Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik

Die Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) beginnt mit ihrer Gründung 1949 in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem Ostsektor Berlins. Die DDR bezeichnete sich selbst als sozialistischen Staat und bestand vom 7. Oktober 1949 bis zum 2. Oktober 1990.

Vorgeschichte 1945-1949

Chronologie: Geschichte der DDR. Vorgeschichte 1945–1949

Teilung Deutschlands

1945

Da sich die Alliierten (USA, Frankreich, England und Sowjetunion) nicht auf eine gemeinsame Politik bezüglich Deutschland einigen konnten, diskutierten sie bereits während des Zweiten Weltkrieges auf den Konferenzen von Teheran und Jalta über eine Aufteilung Deutschlands. Nach der Kapitulation Deutschlands beschlossen die Regierungschefs der vier Siegermächte im Juli 1945 auf der Potsdamer Konferenz, Deutschland in vier Besatzungszonen und Berlin in vier Sektoren zu teilen, aber von einem gemeinsamen Alliierten Kontrollrat verwalten zu lassen. Die wirtschaftliche Demilitarisierung (insbesondere die Demontage von Industrieanlagen) sollte in jeder Zone autonom durchgeführt werden.

Im Lauf der Zeit lief die wirtschaftliche Entwicklung insbesondere zwischen den westlichen Besatzungszonen und der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) immer weiter auseinander. Auch aufgrund weltpolitischer Differenzen kam es zu immer größeren Spannungen zwischen der Sowjetunion und den USA, die letztlich zum Kalten Krieg führten. Dies manifestierte sich 1947 im Zusammenschluss der britischen und amerikanischen Besatzungszonen zur Bizone und am Marshallplan der USA, der Westdeutschland stärkte. In der SBZ setzte die Sowjetunion währenddessen die Demontagen zu Reparationszwecken fort und verhinderte die Teilnahme am Marshallplan, die eine Einbindung der SBZ in das westliche Wirtschaftssystem bedeutet hätte. Als Gegenstück zu den Organen der Bizone gründete sie die Deutsche Wirtschaftskommission und vereinigte darin die Zentralverwaltungen für Industrie, Finanzen, Verkehr, Handel und Versorgung, Arbeit und Sozialfürsorge, Land- und Forstwirtschaft, Brennstoffindustrie und Energie, Interzonen- und Außenhandel sowie Statistik.

Aus Protest gegen den Beschluss der Westalliierten, einen westdeutschen Bundesstaat zu gründen, verließ der Vertreter der UdSSR am 20. März 1948 die Sitzungen des Kontrollrates. Am 20. Juni machte eine auf die westlichen Besatzungszonen beschränkte Währungsreform die befürchtete Teilung Deutschlands zur Gewissheit. Drei Tage später beschlossen die Machthaber der sowjetischen Besatzungszone eine eigene Währungsreform. Nachdem die westdeutsche Währung gegen den Willen des sowjetischen Oberbefehlshabers auch in den westlichen Sektoren von Berlin eingeführt worden war, versuchte die Sowjetunion durch die Berlin-Blockade ganz Berlin in ihre Hand zu bekommen. Die Westalliierten entschieden daraufhin, Berlin durch eine Luftbrücke zu versorgen. Insgesamt 11 Monate lang versorgten sie die Westberliner Bevölkerung mit Hilfsgütern, bis die Sowjetunion die Blockade am 12. Mai 1949 beendete.

Sowjetische Deutschlandpolitik

Die Sowjetunion entwickelte während des Zweiten Weltkrieges eigene Ideen für ein Nachkriegsdeutschland: Stalin schwebte ein ungeteilter, neutraler und nichtsozialistischer Staat vor. Er erwartete, insbesondere aus dem Ruhrgebiet zahlreiche Reparationen zu erhalten. Im Gegenzug sollten aus der sowjetischen Besatzungszone Nahrungsmittel in die westlichen Zonen geliefert werden. Da dies aber nicht geschah, stellten die Westalliierten ihre Lieferungen auch ein.

Diese Pläne konnte er jedoch nicht durchsetzen. Um sich alle Optionen offen zu halten, verschob Stalin die "Sowjetisierung" der eigenen Besatzungszone zunächst und vermied bzw. vertuschte eine offene kommunistische Entwicklung.

Nach Kriegsende setzte die Sowjetunion in der von ihr besetzen Zone die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) ein. Diese sollte den Aufbau eines politischen Systems im Sinne der Sowjetunion steuern und die Besatzungszone verwalten. Dazu kontrollierte und regelte sie das gesamte politische und gesellschaftliche Leben und beschäftigte bis zu 50.000 Mitarbeiter. Sie verfügte die Gründung von fünf Ländern innerhalb der SBZ und übertrug ihnen im Oktober 1945 Gesetzgebungsbefugnisse.

Politischer Aufbau

Für den politischen Aufbau war die so genannte Gruppe Ulbricht von Bedeutung. Sie bestand aus Walter Ulbricht und anderen vor dem bzw. während des Zweiten Weltkrieges in die Sowjetunion emigrierten und dort geschulten Mitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), die der Roten Armee beim Neuaufbau der Verwaltung helfen sollten. Bereits vor Kriegsende wurde sie in Deutschland tätig und erreichte, dass die sowjetischen Kommandanten zahlreiche Schlüsselpositionen innerhalb der Kommunalverwaltungen an deutsche Kommunisten vergaben. Dabei galt Ulbrichts Devise: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“

Zur Überraschung der westlichen Alliierten und deutscher Politiker ermöglichte die SMAD bereits im Juni 1945 ein pluralistisches deutsches Parteiensystem und genehmigte die Gründung von KPD, SPD, CDU und LDPD. Diese gründeten einen antifaschistischen Block, aus dem sich später die Nationale Front entwickelte. Innerhalb dieses Gremiums wollten sie die Entnazifizierung und den Wiederaufbau gemeinsam organisieren. Obwohl die SMAD die KPD massiv bevorzugte, konnte diese ihr Ziel, größte und bestimmende Partei der SBZ zu werden, nicht erreichen. Sie geriet im Gegenteil im Laufe des Jahres 1945 bei der Bevölkerung und den anderen Parteien immer mehr in die Isolation. In KPD und SPD in der sowjetischen Besatzungszone gab es nach den Erfahrungen in der Zeit des Nationalsozialismus und im Widerstand Bestrebungen, eine gemeinsame Arbeiterpartei zu schaffen. Nachdem die KPD im Juni 1945 eine entsprechende Forderung der SPD abgelehnt hatte, wurde mit der nachlassenden Popularität der KPD zusammen mit der SMAD unter Billigung Stalins die (Ost-)SPD als Hauptkonkurrent durch massiven Druck, Bestechung ihrer Führungspersönlichkeiten und Täuschung über die wahren Ziele der KPD 1946 zu einer Zwangsvereinigung zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) genötigt. Bei den Landtagswahlen im Oktober 1946 erreichte die SED mit 47,5 % allerdings nicht die angestrebte absolute Mehrheit.

Um den Widerstand von (Ost-)CDU und LDPD gegen weitere Eingriffe ins Parteiensystem zu unterlaufen, brachte die SED 1947/48 mit der Volkskongressbewegung ein neues Instrument ins Spiel. Auf zwei Sitzungen 1947 und 1948 beschloss der Deutsche Volkskongress die Aufnahme neuer Blockparteien (NDPD und DBD) und Massenorganisationen (Kulturbund, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, Demokratischer Frauenbund Deutschlands), die größtenteils kommunistisch dominiert waren, in den Antifa-Block.

Des Weiteren verständigte sich der 2. Volkskongress darauf, einen Deutschen Volksrat zu berufen, der den Auftrag erhielt, für Gesamtdeutschland eine Verfassung einer Deutschen Demokratischen Republik auszuarbeiten. Dieser nahm unter dem Vorsitz von Wilhelm Pieck (SED), Wilhelm Külz (LDPD) und Otto Nuschke (CDU) am 19. März 1948 seine Arbeit auf. Dessen Ausschuss zur Erarbeitung einer Verfassung wurde von Otto Grotewohl geleitet und erarbeitete bis zum 22. Oktober eine – auf einem entsprechenden Entwurf der SED von 1946 fußende – Verfassung, welche am 19. März des folgenden Jahres vom 1. Deutschen Volksrat angenommen wurde.

Im Mai 1949 wurde über Einheitslisten der 3. Volkskongress gewählt, der die Verfassung am 30. Mai bestätigte sowie den 2. Deutschen Volksrat als ständiges Organ wählte. Nachdem sich in der am 23. Mai entstandenen Bundesrepublik Deutschland auch die Verfassungsorgane konstituiert hatten, erklärte sich der 2. Deutsche Volksrat am 7. Oktober zur Provisorischen Volkskammer und setzte die Verfassung der DDR in Kraft, womit die Deutsche Demokratische Republik gegründet war.

Wirtschaftlicher Aufbau

Die Wirtschaft in der SBZ wurde zunächst durch die sowjetische Demontage massiv beeinflusst. Im Rahmen der Hauptdemontage ließ Stalin bis Ende 1946 über 1.000 Betriebe, vor allem den Maschinenbau, die chemische und optische Industrie, und das zweite Gleis fast aller Bahnstrecken abbauen. In einer zweiten Etappe wurden Reparationen entgegen dem Potsdamer Vertrag aus der laufenden Produktion entnommen und etwa 200 wichtige Betriebe als Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) in das Eigentum der Sowjetunion überführt.

Unter der Losung "Junkerland in Bauernhand“ führte die SMAD im September 1945 eine Bodenreform durch, bei der Kriegsverbrecher, Funktionäre und Repräsentanten der NSDAP sowie alle Landbesitzer, die Güter mit mehr als 100 ha Land besaßen, entschädigungslos enteignet wurden. Die SMAD verteilte das Land an so genannte Neubauern, zumeist landlose Bauern, Landarbeiter und Flüchtlinge. Diese sollten ihre 5-10 ha großen Landflächen selber bearbeiten. Da sie meist keine landwirtschaftlichen Geräte besaßen, waren sie von den 1949 geschaffenen "Maschinen-Ausleih-Stationen" (MAS) abhängig.

Da Stalin die Idee eines ungeteilten Deutschlands nicht aufgeben wollte, begann die tatsächliche sozialistische Umgestaltung der ostdeutschen Wirtschaft erst 1952.

Aufbauphase 1949-1961

Chronologie: Geschichte der DDR. Aufbau des Sozialismus 1949-1961

Politische Führung

Erster Präsident der DDR wurde 1949 Wilhelm Pieck, erster Ministerpräsident wurde Otto Grotewohl. Beide waren seit 1946 Vorsitzende der SED. 1950 wurden sie in ihren Parteiämtern bestätigt, Walter Ulbricht wurde Generalsekretär des neu geschaffenen Zentralkomitees (ZK) der SED. Nach dem Tod von Wilhelm Pieck wurde 1960 der Staatsrat der DDR anstatt des bisherigen Präsidentenamtes gebildet und Walter Ulbricht zu dessen Vorsitzenden bestimmt.

1950 wurden alle Parteien trotz Widerstands vieler Mitglieder und einiger Landesverbände zur „Einheitsliste der Nationalen Front“ zusammengeschlossen. Bei ersten Wahlen zur Volkskammer erhielt diese von der SED dominierte Einheitsliste nach offiziellen Angaben 99,3 % der Stimmen, 1954 waren es 99,46 % und 1958 99,7 %.

Außenpolitik

Sehr schnell nach ihrer Gründung schloss die DDR Verträge mit anderen Staaten im Ostblock ab: Im Juli 1950 legte sie mit Polen die Oder-Neiße-Linie als Grenze vertraglich fest. Im September des gleichen Jahres wurde die DDR Mitglied im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) - dem Äquivalent zur Europäischen Gemeinschaft.

Kontakte zu westlich orientierten Staaten wurden von der Bundesrepublik Deutschland verhindert: Durch die Hallstein-Doktrin drohte sie anderen Staaten mit dem Abbruch der Beziehungen, falls diese die DDR anerkannt hätten.

1952 bot Stalin mit den Stalin-Noten Verhandlungen über eine Wiedervereinigung und Neutralität Deutschlands an. Die Westmächte hielten dies für ein Ablenkungsmanöver, das die Westintegration Westdeutschlands behindern sollte. Die Briefwechsel endeten schließlich ohne Ergebnis. Im Anschluss daran forcierte die DDR ihre „Ostintegration“ und die sozialistische Umgestaltung der ostdeutschen Wirtschaft.

Nachdem die Bundesrepublik Deutschland 1954 Mitglied der Westeuropäischen Union geworden war, trat die DDR ein Jahr später dem Warschauer Vertrag bei.

Die SMAD wurde durch die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) abgelöst, die 1953 durch den sowjetischen Hohen Kommissar ersetzt wurde. Nachdem die UdSSR 1955 die volle Souveränität der DDR bestätigt hatte, wurde auch dieses Amt aufgehoben.

1958 forderte Nikita Chruschtschow die Revision des Potsdamer Abkommens und drohte, die Sowjetunion werde ihre Kontrollrechte über Berlin an die DDR übertragen. Damit begann die so genannte "Berlin-Krise".

Zur Jahreswende 1958/1959 ließ die Sowjetunion erstmals weitreichende Atomraketen außerhalb ihres Territoriums stationieren. Der sowjetische Generalstab stationierte jeweils sechs Raketen des Typs SS-3 Shyster bei Fürstenberg/Havel und Vogelsang. Die SS-3 konnte einen Sprengkopf von 300 Kilotonnen TNT über eine Reichweite von 1.200 Kilometern bis nach Bonn, Brüssel, Paris oder London befördern.

Wirtschaftspolitik

Nachdem es bereits einen Zwei-Jahres-Plan gegeben hatte, folgte die Wirtschaft der DDR ab 1951 dem 1. Fünfjahrplan. Damit begann der Einstieg in die Planwirtschaft. Verantwortlich für die Aufstellung und Kontrolle der langfristigen Pläne sowie die zentrale Lenkung der Wirtschaft war die 1950 gegründete staatliche Plankommission. 1958 wurden die Lebensmittelkarten endgültig abgeschafft. 1959 zeichnete sich ein Scheitern des laufenden Zweiten Fünfjahrplans ab; die Plankommission erstellte daher übergangsweise einen Siebenjahresplan.

Zahlreiche der Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) wurden von der DDR zurückgekauft und in Volkseigene Betriebe (VEB) umgewandelt.

Für die Landwirtschaft prägte die SED in den 1950er Jahren die Devise „Vom Ich zum Wir“. Unter diesem Motto sollte die Landbevölkerung „auf freiwilliger Basis“ von den angeblichen Vorzügen einer kollektivierten Landwirtschaft überzeugt werden. Das Ziel war die Gründung von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). „Muster-LPGs“ sollten wie „Leuchttürme auf dem Lande“ die Idee von der Sowjetisierung in alle Dörfer tragen. Da die meisten Bauern kein Interesse an genossenschaftlicher Arbeit zeigten, wurden insbesondere verlassene Höfe, sogenannte ÖLB (Örtliche landwirtschaftliche Betriebe) und wirtschaftlich kaum lebensfähige Kleinbetriebe zu LPGs zusammengefügt. 1952 waren so in der DDR knapp 2.000 zunächst überwiegend wirtschaftsschwache LPG entstanden.

Klein- und Mittelbauern wurden mit Repressionen und hohen Zwangsabgaben drangsaliert und bei der Verteilung der landwirtschaftlichen Geräte durch die MAS benachteiligt. Zehntausende Bauern siedelten daraufhin in den Westen um. Dies führte dazu, dass am 17. Juni 1953 auch auf dem Land die Stimmung kippte. Anschließend wurde die Kollektivierung zunächst verlangsamt, auf Druck der Sowjetunion aber forcierte die DDR-Führung die Kollektivierung ab 1958 wieder. Von der SED entsandte Agitationstruppen sollten die Bauern durch Nötigung oder Drohungen zum „freiwilligen“ Eintritt in eine LPG veranlassen, während widerstrebende Landwirte vom MfS verhaftet wurden.

Parallel zur Entwicklung in Westdeutschland begann das staatliche Fernsehen der DDR Ende 1952 mit Versuchssendungen und nahm 1956 seinen regulären Sendebetrieb auf. Ab 1960 war die Propagandasendung Der schwarze Kanal von Karl-Eduard von Schnitzler ein wichtiger Bestandteil des Programms.

17. Juni 1953

1952 erklärte die DDR-Führung den „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“ zur grundlegenden Aufgabe, trieb den Prozess der 'Sowjetisierung' der Gesellschaft voran und stärkte die Staatsmacht. Sie teilte die 5 Länder in 14 Bezirke und 217 Kreise auf. Außerdem stellte sie die verbliebene Mittelschicht in Frage: Insbesondere Bauern und kleine Handels- und Gewerbebetriebe sollten durch erhöhte Abgaben zur Aufgabe ihrer Selbstständigkeit gezwungen werden. Auch der Kurs gegenüber den Kirchen verschärfte sich.

Am 28. Mai 1953 beschloss das ZK der SED eine Erhöhung der Arbeitsnormen um 10,3 %. Das Politbüro der KPdSU warnte die SED daraufhin vor einem zu starren und harten Kurs beim Aufbau des Sozialismus. Die DDR beschloss und verkündete am 11. Juni mit dem „Neuen Kurs“ zahlreiche Erleichterungen insbesondere für den bürgerlichen Mittelstand und die Bauern und nahm etliche Maßnahmen der letzten Monate zurück. Die Normerhöhung blieb bestehen. Am 16. Juni kam es daraufhin zu Streiks auf zwei Berliner Großbaustellen und einem Protestzug zum DDR-Regierungssitz, denen am 17. Juni 1953 flächendeckende Proteste folgten, die von sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagen wurden. Die DDR-Führung bezeichnete den Aufstand als ein Werk „faschistischer Agenten ausländischer Mächte“.

Entstalinisierung

Nach Stalins Tod 1953 leitete dessen Nachfolger Nikita Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 die Entstalinisierung ein. Dies überraschte und verwirrte die DDR-Führung: Bis vor dem Parteitag verteidigte und lobte sie Stalin und bemerkte den Politikwechsel erst spät. Walter Ulbricht erkannte die Brisanz und passte seine Begrüßungsrede an die neuen Aussagen der Sowjetführer an. Sofort nach dem Parteitag versuchte die SED-Führung, ihren Mitgliedern die neuen „Lehren“ zu vermitteln. Ulbricht schrieb im Zentralorgan der SED, der Zeitung Neues Deutschland, Stalin sei kein „Klassiker“ des Marxismus - nachdem er noch einen Monat zuvor das Gegenteil gesagt hatte. Auch wenn die SED die Frage der Entstalinisierung auf ihrem Parteitag nur am Rande behandelte, erschütterte diese das Weltbild der deutschen Kommunisten. Letztlich hatte sich die DDR zu keinem Zeitpunkt völlig vom Stalinismus verabschiedet - und nachdem 1985 in der UdSSR antistalinistische Filme und Zeitschriften zugelassen wurden, kam es deshalb auch zum Bruch mit dem bisherigen Vorbild.

Im Zuge der Entstalinisierung wurden 25.000 Häftlinge entlassen und zahlreiche Politiker (Franz Dahlem, Anton Ackermann, Hans Jendretzky und andere) rehabilitiert.

Staatssicherheit

1950 wurde das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gegründet, um als „Schild und Schwert der Partei“ die Macht der SED zu sichern. Wilhelm Zaisser wurde erster Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke Staatssekretär.

Nach den Protesten vom 17. Juni wurde insbesondere dem MfS Versagen vorgeworfen. Es wurde zu einem „Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS)“ umgeformt und dem Innenministerium unterstellt. Wilhelm Zaisser wurde zuerst aus dem ZK der SED und ein Jahr später auch aus der SED ausgeschlossen. Erst 1955 erhielt das MfS wieder Ministeriumsrang und bekam den Hauptverwaltung Aufklärung genannten Auslandsnachrichtendienst zugeordnet.

Während der gesamten 1950er Jahre wurden in zahlreichen „Säuberungen“ Parteimitglieder verhaftet, die während der Nazizeit in westliche Länder emigriert waren, aber auch andere SED-Genossen wurden Opfer dieser Aktionen.

Auf ihrer Seite der innerdeutschen Grenze errichtete die DDR eine fünf Kilometer breite ‚Sperrzone‘, einen 500 Meter breiten mit Stacheldraht gesicherten ‚Schutzstreifen‘ und einen zehn Meter breiten ‚Kontrollstreifen‘. „Unzuverlässige“ Bürger in der Sperrzone wurden 1952 mit der Aktion Ungeziefer zwangsweise ins Hinterland umgesiedelt.

Abwanderung

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Die Berliner Mauer am Bethaniendamm

Nachdem bis 1956 ca. 1,72 Millionen Menschen die DDR verlassen hatten, wurde ein neues Passgesetz verabschiedet, um die Zahl der Westreisen zu reduzieren. Die Republikflucht wurde kriminalisiert.

Zum Jahr 1960 stieg die Zahl der Abwanderer weiter an - auch deshalb, weil viele Bauern dem Zwang zum Beitritt einer LPG entgehen wollten. Allein für den Monat September meldeten Westberliner Behörden 20.968 „SBZ“-Flüchtlinge. Bis 1961 hatten schließlich knapp drei Millionen Menschen die DDR seit ihrer Gründung verlassen. Da es sich dabei oft um gut ausgebildete Menschen handelte, bedrohte diese Abwanderung die Wirtschaftskraft der DDR und letztlich den Bestand des gesamten Staates. Ab dem 13. August 1961 wurde deshalb die Berliner Mauer aufgebaut, um eine weitere Abwanderung zu stoppen.

Kirchenkampf

Während die SMAD den Kirchen noch Zugeständnisse gemacht hatte, begann die DDR-Führung im Frühjahr 1953 einen härteren Kurs einzuschlagen, da diese sich gegen eine Instrumentalisierung wehrten. So ging sie vor allem gegen die Junge Gemeinde und Studentengemeinden sowie deren Mitglieder mit Relegierungen von Schulen und einzelnen Verhaftungen vor. Mit dem „neuen Kurs“ wurde der verschärfte Kirchenkampf zunächst unterbrochen, 1955 mit der Wiederbelebung der traditionellen Jugendweihen ein Gegenstück zur kirchlichen Konfirmation geschaffen.

Stabilisierung 1961-1970

Chronologie: Geschichte der DDR. Stabilisierung 1961-1970

Politische Führung

Am 21. September 1964 starb Otto Grotewohl, Nachfolger als Vorsitzender des Ministerrates wurde Willi Stoph. Im Februar 1967 verabschiedete die Volkskammer ein Gesetz über die DDR-Staatsbürgerschaft, die die deutsche Staatsbürgerschaft ablöste. Im April 1968 stimmten 94,5 % der wahlberechtigten Bevölkerung für eine neue Verfassung, diese bestimmte die DDR als „sozialistischen Staat deutscher Nation“ und schrieb die führende Rolle der SED fest.

Deutschlandpolitik

Nachdem das ZK der SED bereits mehrere offene Briefe zur Lösung der Deutschlandfrage an die SPD und die Gewerkschaften in der Bundesrepublik gerichtet hatte, beantwortete die (westdeutsche) SPD 1966 zum ersten Mal ein solches Schreiben. Da die SED von dieser Reaktion und den Diskussionen in der DDR überrascht und schockiert war, sagte sie zunächst vorgeschlagene Gespräche wieder ab.

Nach der Bildung der Großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland änderte die SED-Führung ihre Konzeption in der Deutschlandfrage insgesamt und ging gegenüber der beweglicheren Ostpolitik von Willy Brandt in die Defensive. Sie fürchtete, ein offener Dialog mit Westdeutschland könnte auf die DDR-Bevölkerung übergreifen. Nach der Hallstein-Doktrin Westdeutschlands war es jetzt die DDR-Führung, die versuchte, andere (sozialistische) Staaten von einer Anerkennung der BRD abzuhalten.

Grenzsicherung

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Grenzer an der Berliner Mauer (1961)

Nach dem Mauerbau wurde die Anwendung der Waffe gegen Flüchtlinge befohlen (Schießbefehl). In den nächsten Monaten kam es zu kleineren Schusswechseln zwischen west- und ostdeutscher Grenzpolizei, nachdem DDR-Grenztruppen die ersten Flüchtlinge an der Grenze erschossen hatten. Ab 1961 verminte die DDR ihre Seite der innerdeutschen Grenze.

Verteidigungspolitik

1962 führte die DDR die Wehrpflicht ein, um die Kampfkraft der 90.000 Mann starken Nationalen Volksarmee (NVA) zu verbessern. Der Druck der Kirchen bewirkte, dass die DDR 1964 den Wehrdienst ohne Waffe als Bausoldat einführte.

Über dem Territorium der DDR und insbesondere in den Luftkorridoren nach Westberlin kam es öfter zu kleineren Konflikten zwischen westlichen und sowjetischen Kampfflugzeugen. 1962 bedrängten sowjetische Jagdflugzeuge Militärtransporter der Westalliierten, in denen unter anderem auch der britische Botschafter saß. 1964 wurde eine US-Maschine über Thüringen abgeschossen.

Am 20./21. August 1968 unterstützten NVA-Truppen logistisch die Truppen der UdSSR bei der Niederschlagung des Prager Frühlings, marschierten selber jedoch nicht in die Tschechoslowakei ein.

Wirtschaftspolitik

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In den 1960er Jahren zwang eine Wirtschaftskrise und Diskussionen in der Sowjetunion die SED, ihre Wirtschaftspolitik zu ändern. Sie ermöglichte den Vereinigungen der Volkseigenen Betriebe (VVB) - vergleichbar den späteren Kombinaten - eine größere Selbstverwaltung und räumte den Arbeitern eine „Arbeitermitverantwortung“ ein, um sämtliche Leistungsreserven zu erhöhen und Initiativen zu wecken. Durch eine Selbstständigkeit der einzelnen Volkseigenen Betriebe (VEB) in der Material- und Kreditbeschaffung, bei Aktivitäten im Außen- und Binnenhandel und größere Vollmachten bei der Preis- und Absatzgestaltung wollte sie das System flexibler gestalten. Der Lebensstandard stieg daraufhin an, der Abstand zur Bundesrepublik blieb erhalten.

1966 ging in Rheinsberg das erste Kernkraftwerk der DDR ans Netz.

Als sich ein erster Mangel an Devisen aus dem „Nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet“ (NSW) bemerkbar machte, wurde 1962 die Intershop-Handelsorganisation gegründet. In diesen Geschäften konnten nur Ausländer mit Devisen bezahlen, dafür konnten diese allerdings Produkte kaufen, die es für die offizielle Währung Mark der DDR gar nicht oder nur in minderer Qualität zu kaufen gab. Insgesamt waren die Artikel deutlich günstiger als vergleichbare Produkte in Westdeutschland.


Da die Devisenknappheit weiter zunahm, baute Alexander Schalck-Golodkowski ab 1964 die Abteilung „Kommerzielle Koordinierung“ innerhalb des Ministeriums für Außenhandel auf, die mit allen legalen und häufig auch illegalen Möglichkeiten zusätzliche Devisen beschaffen sollte.

Stabilität und Krise 1971-1980

Chronologie: Geschichte der DDR. Stabilität und Krise 1971-1980

Ende der Ära Ulbricht

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Erich Honecker

Nach Streitigkeiten mit Teilen der Parteiführung im Bereich der Wirtschafts- und Außenpolitik 1970 wurde Walter Ulbricht gezwungen, „aus gesundheitlichen Gründen“ von fast allen Ämtern zurückzutreten. Am 3. Mai 1971 endete damit die Ära Ulbricht, und Erich Honecker wurde als dessen Nachfolger zum Ersten Sekretär des ZK der SED gewählt. Der Wechsel an der Spitze bedeutete für die Entwicklung der DDR einen tiefen Einschnitt.

Nach dem Rücktritt von Ulbricht wurde die Ulbricht-Periode systematisch aus der offiziellen Geschichtsschreibung verdrängt und alle Veränderungen nach seinem Abgang stark betont. Sein Name tauchte in der Öffentlichkeit kaum noch auf.

Das politische Ziel einer Wiedervereinigung Deutschlands (zu einem sozialistischen Gesamtdeutschland) wurde endgültig aufgegeben, sämtliche Hinweise darauf aus der Verfassung gestrichen und bei vielen Organisationen und Institutionen die Kennzeichnung Deutschland durch DDR ersetzt. So wurde zum Beispiel der Deutsche Fernsehfunk in Fernsehen der DDR umbenannt und als Autokennzeichen DDR statt D vorgeschrieben. Um die psychologische und emotionale Bindung an die deutsche Kultur zu berücksichtigen, prägte Honecker die Formel: „Staatsangehörigkeit: DDR, Nationalität: deutsch“.

Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik

Honeckers Amtszeit wurde durch einen Beschluss der SED gekennzeichnet, der die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ zur neuen Hauptaufgabe bestimmte. Mittels einer forcierten Erhöhung des Lebensstandards und der Kaufkraft sollte die Zufriedenheit der Bevölkerung gesteigert und letztlich die Arbeitsproduktivität erhöht werden. Ein Kernstück dieser Idee war ein Wohnungsbauprogramm, das das dringende Wohnungsproblem bis 1990 lösen sollte und vor allem zum Entstehen großer Neubaugebiete mit für damalige Verhältnisse komfortablen Wohnungen in vielen Städten der DDR führte. Bis 1980 wurden 700.000 bis 800.000 Wohnungen errichtet oder modernisiert, und bis 1990 insgesamt 3 Millionen Plattenbauten errichtet. Der damit verbundene Abriss von Altbauwohnungen, deren Sanierung zu teuer erschien, führte zu einer Verödung der Innenstädte.

Ein weiterer Schwerpunkt von Honeckers Wirtschaftspolitik war die Beschaffung von westlichen Produktionsanlagen für Export- und Konsumgüter. Diese Investitionen wurden durch Kredite bei westlichen Banken finanziert und sollten sich plangemäß ab Ende der 1970er Jahre bezahlt machen.

Da durch diese Änderungen in der Wirtschaftspolitik erstmals hohe Auslandsschulden gegenüber dem Nicht-Sozialistischen Wirtschaftsgebiet entstanden, war dies nach Ansicht einiger Autoren der „Anfang vom Ende“ der DDR.

Hauptenergiequelle der DDR war die heimische Braunkohle, die zum Heizen der Wohnungen und zur Stromerzeugung verwendet wurde. Das russische Erdöl war dafür zu kostbar, da es als veredeltes Endprodukt die wichtigste Devisenquelle war. Als im Winter 1978/1979 am Silvestertag die Temperatur um 25 Grad fiel, zeigten sich die Schwächen dieser Abhängigkeit: Die Kältewelle stoppte den Braunkohletagebau. Da es keine Vorräte gab, bedeutete dies einen Stillstand der gesamten Wirtschaft für 14 Tage.

Kulturpolitik

Durch eine liberalere Haltung gegenüber den Künstlern und Intellektuellen wollte die SED-Führung die Kluft zwischen Bevölkerung und Führung überbrücken. Dies änderte sich 1976 durch die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Dieser Vorgang löste energische Proteste aus und führte zu einer Unterschriftensammlung bei Künstlern und Schriftstellern - für die SED ein ungeheuerlicher Akt. Zahlreiche prominente Unterzeichner wurden anschließend unter Druck gesetzt und so zur Ausreise in die Bundesrepublik getrieben, einige auch verhaftet. 1979 eskalierte die Auseinandersetzung und führte zum Ausschluss von zahlreichen berühmten Mitgliedern aus dem Schriftstellerverband.

Außenpolitik

Unter Erich Honecker wurden sowohl die Führungsrolle der UdSSR als auch das sowjetische Modell von der SED wieder als verbindlich angesehen. Die Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion verbesserten sich daraufhin. Beide Staaten schlossen 1975 einen neuen Freundschafts- und Beistandsvertrag ab, der die DDR in eine rechtlich noch größere Abhängigkeit von der Sowjetunion brachte.

Nach der Unterzeichnung des Berlinabkommens durch die Vier Mächte (Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA) im September 1971 schloss die DDR mit der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche Verträge. Im Dezember wurde das Transitabkommen unterzeichnet, um Westdeutschen die Fahrten von und nach West-Berlin zu erleichtern. Ein Jahr später folgte die Unterzeichnung des Grundlagenvertrags, der die Souveränität und die Grenzen der DDR anerkannte. Da die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer neuen Ostpolitik den Widerstand gegen eine internationale Aufwertung der DDR aufgab, änderte sich die außenpolitische Situation der DDR grundlegend. Bereits im Dezember 1972 hatten 20 Staaten Diplomaten mit der DDR ausgetauscht (unter anderem Iran, Schweden, Schweiz, Österreich). Auch mit den USA konnten diplomatische Beziehungen vereinbart werden. Bis 1978 hatten insgesamt 123 Regierungen in aller Welt die DDR völkerrechtlich anerkannt und damit war die wichtigste Phase ihrer Außenpolitik erfolgreich abgeschlossen.

Die DDR zog im September 1973 gleichzeitig mit der Bundesrepublik Deutschland in die UNO ein und beteiligte sich an der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Dadurch verpflichtete sie sich auch zur Einhaltung der Menschenrechte. Mehr und mehr Bürger forderten daraufhin die Einhaltung der Zusagen und stellten Anträge auf Ausreise in die Bundesrepublik.

Staatssicherheit

1973 akkreditierte die DDR zum ersten Mal Korrespondenten von ARD, ZDF sowie von Zeitungen und Zeitschriften aus der Bundesrepublik Deutschland. Sie durften sich innerhalb gewisser Grenzen frei bewegen, wurden dabei aber vom MfS überwacht. Viele Reportagen und Interviews wurden vom MfS inszeniert.

Im Zuge der Verbesserung der Beziehungen wurde auch der Häftlingsfreikauf zunehmend organisierter geregelt. Dabei bezahlte die Bundesrepublik der DDR eine bestimmte Summe Devisen oder Waren, um im Gegenzug politische Gefangene freizukaufen, die anschließend in die Bundesrepublik ausgebürgert wurden.

1971 ließ die DDR die Sperrzonen an der innerdeutschen Grenze auflösen oder verkleinern, baute gleichzeitig jedoch Selbstschussanlagen auf, die auf ihren Grenzstreifen gerichtet waren.

Krise und Ende 1981-1990

Chronologie: Geschichte der DDR. Krise und Ende 1981-1990

Finanzkrise

Insbesondere durch die hohen Kosten des Wettrüstens wurde die wirtschaftliche Lage der Sowjetunion 1981 zunehmend kritisch. Sie wurde gezwungen, die Preise für Rohöl zu erhöhen und die Lieferungen zu drosseln. In der DDR brach dadurch eine der wichtigsten und Devisenquellen förmlich zusammen. Dies führte dazu, dass sie 1982 erstmals fällige Kredite und Zinszahlungen zum größten Teil nur mit neuen Krediten ablösen konnte und es zu Problemen mit westlichen Kreditinstituten kam. 1983 kam es daraufhin zu Verhandlungen zwischen West- und Ostdeutschland mit dem Ergebnis, dass die Bundesregierung die Bürgschaft für insgesamt zwei vom bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU) vermittelte Kredite über jeweils eine Milliarde D-Mark für die DDR übernahm, um damit deren Stabilität zu bewahren. Im Gegenzug baute die DDR die Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze ab und erleichterte Westdeutschen die Reise in die DDR.

Gegen Ende der 1980er Jahre wurde der wirtschaftliche Verfall der DDR-Wirtschaft zunehmend sichtbar. Bereits seit langer Zeit zehrte sie nur noch von ihrer Substanz, da sie Neuinvestitionen oder Reparaturen nicht mehr finanzieren konnte. Insbesondere die hohen Kosten der Mikroelektronik (hier gab es noch immer Handelsbeschränkungen seitens der westlichen Staaten) und des Wohnungsbauprogramms führten schließlich 1989 in eine ausweglose wirtschaftliche Situation. Reformvorschläge wurden von Erich Honecker und Günter Mittag abgelehnt, und letztlich war vor allem aufgrund der ökonomischen Krise eine Destabilisierung des Regimes nicht mehr aufzuhalten. Die DDR-Führung wurde zu verstärkten Verhandlungen mit der Bundesrepublik gezwungen, die sich immer einseitiger gestalteten.

Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion

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Michail Gorbatschow

In der Sowjetunion wurde 1985 Michail Gorbatschow zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei gewählt. Als de facto-Herrscher der Sowjetunion versuchte er den Verfall des Kommunismus durch die Einführung von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umstrukturierung) aufzuhalten. 1988 verkündete er die Aufhebung der Breschnew-Doktrin und erlaubte den osteuropäischen Staaten damit eine von der UdSSR unabhängige demokratische Entwicklung.

Die DDR lehnte diese Politik ab und ging auf Distanz zur Sowjetunion. 1987 fehlten im Neuen Deutschland beim Abdruck einer Rede Gorbatschows die Abschnitte mit dessen scharfer Kritik an seinen Amtsvorgängern. Im selben Jahr nahm Kurt Hager, ein Mitglied des SED-Politbüros, in einem fingierten Interview mit dem westdeutschen Nachrichtenmagazin Stern zu den Reformen in der Sowjetunion Stellung mit den Worten: „Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“. Zahlreiche sowjetische Zeitungen und Filme wurden in der DDR verboten: die Monatszeitschrift „Sputnik“, einzelne Ausgaben der „Neuen Zeit“ und fünf antistalinistische Filme.

1988 erklärte Honecker offiziell die Ablehnung der sowjetischen Reformpolitik.

Ausreisewelle

1984 siedelten ungewöhnlich viele (40.900) Personen in die Bundesrepublik um. Zahlreiche Ausreisewillige flüchteten in Prag und Ost-Berlin in die Botschaften der Bundesrepublik, um eine schnellere Bearbeitung ihrer Ausreiseanträge zu erzwingen, kehrten nach entsprechenden Zusagen jedoch wieder zurück.

Am 2. Mai 1989 begann Ungarn, die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen. In der Folge versuchten Hunderte von DDR-Bürgern, über Ungarn in den Westen zu gelangen. Gleichzeitig begaben sich viele in die Botschaften der Bundesrepublik in Budapest, Prag und Warschau und die Ständige Vertretung in Ost-Berlin, um an westdeutsche Reisepapiere zu gelangen. Letztendlich mussten die Botschaften im August/September wegen Überfüllung geschlossen werden. Am 23. August 1989 durften die Flüchtlinge in Budapest, am 30. September 1989 in Prag und Warschau in die Bundesrepublik ausreisen. Diese wurden Anfang Oktober mit Sonderzügen über DDR-Gebiet in die Bundesrepublik gefahren. Während der Durchfahrt durch abgesperrte Bahnhöfe versuchten DDR-Bürger auf die Züge aufzuspringen. Auf dem Dresdner Hauptbahnhof lieferten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte gewalttätige Auseinandersetzungen.

Am 19. August 1989 kam es infolge des Paneuropäischen Picknicks zu einer Massenflucht von DDR-Bürgern nach Österreich. Ende August 1989 begannen in Bayern Vorbereitungen zur Errichtung von Notaufnahmelagern.

Im September 1989 ließ Ungarn etwa 30.000 Ausreisewillige ohne Absprache mit der DDR ausreisen.

Seit dem 3. November 1989 durften DDR-Bürger ohne Formalitäten über die Tschechoslowakei ausreisen, es kam zu einer erneuten Ausreisewelle.

Bürgerrechtsbewegung

Am 17. Januar 1988 fanden auf der Gedenkdemonstration für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Proteste unter der Losung eines Zitats von Rosa Luxemburg („Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“) statt. Die Sicherheitskräfte verhafteten vor laufenden Fernsehkameras von westlichen Journalisten zahlreiche Demonstranten; in den darauf folgenden Tagen wurden zahlreiche Aktivisten der Friedensbewegung verhaftet. Es kam in der ganzen DDR zu Solidaritätsveranstaltungen. Durch das Quasi-Verbot der Zeitschrift Sputnik wurde die Stimmung weiter angeheizt.

Während man sich in der Sowjetunion bei den Wahlen zum ersten Volksdeputiertenkongress zum ersten Mal zwischen mehreren Kandidaten entscheiden konnte, stand in der DDR bei den Kommunalwahlen im Mai 1989 weiterhin nur die Einheitsliste zur Auswahl. Als offizielles Ergebnis wurde 98,85 % angegeben. Zum ersten Mal konnten zahlreiche Regimekritiker eine Fälschung der Ergebnisse beweisen. Es kam in der Folge zu zahlreichen Demonstrationen, die von Volkspolizei und MfS aufgelöst wurden. Gorbatschow lehnte eine Intervention von Sowjet-Truppen gegen mögliche Unruhen ab.

Honecker reagierte auf diese Demonstrationen im August 1989 mit dem Spruch „Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf“. Zunehmend zeigte die Parteiführung ihre Unfähigkeit, drängende Probleme zu erkennen oder darauf zu reagieren.

Montagsdemonstrationen

Seit dem 4. September 1989 fanden in Leipzig wöchentlich Montagsdemonstrationen nach dem Friedensgebet statt. Mitte September 1989 gründeten sich die ersten Oppositionsgruppen. Am Rande der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR gab es im ganzen Land Proteste. Am 9. Oktober 1989 hörte man auf der Leipziger Montagsdemonstration mit 70.000 Teilnehmern erstmals den Ruf „Wir sind das Volk“. Am 18. Oktober 1989 trat Erich Honecker von allen Ämtern zurück, sein Nachfolger wurde Egon Krenz. Am 4. November 1989 kam es auf dem Berliner Alexanderplatz mit etwa einer Million Teilnehmern zur größten Demonstration in der Geschichte des Staates, sie wurde vom Fernsehen live übertragen. Am 7. November 1989 traten die Regierung und das Politbüro zurück. Am 9. November 1989 verlas Günter Schabowski vor laufenden Fernsehkameras, dass sofort und unverzüglich Privatreisen ins Ausland ohne Vorliegen von Voraussetzungen wie Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse beantragt werden konnten. Die Genehmigungen sollten kurzfristig erteilt werden. Ausreisen konnten über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen. Tausende eilten an die Grenzen. Ohne Befehl öffneten die überraschten Grenzsoldaten die Übergänge der Berliner Mauer und der Grenze zur Bundesrepublik. Am darauf folgenden Tag besuchten Millionen von DDR-Bürgern die grenznahen Städte der Bundesrepublik und West-Berlin. Es kam zu überschwänglichen Freudenszenen; fremde Menschen umarmten sich, sangen, tanzten und jubelten.

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Egon Krenz

Anfang Dezember 1989 wurde die Führungsrolle der SED aus der Verfassung gestrichen und gegen ehemalige Funktionäre der SED, darunter Erich Honecker, ermittelt. Egon Krenz trat von allen Ämtern zurück, Nachfolger als Staatsratsvorsitzender wurde Manfred Gerlach. Am 7. Dezember 1989 kam es erstmals zu Gesprächen am Runden Tisch mit den ehemaligen Blockparteien und Oppositionsgruppen. Dabei konnten erstmalig nicht gewählte DDR-Bürger in den Bürgerrechtsbewegungen über die politische Entwicklung in der DDR mitdiskutieren und -bestimmen. Zwei Tage später wurde Gregor Gysi Parteivorsitzender der am 17. Dezember 1989 in SED/PDS und am 4. Februar 1990 in PDS (Partei des demokratischen Sozialismus) umbenannten SED.

Wiedervereinigung

Nach dem Mauerfall, insbesondere ab Januar 1990 änderte sich die Zielrichtung der immer noch stattfindenden Montagsdemonstrationen nach und nach. Nach dem Protest gegen die alte Führung und dem Anspruch auf die Souveränität des Volkes, ausgedrückt durch den Slogan „Wir sind das Volk“, wurde mehr und mehr der Wunsch nach der Wiedervereinigung, ausgedrückt durch den abgeänderten Slogan „Wir sind ein Volk“, zur Forderung der Demonstrationen. Am 15. Januar 1990 stürmten Demonstranten die Stasizentrale in Ost-Berlin. Im Februar 1990 sprachen Helmut Kohl, Michail Gorbatschow und Hans Modrow über die deutsche Einheit. Am 18. März 1990 wurde die erste Freie Volkskammer gewählt; Gewinner der Wahl war die „Allianz für Deutschland“. Lothar de Maizière wurde am 12. April 1990 neuer Ministerpräsident der DDR, nachdem am 5. April 1990 Sabine Bergmann-Pohl Volkskammerpräsidentin und damit auch letztes Staatsoberhaupt geworden war. Am 1. Juli 1990 trat die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen BRD und DDR in Kraft. Mitte Juli 1990 wurde die Treuhandanstalt für die Abwicklung der VEB gegründet. Am 31. August 1990 wurde von beiden deutschen Parlamenten und Regierungen der Einigungsvertrag beschlossen und die Siegermächte stimmten am 12. September 1990 in den „Zwei-plus-Vier-Gesprächen“ zu. Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland wieder vereint.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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