr ernste Angelegenheit“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fr.de/politik/russland-ukraine-krieg-taurus-krim-bundeswehr-aufzeichnung-propaganda-medwedew-putin-92865973.html |titel=Abhörskandal bei der Bundeswehr: Verteidigungsministerium betätigt Echtheit der Aufnahmen |datum=2024-03-02 |sprache=de |abruf=2024-03-02}}</ref> Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius rief zur besonnenen Reaktion auf. Es handele sich um einen [[Hybridkrieg|hybriden Angriff]] Russlands zur [[Desinformation]], und es gehe um die Spaltung der Unterstützer der Ukraine sowie „darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben“. Man dürfe Putin „nicht auf den Leim gehen“.<ref>{{Internetquelle |autor=mdr.de |url=https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/politik/ukraine-pistorius-zu-abhoeraffaere-informationskrieg-medwedew-kriegsplaene100.html |titel=Ukraine-News: Pistorius – Russische Spionage ist Teil von „Informationskrieg“ |werk=mdr.de |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Nail Akkoyun |url=https://www.merkur.de/politik/taurus-leak-bundeswehr-raketen-telefonat-mitschnitt-russland-russia-today-ursachen-kritik-scholz-ampel-zr-92867164.html |titel=Taurus-Abhör-Skandal bei der Bundeswehr: Pistorius warnt – „Putin nicht auf den Leim gehen“ |werk=merkur.de |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref>
Die [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] bestätigte am 2. März die Echtheit des Mitschnittes. Der [[Militärischer Abschirmdienst]] prüfte, wie schwer der Verstoß der Beteiligten gegen Regeln der [[Militärische Geheimhaltung|militärischen Geheimhaltung]] sein.<ref name="focus_259723314">{{Internetquelle |werk=[[Focus]] |url=https://www.focus.de/politik/deutschland/nach-abhoer-skandal-hat-die-bundeswehr-eine-brisante-vermutung_id_259723314.html |titel=Nach Abhörskandal hat die Bundeswehr eine brisante Vermutung |abruf=2. März 2024}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=_CD9K-kDDHE |titel=tagesschau 20:00 Uhr, 02.03.2024 |werk=tagesschau auf Youtube |abruf=2024-03-02}}</ref> Bundeskanzler Olaf Scholz nannte den Vorgang „eine sehr ernste Angelegenheit“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fr.de/politik/russland-ukraine-krieg-taurus-krim-bundeswehr-aufzeichnung-propaganda-medwedew-putin-92865973.html |titel=Abhörskandal bei der Bundeswehr: Verteidigungsministerium betätigt Echtheit der Aufnahmen |werk=[[Frankfurter Rundschau]] |datum=2024-03-02 |abruf=2024-03-02}}</ref>


Am 3. März bezeichnete der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius den Vorfall in einer Erklärung im Ministerium als „Informationskrieg“ Russlands gegen Deutschland. Es handele sich um einen [[Hybridkrieg|hybriden Angriff]] Russlands zur [[Desinformation]], und es gehe um die Spaltung der Unterstützer der Ukraine sowie „darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben“. Man dürfe Putin „nicht auf den Leim gehen“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/politik/ukraine-pistorius-zu-abhoeraffaere-informationskrieg-medwedew-kriegsplaene100.html |titel=Ukraine-News: Pistorius – Russische Spionage ist Teil von „Informationskrieg“ |werk=[[Mitteldeutscher Rundfunk]] |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Nail Akkoyun |url=https://www.merkur.de/politik/taurus-leak-bundeswehr-raketen-telefonat-mitschnitt-russland-russia-today-ursachen-kritik-scholz-ampel-zr-92867164.html |titel=Taurus-Abhör-Skandal bei der Bundeswehr: Pistorius warnt – „Putin nicht auf den Leim gehen“ |werk=[[Münchner Merkur]] |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref>
Der Vorsitzende des [[Parlamentarisches Kontrollgremium|Parlamentarischen Kontrollgremiums]], [[Konstantin von Notz]] ([[Bündnis 90/Die Grünen|Grüne]]), sprach von einem „maximal gravierenden Vorgang“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.ndr.de/nachrichten/info/Von-Notz-Taurus-Abhoeraktion-ist-maximal-gravierender-Vorgang,audio1584970.html |titel=Von Notz: Taurus-Abhöraktion ist „maximal gravierender Vorgang“ |werk=ndr.de |abruf=2024-03-03}}</ref>
Die [[Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages|Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages]], [[Eva Högl]] von der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]], sieht dringenden Handlungsbedarf, um Abhöraktionen zu verhindern. Alle Verantwortlichen auf allen Ebenen der Bundeswehr müssten umgehend in [[Abhörsicherheit|geschützter Kommunikation]] geschult werden. Man müsse mehr in [[Spionageabwehr]] investieren.<ref>{{Cite web|url=https://www.deutschlandfunk.de/wehrbeauftragte-spricht-von-dringendem-handlungsbedarf-100.html|title=Konsequenzen aus Abhöraffäre – Wehrbeauftragte spricht von dringendem Handlungsbedarf|website=deutschlandfunk.de}}</ref>
[[Marie-Agnes Strack-Zimmermann]], Vorsitzende des [[Verteidigungsausschuss (Deutscher Bundestag)|Verteidigungsausschuss des Bundestags]] ([[Freie Demokratische Partei|FDP]]), erklärte: {{"|Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet offensichtlich vulnerabel.}}<ref>[https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/abhoerfall-bei-der-luftwaffe-was-zum-taurus-leak-bekannt-ist,T4Aq3no ''Was über die Taurus-Abhöraffäre bekannt ist''] www.br.de, 2. März 2024</ref> Putin wolle erreichen, dass „wir jetzt alle übereinander herfallen“. Die Enthüllung sei kein Skandal, sondern beweise, dass Putin einen „hybriden Krieg auch uns gegenüber führt“. Statt personeller sollten technische Konsequenzen gezogen werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/taurus-leak-strack-zimmermann-ukraine-krieg-russland-100.html |titel=Taurus-Affäre: Putin will, "dass wir übereinander herfallen" |datum=2024-03-04 |sprache=de |abruf=2024-03-04}}</ref> [[Finanzministerium|Finanzminister]] [[Christian Lindner]] (FDP) erklärte gegenüber dem Handelsblatt, es seien zwischen den Offizieren keine kritischen Informationen ausgetauscht worden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.msn.com/ |titel=MSN |abruf=2024-03-04}}</ref>


Der Vorsitzende des [[Parlamentarisches Kontrollgremium|Parlamentarischen Kontrollgremiums]], [[Konstantin von Notz]] ([[Bündnis 90/Die Grünen|Grüne]]), sprach von einem „maximal gravierenden Vorgang“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.ndr.de/nachrichten/info/Von-Notz-Taurus-Abhoeraktion-ist-maximal-gravierender-Vorgang,audio1584970.html |titel=Von Notz: Taurus-Abhöraktion ist „maximal gravierender Vorgang“ |werk=[[Norddeutscher Rundfunk]] |abruf=2024-03-03}}</ref>
[[CSU]]-Landesgruppenchef [[Alexander Dobrindt]] wollte am 3. März 2024 die Einrichtung eines parlamentarischen [[Untersuchungsausschuss]]es nicht ausschließen.<ref>{{Literatur |Titel=Taurus-Lieferung: Dobrindt bringt U-Ausschuss zu Abhörskandal ins Spiel |Sammelwerk=faz.net |Datum=2024-03-03 |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/taurus-lieferung-dobrindt-bringt-u-ausschuss-zu-abhoerskandal-ins-spiel-19560059.html |Abruf=2024-03-03}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Bundeswehr-Leak und Taurus-Debatte: CSU-Politiker Alexander Dobrindt bringt Untersuchungsausschuss ins Spiel |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2024-03-02 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-leak-und-taurus-debatte-csu-politiker-alexander-dobrindt-bringt-untersuchungsausschuss-ins-spiel-a-90c2c29d-36fe-480d-8fe9-9c827edb5297 |Abruf=2024-03-02}}</ref>
Die [[Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages|Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages]], [[Eva Högl]] ([[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]), sah dringenden Handlungsbedarf, um Abhöraktionen zu verhindern. Alle Verantwortlichen auf allen Ebenen der Bundeswehr müssten umgehend in [[Abhörsicherheit|geschützter Kommunikation]] geschult werden. Man müsse mehr in [[Spionageabwehr]] investieren.<ref>{{Internetquelle| url=https://www.deutschlandfunk.de/wehrbeauftragte-spricht-von-dringendem-handlungsbedarf-100.html |titel=Konsequenzen aus Abhöraffäre – Wehrbeauftragte spricht von dringendem Handlungsbedarf |werk=[[Deutschlandfunk]] |abruf=2024-03-05}}</ref>
[[Thorsten Frei]], Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der [[CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag]], wirft Bundeskanzler Olaf Scholz im Zuge der Veröffentlichungen Falschinformation vor. Frei betont, dass Scholz Aussagen bezüglich Deutschlands Rolle als Kriegspartei und der Beteiligung von Bundeswehrpersonal an der Zielsteuerung nachweislich falsch sind.<ref name="focus_259723314" />
[[Marie-Agnes Strack-Zimmermann]], Vorsitzende des [[Verteidigungsausschuss (Deutscher Bundestag)|Verteidigungsausschuss des Bundestags]] ([[Freie Demokratische Partei|FDP]]), erklärte: {{"|Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet offensichtlich vulnerabel.}}<ref>[https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/abhoerfall-bei-der-luftwaffe-was-zum-taurus-leak-bekannt-ist,T4Aq3no ''Was über die Taurus-Abhöraffäre bekannt ist''] Bayerischer Rundfunk, 2. März 2024</ref> Putin wolle erreichen, dass „wir jetzt alle übereinander herfallen“. Die Enthüllung sei kein Skandal, sondern beweise, dass Putin einen „hybriden Krieg auch uns gegenüber führt“. Statt personeller sollten technische Konsequenzen gezogen werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/taurus-leak-strack-zimmermann-ukraine-krieg-russland-100.html |titel=Taurus-Affäre: Putin will, "dass wir übereinander herfallen"|werk=[[Zweites Deutsches Fernsehen]] |datum=2024-03-04 |abruf=2024-03-04}}</ref> [[Finanzministerium|Finanzminister]] [[Christian Lindner]] (FDP) erklärte gegenüber dem Handelsblatt, es seien zwischen den Offizieren keine kritischen Informationen ausgetauscht worden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.msn.com/ |titel=MSN |abruf=2024-03-04}}</ref>
[[Roderich Kiesewetter]], stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums ([[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]) und Oberst a.&nbsp;D. der Bundeswehr, sagte: „Wir brauchen mehr Systeme, die gehärtete Schutzvorrichtungen haben. Da ist das [[Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik]] genauso gefragt wie die Führungskräfte, die solche Videokonferenzen ansetzen.“ Er unterstütze den Vorschlag von CSU-Landesgruppenchef Dobrindt nach einem Untersuchungsausschuss. Auch ein Sonderermittler, der das Gesamtgefüge kläre, sei denkbar.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/abhoerfall-bundeswehr-104.html |titel=Pistorius: Zunächst keine personelle Konsequenzen nach Abhörfall |werk=tagesschau.de |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref>


[[CSU]]-Landesgruppenchef [[Alexander Dobrindt]] wollte am 3. März 2024 die Einrichtung eines parlamentarischen [[Untersuchungsausschuss]]es nicht ausschließen.<ref>{{Internetquelle |titel=Taurus-Lieferung: Dobrindt bringt U-Ausschuss zu Abhörskandal ins Spiel |werk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] |datum=2024-03-03 |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/taurus-lieferung-dobrindt-bringt-u-ausschuss-zu-abhoerskandal-ins-spiel-19560059.html |abruf=2024-03-03}}</ref><ref>{{Internetquelle |titel=Bundeswehr-Leak und Taurus-Debatte: CSU-Politiker Alexander Dobrindt bringt Untersuchungsausschuss ins Spiel |werk=Der Spiegel |datum=2024-03-02 |url=https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-leak-und-taurus-debatte-csu-politiker-alexander-dobrindt-bringt-untersuchungsausschuss-ins-spiel-a-90c2c29d-36fe-480d-8fe9-9c827edb5297 |abruf=2024-03-02}}</ref> [[Roderich Kiesewetter]] ([[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]), stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums und Oberst a.&nbsp;D. der Bundeswehr, sagte: „Wir brauchen mehr Systeme, die gehärtete Schutzvorrichtungen haben. Da ist das [[Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik]] genauso gefragt wie die Führungskräfte, die solche Videokonferenzen ansetzen.“ Er unterstütze den Vorschlag von Dobrindt nach einem Untersuchungsausschuss. Auch ein Sonderermittler, der das Gesamtgefüge kläre, sei denkbar.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/abhoerfall-bundeswehr-104.html |titel=Pistorius: Zunächst keine personelle Konsequenzen nach Abhörfall |werk=[[Tagesschau (ARD)]] |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref>
Der Politikwissenschaftler [[Carlo Masala]] von der [[Universität der Bundeswehr München]] sagte, es laufe „eine massive Desinformations- und Destabilisierungskampagne der Russischen Föderation gegen Deutschland“. Die Leaks seien „ein Höhepunkt“.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Maier |url=https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/bundeswehr-leak-was-wissen-die-russen-noch-li.2193100 |titel=Bundeswehr-Leak: Was wissen die Russen noch? |werk=[[berliner-zeitung.de]] |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref>

[[Thorsten Frei]], Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der [[CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag]], warf Bundeskanzler Scholz im Zuge der Veröffentlichungen Falschinformation vor. Er betonte, dass Scholz Aussagen bezüglich Deutschlands Rolle als Kriegspartei und der Beteiligung von Bundeswehrpersonal an der Zielsteuerung der Taurus-Marschflugkörper nachweislich falsch seien.<ref name="focus_259723314" />

Der Politikwissenschaftler [[Carlo Masala]] von der [[Universität der Bundeswehr München]] sagte, es laufe „eine massive Desinformations- und Destabilisierungskampagne der Russischen Föderation gegen Deutschland“. Die Leaks seien „ein Höhepunkt“.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Maier |url=https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/bundeswehr-leak-was-wissen-die-russen-noch-li.2193100 |titel=Bundeswehr-Leak: Was wissen die Russen noch? |werk=Berliner Zeitung |datum=2024-03-03 |abruf=2024-03-03}}</ref>


=== Vereinigtes Königreich ===
=== Vereinigtes Königreich ===

Version vom 5. März 2024, 11:57 Uhr

Marschflugkörper Taurus KEPD-350
Marschflugkörper Storm Shadow/SCALP-EG
Krim-Brücke (2019)

Der Taurus-Abhörfall betrifft eine geleakte Webkonferenz von Offizieren der Luftwaffe im Februar 2024, bei der Rahmenbedingungen einer möglichen Lieferung und Einsatzzenarien deutscher Taurus-Marschflugkörper im Russisch-Ukrainischen Krieg besprochen wurden. Veröffentlicht wurde der Taurus-Leak am 1. März 2024 von der Chefredakteurin des russischen Auslands- und Propagandasender RT, Margarita Simonjan, auf ihrem Telegram-Kanal und daraufhin von anderen Medien weiter verbreitet.[1]

Hintergrund

Im Februar 2024 hatte der deutsche Bundeskanzler, Olaf Scholz, angedeutet, dass britische Truppen dabei hälfen, die von ihnen gelieferten Storm Shadow/SCALP-Marschflugkörper abzufeuern.[2] Scholz blockiert die mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine, weil er befürchtete, sie könnten für einen Angriff auf Moskau genutzt werden.[3]

In diesem Zusammenhang wurde ein Gespräch anlässlich der Vorbereitung eines Briefings für den Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, zum Thema Taurus am 19. Februar 2024 im mutmaßlich russischen Auftrag abgehört und aufgezeichnet. Gesprächsteilnehmer waren der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, und der Abteilungsleiter für Einsätze und Übungen im Kommando Luftwaffe, Frank Gräfe, der aus einem Hotel in Singapur zugeschaltet war, sowie zwei weitere Offiziere.[4][5][6][7][8]

Inhalte und Veröffentlichung

Bei dem 38 Minuten langen Mitschnitt wurde über geheimhaltungsbedürftige Informationen mittels der nicht für diesen Geheimhaltungsgrad zugelassenen Videokonferenz-Software Webex des US-amerikanischen Anbieters Cisco gesprochen. Laut dem Portal heise.de können per Telefon zugeschaltete Gesprächsteilnehmer keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufbauen.[9]

Zu den mutmaßlich als Verschlusssache und Staatsgeheimnis zu betrachtenden Inhalten zählten Details zu Fähigkeiten des Flugkörpers wie Flughöhen, der Zeit zur Vorbereitung eines Einsatzes, Ausbildungsmöglichkeiten und -dauer von Soldaten der ukrainischen Streitkräfte an dem Waffensystem, die Montage des Taurus an ukrainischen Suchoi-Flugzeugen, die Zielprogrammierung der Taurus-Marschflugkörper, russische Munitionsdepots und die Krim-Brücke als mögliche Ziele und die Verlagerung der Zuarbeit bei der Zielprogrammierung auf das Rüstungsunternehmen MBDA Deutschland. Die Teilnehmer sprechen nicht nur über Taurus, sondern auch über das von Briten und Franzosen gelieferte Storm Shadow/SCALP, über die Zusammenarbeit in diesem Bereich mit den Ukrainern, über die Anzahl der verfügbarer Storm Shadow/SCALP sowie der einsatzbereiten ukrainischen Trägerflugzeuge. Es wird auch angedeutet, dass sich britische und US-amerikanischen Personen in der Ukraine befinden. Sie hätten „mehrere Leute vor Ort“, so Gerhartz.[4][5][6][7][3]

Die Anwesenheit von Personal anderer Länder wurde von der ukrainischen Regierung bisher verneint. Ein Gesprächsteilnehmer erwähnte, dass er weitere Informationen per „WhatsApp“ verschicken könne, ein weiterer möglicher Sicherheitsverstoß. Ein weiterer Teilnehmer der Telefonkonferenz besprach die Ausbildung ukrainischer Truppen auf deutschem Boden und erklärte, nachdem sie ausgebildet worden seien und bereit seien, in die Ukraine zurückzukehren, sei es die „richtige Vorgehensweise“, dass Großbritannien die weitere Begleitung übernehme.[3] Weiterhin widersprechen einige Details der Gesprächsinhalte der Begründung des Bundeskanzlers Scholz, er werde keine Taurus an die Ukraine liefern, weil dafür der Einsatz von deutschen Soldaten vor Ort erforderlich sei.[10][11]

Reaktionen

Deutschland

Die Bundesregierung bestätigte am 2. März die Echtheit des Mitschnittes. Der Militärischer Abschirmdienst prüfte, wie schwer der Verstoß der Beteiligten gegen Regeln der militärischen Geheimhaltung sein.[12][13] Bundeskanzler Olaf Scholz nannte den Vorgang „eine sehr ernste Angelegenheit“.[14]

Am 3. März bezeichnete der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius den Vorfall in einer Erklärung im Ministerium als „Informationskrieg“ Russlands gegen Deutschland. Es handele sich um einen hybriden Angriff Russlands zur Desinformation, und es gehe um die Spaltung der Unterstützer der Ukraine sowie „darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben“. Man dürfe Putin „nicht auf den Leim gehen“.[15][16]

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz (Grüne), sprach von einem „maximal gravierenden Vorgang“.[17] Die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Eva Högl (SPD), sah dringenden Handlungsbedarf, um Abhöraktionen zu verhindern. Alle Verantwortlichen auf allen Ebenen der Bundeswehr müssten umgehend in geschützter Kommunikation geschult werden. Man müsse mehr in Spionageabwehr investieren.[18] Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschuss des Bundestags (FDP), erklärte: „Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet offensichtlich vulnerabel.“[19] Putin wolle erreichen, dass „wir jetzt alle übereinander herfallen“. Die Enthüllung sei kein Skandal, sondern beweise, dass Putin einen „hybriden Krieg auch uns gegenüber führt“. Statt personeller sollten technische Konsequenzen gezogen werden.[20] Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte gegenüber dem Handelsblatt, es seien zwischen den Offizieren keine kritischen Informationen ausgetauscht worden.[21]

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wollte am 3. März 2024 die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht ausschließen.[22][23] Roderich Kiesewetter (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums und Oberst a. D. der Bundeswehr, sagte: „Wir brauchen mehr Systeme, die gehärtete Schutzvorrichtungen haben. Da ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik genauso gefragt wie die Führungskräfte, die solche Videokonferenzen ansetzen.“ Er unterstütze den Vorschlag von Dobrindt nach einem Untersuchungsausschuss. Auch ein Sonderermittler, der das Gesamtgefüge kläre, sei denkbar.[24]

Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, warf Bundeskanzler Scholz im Zuge der Veröffentlichungen Falschinformation vor. Er betonte, dass Scholz Aussagen bezüglich Deutschlands Rolle als Kriegspartei und der Beteiligung von Bundeswehrpersonal an der Zielsteuerung der Taurus-Marschflugkörper nachweislich falsch seien.[12]

Der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München sagte, es laufe „eine massive Desinformations- und Destabilisierungskampagne der Russischen Föderation gegen Deutschland“. Die Leaks seien „ein Höhepunkt“.[25]

Vereinigtes Königreich

Ben Wallace, ehemaliger Verteidigungsminister Großbritanniens, äußerte die Ansicht, die ganze Sache zeige, dass Scholz, wenn es um die Sicherheit Europas gehe, „der falsche Mann im falschen Job zur falschen Zeit“ sei. Weiterhin sei der Nato-Partner Deutschland seiner Ansicht nach „weder sicher noch zuverlässig“, da russische Geheimdienste die Deutschen offenbar in großem Stil belauschten.[26][27][28] Der frühere Staatsminister im Verteidigungsministerium Alec Shelbrooke beschrieb den Vorfall als „Amateurfehler“. Der konservative Abgeordnete Bob Seely bezeichnete Deutschland als „unglaublich selbstgefällig“, das abgefangene Gespräch markiere einen der schlimmsten Sicherheitsverstöße in Deutschland seit dem Kalten Krieg.[3]

Russland

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Zacharowa äußerte, die Gespräche seien ein Beweis für eine interne Spaltung der deutschen Regierung und der politischen Elite.[29] Dmitri Peskow äußerte, der Mitschnitt mache deutlich, dass man im Inneren der Bundeswehr Pläne für Angriffe auf das Territorium der Russischen Föderation inhaltlich und konkret diskutiere.[30]

Der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, äußerte, das Gespräch deute auf die direkte Verwicklung des Westens in den Ukraine-Krieg hin. Er zitierte das Gedicht Töte ihn! von Konstantin Simonow aus dem Jahr 1942 und schrieb auf Telegram unter anderem: „Die ewigen Gegner, die Deutschen, sind wieder zu unseren Erzfeinden geworden“.[31]

Einzelnachweise

  1. Germany to investigate Russia’s apparent interception of military talks on Ukraine. In: The Guardian. 3. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  2. Geheimdienst-Infos verraten? Sicherheitsexperte entsetzt von Scholz. In: Frankfurter Rundschau. 4. März 2024, abgerufen am 5. März 2024.
  3. a b c d James Jackson: Germany spills British military secrets to Russia. In: telegraph.co.uk. 3. März 2024, abgerufen am 4. März 2024 (englisch).
  4. a b Marco Seliger: Gegen alle Sicherheitsregeln: Russen hören Taurus-Gespräch deutscher Generale ab. In: Neue Zürcher Zeitung. 2. März 2024, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 2. März 2024]).
  5. a b Georg Ismar: Bundeswehr-Abhörfall: Eine verhängnisvolle Schalte. In: sueddeutsche.de. 2. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  6. a b Kerstin Münstermann: Debatte über Taurus-Lieferung: Zumindest Scholz’ Schweigen hat ein Ende. 26. Februar 2024, abgerufen am 2. März 2024.
  7. a b Bundeswehr-Abhörskandal: CDU-Experte bezeichnet Scholz als „Sicherheitsrisiko“ – und äußert Befürchtung. In: fr.de. 2. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  8. Scholz's 'sore spot': Impact of Bundeswehr leak on Ukraine's Taurus missiles bid. Abgerufen am 4. März 2024 (englisch).
  9. Nico Ernst: Bundeswehr wurde bei Diskussion über Taurus per WebEx abgehört. In: heise.de. 2. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  10. Bundeswehr abgehört: Union stellt Scholz' Glaubwürdigkeit infrage. In: tagesschau.de. 3. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  11. Patrick Heinemann: Taurus-Leak: Rechtsfragen und Antworten. In: lto.de. 4. März 2024, abgerufen am 4. März 2024.
  12. a b Nach Abhörskandal hat die Bundeswehr eine brisante Vermutung. In: Focus. Abgerufen am 2. März 2024.
  13. tagesschau 20:00 Uhr, 02.03.2024. In: tagesschau auf Youtube. Abgerufen am 2. März 2024.
  14. Abhörskandal bei der Bundeswehr: Verteidigungsministerium betätigt Echtheit der Aufnahmen. In: Frankfurter Rundschau. 2. März 2024, abgerufen am 2. März 2024.
  15. Ukraine-News: Pistorius – Russische Spionage ist Teil von „Informationskrieg“. In: Mitteldeutscher Rundfunk. 3. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  16. Nail Akkoyun: Taurus-Abhör-Skandal bei der Bundeswehr: Pistorius warnt – „Putin nicht auf den Leim gehen“. In: Münchner Merkur. 3. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  17. Von Notz: Taurus-Abhöraktion ist „maximal gravierender Vorgang“. In: Norddeutscher Rundfunk. Abgerufen am 3. März 2024.
  18. Konsequenzen aus Abhöraffäre – Wehrbeauftragte spricht von dringendem Handlungsbedarf. In: Deutschlandfunk. Abgerufen am 5. März 2024.
  19. Was über die Taurus-Abhöraffäre bekannt ist Bayerischer Rundfunk, 2. März 2024
  20. Taurus-Affäre: Putin will, "dass wir übereinander herfallen". In: Zweites Deutsches Fernsehen. 4. März 2024, abgerufen am 4. März 2024.
  21. MSN. Abgerufen am 4. März 2024.
  22. Taurus-Lieferung: Dobrindt bringt U-Ausschuss zu Abhörskandal ins Spiel. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 3. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  23. Bundeswehr-Leak und Taurus-Debatte: CSU-Politiker Alexander Dobrindt bringt Untersuchungsausschuss ins Spiel. In: Der Spiegel. 2. März 2024, abgerufen am 2. März 2024.
  24. Pistorius: Zunächst keine personelle Konsequenzen nach Abhörfall. In: Tagesschau (ARD). 3. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  25. Michael Maier: Bundeswehr-Leak: Was wissen die Russen noch? In: Berliner Zeitung. 3. März 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  26. Michael Neudecker: Kritik an Scholz: „Der falsche Mann im falschen Job“. In: sueddeutsche.de. 4. März 2024, abgerufen am 5. März 2024.
  27. Jörg Schindler, Britta Sandberg: (S+) Taurus-Leaks: Die Affäre löst in Großbritannien und Frankreich Irritationen aus. In: Spiegel Online. 4. März 2024, abgerufen am 5. März 2024.
  28. RedaktionsNetzwerk Deutschland: Internationale Reaktionen auf Taurus-Abhörskandal: „Sie sind weder sicher noch zuverlässig“. In: rnd.de. 4. März 2024, abgerufen am 5. März 2024.
  29. Gleeful Russia relishes German Taurus leak scandal. 4. März 2024, abgerufen am 4. März 2024 (englisch).
  30. Thomas Fasbender: Russland: Taurus-Leak beweist deutsche Kriegsplanungen. 4. März 2024, abgerufen am 4. März 2024.
  31. „In doppelter Hinsicht befremdlich“: Bundeswehr-Abhörskandal veranlasst Opposition zu Drohung an Scholz. Merkur, 3. März 2024