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== Geistesgeschichtliche Bedeutung ==
== Geistesgeschichtliche Bedeutung ==
Valla zählt zu den bemerkenswertesten Humanisten des 15. Jahrhunderts. Seine Bedeutung lässt sich im Wesentlichen aus zwei Aspekten erklären. Vallas gründliche Ausbildung bei den besten Griechisch- und Lateinkennern der Zeit, bei [[Giovanni Aurispa]], [[Rinuccio da Castiglione]] und [[Leonardo Bruni]] sowie sein Studium vor allem der Schriften von [[Aristoteles]], [[Cicero]], [[Quintilian]], [[Boethius]] und der [[Kirchenväter]] neben der scholastischen Literatur – Valla war ein ausgezeichneter Kenner der Werke des [[Thomas von Aquin]] – befähigten ihn nämlich zu einer doppelten Leistung: Einerseits lieferte er eine ungewöhnlich scharfe und prinzipielle Kritik der [[Rationalismus|rationalistisch]] [[Deduktion|deduktiven]] [[Philosophie]], andererseits schuf er den Alternativentwurf einer neuen Philosophie auf der Grundlage einer – wörtlich verstandenen – „Philologie“ (''De voluptate'', Über die Lust; ''Elegantiae latinae linguae libri sex'', Feinheiten der lateinischen Sprache; ''Oratio habita in initio sui studii'', Rede zu Beginn seines Studiums).
"Valla ... zählt zu den bemerkenswertesten Humanisten des 15. Jahrhunderts."<ref>Ernesto Grassi, Humanismus und Marxismus. Zur Kritik der Verselbständigung von Wissenschaft. Reinbek 1973. S. 231.</ref> Seine Bedeutung lässt sich im Wesentlichen aus zwei Aspekten erklären. Vallas gründliche Ausbildung bei den besten Griechisch- und Lateinkennern der Zeit, bei [[Giovanni Aurispa]], [[Rinuccio da Castiglione]] und [[Leonardo Bruni]] sowie sein Studium vor allem der Schriften von [[Aristoteles]], [[Cicero]], [[Quintilian]], [[Boethius]] und der [[Kirchenväter]] neben der scholastischen Literatur&nbsp;– Valla war ein ausgezeichneter Kenner der Werke des [[Thomas von Aquin]]&nbsp;– befähigten ihn nämlich zu einer doppelten Leistung: Einerseits lieferte er eine ungewöhnlich scharfe und prinzipielle Kritik der [[Rationalismus|rationalistisch]] [[Deduktion|deduktiven]] [[Philosophie]], andererseits schuf er den Alternativentwurf einer neuen Philosophie auf der Grundlage einer&nbsp;– wörtlich verstandenen&nbsp;– „Philologie“ (''De voluptate'', Über die Lust; ''Elegantiae latinae linguae libri sex'', Feinheiten der lateinischen Sprache; ''Oratio habita in initio sui studii'', Rede zu Beginn seines Studiums).

== Einzelnachweise ==
<references />


== Werke ==
== Werke ==

Version vom 24. August 2013, 01:29 Uhr

Lorenzo Valla, italienischer Humanist und Kanoniker.

Lorenzo Valla (* zw. 1405 und 1407 in Rom; † 1. August 1457 ebenda; auch: Laurentius Valla, Lorenzo della Valle) war ein italienischer Humanist und Kanoniker. Er gilt als Begründer der modernen Textkritik.

Biografie

Lorenzo Valla wurde zwischen 1405 und 1407 in Rom geboren und war stadtadeliger Abkunft, Sohn des kurialen Konsistorialadvokaten Luca della Valla. Seine Ausbildung erhielt er bei Leonardo Bruni und den beiden Kuriensekretären Rinuccio da Castiglione und Giovanni Aurispa. Eine Anstellung im Vatikan wurde Valla unter Hinweis auf sein jugendliches Alter verwehrt; Valla verließ Rom und siedelte nach Piacenza über. Erste Entwürfe seiner Dialoge De voluptate und De libero arbitrio entstanden.

1431 bemühte Valla sich bei Papst Eugen IV. erneut erfolglos um eine Anstellung. Im Herbst folgt er Gasparino Barzizza auf dem Lehrstuhl für Rhetorik in Pavia, wo er engen Kontakt mit diversen Humanisten hatte, darunter Maffeo Vegio. Auseinandersetzungen mit den dortigen Juristen um seine ersten Publikationen (Quaestiones dialecticae; De libero arbitrio; De elegantiis latini sermonis) zwangen Valla, Pavia 1433 zu verlassen. Anstoß erregte er insbesondere durch seine Kritik in De Elegantiis latini sermonis am damals üblichen Mittellatein: Er verlangte von den Gelehrten, ihre Prosa am Vorbild des klassischen Latein auszurichten, wie es etwa Cicero geschrieben hatte.

Valla hielt sich anschließend in verschiedenen oberitalienischen Städten auf (u. a. in Mailand).

Alfons V. (Aragón).

1435 ging Valla an den Hof des humanistisch inspirierten Königs Alfons V. von Aragonien, der seinerzeit Krieg um Neapel führte. Valla kollationierte neutestamentliche Handschriften, edierte altsprachliche Werke, überarbeitet De voluptate, stellte die Elegantiarum linguae latinae libri sex und Dialectica fertig; fast zeitgleich und unabhängig von Nikolaus von Kues und Reginald Pecock wies er in Declamatio de falso credita et ementita donatione Constantini die Unechtheit der Konstantinischen Schenkung nach. Auf theologischem bzw. kirchenrechtlichem Gebiet war das seine bedeutendste Leistung.

Seine Veröffentlichungen setzten ihn 1444 dem Verdacht der Häresie aus; gegen ihn wurde ein Verfahren vor der Inquisition eingeleitet, die ihn aber aufgrund seiner geschickten Verteidigung und des königlichen Eingreifens nicht verurteilte. Rehabilitiert wurde Valla aber auch nicht.

Unter dem Pontifikat des „Humanistenpapsts“ Nikolaus V. übersiedelt Valla 1448 nach Rom und trat als scriptor litterarum apostolicarum in päpstliche Dienste. Dort setzte er seine philologische Tätigkeit mit der Übersetzung des Thukydides fort. 1455 wurde er Kuriensekretär. In seinen letzten Lebensjahren lehrte er erneut als Professor der Rhetorik und hielt u.a. Vorlesungen über Vergil und Cicero.

Valla starb am 1. August 1457 als apostolischer Sekretär und Kanonikus und wurde mit großen Ehren im Lateran beigesetzt. Seine Werke erfuhren zum Teil ungeheure Verbreitung und wurden bereits im 15. und 16. Jahrhundert in mehrere Sprachen übersetzt.

Geistesgeschichtliche Bedeutung

"Valla ... zählt zu den bemerkenswertesten Humanisten des 15. Jahrhunderts."[1] Seine Bedeutung lässt sich im Wesentlichen aus zwei Aspekten erklären. Vallas gründliche Ausbildung bei den besten Griechisch- und Lateinkennern der Zeit, bei Giovanni Aurispa, Rinuccio da Castiglione und Leonardo Bruni sowie sein Studium vor allem der Schriften von Aristoteles, Cicero, Quintilian, Boethius und der Kirchenväter neben der scholastischen Literatur – Valla war ein ausgezeichneter Kenner der Werke des Thomas von Aquin – befähigten ihn nämlich zu einer doppelten Leistung: Einerseits lieferte er eine ungewöhnlich scharfe und prinzipielle Kritik der rationalistisch deduktiven Philosophie, andererseits schuf er den Alternativentwurf einer neuen Philosophie auf der Grundlage einer – wörtlich verstandenen – „Philologie“ (De voluptate, Über die Lust; Elegantiae latinae linguae libri sex, Feinheiten der lateinischen Sprache; Oratio habita in initio sui studii, Rede zu Beginn seines Studiums).

Einzelnachweise

  1. Ernesto Grassi, Humanismus und Marxismus. Zur Kritik der Verselbständigung von Wissenschaft. Reinbek 1973. S. 231.

Werke

Sammelausgaben

  • Opera. Basel 1540.
  • Opera omnia. I–II; hg. von E. Garin; Turin 1962.

Einzelausgaben

  • De voluptate. / De vero falsoque bono. / De vero bono
    • De vero falsoque bono. hg. von Maristella de Panizza Lorch, Bari 1970.
    • Von der Lust oder Vom wahren Guten. / De voluptate sive De vero bono. lat.-dt., hg. und übers. von Peter Michael Schenkel, eingel. von Eckhard Keßler, München 2004.
    • Vom wahren und falschen Guten. eingel. von Michael Erler, hg., übers. und mit Anmerk. vers. von Otto und Eva Schönberger, Würzburg 2004.
    • De voluptate. / On pleasure. lat.-engl., hg. und übers. von A. Kent Hieatt / Maristella Lorch, New York 1977.
  • De libero arbitrio
    • Über den freien Willen. / De libero arbitrio. lat.-dt., hg., übers. und eingel. von Eckhard Keßler, München 1987 (Humanistische Bibliothek, R. 2: Texte 16)
    • Dialogue sur le libre-arbitre. hg. und übers. von Jacques Chomarat, Paris 1983.
    • De libero arbitrio. In: Giorgio Radetti (Hg.), Lorenzo Valla: Scritti filosofici e religiosi. Florenz 1953, S. 283–375.
  • Repastinatio Dialecticae. / Dialecticae Disputationes
    • Repastinatio Dialecticae et Philosophie. 2 Bände, hg. von Gianni Zippel, Padua 1982.
  • Elegantiarum linguae Latinae libri sex. / Elegantia
    • Elegantiarum linguae Latinae libri sex. (dt.-ital. Teilaus.), in: Eugenio Garin (Hg.), Prosatori latini del Quattrocento. Mailand / Neapel 1952, S. 594–631.
    • De linguae Latinae elegantia ad Ionnem Tortellium Aretinum. (…), hg. und übers. von Santiago López Moreda, Cáceres 1999 (= Abdruck der Ausgabe von 1471 mit span. Übers.)
    • De reciprocatione "sui" et "suus". hg. und übers. von Elisabet Sandström, Göteborg 1998 (= Edition und Übersetzung einzelner Kapitel)
  • Antidotum in Facium
    • Antidotum in Facium. hg. von Mariangela Regoliosi, Padua 1981.
  • Antidotum primum
    • Antidotum primum. La prima apologia contro Poggio Bracciolini, hg. von Ari Wesseling, Assen / Amsterdam 1978.
  • "Quintilian-Annotationen"
    • Le postille all’ „Institutio oratoria“ di Quintilliano. hg. von Lucia Cesarini Martinelli / Alessandro Perosa, Padua 1996.
  • Gesta regis Ferdinandi
    • Gesta Ferdinandi Regis Aragonum. hg. von Ottavio Besomi, Padua 1973.
  • De falso credita et ementita Constantini donatione
    • The profession of the religious and The falsely-believed and forged donation of Constantine. hg. und übers. von Olga Zorzi Pugliese, Ottawa 1985.
    • De falso credita et ementita Constantini donatione. hg. von Wolfram Setz, Weimar 1976, Nachdruck 1986 (Monumenta Germaniae Historica, Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters, 10)
    • La falsa donazione di Costantino. hg. und übers. von Aldo Arminante, Salerno 1997.
    • Des Edlen Römers Laurentii Vallensis Clagrede wider die erdicht unnd erlogene begabung so von dem Keyser Constantino der Roemischen kirchen soll geschehen sein. Eine deutsche Übersetzung von Lorenzo Vallas Schrift «De falso credita et ementita Constantini donatione» aus der Reformationszeit, hg. von Wolfram Setz, Basel / Frankfurt a. M 1981.
  • Collatio Novi Testamenti
    • Collatio Novi Testamenti, hg. von Alessandro Perosa, Florenz 1970

Literatur (Auswahl)

  • Georg Voigt: Die Wiederbelebung des classischen Alterthums oder das erste Jahrhundert des Humanismus. 3. Auflage. Berlin 1893, OCLC 789510355.
  • Eugenio Garin: Der Italienische Humanismus. Bern 1947, OCLC 939458.
  • Hanna-Barbara Gerl: Rhetorik als Philosophie. Lorenzo Valla. (Humanistische Bibliothek, Reihe 1: Abhandlungen 13). München 1974, DNB 740365398.
  • Wolfram Setz: Lorenzo Vallas Schrift gegen die Konstantinische Schenkung „De falso credita et ementita Constantini donatione“. Zur Interpretation und Wirkungsgeschichte. Tübingen 1975, ISBN 3-484-80063-1.
  • Paul Oskar Kristeller; Eckhard Kessler (Hrsg.): Der Humanismus in der Renaissance:
    • Teil 1: Die antiken und mittelalterlichen Quellen. (UTB Nr. 914). Übers. Renate Schweyen-Ott. Stuttgart 1974, 1980, ISBN 3-7705-1815-2.
    • Teil 2: Philosophie, Bildung und Kunst. (UTB Nr. 915) Fink, München 1975/ 1980, ISBN 3-7705-1816-0.
  • Paul Oskar Kristeller: Acht Philosophen der Italienischen Renaissance. VCH, Weinheim 1986, ISBN 3-527-17505-9.
  • August Buck: Humanismus. Seine europäische Entwicklung in Dokumenten und Darstellungen. (Orbis academicus, 16). Alber, Freiburg im Breisgau, München 1987, ISBN 3-495-47627-X.
  • Hanna-Barbara Gerl: Einführung in die Philosophie der Renaissance. WBG, Darmstadt 1989, ISBN 3-534-09567-7.
  • Eugenio Garin (Hrsg.): Der Mensch der Renaissance. Campus-Verlag, Frankfurt 1990, ISBN 3-593-34270-7.
  • John Monfasani: Lorenzo Valla and Rudolph Agricola. In: Journal of the History of Ideas. 28 (1990), S. 247–276.
  • Peter Mack: Renaissance Argument. Valla and Agricola in the Traditions of Rhetoric and Dialectic. Leiden 1993, ISBN 90-04-09879-8.
  • Klaus-Gunther WesselingLorenzo Valla. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 1096–1113.
  • Marco Laffranchi: Dialettica e filosofia in Lorenzo Valla. Mailand 1999, ISBN 88-343-0193-5.
  • Kurt Flasch: Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustinus bis Machiavelli. Reclam, Ditzingen 2000, ISBN 3-15-028345-0.
  • John Monfasani: The theology of Lorenzo Valla. In: Jill Kraye, Martin W. Stone: Humanism and Early Modern Philosophy. London 2000, ISBN 0-203-27259-5, S. 1–23.
  • Wolfram Ax: Lorenzo Valla, Elegantiarum linguae Latinae libri sex (1449). In: ders. (Hrsg.): Von Eleganz und Barbarei. Lateinische Grammatik und Stilistik in Renaissance und Barock. (Wolfenbütteler Forschungen, 95). Wiesbaden 2001, ISBN 3-447-04493-4, S. 29–57.
  • Carlo Ginzburg: Die Wahrheit der Geschichte. Rhetorik und Beweis. Berlin 2001, ISBN 3-8031-5165-1.
  • John Monfasani: Disputationes vallianae. In: Fosca Mariani Zini (Hrsg.): Penser entre les lignes. Philologie et philosophie au Quattrocento. Villeneuve d’Asq 2001, S. 229–250.
  • Salvatore I. Camporeale: Lorenzo Valla: umanesimo, riforma e controriforma; studi e testi. (Studi e testi del Rinascimento Europeo, 12) Roma 2002, ISBN 88-8498-026-7.
  • Lodi Nauta: Lorenzo Valla’s Critique of Aristotelian Psychology. In: Vivarium. 41 (2003), S. 120–143.
  • Frank Bezner: Lorenzo Valla. In: Wolfram Ax (Hrsg.), Lateinische Lehrer Europas. 15 Porträts von Varro bis Erasmus von Rotterdam. Böhlau, Köln 2005, ISBN 3-412-14505-X, S. 353–388.
  • Hartmut Westermann: Wie disputiert man über das Gute? Lorenzo Vallas De vero bono als Debatte über die richtige Debatte. In: Jahrbuch Rhetorik. 25 (2006), ISSN 0720-5775, S. 30–54.
  • Thomas Sören Hoffmann: Philosophie in Italien. Eine Einführung in 20 Porträts. Marix, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-86539-127-8.
  • Hartmut Westermann: Lorenzo Valla (1407–1457), De libero arbitrio: Die Freiheit des Menschen im Angesicht Gottes. In: Rolf Groeschner, Stephan Kirste, Oliver Lembcke (Hrsg.): Des Menschen Würde – entdeckt und erfunden im Humanismus der italienischen Renaissance. (Politika, 1) Mohr Siebeck, Tübingen 2008, ISBN 978-3-16-149696-7, S. 113–139.