Eberhard Weber (Musiker)

Eberhard Weber (2005) mit seinem E-Kontrabass

Eberhard Weber (* 22. Januar 1940 in Stuttgart-Hedelfingen[1]) ist ein deutscher Jazz-Bassist und -komponist. Er gilt als eine herausragende Persönlichkeit der deutschen Jazzszene und genießt internationale Anerkennung.

Weber zählt zu den wenigen Bassisten, die das Bassspiel im Jazz stark erweitert haben.[2] Sein Stil ist durch die Tongebung und Phrasierung erkennbar[3][4][5][6] und wird als lyrisch, schwebend und warm beschrieben.[7]

Leben und Werk

Eberhard Weber ist mit seiner Schwester als Sohn des promovierten Berliner Cellisten Hans Weber[8] und dessen Stuttgarter Frau Hildegard in Esslingen aufgewachsen.[1] Weber hatte ein musikalisches Elternhaus, in dem viel Musik gespielt und gehört wurde. Die eindringlichsten musikalischen Erlebnisse seiner Kindheit waren die monatlichen Kammermusikabende seines Vaters mit dessen Kollegen. Zu seinem großen Verdruss wurde er regelmäßig vorzeitig von den Eltern ins Bett geschickt, dennoch blieb er wach und hörte angestrengt mit einem Ohr an der Wand der Hausmusik zu.[9] Die gefilterten tiefen Frequenzen, die er dadurch vorwiegend wahrnahm, hätten sein späteres Klangideal mitgeprägt, wie er in seiner Autobiografie erklärt.[10] Im Alter von sechs Jahren begann Eberhard Weber Cello zu spielen, später dann auch im Schulorchester des Esslinger Georgii-Gymnasiums.[11] Danach kam auf Anfrage seines Musiklehrers der Kontrabass hinzu,[12] durch den er neben der klassischen Musik auch den Jazz und dessen spezifische Spielweisen kennenlernte.

Nach einer Fotografenlehre arbeitete er neben seiner Musikertätigkeit in verschiedenen Bereichen in Rundfunk und Film, bevor er sich ausschließlich der Musik widmete. 1968 heiratete Eberhard Weber die Malerin Maja Weber (gest. 2011[13]), ab 1973 gestaltete sie die Umschlagbilder aller seiner Musikalben.

Frühe Jazzjahre

Ab 1962 spielte er mit dem Pianisten Wolfgang Dauner zahlreiche Alben ein. Daneben war er auch an anderen Produktionen beteiligt, etwa George GruntzNoon in Tunisia (1967). Mit der 1970 gegründeten Dauner-Band Et Cetera (mit Dauner an den Keyboards und am Synthesizer, zunächst Sigi Schwab an Gitarre, Sitar und Tarang, Fred Braceful, Schlagzeug und Gesang, Roland Wittich am Schlagzeug und Eberhard Weber am Bass) näherte er sich einerseits dem Stil des Bill Evans Trios mit Scott LaFaro und Paul Motian an, andererseits war dies auch die erste Orientierung am Jazz-Rock. Die Zusammenarbeit mit Dauner riss nicht völlig ab, jedoch gingen beide getrennte Wege ab 1973, dem Jahr von Webers Beginn als Bandleader mit dem Album The Colours of Chloë. Zwischen 1973 und 1975 war er Mitglied von Volker Kriegels Formation Spectrum (mit Kriegel an der Gitarre, Rainer Brüninghaus an den Keyboards und Joe Nay am Schlagzeug). Nach seinem Ausstieg kam er mit Volker Kriegel und Wolfgang Dauner nur noch gelegentlich für gemeinsame Projekte zusammen, vor allem im United Jazz + Rock Ensemble von 1977 bis 2002.

1973 – Musikalischer Durchbruch

1972 kaufte Weber in einem Antiquitätenladen den Holzkörper eines alten Kontrabasses. Er ließ ihn von einem Geigenbauer restaurieren und eine zusätzliche, hohe C-Saite sowie einen elektronischen Tonabnehmer installieren. Nach und nach beseitigte er die dabei auftretenden Eigenresonanzen des Basses, was den Klang des Instruments klarer machte und den Bass länger klingen ließ.

Eberhard Weber, 1987
Fotoporträt von Gert Chesi

Mit seinem Album The Colours of Chloë (1973) mit Rainer Brüninghaus erlangte Weber auch internationale Beachtung. An diesen Erfolg anknüpfend gründete er bald darauf die Band Colours mit Rainer Brüninghaus und Charlie Mariano sowie dem Schlagzeuger Jon Christensen. Nach dessen Weggang ersetzte ihn der Schlagzeuger John Marshall. Zwischenzeitlich arbeitete Weber auch mit Pat Metheny, Gary Burton, Ralph Towner (Solstice, 1974) und wieder mit Volker Kriegel (Biton Grooves) zusammen.

Colours löste sich 1981 auf. 1982 wurde Eberhard Weber ständiges Mitglied der Band des norwegischen Saxophonisten Jan Garbarek und arbeitete bis zu seinem Schlaganfall im April 2007 mit ihm zusammen.[14] Anfang der 1980er begann auch seine Zusammenarbeit mit der britischen Sängerin und Komponistin Kate Bush. Auf vier ihrer Alben (The Dreaming, Hounds of Love, The Sensual World, Aerial) ist er bei einzelnen Stücken als Bassist zu hören.

Seit 1985 gab Weber immer wieder Solokonzerte, bei denen er sich elektronischer Klangvervielfältiger bediente, um seinen Bass live aufzunehmen und – teilweise in veränderter Form – wiederzugeben. Auf diese Weise konnte er sich live selbst begleiten.

2000 nahm er unter eigenem Namen das Album Endless Days auf, auf dem auch wieder Rainer Brüninghaus mitwirkte. Daneben ist er auf mehreren Alben des Gitarristen Andreas Georgiou zu hören.

2007 – Schlaganfall

Im April 2007 erlitt Weber kurz vor einem Konzert mit der Jan Garbarek Group in der Berliner Philharmonie einen Schlaganfall,[14] von dem er sich nur langsam und nicht mehr vollständig erholte.[15] Infolgedessen war er halbseitig gelähmt und ist deshalb spielunfähig.[16] 2018 schenkte Weber seinen E-Kontrabass dem Deutschen Jazzmuseum in seiner Heimatstadt Esslingen.[17] Sein Album Résumé beruht daher auf Bearbeitungen von Soli, die er früher im Quartett von Jan Garbarek spielte und die mitgeschnitten worden waren.

Unter gleichem Titel – mit dem Zusatz Eine deutsche Jazzgeschichte – veröffentlichte Eberhard Weber im Januar 2015 seine Autobiografie.[18] Anlässlich seines 75. Geburtstags wurden am 23. und 24. Januar 2015 zwei Konzerte zu Ehren von Weber im Theaterhaus Stuttgart aufgeführt.[19] Im ersten Teil spielte die SWR Big Band mit Webers musikalischen Weggefährten Pat Metheny, Jan Garbarek, Gary Burton, Scott Colley, Danny Gottlieb, Paul McCandless und Manfred Schoof dessen Kompositionen in Arrangements für ein Orchester.[20] Das zweite Konzert namens Inspired oder Hommage gestaltete Pat Metheny mit Solovideos von Weber, zu denen Metheny Kompositionen für das Gary Burton Quintett (mit Scott Colley anstelle des verhinderten Steve Swallow) und die SWR Big Band schrieb.[21] Der ARD-Fernsehsender SWR zeichnete die Konzertaufführung auf. Weber erhielt zu diesem Anlass den Ehrenpreis des Landes Baden-Württemberg für sein Lebenswerk.

In der Union Deutscher Jazzmusiker gehörte er zum künstlerischen Beirat.

Weber lebt nach seinem Rückzug vom aktiven Musikerleben vorwiegend in seinem Ferienhaus in einem südfranzösischen Dorf.

Webers Klang

Neben dem Kontrabass und dem Cello spielte Eberhard Weber vor allem, und später ausschließlich, auf einem elektrischen Kontrabass, der gegenüber einem klassischen Kontrabass einen reduzierten Massivholzkorpus hat. Webers Anliegen war, den Bass als gleichwertiges Soloinstrument zu etablieren, was bei seinen Kollegen zunächst auf Widerstand stieß.

Seine Musik stellt sich oftmals in melancholischem Ton mit einfachen Grundmustern (Ostinati), aber mit hochdifferenzierter Klangfärbung dar. Durch die Verwendung elektronischer Hilfsmittel hob sich sein Instrumentenklang von dem anderer Bassisten ab.

Lyle Mays’ Hommage

Posthum ließ der US-Pianist Lyle Mays am 27. August 2021 eine 13-minütige Mini-Sinfonie veröffentlichen, eine Hommage an Eberhard Weber mit dem Titel Eberhard. Mays hatte die Komposition 2009 eingespielt.[22] „Lyle Mays hatte im Laufe seiner Karriere nur zweimal Gelegenheit mit dem deutschen Bassisten Eberhard Weber zusammenzuarbeiten. Aber diese beiden Begegnungen müssen bei dem Pianisten einen wirklich nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Das erste Mal hatten sich ihre Wege im Februar 1977 gekreuzt, als beide dem Quartett angehörten, mit dem der Gitarrist Pat Metheny sein zweites ECM-Album ‚Watercolors‘ einspielte. Aus diesem Quartett sollte wenig später – zunächst mit Mark Egan, dann Steve Rodby am Bass – die legendäre Pat Metheny Group hervorgehen.“[22]

Steve Rodby und Jimmy Johnson übernehmen hier die schwierige Aufgabe, Webers Vielfalt abzubilden. Eberhard Weber schrieb dazu im August 2021: „Ich bin wirklich überwältigt und gerührt. Es ist unmöglich, meine Dankbarkeit und Anerkennung dafür auszudrücken, dass Lyle diese CD produziert hat.“[23]

Auszeichnungen (Auswahl)

Diskografie

Als Bandleader oder Solist

  • The Colours of Chloë (1973)
  • Yellow Fields (mit Rainer Brüninghaus) (1975)
  • The Following Morning (1976)
  • Silent Feet (als Eberhard Weber Colours) (1977)
  • Fluid Rustle (1979)
  • Little Movements (1980)
  • Later That Evening (1982)
  • Chorus (1984)
  • Orchestra (1988)
  • Pendulum (1994)
  • Endless Days (2000)
  • Stages of a Long Journey (2007)
  • Résumé (2012)
  • Once Upon a Time (2021, rec. 1994)[28]

Tributealben

Literatur

Ausstellung

Filme (Auswahl)

Hörfunk (Auswahl)

  • Farben und Räume – Eberhard Webers Band Colours (1975 – 1981). Radio-Feature, Deutschland, 2021, 56:50 Min., Manuskript: Hans-Jürgen Schaal, Produktion: SWR2, Redaktion: Jazztime, Ursendung: 18. September 2021, Inhaltsangabe und Titelliste.
  • Eberhard Weber – Zur Person. Gespräch mit Musik, Deutschland, 2015, 114:37 Min., Buch und Regie: Günther Huesmann, Produktion: SWR2, Reihe: Zur Person, Erstsendung: 30. August 2015.
  • „Hommage“ – Pat Metheny und die SWR Big Band. Beim Eberhard-Weber-Jubilee Concert im Stuttgarter Theaterhaus 2015. Konzertmitschnitt, Deutschland, 2015, 30 Min., Moderation: Günther Huesmann, Produktion: SWR, Reihe: ARD Radiofestival 2015, Erstsendung: 7. September 2015, Inhaltsangabe von ARD.
  • Autobiographie des Bassisten Eberhard Weber. Eine deutsche Jazz-Geschichte. Buchkritik, Deutschland, 2015, 5 Min., Manuskript: Johannes Kaiser, Produktion: SWR2, Reihe: Cluster, Erstsendung: 23. Juni 2015, Inhaltsangabe.
  • Der Jazzbassist und -komponist Eberhard Weber. Radio-Feature, Deutschland, 2015, 6:03 Min., Buch und Regie: Karin Gramling, Produktion: SWR2, Reihe: Cluster, Erstsendung: 22. Januar 2015, Inhaltsangabe, (Memento vom 26. Dezember 2016 im Webarchiv archive.today).

Filmmusik (Auswahl)

Diskografien

Einzelnachweise

  1. a b Stuttgarter Zeitung, Stuttgart Germany: Der Musiker Eberhard Weber: Selbstgespräch mit Kontrabass. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  2. Joachim-Ernst Berendt, Günther Huesmann: The Jazz Book: From Ragtime to the 21st Century. Chicago Review Press, 2009, ISBN 978-1-61374-604-2 (google.de [abgerufen am 19. Juli 2023]).
  3. Eberhard Weber/Ack Van Rooyen: Encore. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  4. SWR2: Ein Lesevergnügen nicht nur für Jazz-Freunde. 17. Juni 2015, abgerufen am 19. Juli 2023.
  5. Stuttgarter Zeitung, Stuttgart Germany: Der Musiker Eberhard Weber: Selbstgespräch mit Kontrabass. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  6. Eßlinger Zeitung ONLINE-Das Nachrichtenportal für die Region Esslingen - Eßlinger Zeitung: Mit einem Kontrabass aus dem Georgii-Gymnasium begann die Weltkarriere des Rebellen am Bass: Jazz-Legende Eberhard Weber wird 80 - Esslinger Zeitung. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  7. Martin Klein: Gipfeltreffen des Jazz: Gala für den Bassisten Eberhard Weber. Kunscht! Kultur im Südwesten, 29. Januar 2015, 5:40 Min.
  8. Julian Benedikt: Eberhard Weber – Rebell am Bass. (Memento vom 18. Dezember 2016 im Webarchiv archive.today). SWR, 14. Dezember 2016, ab 10:09 Min.
  9. Das Herz des Jazz. Archiviert vom Original; abgerufen am 19. Juli 2023.
  10. SWR2: Ein Lesevergnügen nicht nur für Jazz-Freunde. 17. Juni 2015, abgerufen am 19. Juli 2023.
  11. a b Pressemitteilung: Landesjazzpreis Baden-Württemberg: Sonderpreis für das Lebenswerk geht an den Bassisten Eberhard Weber. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, 15. September 2014, als (PDF; 3 S., 126 kB) (Memento vom 22. Dezember 2016 im Internet Archive) (PDF)
  12. Eßlinger Zeitung ONLINE-Das Nachrichtenportal für die Region Esslingen - Eßlinger Zeitung: Mit einem Kontrabass aus dem Georgii-Gymnasium begann die Weltkarriere des Rebellen am Bass: Jazz-Legende Eberhard Weber wird 80 - Esslinger Zeitung. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  13. All About Jazz: Eberhard Weber: Positive Pragmatism article @ All About Jazz. 4. Februar 2013, abgerufen am 19. Juli 2023 (englisch).
  14. a b Kapitel Mich trifft der Schlag in: Eberhard Weber: Résumé – Eine deutsche Jazz-Geschichte, sagas.edition, Stuttgart, 2015, Autobiografie.
  15. Josef Engels: Jazzer Eberhard Weber: „Beim Blues kommt nichts Kluges mehr heraus.“ Welt Online, 30. Dezember 2009; Interview mit Eberhard Weber.
  16. Gerne im falschen Film. 22. Januar 2010, abgerufen am 19. Juli 2023.
  17. Badische Zeitung: Eberhard Weber: "Ich habe nie geübt. Immer nur gespielt". 30. April 2018, abgerufen am 19. Juli 2023.
  18. Jazz: Ich kann nicht Bass spielen, weiß aber, wie’s geht - WELT. 16. Oktober 2015, abgerufen am 19. Juli 2023.
  19. Theaterhaus Stuttgart: Theaterhaus Stuttgart. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  20. Sebastian Scotney: Eberhard Weber Jubilee Concert, Stuttgart, review: 'magical'. (Memento vom 20. März 2017 im Internet Archive). In: Daily Telegraph, 25. Januar 2015, (englisch).
  21. Thomas J. Krebs: „75 Jahre Eberhard Weber: The Great Jubilee Concert“ beeindruckt mit Musikgrößen. In: jazzzeitung, 27. Januar 2015.
  22. a b Eine Mini-Sinfonie für Eberhard Weber. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  23. Lyle Mays: Eberhard (Maxi-CD) – jpc. Abgerufen am 19. Juli 2023.
  24. Thomas Miedaner: Neckarvororte. Jazz mit Ausblick. In: Stuttgarter Wochenblatt, 9. Dezember 2015.
      Pressemitteilung: Feldahorn-Pflanzung zu Ehren von Eberhard Weber in Hedelfingen. Stadt Stuttgart, 24. November 2015.
  25. Eberhard Weber. In: Jazzfestival Esslingen. Abgerufen am 19. Juli 2023 (deutsch).
  26. Programm Jazzfestival Esslingen 2021 – Shai Maestro Trio // Ralph Towner solo. „Ein Abend für Eberhard Weber.“ (Memento vom 2. Oktober 2021 im Internet Archive). treffpunkt-jazz.de, 28. September 2021.
  27. Eberhard Weber erhielt das Bundesverdienstkreuz im Rahmen des Jazzfestivals Esslingen. In: Jazzpages. Abgerufen am 4. Oktober 2021 (deutsch).
  28. Live-Album: Eberhard Weber. In: Jazz thing. 9. November 2021, abgerufen am 12. November 2021.
  29. Ausstellung: Eberhard Weber. Colours of Jazz. museen-esslingen.de; abgerufen am 16. Januar 2022.
  30. Fotos von Peter Wäschle: Die Ausstellung Eberhard Weber. Colours of Jazz. Deutsches Jazzmuseum e. V., 15. Oktober 2021; abgerufen am 12. Januar 2022.