Schiffsdieselmotor

Einzylinder-Schiffsdiesel
Schiffsdieselmotor 40 DM (weiteres Bild)
Neunzylinder-Zweitaktreihenmaschine

Ein Schiffsdieselmotor ist ein großer Dieselmotor der namentlich als Haupt- oder Hilfsmaschine auf einem Schiff dient. Praktisch baugleiche Motoren werden darüberhinaus stationär in Kraftwerken insbesondere in der dritten Welt bzw. auf Inseln und anderen abgelegenen Orten eingesetzt.

Schiffsdiesel können mit Dieselkraftstoff, Gasöl oder Schweröl betrieben werden. Die Bezeichnung bezieht sich auf den Arbeitsprozess, der per Definition durch die Ansaugung von Luft und die Selbstzündung nach der Einspritzung des Kraftstoffes gekennzeichnet ist.


Anforderungen

  • Ein Schiffsdiesel sollte ein Langsamläufer sein. Zum einen verringert sich durch die niedrigen Drehzahlen die Schwingungen. Zum anderen können höhere Verbrennungstemperaturen und -dauern erreicht werden, wodurch der Kraftstoffverbrauch gesenkt werden kann. Langsamläufer können direkt auf den Propeller arbeiten, ein Getriebe zur Drehzahlreduktion ist nicht erforderlich.
  • Die Anforderung an die Betriebssicherheit und die Zuverlässigkeit sind deutlich höher als bei stationär oder in Fahrzeugen genutzten Dieselmotoren. Sobald das Ruder eines Schiffes nicht mehr vom Propeller angeströmt wird, ist es praktisch wirkungslos. Das Schiff legt sich quer in die See und gerät in Seenot. Mindestens fallen hohe Kosten für Bergung und verdorbene/ verspätete Ladung an, oft geht das Schiff verloren.
  • Es wird ein hoher Wert auf eine lange Lebensdauer gelegt, um langfristig die Betriebskosten (engl. Total Cost of Ownership) zu minimieren.
  • Ein Seeschiff muss eine hohe Dauerleistung erbringen können, dass heißt auch lange Strecken bei voller Fahrt überstehen können.
  • Ein geringer Kraftstoffverbrauch ist wichtig, da die steigenden Rohölpreise auch die Preise für Schweröl deutlich steigen lassen.
  • Niedriger Preis.
  • Ein hoher Automationsgrad ist heute Stand der Technik. Schiffsmaschinen werden zunehemend im wachfreien Betrieb gefahren, so dass Alarme und andere Ereignisse elektronisch verarbeitet verarbeitet und dem wachhabenden Offizier bzw. Maschinisten in geeigneter Weise übermittelt werden müssen. Im Gefahrenfalle stellt die Maschine automatisch ab bzw. reduziert die Last. Allerdings können Alarme und Stops auch ignoriert werden, wenn die Situation es erfordert ("Schiff vor Maschine"). Außerdem sind die meisten Schiffsmaschinen blackstart-fähig, so dass die Maschine im Notfall auch komplett manuell gestartet werden kann.
  • Zunehmend wird eine geringe Abgasbelastung gefordert. Durch die von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO, International Maritime Organisation, eine Organisation der UNO) erlassenen neuen Richtlinien müssen in Zukunft strengere Grenzwerte für die Emission bestimmter Schadstoffe eingehalten werden (darunter insbesondere Stickoxide, die bei langsamer hochtemperaturiger Verbrennung zunehmend entstehen.)

Bauweisen

Die Motoren werden nach ihrem Arbeitsprinzip und nach der Anordnung ihrer Zylinder unterschieden. Während Zweitakter immer als Reihenmaschine gebaut werden, gibt es Viertaktmaschinen als Reihen- und als V-Motoren sowie in einigen exotischen Anordnungen, wie z.B. Sternmotoren für Schnellboote. Bei großen Schiffsdieseln handelt es sich in der Regel um Zweitakter die als Reihenmotoren mit 5-14 Zylindern gebaut werden. Schiffsdiesel werden in der Regel als Langsamläufer konzipiert. Die Drehzahl liegt bei Zweitaktmotoren in einem Bereich von 76 bis 130 U/min und ermöglicht es, die Motoren direkt mit Schweröl (HFO, von engl. heavy fuel oil) zu betreiben. Langsamläufer arbeiten üblicherweise direkt auf die Propellerwelle.

Viertaktmotoren können seit geraumer Zeit ebenfalls mit Schweröl betreiben werden und erreichen Drehzahlen zwischen 300-900 U/min erfordern dann jedoch ein Getriebe im Antriebsstrang da der Schiffspropeller eine deutlich niedrigere Drehzahl benötigt. Als Hauptmaschine in Großcontainerschiffen, Erzfrachtern und Öltankern werden Reihenmotoren mit bis zu 14 Zylindern eingesetzt, mit Bohrungen bis zu 1,08 m und Hüben bis zu 3,10 m , deren Dauerleistung bisweilen bis zu 85.000 kW beträgt. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Zweitakt-Kreuzkopfmotoren. Sie können so eine Lebensdauer von über 20 Jahren, d.h. ca. 150.000 Betriebsstunden erreichen.

Ausnahmslos alle heutigen Schiffsdieselmotoren besitzen Turboaufladung zu Erhöhung des Wirkungsgrades und der spezifischen Leistung.

Für stationäre Anwendungen und auch für LNG-Tanker sind Gas-betriebene Viertakter interessant.

Reihenmotor

Reihenmotor ist die Bezeichnung für einen Motor, dessen Zylinder in Reihe stehen. Die Zählung der Zylinder beginnt in Deutschland auf der kraftabgebenden Seite des Motors.

V-Motor

Die Zylinder oder auch Zylinderbänke sind bei dem V-Motor um Winkel zwischen 15° und 120°, üblicherweise aber 40..90° zueinander geneigt und -wenn beide Treibstangen direkt auf den Hubzapfen arbeiten- etwas versetzt angeordnet.

Die von der Kupplung gesehen linke Zylinderreihe wird auch als A-Bank bezeichnet, die rechte entsprechend als B-Seite.

Bei V-Motoren können die Pleuel der zusammengehörenden Zylinderpaare an derselben Kurbelwellenkröpfung oder an um die Kurbelwellenmitte gegeneinander gedrehten unterschiedlichen Kröpfungen angelenkt sein. Gelegentlich greift nur eine Treibstange des Zylinderpaares direkt am Hubzapfen an, die etwas kürzere Treibstange des zweiten Zylinders ist an der anderen angelenkt (Anlenkpleuel).

Kraftübertragung

Es gibt vor allem zwei verschiedene Möglichkeiten der Kraftübertragung vom Motor zum Propeller.

Direkt

Es wird eine starr mit dem Motor und Propeller verbundene Welle angetrieben. Die Drehrichtung des Propellers, für z.B. eine Rückwärtsfahrt, kann somit nur durch die Umsteuerung des Motors verändert werden. Der Motor muß dann aus der Vorausfahrt gestoppt werden und für die Rückwärtsfahrt neu angelassen werden. Diese Bauweise wird insbesondere für Zweitakt Dieselmotoren mit einer Leistung über 5.000kW bei Motordrehzahlen zwischen 76 bis 130 Umdrehungen/Minute angewendet. Eine weitere Möglichkeit einer starren Verbindung ist der sogenannte Pitch-Propeller. Zur Veränderung der Schiffsgeschwindigkeit und -fahrtrichtung werden die einzelnen Propellerflügel in einen anderen Winkel zueinander gedreht (angestellt). Der Motor an sich dreht dabei mit der für die jeweilige Steigung idealen Drehzahl (bester Wirkungsgrad).

Getriebe

Anwendung besonders bei kleineren mittelschnell (250...800 1/min) laufenden Motoren, bei denen eine Reduktion der Motor-Drehzahl auf Propeller-Drehzahl erforderlich ist. Die Getriebe besitzen teilweise schaltbare Kupplungen und Nebenabtriebe für Wellengeneratoren ("Wellenwilli"). Wendegetriebe dienen zu Drehrichtungsumkehr des Propellers bei nicht umsteuerbaren Motoren. Außerdem gibt es Kombinationen von Getriebe und Verstellpropeller.


Dieselelektrisch

Dabei wird vom Motor, meistens 4-Takt Motoren, lediglich ein Generator angetrieben, der den Strom für den Fahrmotor bereitstellt, der wiederum den Propeller antreibt. Diese Variante ist insbesondere als Mehrmotorenanlage auf Fahrgastschiffen üblich. Die einzelnen Viertakt-Gen-Sets erzeugen dabei Energie auch für den Hotel-Betrieb, der einen erheblichen Anteil am Gesamtenergiebedarf ausmacht. Einzelne Motoren können abgestellt und zugeschaltet werden, Wartung und Reparatur einer Maschine bei laufendem Schiffsbetrieb auf See ist möglich. Motor- und Propellerdrehrichtung und -drehzahl sind voneinander unabhängig. Beispiel Queen Elizabeth 2 (Cunard Line): in den 80er Jahren von Dampfturbinenantrieb umgebaut auf Dieselbetrieb. 9 Maschinen MAN 9L58/64 (9-Zylinder-Reihe [Line] 580mm Bohrung/ 640mm Hub) mit ca 1.200 kW pro Zylinder arbeiten über Generatoren auf zwei 44 MW GEC-Fahrmotoren, zwei Propeller. Neben den weitverbreiteten Verstellpropelleranlagen ist eine besondere Form dieses Antriebes der neu entwickelte POD-Antrieb.

Betrieb

Für den Betrieb und das Anlassen eines Schiffsdiesels sind eine Reihe von speziellen zusätzlichen Systemen notwendig. Fällt eines dieser Systeme aus, muß auch der Betrieb der Hauptmaschine gestoppt werden. Daher sind etliche Hilfsaggregate doppelt vorhanden: Schmierölpumpen, Kraftstoff-Booster-Pumpen, Kühlwasserpumpen, Schmieröl-Separatoren, Kompressoren, Kraftstoff- und Schmierölfilter.

Schmierölsystem

Um die reibenden Oberflächen innerhalb der Maschine nicht zu starkem Verschleiß zu überlassen müssen diese Teile, wie auch bei anderen Verbrennungsmotoren, gut geschmiert werden.

Das Schmieröl übernimmt im wesentlichen 4 Aufgaben:

  • schmieren, durch die Bildung eines Schmierfilms werden bewegende Teile geschützt
  • reinigen, Verunreinigungen werden von den Reibungsstellen wegtransportiert und landen in Filtern
  • kühlen, durch den ständigen Nachschub an Schmieröl werden Verbrennungs- und Reibungswärme abgeführt
  • abdichten, das dickflüssige Öl dient auch der Abdichtung zwischen Zylinderwand und Kolbenring

Nachdem das Öl aus der Ölwanne herausgepumpt und durch einen Filter gereinigt wurde durchläuft es einen Ölkühler. Hiernach zweigen die verschiedenen Schmierölleitungen ab zur Kurbelwelle, Pleuellager und in die Ölwanne. Ein weiterer kleiner Teil wird verwendet für die Schmierung von Nockenwelle, Kipphebeln und Ventilen. Das Öl läuft wieder in die Ölwanne. Gefährlich kann es bei zu starker Schlagseite werden. Dann kann unter Umständen das Öl nicht mehr aus der Wanne abgepumpt werden und die Maschine wird nicht mehr ausreichend geschmiert.

Anlassen

Um einen Großdiesel anzulassen, müssen zunächst die kraftverbrauchenden Arbeitsschritte innerhalb des Motors überwunden werden (Verdichten, Ansaugen, Ausstoßen). Für große Schiffsmaschinen kann diese Arbeit kein Elektro- beziehungsweise Luftmotor zum Anlassen mehr schaffen.

Schiffsdieselmotoren werden daher ausnahmslos mit Preßluft gestartet. Bei kleineren Einheiten kommen dazu noch gelegentlich Druckluftanlasser zum Einsatz, die am Schwungrad eingreifen und auf diese Weise die Maschine durchdrehen. Große Viertakter und praktisch alle Zweitakter werden direkt angelassen. Dabei wird jeder Zylinder entsprechend seiner Position und der Zündreihenfolge mit Anlassluft beaufschlagt. Die entsprechenden Kolben werden nacheinander heruntergedrückt und die Motordrehzahl auf Zünddrehzahl angehoben. Der Regler zieht die Einspritzpumpen auf "Füllung", Kraftstoff wird eingespritzt und es kommt zur ersten Selbstzündung. Hierzu ist eine starkes Anlass-Druckluftsystem (üblicherweise 30bar Nenndruck) notwendig.

Da Zweitakter nicht selbst ansaugen, sondern auf Überdruck im Spülluftkanal angewiesen sind, müssen zum Startvorgang die Spülluftgebläse laufen, bis die Turbolader ausrechend Ladedruck erzeugen.

Um die Betriebssicherheit zu gewährleisten, können Schiffsdiesel auch nach Ausfall der gesamten elektrischen Energieversorgung an Bord (Blackout) durch manuell zu betätigende Startventile und ohne Nebenaggregate gestartet werden, solange ausreichend Druckluft in der Anlass-Luftflasche und Kraftstoff in den Tagestanks zur Verfügung steht.

Kraftstoffaufbereitung

Auf Seeschiffen wird i.d.R. minderwertiges Schweröl ((engl. Heavy Fuel Oil (HFO)) als Maschinentreibstoff genutzt. Dieser Brennstoff muss auf mindestens 60°C aufgeheizt werden, damit er fließfähig bleibt. In so genannten Setztanks setzt sich bereits ein Teil Wasser vom Treibstoff ab. Es wird danach durch Separatoren weiter aufbereitet. Der separierte Kraftstoff wird in sog. Tagestanks für jede Maschine bereitgestellt. In gesonderten Modulen wird der HFO-Kraftstoff auf Einspritzviskosität (ca. 12 cSt bei ca. 130° C) Viskositäts-geregelt vorgewärmt, der Druck wird auf rund 7 - 10 bar angehoben. Da insbesondere im Teillastbereich ein Teil des Brennstoffes im System zirkuliert und dabei durch das beständige Pumpen zusätzlich erwärmt wird, ist für Diesel/Gasöl/MDO-Betrieb auch ein Kraftstoffkühler vorgesehen, da bei zu hoher Brennstoff-Temperatur die Schmierung der Pumpenstempel der Einspritzpumpen nicht mehr garantiert ist.

Kühlkreislauf

Die Wärme, die bei der Verbrennung in der Maschine entsteht, muss nach außen abgeführt werden. Das Kühlwasser sollte eine Temperatur von 80 - 90° C haben, damit Spannungsrisse, die durch zu große Temperaturunterschiede entstehen können, vermieden werden. Schiffsmaschinen haben zwei Kühlwasserkreisläufe. Zum ersten einen Kreislauf der Frischwasser führt, welches im unteren Bereich der Maschine eintritt, bis zu den Zylinderköpfen gepumpt wird und dort aus der Maschine austritt. Dieses Frischwasser wird über einen Seewasserkühlkreislauf gekühlt. So wird verhindert, dass Seewasser, welches die Korrosion im Motor stärker ermöglicht, direkt mit der Maschine in Verbindung tritt.