Frankfurt (Main) Hauptbahnhof

Frankfurter Hauptbahnhof

Der Hauptbahnhof von Frankfurt am Main ist Drehscheibe des Verkehrs im Rhein-Main-Gebiet und der größte Bahnhof Europas. Der Bahnhof liegt im Frankfurter Gallusviertel am Alleenring. Teile des Gebäudes liegen unterhalb des Bahnhofsviertels. Das Gebäude wird im Süden durch die Mannheimer Straße, im Norden durch die Poststraße und im Osten durch die Straße Am Hauptbahnhof begrenzt. Im Westen des Kopfbahnhofs liegt das weitläufige Bahnhofsvorfeld.

Hauptbahnhof, Fassade während der Luminale 2004

Geschichte

Ausgangssituation

Bevor der Hauptbahnhof gebaut wurde, existierten am Rand der Gallusanlage, also auf dem Areal des heutigen Bahnhofsviertels, drei Westbahnhöfe. Es waren die Bahnhöfe der Taunusbahn, die Frankfurt mit Wiesbaden verband (ungefähr die heutige S-Bahnlinie S1), der Main-Neckar-Bahn nach Heidelberg (die Main-Neckar-Brücke erinnert noch heute an diese Strecke) und der Main-Weser-Bahn nach Kassel.

Planungen

Mit dem erhöhten Fahrgastaufkommen am Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Westbahnhöfe zunehmend als veraltet angesehen. Weitere Probleme waren die fehlenden Verbindungen zum Hanauer Bahnhof (siehe Ostbahnhof) und zum Südbahnhof. Nach der Annexion Frankfurts durch Preußen wurden ernsthafte Planungen für einen Zentralbahnhof aufgenommen. Er sollte wie auch schon die Westbahnhöfe ein Kopfbahnhof werden. Zunächst dachte man über einen Großbahnhof mit 34 Bahnsteiggleisen nach. Wegen der riesigen Ausmaße eines solchen Bahnhofs arbeitete man dann jedoch eine Variante mit nur 18 Bahnsteiggleisen aus. Post- und Güterabfertigung wollte man unter die Bahnhofshalle verlegen, der Nahverkehr sollte außerhalb abgefertigt werden. Die Stadtverordnetenversammlung, die erst ab 1875 Mitspracherecht bekam, wollte außerdem eine Verlegung der Bahnanlagen weg vom Anlagenring ins ehemalige Galgenfeld (siehe Frankfurt-Gallusviertel). Auf dem Gebiet der Westbahnhöfe sollte ein neuer Stadtteil entstehen. 1881 ging aus dem ersten Architekturwettbewerb Deutschlands Hermann Eggert als Sieger hervor, der nun mit der Planung und Durchführung des Baus des Empfangsgebäudes beauftragt wurde. Der Berliner Architekt Johann Wilhelm Schwedler, der auf die Verwendung von Stahl spezialisiert war, erzielte den zweiten Platz. Er wurde zum Ingenieur der drei neuartigen Bahnhofshallen aus Stahl ernannt.

Realisierung

Am 18. August 1888 konnte nach nur fünf Jahren Bauzeit der Centralbahnhof Frankfurt eingeweiht werden. Es folgten Bauarbeiten für das östlich angeschlossene Bahnhofsviertel, das bis etwa 1900 vollständig bebaut wurde. Bis zum Bau des Leipziger Hauptbahnhofs 1915 war der Hauptbahnhof von Frankfurt am Main der größte Bahnhof Europas.

Erweiterungen und Umbauten

1924 erfolgt eine Erweiterung des Gebäudes um zwei äußere Hallen im Neoklassizistischen Stil. Die Gleiszahl erhöhte sich auf 24. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Hauptbahnhof nur wenig beschädigt. 1956 konnte der Bahnhof vollständig elektrifiziert werden. Ein Jahr später wurde das damals größte Gleisbild-Stellwerk Europas in Betrieb genommen. Das damals moderne Gebäude ist inzwischen selbst zu einem Baudenkmal geworden.

Mit dem so genannten A-Tunnel der Frankfurter Stadtbahn in der Innenstadt begann 1964 der Bau der unterirdischen Anlagen. Unter dem Hauptbahnhof entstanden eine große Ladenpassage (B-Ebene), zwei je viergleisige Bahnhöfe für Stadt- und S-Bahn und eine dreigeschossige Tiefgarage (die auch als Luftschutzbunker genutzt werden kann), durch zahlreiche Gänge und Treppen (damals die ersten öffentlichen Fahrtreppen der Stadt) untereinander und mit Fernbahnhalle, Straßenbahnhaltestellen und Ausgängen zur Stadt verbunden. Die unterirdischen Schnellbahnhöfe wurden 1978 in Betrieb genommen. Die unterirdischen Anlagen wurden in offener Bauweise errichtet: Für den Bau des unter der Fernbahnhalle liegenden S-Bahnhof wurde der Nordflügel des Empfangsgebäudes abgetragen und später mit den Originalsteinen wieder aufgebaut.

Bahnsteig mit erneuertem Dach (2005)

20032006 stehen größere Umbauten an. Zu den wichtigsten gehört die Erneuerung der denkmalgeschützten Dachkonstruktion bis Mai 2006; anschließend sollen die Bahnsteigbereiche neu gestaltet werden. Auch die sonstige Innengestaltung der Bahnhofs- und Empfangshallen sowie des Tiefbahnhofs wird modernisiert. So wurden zum Beispiel in der unterirdischen Stadtbahnhaltestelle die 30 Jahre alten Bilder von Frankfurt durch neue ersetzt.

Auch im betrieblichen Bereich wird zur Zeit gebaut. Im Zuge der Elektronifizierung der Leit- und Sicherungstechnik im gesamten Knoten Frankfurt/Main wird auch das riesige Drucktastenstellwerk des Hauptbahnhofs durch ein elektronisches Stellwerk ersetzt. Diese Maßnahme soll November 2005 abgeschlossen sein. Sie ist dringend notwendig, da für das Altstellwerk seit 1986 ein Umbauverbot besteht, wodurch seit Jahren geplante Maßnahmen zur Kapazitätssteigerung des Knotens nicht umgesetzt werden können.

Zu diesen äußerst umfangreichen Knotenausbaumaßnahmen gehören Spurplananpassungen, um die Ein- und Ausfahrgeschwindigkeit auf 60 km/h zu steigern, die Verlängerung zahlreicher Bahnsteige, der Neubau einer Mainbrücke und eines Überwerfungsbauwerks sowie umfangreiche Anpassungen in den Zulaufbahnhöfen West, Süd, Sportfeld und Höchst und deren Anbindungen. Nach Erreichen des Endzustandes (geplant für ca. 2013) wird der Fernverkehr auf den Gleisen 1-6 an der Südseite, der Regionalverkehr an der Nordseite des Bahnhofs abgewickelt werden.

Architektur

Oberirdischer Teil

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Uhr des Hauptbahnhofs

Der oberirdische Teil des Frankfurter Hauptbahnhof gliedert sich in Perron (Bahnsteighalle) und Vestibül (Empfangshalle). Die Empfangshalle mit der älteren, im Stil der Neurenaissance gestalteten Fassade und der neuklassizistischen Erweiterung ist nach Osten gerichtet und schließt damit den Kopfbahnhof in Richtung Bahnhofsviertel ab. In der Mitte befindet sich der große Haupteingang mit der anschließenden Hauptempfangshalle. Er besteht aus drei Türeinheiten, die durch zwei mächtige Pfeiler geteilt werden. In der Mitte darüber befinden sich eine verzierte Uhr mit den Allegorien von Tag und Nacht und das Firmenlogo der Deutschen Bahn (DB) mit dem Schriftzug „Hauptbahnhof“. Die Teilung in drei Achsen wird auch im Dachbereich fortgesetzt, wo große Glasflächen das Tageslicht einlassen. Die Dreiteilung der Bahnsteighallen entsprach der Nutzung durch drei Eisenbahngesellschaften: Taunusbahn, Preußische Staatsbahn und Hessische Ludwigsbahn. Zu beiden Seiten der Fassade befindet sich je ein Turm. Auf der Dachmitte steht eine Plastik des Atlas, der die Weltkugel auf seinen Schultern trägt. Ihm zur Seite stehen die Symbolfiguren von Dampf und Elektrizität. Diese 6,3 Meter hohe, in Bronze getriebene Figurengruppe soll die besondere Bedeutung des Bahnhofs betonen.

Südlich und nördlich des Hauptvestibüls befinden sich die vier Nebenempfangshallen. Die zwei äußersten davon sind neoklassizistisch gestaltet und verfügen über den Süd- bzw. Nordeingang. Westlich zum Empfangsgebäude schließt sich die Bahnsteighalle an. Sie besteht aus fünf Stahl- und Glashallen, die auf einer Länge von 186 Metern die Bahnsteige überdachen. Über die gesamte Breite der Hallen erstreckt sich der Querbahnsteig, der Zugang zu allen 24 überirdischen Hauptgleisen ermöglicht. Die rechtwinklig dazu angelegten Bahnsteige sind zusätzlich durch eine Unterführung (Quertunnel) im Westen verbunden. Seit November 2002 (bis voraussichtlich Sommer 2006) werden die Dächer der fünf Bahnsteighallen im laufenden Betrieb komplett erneuert. Hierzu wurde in acht Metern Höhe eine Stahlkonstruktion über die Länge des Daches eingezogen, auf der Arbeitsbühnen beliebig verschoben werden können. Durch die Sanierung des Bahnhofsdaches wird deutlich mehr Tageslicht eingelassen und die Binder, die das Dach tragen, werden wie im Originalzustand hellgrau gestrichen und damit heller wirken.

Katakomben

Unterhalb der Bahnsteighallen erstreckt sich ein weitläufiges System von Tunneln, die bis in die 1970er Jahre der Post- und Gepäckabfertigung dienten. Sie heißen im Jargon der damaligen Eisenbahner Katakomben und waren ein Problem beim Errichten tragfähiger Gerüstpfeiler für die Dachsanierung; die Pfeiler mussten teilweise durch die Bahnsteige bis in die Tiefebenen hinabgetrieben werden. In den Katakomben ruhen erhebliche Altlasten, zum Beispiel der ölgetränkte Untergrund der Werkstatt, in der früher die Dieselschlepper gewartet wurden, die in den Tunneln verkehrten.

Tiefbahnhof

S-Bahn im Tiefbahnhof

Im klaren Gegensatz zu dem klassischen Kopfbahnhof ist der unterirdische Tiefbahnhof gestaltet. Hier dominieren orangene Kacheln und weißes Mauerwerk im S-Bahn-Bereich, Braun im U-Bahn- (Stadtbahn-) Bereich. Erreicht wird der S-Bahnhof über zwei Fahrtreppenzugänge zunächst über eine Zwischenebene mit Fahrplänen und Fahrkartenautomaten, die etwa auf der Höhe des U-Bahnhofs liegt. Die zwei Inselbahnsteige für die zwei verschiedenen Fahrtrichtungen (Ost – in die Innenstadt – und West) liegen darunter. Die Zugänge zur U-Bahnstation liegen weiter östlich, einer davon in der Hauptempfangshalle, andere außerhalb des Empfangsgebäudes. Man gelangt zunächst wie beim S-Bahnhof in eine Zwischenebene, die sehr großzügig in der Fläche, jedoch sehr niedrig in der Höhe gestaltet wurde. Von hier aus erreicht man auch die Bahnsteige der S-Bahn. Zur U-Bahn führen vier Rolltreppen, zwei nördlich und zwei südlich.

Nutzung

Bahnbetrieb

In Kürze
Anzahl Betriebsgleise: 120
Anzahl Bahnsteiggleise
oberirdisch:
24 Hauptgleise,
1 Nebengleis,
3 Trambahnstationen
à 2 Gleise
unterirdisch: 4 S-Bahn-Gleise,
4 U-Bahn-Gleise
Zugbewegungen
(täglich):
700 fern
1100 nah
Fahrgäste
(täglich):
350.000

Als der Bahnhof im 19. Jahrhundert geplant und gebaut wurde, war die Konzeption als Kopfbahnhof durchaus üblich. Es wurde schon mehrfach diskutiert, alle Gleise unterirdisch zu verlegen, und so eine Durchfahrt auch für Fernzüge zu ermöglichen, diese Planungen scheiterten jedoch. Das letzte Projekt dieser Art war Frankfurt 21, wonach das gesamte Gleisvorfeld verschwinden sollte und an dessen Stelle mehrere Wolkenkratzer gebaut werden sollten.

Im Fernverkehr profitiert der Hauptbahnhof von seiner zentralen Lage innerhalb Europas. Von den 22 Linien des InterCityExpress (ICE) halten hier zehn. Zusätzlich haben alle ICE-Sprinter im Hauptbahnhof ihren Ausgangs- bzw. Endpunkt. Trotz der guten Lage ist im Fernverkehr eine Entlastung des Hauptbahnhofs durch Verlegung einiger Linien auf den Flughafen Fernbahnhof und den Südbahnhof zu beobachten. Zwei ICE-Linien halten mittlerweile planmäßig am Flughafen, eine von ihnen fährt anschließend nur noch den Südbahnhof an.

Im Regionalverkehr ist der Hauptbahnhof der Hauptknotenpunkt des Rhein-Main-Verkehrsverbundes. 15 RMV-Linien beginnen oder enden hier und verbinden Frankfurt regelmäßig mit Koblenz, Limburg an der Lahn, Kassel, Nidda, Stockheim, Siegen, Fulda, Würzburg, Mannheim, Heidelberg, Dieburg, Eberbach, Worms und Saarbrücken. Dazu kommen die Vorortbahnen der Frankfurt-Königsteiner Eisenbahn nach Königstein im Taunus (K-Bahn) und Brandoberndorf (Taunusbahn). Im S-Bahn-Betrieb nimmt der Hauptbahnhof ebenfalls eine besondere Rolle ein. Er wird von allen neun Linien der S-Bahn Rhein-Main erreicht.

Im Nahverkehr ist der Frankfurter Hauptbahnhof an das Netz der TraffiQ angeschlossen. Insgesamt fünf Straßenbahnlinien, die U-Bahn-Linie U4, die unterirdische Straßenbahnlinie U5 und drei Omnibuslinien verkehren hier.

Siehe auch:

Ausstattung

Datei:Am-hauptbahnhof.jpg
Nordseite des Hauptbahnhofes (Poststraße)

Die Hauptempfangshalle verfügt über ein Reisezentrum der Deutschen Bahn AG sowie über zahlreiche Fahrkartenautomaten. Die kleineren Empfangshallen enthalten heute Verwaltungs- und Geschäftsräume wie zum Beispiel einen Markt im Bahnhof. Im oberen Geschoss befindet sich eine VIP-Lounge, von der aus man die Perronhalle überblicken kann.

In den fünf Bahnsteighallen befinden sich die 24 oberirdischen Hauptgleise. Ein weiteres Nebengleis (Gleis 1a) befindet sich neben den Hallen, westlich hinter dem Empfangsgebäude. Hinter den Perronhallen sind die Bahnsteige überdacht weitergeführt. Die Bahnsteigdächer stammen aus den verschiedensten Epochen.

Parallel dazu verlaufen unterirdisch die Gleise des S-Bahn-Tiefbahnhofs. Insgesamt verfügt dieser über vier Gleise (Gleis 101 – Gleis 104). Zwischen S-Bahnhof und Empfangsgebäude und orthogonal zu den S-Bahngleisen befindet sich die ebenfalls unterirdische Stadtbahnhaltestelle.

Größe

Über die Größe des Frankfurter Hauptbahnhofs wird oft gestritten, insbesondere im Vergleich zum Leipziger Hauptbahnhof. Dabei muss man beachten, was genau das Vergleichskriterium ist. Nimmt man zum Beispiel die Anzahl der Bahnsteiggleise, so liegt der Frankfurter Hauptbahnhof knapp, mit einem Nebengleis vorne. Ein anderes Kriterium, das oft zum Vergleich angewandt wird, ist die Anzahl der Reisenden oder der Besucher allgemein. Dabei weist der Frankfurter Hauptbahnhof täglich etwa 350.000 Reisende auf, der Leipziger 70.000.

Siehe auch: Bahnhof, Deutsche Bahn, Frankfurt-Bahnhofsviertel, Kaiserstraße (Frankfurt)

Literatur

  • Heinz Schomann: Der Frankfurter Hauptbahnhof. Ein Beitrag zur Architektur- und Eisenbahngeschichte der Gründerzeit, 1983, ISBN 3-42102-801-X
  • Bundesbahndirektion Frankfurt am Main: 100 Jahre Hauptbahnhof Frankfurt am Main, HESTRA-Verlag, Darmstadt 1988.