Berthold von Regensburg

Berthold von Regensburg (* um 1210 in Regensburg; † 13. oder 14. Dezember 1272 ebenda) war ein deutscher Franziskaner. Er war einer der bekanntesten Prediger des Mittelalters.

Berthold von Regensburg (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2829, fol. 1v, 1447)
Grabplatte des Berthold von Regensburg in der Minoritenkirche Regensburg (ehemaliges Franziskanerkloster).

Allgemeines

Berthold von Regensburg trat um 1226 in den 1209 gegründeten Franziskanerorden ein und wirkte als Bußprediger, aber auch als Prediger gegen Ketzer,[1] aber gegen Judenverfolgung. Es wird angenommen, dass er von 1231 bis 1235 das von der Ordensleitung neu eingerichtete Studium provinciale der Sächsischen Franziskanerprovinz in Magdeburg besuchte und dort als Lektor tätig war.[2]

Seit 1240 predigte er zunächst in Augsburg, 1246 war er zusammen mit David von Augsburg Visitator des Stifts Niedermünster in Regensburg. Seit der Jahrhundertmitte erwarb er sich den Ruf eines bedeutenden Predigers. Bei seinen Predigtreisen durchzog er mehrere Länder Europas und predigte vor seiner großen Zuhörerschaft oft auf freiem Feld.

Zu seinem Predigtstil gehörte die Pro- und Contrarede, auch zwischen Gott und Teufel. Berthold sah die Ankunft des Antichrist unmittelbar bevorstehen, prangerte schonungslos die Missstände in allen gesellschaftlichen Schichten an und rief mit deutlichen Worten zur Umkehr auf. Er arbeitete auf seinen Predigtreisen mit dem Franziskaner David von Augsburg zusammen.

Berthold warnte vor dem Atem von an Epilepsie erkrankten Patienten, da er eine Ansteckung Gesunder durch den „üblen“ Atem befürchtete.[3] In einer ihm zugeschriebenen deutschen Predigt wird auch behauptet, Katzen würden Kröten ablecken und seien deshalb unreine Tiere, ihr Atem sei gesundheitsgefährdend und das Wort Ketzer sei etymologisch von Katze abgeleitet.[4]

Am 21. März 1263 bestellte ihn Papst Urban IV. zum Gehilfen des Dominikaners Albertus Magnus, den er in den deutschsprachigen Gebieten durch Predigten unterstützen und zu einem Kreuzzug ins Heilige Land aufrufen sollte. Dazu bereiste Berthold 1263 Österreich, Böhmen und Thüringen. Um 1270 trat er im Freien unter einer Linde beim Minoritenkloster im damals böhmischen Glatz, der Hauptstadt der Grafschaft Glatz auf. Die Predigt wurde von seinem Mitbruder, dem Tschechen Petrus Odranecz, der der erste Guardian aus dem Glatzer Konvent des Minoritenklosters war, ins Tschechische übersetzt.[5]

Da Berthold selbst von den Kreuzzügen keine hohe Meinung hatte, wird er diesen päpstlichen Befehl wohl nur mit innerem Widerstreben ausgeführt haben.[6]

Sein Grabstein ist bis heute erhalten geblieben. Zentrales Motiv ist eine figürliche Ritzzeichnung mit einer lateinischen Umschrift. Im Zuge der Säkularisation 1803 wurde der Grabstein mit der Auflösung des Klosters als Pflasterstein in einem Privathaus verbaut, aber 1862 wiederentdeckt und im Domkreuzgang platziert.[7] Der Grabstein befindet sich heute wieder in der Minoritenkirche.

Berthold predigte in der damaligen Volkssprache, also auf Mittelhochdeutsch, doch sind keine seiner Predigten in authentischer Form überliefert. Als authentisch gelten drei seiner Sammlungen in lateinischer Sprache, nämlich Rusticanus de Dominicis, Rusticanus de Sanctis und Commune Sanctorum Rusticani, die aber in dieser Form sicher nicht real als Predigten gehalten wurden, sondern als Musterbuch für Kleriker zusammengestellt wurden. Die übrigen der ca. 400 Predigten in lateinischer sowie alle ca. 70 Predigten in mittelhochdeutscher Sprache, die unter seinem Namen tradiert sind, basieren auf Mitschriften von Zeitzeugen und auf in Klöstern entstandenen Erbauungsschriften, die in Duktus und Form dem Stil Bertholds nacheifern. Fragen der Autorschaft und die im Einzelnen sehr komplizierte Überlieferungssituation werden in der neueren Forschung kontrovers diskutiert.

Gedenktag

Bertholds Gedenktag am 14. Dezember gilt für folgende Konfessionen:[8]

Werke

  • Rusticanus de Dominicis (58 Predigten, authentisch, in 6 Handschriften überliefert)[9]
  • Rusticanus de Sanctis (125 Predigten, authentisch, in 23 Handschriften überliefert)[10]
  • Rusticanus de Communi (75 Predigten, authentisch, in 14 Handschriften überliefert)[11]
  • Sermones ad Religiosos (87 Predigten, nicht authentisch, in 5 Handschriften überliefert)[12]
  • Sermones speciales et extravagantes (48 Predigten, nicht authentisch, in einer Handschrift überliefert)[13]
  • deutsche Predigten (im Wortlaut durchwegs nicht authentisch; um 1275 in einem Augsburger Minoritenkreis zusammengestellt, in 8 Haupthandschriften überliefert)[14]

Ausgaben

Literatur

  • Frank G. Banta: Berthold von Regensburg. In: Gundolf Keil, Kurt Ruh (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Band 1. 2. Auflage. de Gruyter, Berlin 1978, ISBN 3-11-007264-5, Sp. 817–823.
  • Friedrich Wilhelm BautzBerthold von Regensburg. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 553–554.
  • Ariane Czerwon: Predigt gegen Ketzer. Studien zu den lateinischen Sermones Bertholds von Regensburg. Mohr Siebeck, Tübingen 2011, ISBN 978-3-16-150141-8 (Zugl.: Wuppertal, Univ., Diss., 2007/08).
  • Ute Dank: Rhetorische Elemente in den Predigten Bertholds von Regensburg. Ars Una, Neuried 1995, ISBN 3-89391-036-0 (Zugl.: Stuttgart, Univ., Diss., 1994).
  • Carola L. Gottzmann: Berthold von Regensburg. In: Remigius Bäumer, Leo Scheffczyk (Hrsg.): Marienlexikon. Band 1. EOS-Verlag, St. Ottilien 1988, ISBN 3-88096-890-X, S. 457–460.
  • Julius HambergerBerthold von Regensburg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 546–549.
  • Robert Herrlinger: Die sechs Res non naturales in den Predigten Bertholds von Regensburg. In: Sudhoffs Archiv. Band 42, 1958, S. 27–38.
  • Dagmar Neuendorff: Überlegungen zu Textgeschichte und Edition Berthold von Regensburg zugeschriebener deutscher Predigten. In: Robert Luff (Hrsg.): Mystik – Überlieferung – Naturkunde. Gegenstände und Methoden mediävistischer Forschungspraxis. Olms, Hildesheim 2002, ISBN 3-487-11805-X, S. 125–178.
  • Christa Oechslin Weibel: „Ein übergülde aller der saelikeit …“ Der Himmel und die anderen Eschata in den deutschen Predigten Bertholds von Regensburg. Lang, Bern 2005, ISBN 3-03910-424-1 (Zugl.: Zürich, Univ., Diss., 2002/2003).
  • Dieter Richter: Die deutsche Überlieferung der Predigten Bertholds von Regensburg. Untersuchungen zur geistlichen Literatur des Spätmittelalters. C. H. Beck, München 1969.
  • Hellmut Rosenfeld: Berthold von Regensburg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 164 f. (Digitalisat).
  • Elmar Schieder: Bruder Berthold von Regensburg – Prediger und Bettelmönch 1210–1272. In: Regensburger Almanach 1982. Regensburg 1982. S. 61–69.
  • Georg Steer: Berthold v. Regensburg. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 2. Herder, Freiburg im Breisgau 1994, Sp. 292.
  • Christian Wilhelm Stromberger: Berthold von Regensburg, der größte Volksredner des deutschen Mittelalters. Gütersloh 1877; urn:nbn:de:hbz:6:1-77131.
  • Andreas Weißenbäck: Sacra Musica. Lexikon der katholischen Kirchenmusik. Verlag der Augustinus-Druckerei, Klosterneuburg 1937.

Weblinks

Digitalisierte Handschriften:

Einzelnachweise

  1. Anja Lobenstein-Reichmann: Sprachliche Ausgrenzung im Mittelalter: Die deutschen Predigten Bertholds von Regensburg. In: Anja Lobenstein-Reichmann, Oskar Reichmann (Hrsg.): Frühneuhochdeutsch. Aufgaben und Probleme seiner linguistischen Beschreibung (= Germanistische Linguistik. Nr. 213–215). Olms, Hildesheim / Zürich / New York 2011, ISBN 978-3-487-14657-7, S. 553–582.
  2. Dieter Berg (Hrsg.): Spuren franziskanischer Geschichte. Chronologischer Abriß der Geschichte der Sächsischen Franziskanerprovinzen von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Werl 1999, S. 25, 27, 61, 67.
  3. Owsei Temkin: The Falling Sickness. A History of Epilepsy from the Greeks to the Beginning of Modern Neurology. Johns Hopkins, Baltimore 1945, S. 114–115.
  4. Daniela Schmidt: „Sô hüete sich alliu diu werlt vor den katzen“. Eine Stimme des Mittelalters und ihre neuzeitliche Interpretation. In: Rainer Kampling (Hrsg.): Eine seltsame Gefährtin. Katzen, Religion, Theologie und Theologen. Peter Lang, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-631-56564-3, S. 131–147; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  5. Arno Herzig, Małgorzata Ruchniewicz: Geschichte des Glatzer Landes. DOBU-Verlag u. a., Hamburg u. a. 2006, ISBN 3-934632-12-2, S. 31 f.
  6. Hugo Stehkämper: Albertus Magnus. Ausstellung zum 700. Todestag, Historisches Archiv der Stadt Köln, Köln 1980, S. 81. Das Ernennungsdokument befindet sich heute im Vatikanischen Geheimarchiv: Register 27 Nr. VC.
  7. Carl Woldemar Neumann: Der Grabstein des Bruders Berthold von Regensburg. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg. 39, 1885, S. 257–260; urn:nbn:de:bvb:355-rbh-1079-9.
  8. Berthold von Regensburg im Ökumenischen Heiligenlexikon
  9. Rusticanus de dominicis, MIRABILE, Archivio digitale della cultura medievale (italienisch), abgerufen am 28. Oktober 2023
  10. Rusticanus de sanctis, MIRABILE, Archivio digitale della cultura medievale (italienisch), abgerufen am 28. Oktober 2023
  11. Sermones de communi sanctorum, MIRABILE, Archivio digitale della cultura medievale (italienisch), abgerufen am 28. Oktober 2023
  12. Sermones ad religiosos, MIRABILE, Archivio digitale della cultura medievale (italienisch), abgerufen am 28. Oktober 2023
  13. Sermones speciales et extravagantes, MIRABILE, Archivio digitale della cultura medievale (italienisch), abgerufen am 28. Oktober 2023
  14. Berthold von Regensburg: Sermones in lingua vulgari, Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, abgerufen am 28. Oktober 2023