Wendezug

Ein Wendezug (in der Schweiz: Pendelzug) ist ein Zug, bestehend aus einem oder mehreren Triebfahrzeugen und Wagen, der an beiden Enden einen Führerstand besitzt und je nach Fahrtrichtung vom einen oder anderen Führerstand aus geführt werden kann.[1] Statt eines Triebfahrzeugs kann sich am Ende ein antriebsloser Steuerwagen befinden. Bei einem Wendezug muss bei einem Fahrtrichtungswechsel das Triebfahrzeug (die Lokomotive oder der Triebwagen) nicht umgesetzt werden.

Bei Wendezügen können die Triebfahrzeuge unterschiedlich eingereiht werden:

Doppelstock-Wendezug in Calau (1997)

Für die Fernsteuerung mit einem Steuerwagen muss das Triebfahrzeug entsprechend ausgerüstet sein, außerdem muss die gleiche Wendezugsteuerung beziehungsweise Vielfachsteuerung (Schweiz) verwendet werden.

Vorteile

Wendezüge vereinfachen den Fahrtrichtungswechsel. Pendelzug der Appenzeller Bahnen im damaligen Endbahnhof St. Gallen

Mit Wendezügen kann der Einsatz von Reisezügen effizienter und schneller gestaltet werden, da die Lokomotive am jeweiligen Zugende verbleiben kann, wenn der Zug in Kopf- oder Wendebahnhöfen die Fahrtrichtung ändert.

Ein Vorteil des Wendezugs gegenüber einem Triebzug – eine mit eigenem Antrieb versehene, im Regelbetrieb nicht trennbare Einheit aus mehreren Fahrzeugen,[1] – ist die Flexibilität, weil als Zwischenwagen standardisierte und oft international freizügig einsetzbare Reisezugwagen verwendet werden. Wendezüge können ohne großen Aufwand kurz- oder langfristigen Nachfrageänderungen oder veränderten Anforderungen an die Verpflegung angepasst werden. Sie verschaffen ihren Betreibern strategische Vorteile, denn nicht mehr benötigte Lokomotiven und Zwischenwagen können auf dem Markt für Gebrauchtfahrzeuge angeboten werden. Überzählige Triebzüge sind schwieriger zu verkaufen, weil sie oft auf ihr ursprüngliches Einsatzgebiet zugeschnitten sind.[2]

Der Intercity 2 der Deutschen Bahn mit 468 Sitzplätzen ist wirtschaftlicher als ein Triebzug gleicher Kapazität.

Ein Doppelstock-Wendezug ist ab etwa 200 Sitzplätze vorteilhafter als ein doppelstöckiger Triebzug, denn bei der üblichen Fahrzeugbegrenzungslinie G1 geht der Einbau der Antriebsaggregate in Doppelstocktriebzügen zulasten von Sitzplätzen. Bei einem einstöckigen Wendezug sind ab etwa 400 Sitzplätzen die Masse pro Sitzplatz und die Lebenszykluskosten günstiger als bei einem Triebzug, denn die Kosten der Lokomotive können auf eine große Anzahl Wagen umgelegt werden.[2]

Wurden früher vorwiegend Nahverkehrszüge als Wendezüge betrieben, so sind seit der Jahrtausendwende in Deutschland, der Schweiz und weiteren Ländern auch im Fernverkehr Wendezüge verbreitet. Es kann so mit weniger Zügen eine höhere Zahl von Fahrten erreicht werden.[3] Des Weiteren entfällt das Vorhalten eines Rangiergleises sowie zusätzlichen Personals (Rangierer).

Zusammengefasst eignet sich der lokomotivbespannte Wendezug für lange Züge im klassischen Fernverkehr, während Triebzüge ihre Vorteile bei kurzen Zügen mit großen Anforderungen an die Beschleunigung und im Hochgeschwindigkeitsverkehr ausspielen.[2]

Geschichte

Pendelzug mit Ce 4/6 und Ft 16021, der versuchsweise als Steuerwagen eingesetzt wurde.

Pendelzüge und die dazu benötigte Vielfachsteuerung haben vor allem in der Schweiz eine lange Tradition. Dies hat auch damit zu tun, dass die Wendezug- bzw. Pendelzugsteuerung auf die elektrische Signalübertragung angewiesen ist. Das Vorhandensein einer elektrischen Ansteuerung des Fahrantriebes ist auf einem elektrischen Fahrzeug eher gegeben als auf anderen Fahrzeugtypen. Somit konnte bei elektrischen Fahrzeugen schon früh und oft mit wenig Mehraufwand eine direkte elektrische Fernsteuerung eingebaut werden.

Die ersten Steuerwagen für Pendelzüge in der Schweiz beschaffte die Martigny–Châtelard-Bahn (MC, heute TMR) 1906. Die SBB bestellten 1921 die ersten Triebwagen Ce 4/6 mit der Absicht, diese zu zweit oder zusammen mit einem Steuerwagen als Pendelzüge einzusetzen. Nach erfolgreichen Versuchen nach der Ablieferung 1923 wurden ab 1927 zusätzlich Gepäcktriebwagen Fe 4/4 mit identischer Vielfachsteuerung in Betrieb genommen. Heute sind in der Schweiz fast alle Reisezüge Pendelzüge oder Triebzüge.

Erste Wendezüge in Deutschland waren die ab Mai 1936 von der Lübeck-Büchener Eisenbahn eingesetzten Doppelstock-Stromlinienzüge. Die speziell hierfür gebauten Tenderlokomotiven der späteren Baureihe 60 mit Stromlinienverkleidung konnten vom Lokführer am anderen Zugende ferngesteuert werden.

Die Elektrolokomotive E 04 23 wurde 1939 für den Wendezugbetrieb ausgerüstet und bis 1945 auf den Münchener Vorortbahnen erprobt.

In den 1950er Jahren rüstete die Deutsche Bundesbahn mehrere Dampflokomotiven der Baureihen 38 und 78 mit einer indirekten Wendezugsteuerung aus, um sie z. B. im Wendezugbetrieb zwischen Frankfurt und Wiesbaden einzusetzen. Der Lokomotivführer im Steuerwagen konnte hierbei nur die Zugbremse direkt bedienen. Die Befehle zum Beschleunigen oder Beibehalten der Geschwindigkeit gab er über eine Klingelleitung oder Gegensprechanlage an einen besonders geschulten Heizer weiter, der den Regler und die Steuerung bediente. Das System ist mit einem Maschinentelegrafen auf einem Dampfschiff vergleichbar.[3]

CityShuttle-Wendezug der ÖBB in Michelhausen, Niederösterreich (2004)

Das Aufkommen der leistungsabhängigen und somit indirekten Fahrstufenansteuerung elektrischer Triebfahrzeuge in den 1950er Jahren ermöglichte eine neue Generation von Fernsteuerungen. Hier wurde eine Vereinfachung möglich, da nur noch Aufträge an das Triebfahrzeug gesendet werden müssen. Diese Art der Fernsteuerung muss nicht mehr zwingend auf alle fahrzeugspezifische Besonderheiten eingehen, da der effektive Aufschaltvorgang nicht mehr direkt am Befehl der Fernsteuerung hängt. Es wird nicht mehr die exakte Stellung des Stufenschalters vorgeben, sondern ob dieser eine Stufe auf- oder abschalten soll, sobald die Spezifikationen es zulassen. Es wurde somit auch eher möglich, von einem Steuerwagen verschiedene Fahrzeugtypen anzusteuern, da dieser Art der Steuerung nicht mehr an die Anzahl der Fahrstufen gebunden ist, sondern nur an die Art der Ansteuerung. Die Signalübertragung war zwar noch immer analog, trotzdem konnte die Anzahl der Adern im Kabelstrang reduziert werden oder für andere Zwecke freigegeben werden.

Die nächste Generation Fernsteuerung hängt mit der Einführung der Leistungselektronik zusammen. Wenn ein Triebfahrzeug über einen Computer gesteuert wird, kann dieser logischerweise auch zur Fernsteuerung verwendet werden. Der Aufwand des Einrichtens so einer Fernsteuerung auf dem Fahrzeug selbst ist relativ gering. Mit einer zusätzlichen Software ist auch ein Übersetzen „fremder“ Fernsteuerbefehle möglich. Heute ausgelieferte Triebfahrzeuge sind in der Regel fernsteuerbar oder darauf vorbereitet. In der Regel wird bei Wendezügen die elektrische Datenübertragung im Multiplexverfahren angewendet, bei Triebzügen kann ein Teil der Daten auch per Lichtwellenleiter übertragen werden.

Eine Spezialform ist die Fernsteuerung per Funk, die bei Wendezügen eher selten verwendet wird.

Wendezüge mit zwei Steuerwagen

Golden-Pass der MOB mit zwei Panorama-Steuerwagen

Selten sind Wendezüge mit dem Triebfahrzeug innerhalb des Zuges und Steuerwagen an beiden Enden der Komposition. Bei der S-Bahn München fuhren während der Olympischen Sommerspiele 1972 auf der Sonderlinie S25 zwischen dem Bahnhof München Ost und dem Bahnhof München Olympiastadion insgesamt vier Züge, die aus jeweils zwölf bis vierzehn n-Wagen bestanden. Weil im Wendezugbetrieb nur maximal zehn Wagen vor der Lokomotive zugelassen waren, besaßen diese Garnituren an beiden Enden einen Steuerwagen, wobei die Lokomotive der Baureihe 140 mittig eingereiht war.[4]

Verstärkungsmodul an einem doppelstöckigen Intercity der SBB

Die SBB verstärken ihre doppelstöckigen InterCity-Pendelzüge bei großer Nachfrage mit Modulen, die aus Einheitswagen IV und einem Steuerwagen bestehen. Bei der Montreux-Berner Oberland-Bahn (MOB) verkehren Wendezüge mit zwei Panorama-Steuerwagen, die den Reisenden hinter der Frontscheibe den Blick auf die Strecke ermöglichen.

Ein aus historischen Gründen nachgestellter österreichischer Pendler im Jahr 2007, gezogen respektive geschoben von einer Maschine der Reihe 1062

Als Nachfolger der Wiener Stadtbahn beziehungsweise Vorläufer der S-Bahn Wien verkehrten im Umland der österreichischen Hauptstadt früher sogenannte Pendler, offiziell Kurzzug genannt. Hierbei war eine kleinere Dampf-, Diesel- oder Elektrolokomotive zwischen zwei geschobenen zweiachsigen Plattformwagen vorne und weiteren zwei gezogenen zweiachsigen Plattformwagen hinten eingewickelt.

Güterverkehr

Cargo-Pendelzug im Einsatz für eine Baufirma
Kies-Wendezug von Makies mit je einem BDe 4/4 an der Zugspitze und am Zugschluss bei Gettnau

Selten sind Wendezüge im Güterverkehr. Der Cargo-Pendelzug besteht aus einer Elektrolokomotive, Containertragwagen und dem Endwagen, der mit Dieselantrieb ausgestattet ist, um Rangierfahrten auf nicht elektrifizierten Gleisen zu ermöglichen.

Für den Bau der Autobahn A12 im Kanton Freiburg (Schweiz) mussten 1974 bis 1980 große Mengen Kies aus der Kiesgrube Grandvillars zum Werkplatz Vuadens gebracht werden. Dafür beschaffte die damalige GFM zwei Kiespendelzüge bestehend aus den BDe 4/4 141–142 und je fünf Kieswagen, von denen einer mit einem Führerstand ausgerüstet war (Fadt 751–752 und Fad 753–760, Führerstand 1981 demontiert).[5]

Die Rhätische Bahn setzte beim Bau des Vereinatunnels einen Güterzug mit einem behelfsmäßig aus einem gedeckten Güterwagen hergerichteten Befehlswagen ein, von dem aus der Zug indirekt geführt wurde. Der Lokführer verblieb in der Lokomotive.[6]

Für die Wengernalpbahn wurden einige Güterwagen mit Führerständen ausgerüstet, da Güterwagen auf der Zahnstangenstrecke immer geschoben werden müssen. Die Bedienung der schiebenden Lokomotive kann aber auch mit der Funkfernsteuerung der He 2/2 31 und 32 von der Plattform eines Güterwagens aus erfolgen.[7]

Sicherheit

Bei Lawinengefahr spannten die SBB auf der Gotthard-Bergstrecke den Vierstrom-TEE-Triebzügen RAe oder den Pendolini jeweils eine Schutz­lokomotive vor.[8]
RAe TEE der SBB mit einer 120 Tonnen schweren Ae 6/6 als Vorspann.

Steuerwagen ohne Antrieb sind wesentlich leichter als Triebfahrzeuge. Dementsprechend sind die Radaufstandskräfte geringer. Eine schwere Lokomotive hat bessere Chancen, ein auf dem Gleis liegendes Hindernis wegzuschieben. Ein Steuerwagen an der Zugspitze hat hingegen die Tendenz, auf das Hindernis aufzusteigen und zu entgleisen. Im Flachland endet eine solche Fahrt – wie sich beispielsweise im Tösstal oder auf der Broyelinie immer wieder zeigt – meistens an einer Böschung oder in einer Wiese. Gebirgsbahnen verlaufen oft entlang von Schluchten. Bei einer Entgleisung droht der Zug abzustürzen mit entsprechenden Folgen für Reisende, Bahnpersonal und Rollmaterial.[9]

Aus Sicherheitsgründen führt die Matterhorn-Gotthard-Bahn ihre Züge über den Oberalppass im Winter als Schutz vor Lawinen mit einer Lokomotive an der Spitze.[9]

Bei geschobenen Wendezügen muss die Entgleisungsicherheit der Zwischenwagen gewährleistet sein. Die Querbeschleunigung der Wagenkasten darf dabei bestimmte Werte nicht überschreiten. Hohe Wagenkastenquerbeschleunigungen treten in Kombination folgender Bedingungen auf:

  • Bogenradius unter 200 Meter in Weichen oder auf der Strecke
  • große Gleisabweichungen im Bereich der Schienenstöße
  • relativ hohe freie Seitenbeschleunigung, abhängig von der Geschwindigkeit[10]

Im August 2012 hat Siemens den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) Bedenken wegen der Sicherheit bei geschobenen Railjet-Zügen auf der Semmering-Nordrampe geäußert. Überschreitungen der Wagenkastenquerbeschleunigungen schloss Siemens nicht aus und empfahl den ÖBB, die Railjet auf der Nordrampe zu ziehen statt zu schieben. Die ÖBB verzichteten darauf, haben jedoch auf einzelnen Abschnitten der Semmering-Nordrampe Geschwindigkeitseinschränkungen verfügt.[11]

Bei geschobenen Zügen muss die Schiebekraft des Triebfahrzeugs über die Puffer auf den Zug übertragen werden. Voraussetzung dafür sind ausreichend dimensionierte Stoßbalken an den Wagenenden[12] sowie gut geschmierte[13] und geeignete Puffer mit genügend breiten Puffertellern, die auch bei der Fahrt durch enge S-Bögen nicht zu einer Überpufferung[12] und allenfalls zu einer Entgleisung führen.[14] Lange Wagen mit einem kurzen Drehzapfenabstand haben einen größeren Plattformüberhang und dadurch größere seitliche Auslenkungen. Die Ertüchtigung solcher Wagen wie der ÖBB-Reihe 20-75 oder den Einheitswagen IV der SBB für den Wendezugbetrieb erforderte einen hohen Aufwand.[15]

Steife Mittelpufferkupplungen sind durch die Anlenkung der Kupplungsschäfte näher an den Drehzapfen der Drehgestelle für die Laufsicherheit von geschobenen Wagenzügen deutlich günstiger, doch konnten sie sich im europäischen Raum bei Wagen für den Wendezugdienst nicht durchsetzen. Etwas verbreiteter sind kinematisch identisch wirkende Steifkupplungen, beispielsweise bei den von Triebzügen abgeleiteten Škoda-Doppelstockwendezügen. Sie sind jedoch nur in Werkstätten trenn- und kuppelbar und damit betrieblich deutlich unflexibler.

Unfälle mit Steuerwagen an der Zugspitze

In Bayern entgleiste beim Eisen­bahnunfall von Aitrang am 9. Februar 1971 der TEE „Bavaria[Anm. 1] wegen überhöhter Geschwindigkeit. 28 Menschen kamen ums Leben.

Gleich zweimal waren in Frankreich die Vierstrom-TEE-Triebzüge der SBB in schwere Unfälle verwickelt.[Anm. 1] Am 5. Oktober 1962 kollidierte bei Montbard ein TEE Cisalpin mit 140 km/h mit einem auf dem Gegengleis verunglückten und ins Profil ragenden Kesselwagen, kippte um und rammte dann noch ein steinernes Wärterhaus. Der Unfall forderte zehn Tote. Der beim Unfall beschädigte Steuerwagen wurde durch ein neues Fahrzeug ersetzt.[16] Am 26. Juni 1964 fuhr der TEE Cisalpin auf einem Bahnübergang zwischen Vaux-et-Chantegrue und Labergement-Sainte-Marie in einen Lastwagen, wobei drei Todesopfer zu beklagen waren.[16][17]

In Schottland erfasste der Steuerwagen eines Schnellzugs am 30. Juli 1984 bei Polmont mit ungefähr 137 km/h eine Kuh. Der Kadaver des Tiers hob den Steuerwagen vom Gleis. Alle sechs Wagen und die schiebende Lokomotive der Class 47 entgleisten, 13 Menschen wurden getötet. Der Unfall führte in Großbritannien zu einer Debatte über die Sicherheit von Wendezügen.[18]

In England kollidierte am 28. Februar 2001 bei Selby der Intercity 225 mit einem Land Rover Defender und einem beladenen Anhänger, die von der Autobahn M62 abkamen und auf der Bahntrasse zum Stillstand kamen. Dabei entgleiste der Steuerwagen und geriet in das Profil des Gegengleises, wo ein Kohlezug nahte. Der Güterzug zerstörte den Steuerwagen an der Zugspitze, der zum Zeitpunkt der Frontalkollision noch eine Geschwindigkeit von geschätzt 142 km/h hatte, nahezu vollständig. Der Unfall forderte zehn Menschenleben.[19]

Im Regionalverkehr und bei Schmalspurbahnen fordern die Unfälle wegen den geringeren Geschwindigkeiten meist weniger Opfer:

Alternativen

Triebzüge

Der Voralpen-Express verkehrte als lokomotiv­bespannter Pendelzug, bis ihn die Schweizerische Südostbahn 2019 durch Traverso-Triebzüge ersetzte.
Der Voralpen-Express verkehrte als lokomotiv­bespannter Pendelzug, bis ihn die Schweizerische Südostbahn 2019 durch Traverso-Triebzüge ersetzte.
Der Voralpen-Express verkehrte als lokomotiv­bespannter Pendelzug, bis ihn die Schweizerische Südostbahn 2019 durch Traverso-Triebzüge ersetzte.

Eine Alternative zu lokomotivbespannten Wendezügen sind Triebzüge, bei denen der Antrieb auf mehrere Wagen verteilt wird. Die technische Entwicklung verringerte den Platzbedarf für die Antriebsausrüstung so stark, dass sie vollständig ober- und unterhalb der Fahrgasträume untergebracht werden kann. Auf Lokomotiven oder Triebköpfe kann verzichtet werden, was bei gleicher Zuglänge die Kapazität erhöht.

Schwächen eines Wendezugs mit Modul:
1. Einfahrt des Wendezuges
2. Anfahren der Rangierlokomotive
3. Abziehen des Verstärkungsmoduls
4. Ausfahrt des geschwächten Wendezuges
Schwächen eines Triebzugs:
1. Einfahrt des Zuges in Doppeltraktion
2. Entkuppeln, Ausfahrt des geschwächten Triebzugs
3. Wegstellen des zweiten Zugteils

Zudem ist das Reibungsgewicht solcher Triebzüge oft größer als bei lokbespannten Zügen, was eine größere Zugkraft und dadurch eine starke Beschleunigung ermöglicht. So sind attraktivere Fahrzeiten möglich oder es steht mehr Fahrgastwechselzeit in den Bahnhöfen zur Verfügung.[20]

Der kupferfarbene Traverso des Voralpen-Express ist mit einem silbernen vierteiligen Flirt verstärkt. Das entspricht der Nachfrage besser als eine Doppel­traktion zweier achtteiliger Traverso. Der Flirt verkehrt nur auf dem Teilabschnitt von St. Gallen nach Rapperswil; dort wird er abgekuppelt und der Traverso fährt alleine weiter nach Luzern.

Die einzelnen Bahnbetreiber wählen unterschiedliche Fahrzeugkonzepte, um die Anforderungen eines wirtschaftlichen und kundengerechten Regional- und Fernverkehrs zu erfüllen. Im Fernverkehr ohne Reservationspflicht ist eine Nachfragesteuerung nur beschränkt umsetzbar, was zu einer unterschiedlichen Auslastung der Züge führt. Um die Züge der Nachfrage anzupassen, verkehren sie während den Hauptverkehrszeiten in Mehrfachtraktion oder werden mit zusätzlichen Reisezugwagen ergänzt. Der bei Triebzügen geringere Zeitbedarf für das Kuppeln, Trennen und die Bremsprobe verringert die Dauer der Gleisbelegung und die Fahrstraßenbelegung in den Bahnhöfen. Auch benötigen Triebzüge im Gegensatz zu nicht angetriebenen Wagengruppen keine Rangierlokomotiven und kein Rangierpersonal.[20]

Bei den meisten Eisenbahnunternehmen in Europa haben sich im Nah- und Regionalverkehr Triebzüge bereits weitgehend durchgesetzt. Ab 2040 sind beispielsweise bei den Schweizerischen Bundesbahnen auch im Fernverkehr keine lokomotivbespannten Züge mehr vorgesehen.[20]

Wendeschleifen und -dreiecke

Um ein Umfahren des Triebfahrzeuges an Endbahnhöfen zu umgehen, ist die Anlage einer Wendeschleife möglich. Diese wird vor allem bei Straßenbahnen angewendet, wobei oft Einrichtungsfahrzeuge verwendet werden, die nur auf einer Seite Türen haben.

Gerade in Amerika sind auch Wendedreiecke üblich, womit der gesamte Zug gedreht wird. So kann die Wagenreihenfolge ab der Spitze beibehalten werden und der letzte Wagen bleibt am Schluss des Zuges.

Siehe auch

Literatur

  • Lexikon der Eisenbahn. 5. Auflage. Transpress VEB Verlag, Berlin 1978, S. 828 (Stichwort Wendezug)

Einzelnachweise

  1. a b Schweizerische Fahrdienstvorschriften (FDV) A2020. Bundesamt für Verkehr (BAV), 1. Juli 2020 (PDF; 9 MB). R 300.R 300.1, Abschnitt 3.2 Erklärung der Begriffe
  2. a b c Lukas Ballo: Wann ist ein lokomotivbespannter Reisezug wirtschaftlicher als ein Triebzug? In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 4/2017. Minirex, ISSN 1022-7113, S. 172–176.
  3. a b Matthias Handschin, Edwin Müller: Der betriebliche Einsatz der neuen Intercity-Pendelzüge. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 12/1996, S. 534–537.
  4. Der östliche Teil des Nordrings in München, Teil 1 (20 B). In: Drehscheibe online. 04 – Historisches Forum, 7. April 2018.
  5. Patrick Belloncle, Jean Metz: Les chemins de fer fribourgeois, 50 ans GFM. Les Editions du Cabri, Breil-sur-Roya (France) 1992, ISBN 2-908816-02-4, Seiten 148, 171 und 172
  6. Reto Steiner: „Güter-Pendelzug“ bei der RhB. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 11/1996, S. 457.
  7. Hans Schlunegger, Sébastien Jarne, Klaus Potocnik, Hans Heiner Vogel: Neue Güterzuglokomotiven 31 und 32 der Wengernalpbahn. in: Schweizer Eisenbahn-Revue 3/1996, Minirex, Luzern.
  8. Schneechaos in den Alpen. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 4/1999, S. 125–135.
  9. a b Walter von Andrian: Steuerwagen auf Gebirgsbahnen an der Zugspitze? In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 10/2014, S. 505.
  10. Alfred Horn: Railjet-Sicherheitsmängel am Semmering? In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 11/2012, S. 538.
  11. Alfred Horn: Weiter lauftechnische Probleme beim Railjet am Semmering. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 12/2012, S. 589.
  12. a b Matthias Handschin, Yves Neuenschwander: Die Anpassung der Zwischenwagen und der Lokomotiven Re 460 für die Pendelzugbildung. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 12/1996, S. 548–550.
  13. Alfred Horn: Ungelöste Wendezugprobleme. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 5/1998, S. 207.
  14. Alfred Horn: Überpufferungen bei ÖBB-Wendezügen. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 3/1998, S. 104.
  15. Alfred Horn: Überpufferungen bei ÖBB-Wendezugwagen. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 4/1998, S. 159.
  16. a b Christian Zellweger: TEE Ikone der Luxuszüge. Hrsg.: SBB Historic. AS-Verlag, Zürich 2003, ISBN 3-905111-95-0.
  17. Le «Cisalpin» déraille: 3 mort 20 blessés, dont 2 Lausannois. (Le Temps – archives historiques) Gazette de Lausanne, 27. Juni 1964, S. 16, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Dezember 2013; abgerufen am 18. November 2013 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.letempsarchives.ch
  18. Comment: Push-Pull: The Hidden Dangers (28/02/2001). Abgerufen am 31. August 2020 (englisch).
  19. Tom Airey: Selby rail crash: Disaster remembered 20 years on. In: BBC News (online), 28. Februar 2021 (englisch).
  20. a b c Robér Bormann, Axel Kiese: Warum setzen die SBB im Fernverkehr auf Triebzüge? In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 2/2020, S. 74–76.

Anmerkungen

  1. a b c Obwohl es sich bei den Vierstrom-TEE-Triebzügen, bei den im TEE „Bavaria“ eingesetzten RAm TEE und bei den GTW sich per Definition um (fest gekuppelte) Triebzüge handelt, bestehen sie wie Wendezüge aus einem Triebfahrzeug („Maschinenwagen“) bzw. einem Antriebsmodul, allfälligen Zwischenwagen und zwei oder einem Steuerwagen. Bei Unfällen verhielten sie sich wegen ihrer leichten antriebslosen Steuerwagen wie geschobene Wendezüge.