Gasturbine

Die Gasturbine gehört zu den Verbrennungskraftmaschinen, einer Unterordnung der thermischen Fluidenergiemaschinen und thermischen Turbomaschinen (von lat. turbare=drehen). Sie ist eine Strömungsmaschine, da sie kontinuierlich, ohne Pulsation durchströmt wird.

Gasturbine eines Turboproptriebwerks (A Propeller, B Getriebe, C Kompressor, D Brennkammer, E Turbine, F Abgasausstoß)
Turboproptriebwerk Lycominc T 53 ( Propellerabtrieb links über Reduktionsgetriebe)

Bestandteile

Die Gasturbine besteht prinzipiell aus einem Einlauf, einem Verdichter, einer Brennkammer, einer Turbine und einer Düse (für Flugtriebwerke) bzw. einem Diffusor und einer Abtriebswelle (für stationäre Gasturbinen). Etwas verwirrend kann hierbei sein, dass der Begriff Turbine einerseits einen Bestandteil der Gasturbine bezeichnet, andererseits aber auch umgangssprachlich für die Gasturbine als Ganzes verwendet wird.

Stationär-Gasturbinen gibt es als ein- und zweiwellige Maschinen. Bei der einwelligen Bauweise sitzen alle Verdichterstufen und alle Turbinenstufen hintereinander auf derselben Welle (mechanische Kopplung). Damit läuft die gesamte Maschine mit einer Drehzahl. Der Abtrieb kann am Verdichter- oder der Turbinen-seitigen Wellenende liegen. Diese Anordnung ist die übliche zum Antrieb von Elektrogeneratoren.

Bei der zweiwelligen Anordnung lässt sich der Turbinenteil in Gasgenerator- und Nutzturbine unterscheiden. Dabei treiben die ersten Turbinenstufen den Verdichter an und bilden mit diesem die Gasgenerator-Einheit. Im selben Gehäuse unmittelbar dahinter läuft die Nutzturbine mit ihrer eigenen Drehzahl. Der Abtrieb liegt damit immer auf der Turbinenseite. Angetrieben werden mit dieser Maschine üblicherweise Pumpen oder Verdichter z.B. an Gas- oder Ölpipelines. Eine besondere Bauart sind die sog. Aeroderivatives, bei denen als Gasgenerator eine modifizierte Flugzeugturbine zum Einsatz kommt.

Gasturbinen stellen höchste Ansprüche an die verwendeten Werkstoffe bezüglich ihrer Festigkeit und Stabilität bei hohen Temperaturen. Es kommen überwiegend Nickelbasislegierungen zum Einsatz.

Brennstoff

Als Brennstoff kommen verschiedene Gas- und Flüssigtreibstoffe in Frage: neben Erd- und Sythesegas auch Deponiegas, Kerosin, Heizöl -extraleicht- und Dieselkraftstoff bzw. Gasöl.

Gasturbinenbaureihen, die auch mit dem problematischen Treibstoff Rohöl betrieben werden können (z.B. für Pipeline-Druckerhöhungspumpen) sterben nach und nach aus bzw. werden durch Dieselmotoren verdrängt, die hier wesentlich bessere Wirkungsgrade erreichen.

Außerdem gibt es immer wieder Versuche, Kohlenstaub direkt oder nach vorheriger Vergasung einzusetzen. An vielen Standorten in Bergbauregionen werden Gasturbinen mit Grubengas (Methan) betrieben.

Funktionsweise

Der Verdichter (auch Kompressor genannt) saugt aus der Umgebung Luft an, verdichtet sie und führt sie schließlich der Brennkammer zu. Dort wird sie zusammen mit eingespritztem Brennstoff unter nahezu konstantem Druck verbrannt. Bei der Verbrennung entstehen Verbrennungsgase mit einer Temperatur von bis zu 1500 °C. Diese heißen Verbrennungsgase strömen mit hoher Geschwindigkeit in die Turbine. Die Turbine wird durch die Verbrennungsgase in Drehung versetzt und entzieht dabei Strömungsenergie, die in mechanische Energie umgewandelt wird. Ein Teil der mechanischen Energie wird zum Antrieb des Verdichters genutzt, der verbleibende Teil steht als nutzbare Energie zur Verfügung. Der Wirkungsgrad einer Gasturbine ist umso höher, je höher die Turbineneintrittstemperatur der Brenngase und der Druck in der Brennkammer ist. Die maximal zulässige Materialtemperatur der gekühlten Turbinenschaufeln begrenzt die Turbineneintrittstemperatur.

Gasturbinen zeichnen sich im Gegensatz zu Kolbenmaschinen durch einen ruhigen Lauf aus, da sie kontinuierlich arbeiten und nur drehende Teile besitzen. Der Drehmomentverlauf ist flacher als bei Kolbenmaschinen.

Wellenturbine und Strahltriebwerk

Gasturbinen können ihre Leistung in Form eines Abgasstrahls abgeben, der ein Flugzeug antreibt. Die Leistung kann jedoch auch auf eine Abtriebswelle übertragen werden, die dann beispielsweise den Rotor eines Hubschraubers, den Generator eines Kraftwerks, den Propeller eines Turboprop-Flugzeugs, oder einen Schiffspropeller antreibt. Gasturbinen der letzteren Art werden häufig als Wellenturbinen oder -triebwerke bezeichnet. Sie werden entweder mit einer oder zwei Wellen gebaut.

Eine Mischform stellt das Mantelstromtriebwerk (Turbofan) dar, bei dem ein Teil der Leistung genutzt wird, um einen Turbofan anzutreiben. Es ist Standard bei großen Verkehrflugzeugen.

Ab und zu wird der Ausdruck "Wellentriebwerk" auch für herkömmliche Strahlturbinen gebraucht, weil sie im Gegensatz zum Staustrahltriebwerk zumindest eine Welle als bewegliches Teil hat.

Einsatzgebiete

Luftfahrt

Durch ihr sehr niedriges Leistungsgewicht (Leistungs/Masse-Verhältnis) eignen sich Gasturbinen sehr gut für Anwendungen im Luftfahrtbereich (zum Beispiel als Triebwerk für Hubschrauber, kleinere Turboprop-Flugzeuge oder als Strahlantrieb für große Passagierflugzeuge). Das im Vergleich zu anderen Antriebsmöglichkeiten niedrige Leistungsgewicht der Gasturbine führt dazu, dass das Gesamtgewicht des Hubschraubers oder Flugzeugs verringert und als Folge daraus Treibstoff eingespart wird.

Für den Antrieb von Hubschraubern und Turboprop-Flugzeugen nutzt man kleine Gasturbinen, die ihre Leistung an eine Abtriebswelle abgeben, die wiederum einen Rotor oder Propeller antreibt.

Für den Rückstoßantrieb von Flugzeugen (Jets) werden Strahltriebwerke eingesetzt, deren Aufbau dem der Gasturbine sehr ähnlich ist. Es fehlt lediglich eine Abtriebswelle, die Leistung an externe Komponenten überträgt. Außer dem Verdichter, der Brennkammer und der Turbine folgt noch eine Düse, durch die ein Abgasstrahl mit hoher Geschwindigkeit austritt. Im Gegensatz zur "normalen" Gasturbine, erzeugt der Turbinenteil eines Strahltriebwerks nur soviel mechanische Energie wie für den Antrieb des Verdichters benötigt wird. Die aus der Turbine austretenden Gase (Strahl) erzeugen den Vorschub des Triebwerks.

Da das Gewicht des Triebwerks eine große Rolle für den Treibstoffverbrauch des Flugzeugs oder Hubschraubers spielt, ist eine besonders leichte Ausführung eines der wichtigsten Auslegungskriterien. Des Weiteren spielt bei der Auslegung eine gute Ausnutzung des Brennstoffs aufgrund eines hohen Wirkungsgrades eine Rolle sowie geringe Schallemissionen und gute Wartbarkeit.

Siehe: Strahltriebwerk

Kraftwerke

Gasturbinen werden des Weiteren zur Stromerzeugung in Kraftwerken eingesetzt, wo sie einen Generator für die Stromerzeugung antreiben. Man unterscheidet zwischen der schweren Bauart (Heavy Duty) und der leichten Bauart (Aeroderivate). Gasturbinen des letzteren Typs werden aus Strahltriebwerken abgeleitet.

Schwere Bauart (Heavy Duty): Diese Turbinen haben eine Leistung ab ca. 50 MW bis über 400 MW und sind besonders für den stationären Dauerbetrieb in großen Kraftwerken geeignet. Bei diesem Gasturbinentyp ist die Forderung nach einer möglichst langen Lebensdauer ein wichtiges Auslegungskriterium.

Leichte Bauart (Aeroderivate): Diese Turbinen, mit einer Leistung von 100 kW bis 40 MW, haben die typischen Konstruktionsmerkmale einer Flugzeug-Turbine und werden bevorzugt in Industriekraftwerken eingesetzt. Hier sind diese Turbinen oft Bestandteil einer Kraft-Wärme-Kopplung bzw. einer GuD-Anlage. Aber auch als Notstromaggregat finden sie Verwendung, da die Startzeit dieser Maschinen nur wenige Minuten beträgt.

Eigenschaften der Gasturbine, die ihren Einsatz für die Stromerzeugung interessant machen, ist ihre hohe Leistungsdichte und ihre Schnellstartfähigkeit. Aus diesem Grund wird sie zur kurzfristigen Spitzenlastabdeckung eingesetzt. Die hohe Leistungsdichte schlägt sich darin nieder, dass mit einer einzelnen Gasturbine von der ungefähren Größe eines LKW-Anhängers eine Stadt mit 300.000 Einwohnern mit elektrischem Strom versorgt werden kann. Dies entspricht einer elektrischen Leistung von ca. 270 Megawatt.

Große Gasturbinen, die in Kraftwerken für die Stromerzeugung eingesetzt werden, haben einen Wirkungsgrad von ca. 39%. Dies bedeutet, dass ungefähr 2/5tel der im Brennstoff enthaltenen Energie nach der Energiewandlung in der Gasturbine auch tatsächlich genutzt werden können.

Durch die Kopplung von großen Gasturbinen mit Dampfturbinen (GuD oder kleinen Gasturbinen mit Brennstoffzellen lassen sich Kraftwerke realisieren, die Strom mit Wirkungsgraden von ca. 60% erzeugen.

Mechanischer Antrieb

Gasturbinen finden darüber hinaus Einsatz in Pump- und Verdichterstationen, wie sie für Öl- und Erdgaspipelines benötigt werden. Des Weiteren werden sie für den Antrieb von Schiffen, speziell Militärschiffen oder Luftkissenbooten und schweren Fahrzeugen eingesetzt.

Panzer

Gasturbinen kommen als Antriebe in den Panzermodellen M1 Abrams der US-Streitkräfte, sowie dem T-80 der ehemaligen Sowjetischen Armee zum Einsatz. Die Leistungen liegen in der Größenordnung von 1000 kW. Beide Triebwerke haben 3 Wellen (2 Kompressorstufen, 1 Abtriebstufe).

Der Vorteil des Gasturbinenantriebs gegenüber Hubkolbenmotoren, z.B. dem Dieselmotor des Leopard-Panzers der Bundeswehr, liegt in dem unübertroffenen Leistungsgewicht, d.h. im Vergleich zu einem Hubkolbenmotor ist die Gasturbine bei gleicher Leistung deutlich leichter. Auf der anderen Seite ist allerdings der Kraftstoffverbrauch auch deutlich höher und zwar so sehr, dass er damit die Reichweite des Fahrzeugs einschränkt, woraus Nachschubprobleme resultieren können, da der Einsatz großer Panzereinheiten mit Gasturbinenantrieb die Armee vor logistische Probleme stellt. Ein weiterer Nachteil besteht in der höheren Infrarotsignatur der heißen Abgase, anhand derer der Panzer leichter zu orten ist.

Anwendungen (Beispiele)


Hersteller für Gasturbinen

Literatur

  1. Lechner, C., Seume, J., (Hrsg): Stationäre Gasturbinen, Springer-Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-540-42831-3