Geschichte von Belarus

Wladimir von Kiew und die Prinzessin Rahneda von Polazk (Gemälde aus dem Jahre 1770)

Die Geschichte von Belarus umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet der Republik Belarus von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Sie ist geprägt von der Lage des Landes am Übergangsbereich zwischen dem katholisch geprägten polnischen und dem orthodox geprägten russischen Einflussbereich. So kam es häufig zu Herrschaftswechseln und Besetzungen durch fremde Mächte.

Vor- und Frühgeschichte

Mittelpaläolithische Werkzeuge, Museum für die Geschichte und Kultur von Belarus, Minsk

Zum Ende der letzten Eiszeit gehörte das Gebiet des heutigen Belarus zum östlichen Gravettien, danach zum Epi-Gravettien. Westlich gehörten dazu die Swidru-Gruppen, im Osten die Gruppen um die Kostënki-Funde. Für die Mittelsteinzeit (Mesolithikum) kennen wir im Westen die Janislawice-K., deren östliche Ausdehnung nicht genau bestimmt ist.

In der Jüngeren Steinzeit (Neolithikum) soll sich von hier schon früh die Keramik nach Westen in die baltischen Gebiete ausgebreitet haben.

Anthropomorphe Darstellung aus dem Neolithikum, Asavicts-2

Im Spät-Neolithikum ist die Ober-Dneper-Kultur bekannt, die mit der Mittel-Dneper-Kultur zusammenhängt. Weitere mögliche Zusammenhänge bestehen mit der östlichen Jamnaja-Kultur. In der Bronzezeit scheint das gesamte Gebiet mehr mit der baltischen Frühbronze zusammenzuhängen.

Frühes Mittelalter

Über die Frühgeschichte von Belarus ist nur wenig bekannt. Es kann angenommen werden, dass das Gebiet des Landes von Slawen besiedelt war.[1][2] Das Gebiet von Belarus wurde im Frühmittelalter wiederholt von Wikingern durchquert. Diese gründeten im heute ukrainischen Kiew das Reich der Kiewer Rus, das auch zunehmend Einfluss über das Gebiet des heutigen Belarus gewann. 988 initiierte der Kiewer Großfürst Wladimir der Große die Christianisierung der Rus, womit das orthodoxe Christentum auch im späteren Belarus Einzug fand. Von dieser Zeit zeugen neben den Borissteinen an der Düna die Sophienkathedrale von Polozk, es begann der steinerne Bau in vielen weiteren Städten, die kyrillische Schrift fand Verbreitung.

Um 1000 gründeten sich auf dem Gebiet von Belarus verschiedene selbständige Fürstentümer, die mehr oder weniger Bestandteile der Kiewer Rus waren. Einige Beispiele dafür wären die Fürstentümer Klezk, Kobrin, Mensk, Pinsk, Polazk, Sluzk oder Turow.

Großfürstentum Litauen

Nach dem Mongoleneinfall in Osteuropa und der Zerschlagung der Kiewer Rus hatten sich die belarussischen Fürsten im 13. Jahrhundert mehr oder weniger freiwillig dem Großfürstentum Litauen angeschlossen. Die Schicksale von Belarus und Litauens waren nun für 600 Jahre miteinander verbunden. Beide Völker heißen in ihren Sprachen „Litauer“ (lietuvis bzw. litwin). Belarus machte damals den Hauptteil des Staatsgebietes aus.

Die Staatsbildung fand in den belarussischen Territorien statt

Mit der Zeit wurde die altruthenische Kultur und Sprache, ein Vorläufer der belarussischen Sprache, im Großfürstentum dominant (siehe Goldenes Zeitalter (Belarus)), weshalb sich das Großfürstentum Litauen und später Polen-Litauen von nun an als rechtmäßiger Erbe der Rus (magnus dux Littwanie, Samathie et Rusie) sah und im 15. und 16. Jahrhundert zum Konkurrenten des Großfürstentums Moskau bei der Sammlung der russischen Länder wurde.

Nach dem Tod von Polens König Kasimir III. des Großen eröffnete sich 1385/86 die Möglichkeit, Polen durch Heirat mit dem damals noch nicht christianisierten Litauen zu verbinden. Der litauische Großfürst Jogaila ließ sich taufen, verband sich in der Union von Krewo ehelich mit Polens Königin Hedwig von Anjou, bestieg den polnischen Thron und begründete als König Władysław II. Jagiełło von Polen das Herrscherhaus der Jagiellonen. Das Großfürstentum Litauen überließ er seinem Cousin Vytautas (poln. Witold, 1401 Großfürst), der es bis zu seinem Tod 1430 regierte.

Die Personalunion von Krėva (Krevo) hatte einschneidende Folgen für die russisch-orthodoxe Kirche. Zwar sollte der Status quo erhalten bleiben, doch in der Folgezeit wurden die orthodoxe Minderheit im Osten von Belarus und in der Ukraine schlechter gestellt als die Katholiken.

Mit der Schlacht bei Tannenberg (15. Juli 1410, belarussisch Грунвальд/Grunwald), bei der die Truppen des Deutschen Ritterordens aus Preußen und Livland vernichtend geschlagen wurden, konnten die Grenzen nach Norden endgültig befestigt werden (die Grenze mit Ostpreußen hatte bis 1918 unverändert Bestand). Errungen wurde dieser Sieg von vereinten polnischen und litauischen Truppen, denn Polens König Władysław II. Jagiełło und Großfürst Vytautas agierten zusammen.

In den sich an die Tode Vytautas’ und Jogailas (1434) anschließenden Nachfolgekämpfen konnte der polnische Adel seinen Einfluss nach und nach vergrößern. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts spielte das benachbarte Großfürstentum Moskau eine entscheidende Rolle für das Großfürstentum Litauen. Angesichts der äußeren Bedrohung zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert zerfielen im eigentlichen Litauen und den dazugehörigen Landesteilen die weißrussischen Gebiete. Der benachteiligte Adel der peripheren Gebiete versprach sich mehr Vorteile und Macht bei einem Übertritt zum Großfürstentum Moskau. So schlossen sich zwischen 1487 und 1493 mindestens vier Fürstenhäuser aus den Ostprovinzen des Großfürstentums Moskau an. Ende der 1490er-Jahre verließen dann die Fürsten Semjon Belski, Semjon und Iwan Moschaijski und Wassili Schemjatitsch den litauischen Verbund. Immer wieder kam es zu Grenzkonflikten zwischen beiden Reichen. Am Ende des Krieges musste Litauen 1503 die Gebiete Tschernihiw, Nowgorod-Sewers, Gomel, Brjansk, Putiwl, Starodub und Mzensk an Moskau abtreten. Wenig später, 1514, kam es erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Streitkräften Moskaus und Litauens. In dieser Zeit wurde unter der Führung Moskaus eine antijagelionische Allianz gegründet mit dem Ziel, das Großfürstentum aufzuteilen und die weißrussischen Provinzen dem Großfürstentum Moskau zuzuschlagen. Der Sieg, den die Truppen unter dem Oberkommando Konstantin Ostroschkis in der Schlacht bei Orscha am 8. September über das Moskauer Heer errangen, hielt die Expansion Moskaus nach Westen jedoch vorerst auf.[3] Unter dem Eindruck der Moskauer Offensive im Livländischen Krieg (1558–1582/83), bei dem Russland und das litauische Großfürstentum zeitweilig die Hauptwidersacher waren, musste Litauen 1569 der Union von Lublin mit Polen zustimmen. Diese bildete auch für die Geschichte der (damals litauischen) Ukraine eine deutliche Zäsur.

Die ukrainischen Länder wurden nun direkt dem Königreich Polen unterstellt und die kulturelle und religiöse Integration des ukrainischen in den polnischen Adel beschleunigt. Es bildete sich eine tiefe Kluft zwischen dem privilegierten katholischen Adel und der orthodox gebliebenen ukrainischen Unterschicht.

In den folgenden gut 200 Jahren verlor Litauen kontinuierlich an politischer Dominanz. Die meisten relevanten Entscheidungen fielen in Krakau und Warschau. Es war aber ein kulturelles Zentrum der Juden in Osteuropa mit eigenen Schulen, einer großen Bibliothek und zahlreichen Jeschiwot. Die berühmteste Figur war Rabbi Elijah Ben Salomon Salman, genannt der Gaon von Wilna, (1720–1797), der sich leidenschaftlich für traditionelles Judentum mit Schwerpunkt auf dem Studium von Tora und Talmud sowie gleichzeitig für moderne Naturwissenschaften interessierte.

Russische Herrschaft

Ende des 18./ Anfang des 19. Jahrhunderts kam das Gebiet nach und nach unter russische Herrschaft durch die sog. Teilungen Polens. Es bestand nur noch aus Gouvernements, die zentralistisch von Sankt Petersburg aus regiert wurden und starken Russifizierungsversuchen ausgesetzt waren, die sich vor allem gegen die polnische Oberschicht richteten. So wurde der belarussische Dialekt verboten. Erst nach der Revolution von 1905 wurde dessen Gebrauch wieder legalisiert, durfte jedoch auch weiterhin nicht in den Schulen unterrichtet werden. Gegen das Polnische richtete sich auch das Verbot des lateinischen Alphabets. Bereits 1839 hatte der Zar die unierte Kirche in Belarus und der Ukraine verboten, um den katholischen Einfluss in diesen Gebieten zurückzudrängen. Jene Bevölkerungsteile, die dieser Konfession angehört hatten, wurden gedrängt, den orthodoxen Glauben anzunehmen. 1863/64 kam es zu Aufständen gegen die russische Herrschaft unter der Führung Kastus Kalinouskis, welche jedoch blutig niedergeschlagen wurden.

1918–1920

Reisepass der Weißrussischen Volksrepublik

Am 25. Februar 1918 rückten deutsche Truppen in Minsk ein.

Unter deutschem Schutz, aber ohne das Einverständnis der Besatzungsmacht, wurde am 25. März 1918 zum ersten Mal die Unabhängigkeit von Belarus proklamiert. Die „Rada“, das Exekutivorgan des I. Weißrussischen Volkskongresses, deklarierte die Loslösung von Sowjetrussland und rief die „freie und unabhängige Weißrussische Volksrepublik“ („Belaruskaja Narodnaja Respublika“) aus, die weder vom Deutschen Reich noch von den Westmächten anerkannt wurde. Sie existierte nur ein halbes Jahr bis Herbst 1918, gilt aber historisch und im Bewusstsein der Weißrussen als der Gründungsakt einer eigenen weißrussischen Staatlichkeit.

Im Zuge der deutschen Novemberrevolution, der Hinfälligkeit des Vertrages von Brest-Litowsk und des Bürgerkrieges im benachbarten Russland, der auch auf Belarus übergriff, geriet das Land unter die Kontrolle der Kommunisten. In dieser Phase wurde am 1. Januar 1919 in Smolensk die Weißrussische SSR proklamiert und deren Verwaltung schon eine Woche später nach Minsk verlegt. Von Westen her versuchte Polen unter Marschall Józef Piłsudski, weite Teile von Belarus unter seine Kontrolle zu bringen, um dort einen mit Polen föderierten Staat zu bilden. Er wollte an die Traditionen des Großherzogtums Litauen anknüpfen. Am 27. Februar 1919 fusionierte die Weißrussische SSR mit Litauen für einige Monate zur Litauisch-Weißrussischen SSR, die aber im Juli 1919 während des Polnisch-Sowjetischen Krieges durch polnische Truppen zerschlagen wurde.

Belarus als Teil Polens und der Sowjetunion, 1939 (vor dem Zweiten Weltkrieg)

Im August 1919 besetzte Polen einen großen Teil von Belarus und auch die Hauptstadt Minsk. Diese Besetzung dauerte bis zum 11. Juli 1920 an. Am 1. August 1920 wurde schließlich die Weißrussische SSR (BSSR) neugegründet.

1920 erkannte Polen die BSSR an, Belarus wurde zwischen Polen und der BSSR aufgeteilt.

Zwischen den Weltkriegen (Sowjetunion)

Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg gehörte der westliche Teil des heutigen Belarus zu Polen, der östliche zur Weißrussischen SSR, die 1922 Gründungsmitglied der Sowjetunion war.

In Reaktion auf die Herrschaft der Bolschewiki ereignete sich 1920 der Aufstand von Sluzk, mit dem Ziel einen unabhängigen weißrussischen Staat zu schaffen.

In Polen stieß die von Piłsudski und den Sozialisten propagierte Idee einer Autonomie für die von Weißrussen besiedelten Gebiete auf große Kritik, besonders bei der nationalistischen Mehrheit im Sejm. Die Nationaldemokraten unter Roman Dmowski setzten auf eine Polonisierung der nicht-polnischen Bevölkerung der Ostgebiete. Die Folge war eine ambivalente Politik gegenüber den Weißrussen: Einerseits hatten sie ihre Vertretung im Parlament (Hramada, Bündnis der Nationalen Minderheiten), ihre Schulen und Gesellschaften. Diese wurden aber im Vergleich zu Ostgalizien oder Wolhynien stärker diskriminiert. Im Zuge der angestrebten Polonisierung wurden in den Jahren 1929–1939 ca. 300.000 Polen in Westweißrussland angesiedelt.

Flagge der Weißrussischen SSR 1919–1937
Flagge der Weißrussischen SSR 1937–1940 /1951

Auf der sowjetischen Seite genossen die Belarussen zunächst eine ziemlich große Autonomie. Diese war Teil der sowjetischen Nationalitätenpolitik. Es wurde eine quasi-unabhängige Republik errichtet, die 1929 und 1932 territorial vergrößert wurde. Belarussisch wurde zusammen mit Russisch und Polnisch als offizielle Sprache der Republik anerkannt. Viele weißrussische Intellektuelle übersiedelten aus Wilna (Vilnius) nach Minsk. Die katholischen, orthodoxen und jüdischen Geistlichen waren jedoch schon unter Lenin der Verfolgung ausgesetzt: nicht nur verbot man den Religionsunterricht in den Schulen, sondern man schloss auch Kirchen und Synagogen, erlegte den Kirchen immer wieder neue Steuern auf und verschleppte Geistliche nach Sibirien. Unter Stalin wurde auch ein großer Teil der weißrussischen Intelligenzija verfolgt und ermordet (siehe: Kurapaty). Belarus blieb auch von der Hungersnot der Jahre 1932/33 („Holodomor“) nicht verschont.[4] Trotzdem nahm das Land Flüchtlinge aus dem Süden auf. Die 1930er Jahre standen unter dem Zeichen der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und der Industrialisierung der Sowjetunion.

Zweiter Weltkrieg

Am 17. September 1939 erfolgte die Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee. Im geheimen Zusatzprotokoll des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes wurden die Gebiete zwischen Slutsch und Bug (also ganz Belarus) der sowjetischen Interessensphäre zugeschlagen. Am 22. Oktober 1939 wurde die Wahl zum sogenannten „Volkskongress von Westweißrussland“ durchgeführt, zusammen mit einer Volksabstimmung, in der sich dem offiziellen Ergebnis zufolge 99,9 Prozent der Bevölkerung für den Verbleib bei der Sowjetunion aussprachen. Am 2. November wurde Westweißrussland offiziell an die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik angeschlossen. Die Weißrussische SSR umfasste jetzt nicht nur ethnisch belarussische Gebiete, sondern auch Białystok, Hrodna und Lida, wo in den Städten Polen und Juden die Mehrheit bildeten. Kurz nach der „Aufnahme“ der Regionen Polesien, Białystok und Vilnius in die UdSSR wurden sogenannte Volksfeinde wie polnische Adelige, polnische und jüdische Unternehmer, belarussische Intelligenzler und Geistliche nach Sibirien und Kasachstan deportiert. Die Zahl der Verschleppten wird auf 400.000 bis 500.000 Menschen geschätzt, ist aber schwer zu überprüfen.

Im Sommer des Jahres 1941 eroberte die deutsche Wehrmacht das Land innerhalb weniger Wochen. Die Rote Armee evakuierte während des Einmarsches rund 20 % der belarussischen Bevölkerung nach Russland und vernichtete den Vorrat an Lebensmitteln.[5] Am 1. September 1941 wurden die Hälfte der westbelarussischen Kresy sowie die Gegend um Minsk zum Generalkommissariat Weißruthenien zusammengefasst, das unter der Leitung von Wilhelm Kube stand. Zusammen mit den Generalkommissariaten Estland, Lettland und Litauen bildete es das Reichskommissariat Ostland.[6]

Die deutsche Invasion brachte starke Zerstörungen. Obwohl man in vielen Gebieten von Belarus anfangs froh über die sowjetische Niederlage war, enttäuschten die Deutschen die lokale Bevölkerung schnell.

Von den etwa 9 Millionen Einwohnern, die den deutschen Besatzern in die Hände fielen, ermordeten von der Wehrmacht und SS geführte Verbände von 1941 bis 1944 1,6 bis 1,7 Millionen Menschen, darunter 700.000 Kriegsgefangene, 500.000 bis 550.000 Juden, 345.000 Opfer der sogenannten Partisanenbekämpfung, denen ganz überwiegend Zivilisten zum Opfer fielen und ungefähr 100.000 Angehörige sonstiger Bevölkerungsgruppen.[7] Die deutschen Soldaten führten einen Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung. Es wurden mehr als 200 Städte und 9000 Dörfer zerstört. Vielfach trieben die deutschen Soldaten die Dorfeinwohner in Scheunen und brannten diese nieder, wie 1943 in Chatyn (nicht zu verwechseln mit Katyn). Heute ist dieser Ort nahe Minsk eine Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges. Allein in Minsk ermordete die deutsche Besatzungsmacht mehr als 100.000 Einwohner. Die jüdische Bevölkerung von Belarus wurde fast vollständig ermordet. Etwa acht bis neun Prozent aller umgebrachten europäischen Juden stammten aus Belarus. Fast alle Städte des Landes waren völlig zerstört. Die Industriebetriebe waren um 85 Prozent, die Industriekapazität um 95 Prozent, die Saatfläche um 40 bis 50 Prozent, der Viehbestand um 80 Prozent zurückgegangen. Es gab nach dem Kriegsende drei Millionen Obdachlose. 25 Prozent der belarussischen Bevölkerung waren umgekommen. Weiterhin wurde ein Großteil der ethnischen Polen (etwa 300.000) in die Polen zugeschlagenen deutschen Ostgebiete zwangsumgesiedelt. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Belarus zehn Millionen Menschen. Erst gegen Ende der 1980er-Jahre hatte die Bevölkerungszahl von Belarus wieder den Vorkriegsstand erreicht.

Während der deutschen Besatzungszeit wurde in Belarus der „Weißruthenische Zentralrat“ (Bielaruskaja Centralnaja Rada – BCR) installiert, eine Marionettenregierung, die historische weißrussische Staatsembleme benutzte. Vorsitzender des BCR war Radasłaŭ Astroŭski. Diese „Regierung“ verschwand nach dem Rückzug der deutschen Ostfront 1944.[8] Auch andere Institutionen wie die Weißruthenische Heimwehr, das Weißruthenische Selbstschutzkorps, die Weißrussische Hilfspolizei, das Weißruthenische Jugendwerk oder das Weißruthenische Selbsthilfewerk wurden gegründet.

Die bewaffnete Widerstandsbewegung von Belarus galt als eine der stärksten Europas. Es gab über 1000 Partisanengruppen, welche zumeist kommunistisch, aber auch nationalistisch orientiert waren. Im Herbst 1943 eroberte die Rote Armee den äußersten Osten des Landes wieder und im Sommer 1944 war das gesamte Land zurückerobert.

1944 bis 1991 (Sowjetunion)

Flagge der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik ab Dezember 1951

Der Rückeroberung durch die Rote Armee im Sommer 1944 folgten umfangreiche Verschleppungen von Funktionären der lokalen Verwaltungen und der KPSU. Doppelt gestraft waren ehemalige Kriegsgefangene, die sich im Rahmen dieser Säuberungsmaßnahmen dem Verdacht ausgesetzt sahen, durch ihre Jahre in deutscher Kriegsgefangenschaft „ideologisch verseucht“ zu sein.[9]

Josef Stalins Angst vor westlichem Einfluss hatte aber auch Nutzen für Belarus, das bald bevorzugtes Ziel sowjetischer Industriepolitik wurde. Dies sowie die fortdauernde Politik der Russifizierung führten zur vermehrten Ansiedlung ethnischer Russen, die bald auch Schlüsselpositionen in Politik und Kultur einnahmen.[9] Kulturpolitisch wurde die belarussische Sprache deutlich benachteiligt, was zu einem starken Rückgang ihres Gebrauchs führte.

Obwohl die SSR als sowjetische Teilrepublik kein unabhängiger Staat war, wurde sie ebenso wie die Ukraine auf Stalins Betreiben Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. US-Präsident Roosevelt ließ sich im Gegenzug das Recht einräumen, zwei seinem Land verpflichtete Mitglieder zu benennen, welches jedoch ungenutzt blieb.[10]

Verseuchung durch radioaktiven Niederschlag

Stark betroffen war das Land vom Reaktorunglück am 26. April 1986 in Tschernobyl in der benachbarten Ukraine, das nur rund zehn Kilometer südlich der belarussischen Grenze liegt. Nach der katastrophalen Kernschmelze und Explosion wurden zehntausende Betroffene auf beiden Seiten der Grenze viel zu spät gewarnt und evakuiert. In Belarus gingen 70 % des Fallouts nieder; rund 22 % des Landes wurden mit Cäsium-137 kontaminiert.

In der Zeit des Kalten Krieges war Belarus für die Sowjetunion von höchster militärischer Bedeutung. Die sowjetischen Streitkräfte nutzten die Sowjetrepublik als Aufmarsch- und Transitland für die gegen die NATO gerichteten Verbände in Mitteleuropa. Wirtschaftlich galt Belarus als eine der produktivsten Sowjetrepubliken; es entstanden Schwerpunkte auf dem Gebiet der chemischen und petrochemischen Industrie sowie des Maschinenbaus.

Bei Wahlen zum Obersten Sowjet von Belarus am 4. März 1990 setzten sich der reformwillige Kandidat Mikalaj Dsemjanzej (russ. Nikolai Dementei) durch. Vollmitglied im Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion war Jafrem Sakalou (russ. Jefrem Sokolow). Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion erklärte das Parlament von Belarus die bisherige Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik am 27. Juli 1990 für souverän. Am 23. April 1991 unterzeichnete der Präsident der Sowjetunion Michail Sergejewitsch Gorbatschow mit den obersten Repräsentanten von neun Republiken (Russland, Ukraine, Belarus, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenistan und Aserbaidschan) in Nowo-Ogarjowo eine Gemeinsame Erklärung über den Fortbestand der Sowjetunion (9+1-Abkommen). Dieser sah die Unterzeichnung eines Unionvertrages und einer Unionsverfassung vor. Am 4. Juni 1991 einigten sich die Präsidenten der neun Unionsrepubliken auf die Änderung des Staatsnamens in Union der Souveränen Sowjetrepubliken. Am 27. Juni 1991 wurde der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) aufgelöst und am 1. Juli 1991 der Warschauer Pakt. Bis 1992 waren rund 100.000 sowjetische Soldaten in Belarus stationiert, davon waren rund 70 Prozent der Offiziere Russen oder Ukrainer. Die Unterzeichnung des neuen Unionsvertrages scheiterte einen Tag zuvor durch den Augustputsch in Moskau gegen Gorbatschow.

Vier Tage nach diesem gescheiterten Putsch verabschiedete der Oberste Sowjet der Republik Belarus am 25. August 1991 einstimmig eine Erklärung zur politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Staates Belarus, und die Kommunistische Partei von Belarus setzte vorübergehend ihre Tätigkeit aus.

Am 5. September 1991 beschloss der Kongress der Volksdeputierten (VDK) das Ende der Sowjetunion und verabschiedete ein Gesetz über die Umwandlung der zentralisierten Sowjetunion in die Gemeinschaft unabhängiger Staaten.

Republik Belarus

Flagge der Republik Belarus 1991–1995
Stanislau Schuschkewitsch, erstes Staatsoberhaupt der Republik Belarus 1991–1994
Flagge der Republik Belarus 1995–2012
Aljaksandr Lukaschenka, Präsident von Belarus seit 1994

Am 26. August 1991 wurde die Republik Belarus ausgerufen. Stanislau Schuschkewitsch wurde Vorsitzender des Obersten Rats der Republik Belarus (Wjarchouny Sawet). Schuschkewitsch ist somit der erste Staatschef von Belarus.

Am 7. Dezember 1991 trafen sich die Präsidenten Boris Jelzin (Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik), Leonid Krawtschuk (Ukraine) und Schuschkjewitsch in einem Jagdhaus für Staatsgäste bei Wiskuli, im belarussischen Teil der Belaweschskaja Puschtscha (deutsch: „Belowescher Heide“).[11] Dort unterzeichneten sie am 8. Dezember 1991 die Belowescher Vereinbarungen (auch Abkommen von Belowesch oder Vertrag von Minsk), mit denen die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten gegründet und die Feststellung getroffen wurde, dass die Sowjetunion „ihre Existenz beendet“ habe.[12] Verfasser der Vereinbarungen war unter anderem Jegor Gaidar.[13] Am 21. Dezember 1991 bestätigten weitere acht Sowjetrepubliken in der Erklärung von Alma-Ata die Belowescher Vereinbarungen und traten der GUS bei, die nun aus 11 von 15 Nachfolgestaaten bestand. Am 25. Dezember trat Gorbatschow zurück und ließ die sowjetische Flagge über dem Kreml einholen.

Am 20. März 1992 wurden offiziell die neuen Streitkräfte der Republik Belarus gebildet. Im April 1992 unterzeichnete Belarus als erster der Nachfolgestaaten der Sowjetunion die Charta von Paris der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE).

Belarus blieb auch nach der Unabhängigkeit von Rohstoff- und Energielieferungen aus Russland abhängig. Die weitere Verwendung des russischen bzw. sowjetischen Rubels als Währung wurde 1992 durch Russland unterbunden, indem es Belarus keine neuen Rubelscheine mehr zur Verfügung stellte. Belarus führte im Juni 1992 mit dem Belarussischen Rubel eine eigene Währung ein. Danach kam es zu einer Hyper-Inflation mit über 2200 Prozent. Staatspräsident Schuschkewitsch packte wirtschaftliche Reformen nur zögerlich an und konnte sich nicht gegen die bestehenden Einflüsse der Altkommunisten unter der Regierung von Wjatschaslau Kebitsch in der Wirtschaft durchsetzen.

Am 3. Februar 1993 hob das Parlament das im August 1991 verhängte Verbot der Kommunistischen Partei (KPdSU) mit 220 gegen 10 Stimmen wieder auf, allerdings blieb deren Eigentum im Staatsbesitz. Am 1. Juli 1993 scheiterte knapp ein Misstrauensvotum gegen den Parlamentspräsidenten Schuschkewitsch, da der Antrag wegen der fehlenden absoluten Mehrheit der Abgeordneten scheiterte, obwohl 166 von 204 Abgeordneten für eine Absetzung votierten. Am 29. Juli 1993 gewährte der Internationale Währungsfonds (IWF) dem wirtschaftlich angeschlagenen Staat einen Kredit über 98 Millionen US-Dollar.

Am 15. Januar 1994 besuchte US-Präsident Bill Clinton die Hauptstadt Minsk und sicherte Belarus weitere Finanzhilfen in Höhe von 101 Millionen US-Dollar zu, die zum vollständigen Abbau der auf belarussischen Territorium stationierten ehemaligen sowjetischen Interkontinentalraketen beitragen sollten. Am 9. April 1994 trat Belarus dem Verteidigungsbündnis der GUS bei.

Am 26. Januar 1994 musste Parlamentspräsident Schuschkewitsch zurücktreten, da das von Kommunisten mehrheitlich besetzte Parlament ihn mit 209 gegen 36 Stimmen das Misstrauen aussprach. Als Nachfolger wurde am 28. Januar 1994 mit 183 gegen 51 Stimmen Metschyslau Hryb zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Zugleich wurde Ministerpräsident Wjatschaslau Kebitsch mit 175 gegen 101 Stimmen im Amt bestätigt. Am 15. März 1994 wurde vom Parlament eine neue Verfassung beschlossen, die die Umwandlung in ein Präsidialsystem umfasste.

Herrschaft Aljaksandr Lukaschenkas

Am 20. Juli 1994 setzte sich Aljaksandr Lukaschenka nach einem von der OSZE und den USA als fragwürdig eingestuften, von Korruptionsvorwürfen geprägten Wahlkampf gegen Schuschkewitsch und Kebitsch mit 44,8 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang durch und siegte in der Stichwahl gegen Kebitsch mit 80,3 Prozent der Stimmen. Am 20. Juli 1994 wurde Lukaschenka zum ersten Präsidenten des Landes gewählt. Neuer Ministerpräsident wurde der Bankier Michail Tschyhir. Lukaschenka ging sofort gegen die sich politisch und ökonomisch nach Westen orientierende Presse vor und prangerte wiederholt die Finanztransfers politischer Organisationen an befreundete Organisationen und Medien in Belarus an. Von zumeist westlichen Kritikern wird er häufig wegen seines autoritären Regierungsstils und der rigiden Unterdrückung Oppositioneller als „der letzte Diktator Europas“ bezeichnet. Lukaschenka strebte eine Wiedervereinigung mit Russland und der Ukraine an und erhoffte sich dadurch schnellere wirtschaftliche Erfolge. Bis 1997 blieben weiterhin 90 Prozent der Wirtschaft unter staatlicher Kontrolle.

Mit Russland wurden ab 1995 mehrere Staatsverträge zur engeren Verbundenheit unterzeichnet und auch das Ziel eines Staatenbundes zur Russisch-Belarussischen Union umfasst, dessen Verwirklichung sich bisher auf eine Verteidigungsgemeinschaft, eine Wirtschaftsgemeinschaft und auf gemeinsame politische Konsultationen stützt. Für einen Kredit in Höhe von 25 Millionen Euro wurde mit Russland 1995 die Nutzung von militärischen Anlagen und Stützpunkten in Belarus abgeschlossen. Die aus der Sowjetunion verbliebenen 18 Interkontinentalraketen vom Typ RS-12M wurden bis Ende 1996 an Russland zurückgegeben. Siehe: Belarussische Streitkräfte

Im Juli 1995 wurden per Dekret des Präsidenten oppositionelle Zeitungen und Zeitschriften und am 21. August 1995 unabhängige Gewerkschaften verboten und in den Schulen und Universitäten wieder Lehrbücher mit kommunistisch geprägter Ideologie eingeführt.

Innenpolitisch konnte Lukaschenka seine Macht weiter ausbauen und die Aushebelung der Gewaltenteilung forcieren. Gegen den Widerstand der Parlamentsmehrheit und gegen die Vermittlungsbemühungen des russischen Ministerpräsidenten Wiktor Stepanowitsch Tschernomyrdin hielt der Präsident am 24. November 1996 ein Volksreferendum ab, das ihm erheblichen Machtzuwachs zusprach, bis hin zur Ernennung von Richtern. Aus Protest trat der oberste Verfassungsrichter Tichinja von seinem Amt zurück.

Infolge von Menschenrechtsverstößen und Dissonanzen hinsichtlich einer marktwirtschaftlichen Öffnung des Landes verhängte die Administration der Europäischen Union für die belarussische Regierung 1997 ein Einreiseverbot.

In den Jahren 1999 und 2000 fielen vier Regierungsgegner in Belarus dem Verschwindenlassen zum Opfer. Der Europarat machte belarussische Regierungsbeamte für die Entführungen und Ermordungen verantwortlich.[14]

Nach dem Amtsantritt des russischen Präsidenten Wladimir Putin kühlte sich zunächst das Klima zwischen Russland und Belarus ab. 2001 ließ er sich in einer vermutlich verfassungswidrigen Abstimmung als Präsident bestätigen, obgleich seine erste Amtszeit abgelaufen war. Neben dem außenpolitischen Kontakt zu Russland gibt Lukaschenka (Stand 2011) den Beziehungen zu Nordkorea, Venezuela, zum Iran, in den Sudan und in die Volksrepublik China (bis 2003 auch zum Irak und bis 2011 auch zu Libyen) Priorität.

Im Herbst 2005 unternahmen Russland und Belarus nochmals Anstrengungen zur Integration einiger ex-sowjetischer Teilrepubliken und zu gemeinsamen Verfassungsakten. Neben der bereits existierenden interparlamentarischen Versammlung und einem Gremium von Regierungsvertretern wurde ein geringes länderübergreifendes Budget vereinbart. Auch ein Zollabkommen, wonach russische Beamte an der belarussisch-polnischen Grenze kontrollieren dürfen, trat in Kraft.

Protestkundgebung vom 21. März 2006

Vor der Präsidentschaftswahl am 19. März 2006 verschärfte Lukaschenka sein Vorgehen gegen Kritiker. Belarussische und russische Politiker sowie Intellektuelle haben wiederholt die finanziellen Unterstützungen marktwirtschaftsorientierter Politiker seitens EU-Organisationen kritisiert. Er gewann die Wahl mit 82,6 Prozent der Stimmen und trat seine dritte Amtszeit an.

Am 18. Mai 2006 beschloss die Europäische Union, die Konten von Präsident Lukaschenka und 35 weiteren Regierungsbeamten einzufrieren. Am 19. Juni 2006 verschärften auch die USA ihre Sanktionen gegen die Regierung und ließen angeblich auf amerikanischen Banken im In- und Ausland gelagertes Vermögen des Präsidenten sowie neun weiterer Personen seiner Regierung einfrieren. Lukaschenka selbst gab in einem Interview mit der Berliner Morgenpost an, „nichts gestohlen [und] keine Konten bei ausländischen Banken“ zu haben.[15]

Im November 2007 wurde in Belarus die politische Vereinigung Belaja Rus gegründet. Sie soll nach dem Vorbild der russischen Präsidentenpartei Einiges Russland als Massenpartei die Politik Lukaschenkas unterstützen und ihm bei Bedarf die Möglichkeit bieten, Massenkundgebungen zu seiner Unterstützung zu mobilisieren.[16]

Die Opposition gewann weder bei der Parlamentswahl im September 2008 noch bei der Wahl im September 2012 einen Sitz im Parlament. Erst bei der Wahl im September 2016 konnten zwei Kandidatinnen der Opposition in das Parlament einziehen.[17]

Im Zuge der Präsidentschaftswahl in Belarus 2010 kam es zu einer Massenkundgebung am Unabhängigkeitsplatz in Minsk, die gewaltsam niedergeschlagen wurde.[18]

Demonstration gegen Wahlfälschung am 16. August 2020 in Minsk

Nach der Präsidentschaftswahl in Belarus 2020, bei der unabhängige Beobachter zahlreiche Fälle von Wahlfälschung dokumentieren konnten, kam es zu landesweiten Massenprotesten.[19] Nach der Wahl waren Demonstranten repressiven polizeilichen und behördlichen Maßnahmen ausgesetzt. Bei den täglichen Protesten wurden über 33.000 Menschen festgenommen,[20] und über 250 verletzt (darunter auch Kinder).[21] Es wurde von vielfachen Festnahmen, massiver Gewalt und Folterungen, insbesondere im Minsker Gefängnis Okrestina, berichtet.[22] Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte sprach davon, dass man Berichte von über 450 dokumentierten Fällen von Folter und Misshandlungen seit dem Tag der Präsidentschaftswahl erhalten habe. Dazu zählten auch sexueller Missbrauch und Vergewaltigung.[23] Zwei Demonstranten wurden erschossen, einer verstarb aufgrund unterlassener medizinischer Hilfeleistung in Haft und einer wurde zu Tode geprügelt.[20][24][25][26] Die Polizei schoss teilweise mit scharfer Munition auf Demonstranten.[27] Bis heute wurde kein einziges Strafverfahren gegen die Handlungen der Sicherheitskräfte eröffnet.[28][29][30]

Am 23. Mai 2021 wurde der Ryanair-Flug 4978 von Athen nach Vilnius zur Landung in Minsk umgeleitet aufgrund einer erfundenen Bombendrohung. Der an Bord befindliche belarussische Journalist Raman Pratassewitsch und seine Freundin Sofia Sapega wurden festgenommen. Zahlreiche Staaten haben dies scharf kritisiert und Sanktionen gegen Belarus verhängt.

Beim russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 stellte Lukaschenka das belarussische Staatsgebiet für den russischen Aufmarsch zur Verfügung. Am 27. Februar gab er zu, dass russische Truppen „zwei“ Raketen von Belarus aus abgefeuert hätten.[31]

Literatur

  • Anastasia Antipova: Die nationalsozialistische Sprachpolitik im besetzten Weißrußland 1941–1944 (Linguistik international, Bd. 41). Peter Lang, Berlin usw. 2018, ISBN 978-3-631-74722-3
  • Dietrich Beyrau, Rainer Lindner: Handbuch der Geschichte Weißrußlands. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 2001, ISBN 3-525-36255-2.
  • Thomas M. Bohn, Rayk Einax, Julian Mühlbauer (Hrsg.): Bunte Flecken in Weißrussland. Erinnerungsorte zwischen polnisch-litauischer Union und russisch-sowjetischem Imperium. Harrassowitz Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-447-10067-0
  • Thomas M. Bohn, Victor Shadurski (Hrsg.): Ein weißer Fleck in Europa … Die Imagination der Belarus als Kontaktzone zwischen Ost und West. Transkript Bielefeld 2011, ISBN 978-3-8376-1897-6.
  • Bernhard Chiari: Alltag hinter der Front. Besetzung, Kollaboration und Widerstand in Weißrußland 1941–1944. Droste, Düsseldorf 1998, ISBN 3-7700-1607-6, (= Schriften des Bundesarchivs, Band 53, zugleich Dissertation an der Universität Tübingen 1997 unter dem Titel: Deutsche Besatzungsherrschaft in Weißrussland 1941–1944).
  • Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944. Hamburger Edition, Hamburg 2000, ISBN 3-930908-63-8.
  • Bert Hoppe, Imke Hansen, Martin Holler (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Band 8: Sowjetunion mit annektierten Gebieten, Teil 2: Generalkommissariat Weißruthenien und Reichskommissariat Ukraine. De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2015, ISBN 978-3-486-78119-9.
  • Lizaveta Kasmach: Forgotten occupation: Germans and Belarusians in the lands of Ober Ost (1915–17). In: Canadian Slavonic Papers, Bd. 58 (2017), S. 321–340.
  • Bogdan Musiał: Sowjetische Partisanen in Weißrußland. Oldenbourg, München 2004, ISBN 3-486-64588-9.
  • Babette Quinkert: Propaganda und Terror in Weißrußland 1941–1944: Die deutsche „geistige“ Kriegführung gegen Zivilbevölkerung und Partisanen. Schöningh, Paderborn 2008, ISBN 3-506-76596-5.
  • Uladzimir Sakaloŭski: Weißrußland und Deutschland. Geistes- und Kulturbeziehungen zwischen 1914 und 1941. Band 1: Bibliographie. Böhlau, Köln 2000, ISBN 3-412-11299-2 (weitere Bände bis 2018 nicht erschienen).
  • Manfred Sapper, Volker Weichsel (Hrsg.): Gewalt statt Macht. Belarus: Repression, Schikane, Terror. Berlin 2020 (Themenheft der Zeitschrift Osteuropa, 10–11/2020) ISBN 978-3-8305-5021-1.
  • Diana Siebert: Bäuerliche Alltagsstrategien in der Belarussischen SSR (1921–1941). Die Zerstörung patriarchalischer Familienwirtschaft Stuttgart 1998, ISBN 978-3-515-07263-2.
  • Diana Siebert: Herrschaftstechniken im Sumpf und ihre Reichweiten. Landschaftsinterventionen und Social Engineering in Polesien von 1914 bis 1941. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, 2019. ISBN 978-3-447-11229-1
  • Leonid Smilovitsky: Holocaust in Belorussia 1941–1944. Engl. Fass. von Katastrofia Evreev v Belorusii 1941–1944. Biblioteka Motveya Chernogo, Tel Aviv 2000.
  • Timothy Snyder: Bloodlands: Europa zwischen Hitler und Stalin. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62184-0.
  • Heinz Timmermann: Belarus. Eine Diktatur im Herzen Europas? Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln 1997.

Weblinks

Commons: Geschichte von Belarus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jürgen Udolph (1979): Zum Stand der Diskussion um die Urheimat der Slaven. In: Beiträge zur Namenforschung, N. F. 14: S. 1–25.
  2. J. Bemmann, M. Parczewski (Hrsg.): Frühe Slawen in Mitteleuropa. Wachholtz-Verlag, Neumünster 2005.
  3. Dietrich Beyrau, Rainer Lindner: Handbuch der Geschichte Weissrusslands. S. 89.
  4. Archivierte Kopie (Memento vom 27. Dezember 2015 im Internet Archive)
  5. Eugeniusz Mironowicz: Białoruś. Trio, Warschau 1999, ISBN 83-85660-82-8, S. 136.
  6. Alexander Brakel: Unter Rotem Stern und Hakenkreuz. Baranowicze 1939 bis 1944. Das westliche Belarus unter sowjetischer und deutscher Besatzung. (= Zeitalter der Weltkriege. Band 5). Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn u. a. 2009, ISBN 978-3-506-76784-4, S. 6
  7. Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944. Hamburger Edition, Hamburg 1999, S. 1158.
  8. Wojciech Roszkowski, Jan Kofman (Hrsg.): Biographical Dictionary of Central and Eastern Europe in the Twentieth Century. Routledge, Abingdon u. a. 2015, ISBN 978-0-7656-1027-0, S. 39f.
  9. a b Helen Fedor: Stalin and Russification. In: Belarus: A Country Study. Library of Congress, 1995, abgerufen am 8. August 2020 (englisch): „Stalin ordered sweeping purges and mass deportations of local administrators and members of the CPSU, as well as those who had collaborated with the Nazis in any way, those who had spent the war in slave labor and prison camps in Germany and were now „ideologically contaminated“ in Stalin's view, those who were suspected of antiSoviet sentiments, and those who were accused of „bourgeois nationalism.““
  10. Bureau of Public Affairs Department Of State. The Office of Electronic Information: The Formation of the United Nations, 1945. Abgerufen am 8. August 2020 (englisch).
  11. Ivo Mijnssen: Der verdrängte Akt der Befreiung. Das Abkommen von Belowesch versetzt der Sowjetunion vor einem Vierteljahrhundert den Todesstoss. In einem Jagdsitz im Urwald einigten sich die drei slawischen Bruderländer auf eine friedliche Trennung. In: Neue Zürcher Zeitung vom 8. Dezember 2016, S. 4.
  12. Соглашение о создании Содружества Независимых Государств. 8 декабря 1991 г.. In: Государственный архив Российской Федерации. Ф. 10026. Оп. 4. Д. 1303. Л. 1-5. Abgerufen am 27. Dezember 2021.
  13. Michael Thumann: Prost! Auf den Untergang! Am 8. Dezember 1991 löste Boris Jelzin in einem abgelegenen Jagdpalais die Sowjetunion auf. In: Die Zeit vom 8. Dezember 2016, S. 22.
  14. Beschluss (GASP) 2016/280 des Rates vom 25. Februar 2016 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Belarus, abgerufen am 7. September 2020
  15. Berliner Morgenpost: „In Russland spielt sich eine Komödie ab“ (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive), 25. Januar 2007.
  16. NZZ Online: Lukaschenko konsolidiert seine Macht, 19. November 2007.
  17. Opposition in Weißrussland gewinnt überraschend Parlamentssitz. Deutsche Welle, 12. September 2016, abgerufen am 9. Juni 2017.
  18. Report on the demonstration in Minsk in the evening of the Belarusian presidential elections, December 19, 2010 (Memento vom 24. Dezember 2017 im Internet Archive)
  19. Wahlfälschung in Belarus. Zeitschrift Osteuropa, abgerufen am 9. Oktober 2021.
  20. a b Wjasna: Human Rights Situation in Belarus in 2020. Analytical Review by Viasna. Abgerufen am 8. Januar 2021 (englisch).
  21. TUT.BY: Милиция проводит проверку из-за травмирования 5-летней девочки в Гродно во время акции протеста. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. August 2020; abgerufen am 13. August 2020 (russisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/news.tut.by
  22. Deutsche Welle (www.dw.com): Nach der Haft: Hilfe für Gewaltopfer in Belarus. DW, 20. August 2020, abgerufen am 23. August 2020.
  23. UN human rights experts: Belarus must stop torturing protesters and prevent enforced disappearances. In: ohcr.org. 1. September 2020, abgerufen am 1. September 2020 (englisch).
  24. DER SPIEGEL: Belarus: Freigelassene Demonstranten berichten von Misshandlungen – DER SPIEGEL – Politik. Abgerufen am 14. August 2020.
  25. Christina Hebel, Alexander Chernyshev, DER SPIEGEL: Belarus und die Proteste: Warum die Menschen auf die Straßen gehen – DER SPIEGEL – Politik. Abgerufen am 13. August 2020.
  26. Belsat: Unprecedented number: Nearly 12K detainees since election day in Belarus. Abgerufen am 19. August 2020 (englisch).
  27. DER SPIEGEL: Belarus: Festgenommener Demonstrant stirbt in Polizeigewahrsam – DER SPIEGEL – Politik. Abgerufen am 13. August 2020.
  28. Богдана Олександровська: Чому в Білорусі досі немає кримінальних справ про катування протестувальників. Deutsche Welle, 24. Januar 2021, abgerufen am 20. April 2021 (ukrainisch).
  29. Сяргей Пульша: Дзесяць гадоў прайшло, а пытанні застаюцца. In: Nowy Tschas. Band 15, Nr. 723, 16. April 2021, S. 4 (belarussisch): «Андрэй Швед – той самы, які 9 верасня 2020-га быў прызначаны генеральным пракурорам Беларусі, і пры якім не заведзена ніводнай урымінальнай справы на бязмежжа сіловікоў пасля выбарчай кампаніі.»
  30. Simone Brunner: Weißrussland – Kafka in Minsk: Lukaschenkos Säuberungen. Wiener Zeitung, 15. April 2021, abgerufen am 8. Mai 2021.
  31. Belarus könnte ab heute für Russland in Krieg eingreifen. In: allgaeuer-zeitung.de. 28. Februar 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Februar 2022; abgerufen am 28. Februar 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.allgaeuer-zeitung.de