Karl Sperling

Karl Sperling (* 11. Mai 1941 in Kamenz) ist ein deutscher Humangenetiker.

Leben

Sperling studierte Biologie und Chemie und wurde 1969 in Berlin promoviert. Im Juni 1970 referierte er anlässlich der Geburtstagsfeier von Hans Nachtsheim im großen Hörsaal des Instituts für Genetik der Freien Universität Berlin über pränatale Chromosomenanalyse und Eugenik.[1] Ab 1971 war er Professor am Institut für Genetik der FU Berlin. Ab 1976 war er ordentlicher Professor und Leiter des Instituts für Humangenetik der FU Berlin, das heute an der Charité angesiedelt ist. Sperling ist Autor von rund 300 Originalpublikationen. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Zytogenetik und Analysen genetisch bedingter Krankheiten mit Chromosomeninstabilität. Er war Mitautor des Gentechnologieberichts von 2009.[2]

1994 erregte Sperling Aufsehen mit einer Veröffentlichung, die für die Zeit neun Monate nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl 1986 eine Häufung von Trisomie 21-Fällen bei Geburten in Berlin beschrieb. Seinen Schlussfolgerungen, erhöhte ionisierende Strahlung habe einen Anstieg an Down-Syndrom-Fällen in Berlin und anderen Teilen Deutschlands verursacht, wurde jedoch „heftig widersprochen“, seine These ist bis heute nicht als geltender Forschungsstand anerkannt.[3][4]

Seit 1997 ist er Mitglied der Leopoldina.[5] Er ist außerdem Mitglied in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.[6] 2008 erhielt Sperling die GfH-Ehrenmedaille und 2011 erhielt er die Jacob-Henle-Medaille.

Schriften (Auswahl)

  • Untersuchungen zum Einfluß von Trenimon auf die Chromosomen und den Generationszyklus menschlicher Lymphozyten in vitro. Berlin 1969 (Dissertation, Freie Universität Berlin, 1969).
  • mit J. Pelz, R. D. Wegner, A. Dörries, A. Grüters und M. Mikkelsen: Significant increase in trisomy 21 in Berlin nine months after the Chernobyl reactor accident: temporal correlation or causal relation? In: British Medical Journal. Bd. 309, 1994, S. 158–162, doi:10.1136/bmj.309.6948.158.
  • mit H. Scherb: Heutige Lehren aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl In: Naturwissenschaftliche Rundschau. Bd. 64, 2011, H. 5, S. 229–239 (PDF).
  • mit H. Neitzel und H. Scherb: Evidence for an increase in trisomy 21 (Down syndrome) in Europe after the Chernobyl reactor accident. In: Genetic Epidemiology. Bd. 36, 2012, H. 1, S. 48–55, doi:10.1002/gepi.20662.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 274.
  2. Zweiter Gentechnologiebericht. Analyse einer Hochtechnologie in Deutschland. Dornburg: Forum W – Wissenschaftlicher Verlag, 2009.(= Forschungsberichte der Interdisziplinären Arbeitsgruppen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Band 23). ISBN 978-3-940647-04-7
  3. Karl Sperling: Down-Syndrom nach Tschernobyl in Berlin. In: Lutz Mez, Lars Gerhold, Gerhard de Haan (Hrsg.): Atomkraft als Risiko. Analysen und Konsequenzen nach Tschernobyl. Lang, Frankfurt a. M./ New York 2010, ISBN 978-3-631-55827-0, S. 103–117.
  4. Henning Engeln: Wirklich mehr Mißbildungen? Berliner Studie über Erbdefekte nach Tschernobyl enthält Ungereimtheiten. Auf: zeit.de vom 24. April 1987; zuletzt abgerufen am 26. September 2015.
  5. Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Karl Sperling (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 22. Juli 2016.
  6. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Karl Sperling, abgerufen am 1. Februar 2023