Michael Tschesno-Hell

Michael Tschesno-Hell (stehend) mit dem Autor Heinz Kahlau, 1952

Michael Tschesno-Hell (* 17. Februar 1902 in Vilnius, Russisches Kaiserreich; † 24. Februar 1980 in Ost-Berlin) war ein Drehbuchautor und Kulturfunktionär der DDR.

Leben

Mihail Nohimovič Czesno (Michail Nochimowitsch Tschesno?) stammte aus einer verarmten jüdischen Kleinbürgerfamilie in Wilno.[1] Der Vater hieß wahrscheinlich Noah. Die Familie emigrierte nach dem Ersten Weltkrieg aus Polen nach Deutschland. Schon in der Jugend schloss sich Michael Tschesno kommunistischen Verbänden an. Später studierte er Jura an den Universitäten in Jena und Leipzig und trat 1922 als Werkstudent der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei. Während der Weimarer Republik arbeitete Michael Tschesno-Hell für verschiedene kommunistische Zeitungen, war als Übersetzer sowie als Fabrik- und Landarbeiter tätig.

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten floh er mit seiner Ehefrau nach Frankreich, wo er im Mai 1940 zusammen mit Peter Gingold und Stephan Hermlin (damals noch Rolf Leder) nach der vorhergegangenen Internierung im Stade Buffalo bei Paris ins Internierungslager Camp de la Braconne eingeliefert wurde. Gingold und er wurden Ende Mai/Anfang Juni 1940 als Prestataire dienstverpflichtet und in das Internierungslager Langlade verlegt.[2]

Gingold wurde im September 1940 aus dem Lager entlassen, und Tschesno-Hell konnte 1942 zusammen mit seiner Familie über die Niederlande in die Schweiz flüchten, wo er bis 1945 lebte. Hier wurde er gemeinsam mit Stephan Hermlin und Hans Mayer Herausgeber der Schrift „Über die Grenzen“. Zum Kriegsende kehrte er in die Sowjetische Besatzungszone zurück und wurde 1945 als Vizepräsident der Zentralverwaltung für Umsiedler eingesetzt. 1947 wurde Hell zum Leiter des neu gegründeten Verlag Volk und Welt in Ostberlin berufen, den er selbst mitgegründet hatte. Seit 1950 war Hell, der seit 1946 der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) angehörte, als Schriftsteller und Drehbuchautor tätig und wohnte auch in der sogenannten „Intelligenzsiedlung“ in Berlin-Schönholz, zu der auch die Straße 201 gehört.[3] Grundhaltung der Werke Tschesno-Hells war dabei die Glorifizierung der Sowjetunion und der Roten Armee sowie die Heroisierung der kommunistischen Bewegung und von Funktionären der KPD wie Karl Liebknecht und Ernst Thälmann.

Grabstätte

Zwischen 1967 und 1972 war Tschesno-Hell Präsident des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR. Er gehörte dem Vorstand des Schriftstellerverbandes der DDR an. Tschesno-Hell war Träger zahlreicher hoher staatlicher Auszeichnungen. Dazu gehören der Nationalpreis der DDR, den er 1954, 1957 und 1966 erhielt. 1962 wurde ihm der Orden Banner der Arbeit, 1969 der Vaterländische Verdienstorden in Gold, 1972 der Stern der Völkerfreundschaft, 1977 der Karl-Marx-Orden und 1979 der Goethe-Preis verliehen.

Michael Tschesno-Hell war von 1951 bis 1954 mit der Illustratorin Ingeborg Meyer-Rey verheiratet.[4] Mit seiner langjährigen Ehefrau Ursula Tschesno-Hell schrieb er gemeinsam an Drehbüchern, darunter Die Mutter und das Schweigen.[5]

Seine Urne wurde in der Grabanlage Pergolenweg des Berliner Zentralfriedhofs Friedrichsfelde beigesetzt.

Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[6]

Drehbücher und Szenarios

Auszeichnungen

Literatur

  • Michael Tschesno-Hell: Russland antwortet. Ein Reisebericht. Tägliche Rundschau/Kultur und Fortschritt, Berlin 1949.
  • Herbert Mayer, Bernd-Rainer BarthTschesno-Hell, Michael. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Ralph Hammerthaler: Der Bolschewist. Michael Tschesno-Hell und seine DEFA-Filme, Schriftenreihe der DEFA-Stiftung, Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2016.[8]
  • Tschesno-Hell, Michael, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur 1980, S. 769
  • Tschesno-Hell, Michael. In: Ernst Fischer: Verleger, Buchhändler & Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933: Ein biographisches Handbuch. 2. Auflage. Berlin : De Gruyter, 2020, S. 522f.

Weblinks

Commons: Michael Tschesno-Hell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Michael Tschesno-Hell Kalliope; der Vatersname Nohimovič und der Geburtsort Wilna, sowie die Emigration 1933 weisen auf eine wahrscheinliche jüdische Herkunft, vgl. Archiv von Günter Peter Straschek, mit dieser Namensform
  2. Peter Gingold: Paris – Boulevard St. Martin No. 11. Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik, PapyRossa Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-89438-407-4, S. 63–67
  3. http://www.max-lingner-stiftung.de/intelligenzsiedlung
  4. Cristina Fischer: Ein Mann mit vielen Gesichtern. 3. Juni 2016, abgerufen am 12. Mai 2020.
  5. Ines Walk: Biografie von Michael Tschesno-Hell. August 2006, abgerufen am 12. Mai 2020.
  6. Michael-Teschesno-Hell-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.
  7. Neues Deutschland vom 5. März 1966, S. 4 Artikelanfang
  8. Der Bolschewist. Michael Tschesno-Hell und seine DEFA-Filme. DEFA-Stiftung, abgerufen am 3. Februar 2020.