Alessandra Buonanno

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Alessandra Buonanno

Alessandra Buonanno (* 1968 in Cassino)[1] ist eine italienisch-US-amerikanische Physikerin, die auf dem Gebiet der theoretischen Gravitationswellenphysik und der Kosmologie arbeitet. Sie ist seit 2014 Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam, wo sie die Abteilung Astrophysikalische und Kosmologische Relativitätstheorie (Astrophysical and Cosmological Relativity) leitet. Sie hält seit dem Jahr 2005 eine Professur an der University of Maryland in College Park, Maryland sowie (seit 2017) Honorarprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Potsdam. Sie ist Mitglied und Principal Investigator in der LIGO Scientific Collaboration, die im Jahr 2015 Gravitationswellen von der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher beobachtete.[2]

Ausbildung und Entwicklung

Bereits im Gymnasium in ihrer Heimatstadt Cassino in der Provinz Frosinone interessierte sich Alessandra Buonanno für Teilchenphysik und las populäre Artikel und Bücher zu dieser Thematik.[3][1] Buonanno erwarb 1993 den Laurea-Abschluss in Physik an der Universität Pisa und wurde dort 1996 promoviert.[4] Nach einem Forschungsaufenthalt am CERN[5] und einer Postdoktorandenstelle am Institut des Hautes Études Scientifiques (IHES) in Frankreich war sie Tolman-Prize Fellow am California Institute of Technology (Caltech) in den USA,[6] wo sie zwischen 2002 und 2014 ein paar Mal als Gastwissenschaftlerin tätig war. Sie erhielt 2001 eine permanente wissenschaftliche Stelle am Institut d’Astrophysique de Paris (IAP) als Chargée de 1ère classe (CR1) und 2005 am Laboratoire Astroparticule et Cosmologie (APC) des Centre national de la recherche scientifique (CNRS) in Paris.[7] Im Jahr 2005 wurde sie als Professorin für Physik an die University of Maryland at College Park berufen.[8] 2007 war Buonanno Kavli-Stipendiatin beim Kavli Frontiers of Science Japanese-American Symposium der U.S. National Academy of Sciences.[9] Als Nachfolgerin von Bernard Schutz wurde sie 2014 zur Direktorin ans Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam berufen.[10] Seit 2017 ist sie Honorarprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin[11] und an der Universität Potsdam[1][12]. Buonanno ist Mitglied und Principal Investigator in der LIGO Scientific Collaboration.[13]

Buonanno war ein Fellow der Alfred P. Sloan Foundation an der University of Maryland. Sie war ein William-and-Flora Hewlett-Fellow am Radcliffe Institute for Advanced Study der Harvard University.[14] Sie ist Fellow der International Society for General Relativity and Gravitation,[15] der American Physical Society[16] und sie war Distinguished Visiting Research Chair am Perimeter-Institut in Waterloo, Kanada in den Jahren 2014–2020[17].

Buonanno hat die US-Staatsbürgerschaft.[18]

Arbeitsgebiete

Buonanno befasst sich mit der analytischen Modellierung der Dynamik Schwarzer Löcher in der Allgemeinen Relativitätstheorie, dem Wechselspiel von analytischer und numerischer Relativitätstheorie und der Suche nach Gravitationswellen mit laserinterferometrischen Gravitationswellendetektoren (GEO600, LIGO und Virgo). Zusammen mit Thibault Damour führte sie 1999 das Zweikörperproblem in der Allgemeinen Relativitätstheorie auf einen Effective One Body (EOB)-Formalismus für die analytische Lösung umeinander kreisender Schwarzer Löcher auf dem Weg zur Verschmelzung zurück.[19][20] Das war ein Ansatz, um die „erste komplette Wellenform der Gravitationswellen von verschmelzenden Schwarzen Löchern analytisch“ voraussagen zu können. Des Weiteren ist Buonanno eine der Pionierinnen, Resultate aus analytisch-relativistischen Berechnungen[21][22][23] und numerisch-relativistischen Simulationen zur effizienten und präzisen Berechnung von Wellenform-Modellen zu kombinieren, die zur Suche nach Gravitationswellen verwendet werden können, die bei der Verschmelzung kompakter binärer Objekte ausgesendet werden. Diese Modelle wurden verwendet, um Gravitationswellen verschmelzender Schwarzer Löcher zum ersten Mal nachzuweisen und um deren astrophysikalische und kosmologische Eigenschaften abzuleiten.[24][25][26] Solch präzise Wellenformen erlauben Rückschlüsse auf astrophysikalische Prozesse und Parameter und ermöglichen Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie. Neben der Modellierung von Gravitationswellen kompakter Binärsysteme berechnete sie gemeinsam mit Yanbei Chen auch das quantenoptische Rauschen in den advanced-LIGO Gravitationswellendetektoren und zeigte, dass Quantenkorrelationen zwischen Photonen-Schrotrauschen und dem Strahlungsdruckrauschen (d. h. der optische Federeffekt) in diesen Detektoren die durch die Heisenbergsche Unschärferelation auferlegten Beschränkungen umgehen können.[27][28] Außerdem befasst sie sich mit Gravitationswellen im frühen Universum.

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. a b c d Torsten Harmsen: (15. März 2018):
    Modellfrau der Physik. Die Potsdamer Gravitationsexpertin Alessandra Buonanno erhält den Leibniz-Preis mit 2,5 Millionen Euro. In: Berliner Zeitung, S. 17 (Printausgabe);
    Leibniz-Preis: Alessandra Buonanno erforscht das Flüstern der Schwarzen Löcher@1@2Vorlage:Toter Link/www.berliner-zeitung.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juli 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Online-Ausgabe).
  2. Rufannahmen Gravitationswellen auf der Spur, in: Personalien 2014, Beileger zum Jahresbericht 2014 der Max-Planck-Gesellschaft, Seite 4 (Artikel über Buonanno).
  3. Riccardo De Palo: Alessandra Buonanno, prima italiana premio Dirac per la ricerca sulle onde gravitazionali: «Spero di ispirare molte ragazze». In: ilmessaggero.it. 10. August 2021, abgerufen am 15. September 2021 (italienisch).
  4. DFG, Deutsche Forschungsgemeinschaft – Prof. Dr. Alessandra Buonanno. Abgerufen am 16. Juni 2020.
  5. Buonanno, Alessandra – Author profile. INSPIRE-HEP, abgerufen am 17. Juli 2019.
  6. Postdoctoral Fellows of the Burke Institute. In: Walter Burke Institute for Theoretical Physics. Abgerufen am 16. Juni 2020 (englisch).
  7. Buonanno, Alessandra. In: Webseite der Max-Planck-Gesellschaft über das Wissenschaftliche Mitglied A. Buonanno. Abgerufen am 3. Juli 2020.
  8. Anne Suplee: Buonanno, Alessandra – UMD Physics. Abgerufen am 16. Juni 2020 (amerikanisches Englisch).
  9. Kavli Frontiers of Science. Alumni. Abgerufen am 23. August 2001.
  10. Mitteilung des MPI zur Ernennung von Alessandra Buonanno als Direktorin 2014.
  11. Sonderkolloquium zur Verleihung einer Honorarprofessur an Prof. Dr. Alessandra Buonanno (Albert-Einstein-Institut, Potsdam). In: Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Institut für Physik. Humboldt-Universität zu Berlin, abgerufen am 16. Juni 2020.
  12. Universität Potsdam – Institut für Physik und Astronomie. Abgerufen am 16. Juni 2020.
  13. LIGO Scientific Collaboration Directory. Abgerufen am 28. Juli 2020.
  14. a b Alessandra Buonanno. Radcliffe Institute for Advanced Study at Harvard University, 16. März 2012, abgerufen am 16. Juni 2020 (englisch).
  15. a b Fellows of the International Society on General Relativity and Gravitation. In: The International Society on General Relativity and Gravitation. Abgerufen am 16. Juni 2020 (englisch).
  16. a b Alessandra Buonanno Named 2011 APS Fellow – UMD Physics. Abgerufen am 16. Juni 2020.
  17. Centre for the Universe. In: PerimeterInstitute.ca. Abgerufen am 21. Oktober 2021.
  18. Alessandra Buonanno erhält Leibnitz-Preis: Deutschlands wichtigster Forschungspreis geht nach Potsdam - Hochschulen in Potsdam - Studium. 17. März 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. März 2018; abgerufen am 1. Oktober 2023.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pnn.de
  19. Buonanno, Alessandra; Damour, Thibault: Effective-one-body approach to general relativistic two-body dynamics. In: Phys. Rev. D. Band 59 (8), 1999, doi:10.1103/PhysRevD.59.084006.
  20. Buonanno, Alessandra; Damour, Thibault: Transition from inspiral to plunge in binary black hole coalescences. In: Phys. Rev. D. Band 62 (060415), 2000, doi:10.1103/PhysRevD.62.064015.
  21. Buonanno, Alessandra; Cook, Gregory B.; Pretorius, Frans: Inspiral, merger and ring-down of equal-mass black-hole binary. In: Phys. Rev. D. Band 75 (124018), 2007, doi:10.1103/PhysRevD.75.124018, arxiv:gr-qc/0610122.
  22. Barausse, Enrico; Buonanno, Alessandra: An improved effective-one-body Hamiltonian for spinning black-hole binaries. In: Phys. Rev. D. Band 81 (064024), 2010, doi:10.1103/PhysRevD.81.084024, arxiv:0912.3517.
  23. Taracchini, Andrea et al.: Effective-one-body model for black-hole binaries with generic mass ratios and spins. In: Phys. Rev. D. Band 89 (061502), 2014, doi:10.1103/PhysRevD.89.061502.
  24. Abbot, B.P. et al.: Observation of Gravitational Waves from a Binary Black Hole Merger. In: Phys. Rev. Lett. Band 116 (6), 2016, S. 061102, doi:10.1103/PhysRevLett.116.061102.
  25. Abbot, B.P. et al.: Tests of general relativity with GW150914. In: Phys. Rev. Lett. Band 116 (22), 2016, S. 221101, doi:10.1103/PhysRevLett.116.221101.
  26. Abbot, B.P. et al.: GW151226: Observation of Gravitational Waves from a 22-Solar-Mass Binary Black-Hole Coalescence. In: Phys. Rev. Lett. Band 116 (241103), 2016, doi:10.1103/PhysRevLett.116.241103.
  27. Buonanno, Alessandra; Chen, Yanbei: Quantum noise in second generation, signal recycled laser interferometric gravitational wave detectors. In: Phys. Rev. D. Band 64 (042006), 2001, doi:10.1103/PhysRevD.64.042006.
  28. Buonanno, Alessandra; Chen, Yanbei: Signal recycled laser interferometer gravitational wave detectors as optical springs. In: Phys. Rev. D. Band 65 (042001), 2002, doi:10.1103/PhysRevD.65.042001.
  29. About the centre - Oskar Klein Centre. Abgerufen am 30. November 2023 (englisch).
  30. Buonanno, Alessandra | Accademia Nazionale dei Lincei. Abgerufen am 13. Oktober 2023 (italienisch).
  31. Alessandra Buonanno erhält den Tomalla-Preis 2022. MPI für Gravitationsphysik, 30. September 2022, abgerufen am 10. Oktober 2022.
  32. Alessandra Buonanno und Thibault Damour. Abgerufen am 13. September 2021.
  33. Dirac Medallists 2021. Abgerufen am 24. August 2021.
  34. Mitgliedseintrag von Alessandra Buonanno bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
  35. National Academy of Sciences Elects New Members. Abgerufen am 23. August 2021.
  36. 14 neue Mitglieder in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. idw Informationsdienst Wissenschaft, 17. Juni 2021, abgerufen am 10. Juli 2021.
  37. "GALILEO GALILEI MEDAL" AWARD. Abgerufen am 24. August 2021.
  38. Benjamin Lee Professorship. In: Asia Pacific Center for Theoretical Physics. Abgerufen am 16. Juni 2020 (englisch).
  39. Alessandra Buonanno erhält Leibnitz-Preis: Deutschlands wichtigster Forschungspreis geht nach Potsdam - Hochschulen in Potsdam - Studium. 17. März 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. März 2018; abgerufen am 1. Oktober 2023.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pnn.de
  40. Group Award (A). Abgerufen am 24. August 2021.
  41. Homepage der Albert Einstein-Gesellschaft. Abgerufen am 24. August 2021.
  42. 2017 Princess of Asturias Award for Technical & Scientific Research. Abgerufen am 24. August 2021.
  43. HEAD Rossi Prize Goes to Gabriela González & LIGO Team. Abgerufen am 24. August 2021.
  44. Breakthrough Prize – Special Breakthrough Prize In Fundamental Physics Awarded For Detection Of Gravitational Waves 100 Years After Albert Einstein Predicted Their Existence. Abgerufen am 16. Juni 2020 (englisch).
  45. The LIGO Discovery Team | Gruber Foundation. Abgerufen am 16. Juni 2020.
  46. Hannoversche Allgemeine Zeitung, 1. Juni 2016, S. 13, Staatspreis für drei Wellen-Forscher.
  47. Awards – UMD Physics. Abgerufen am 16. Juni 2020.
  48. Fellows Database. sloan.org, abgerufen am 9. Oktober 2023 (englisch).
  49. The SIGRAV Prizes. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Februar 2023; abgerufen am 16. Juni 2020 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sigrav.org