Peter Smalun

Peter Smalun 2019 in der stillgelegten Porzellanmanufaktur Weimar Porzellan, Blankenhain.

Peter Smalun (* 2. Mai 1939 in Marienburg; † 13. August 2023 in Ilmenau) war ein deutscher Formgestalter. Er entwarf für namhafte Porzellanunternehmen der DDR und international rund 18 Geschirrserien und an die 40 Einzelformen. Viele seiner Service und Zierporzellane sind bis heute im visuellen Gedächtnis der Ostdeutschen verhaftet. Als damals jüngster Formgestalter erhielt Peter Smalun 1965 die Goldmedaille der Leipziger Messe für sein Teeservice Exquisit.

Leben

Ende des Zweiten Weltkrieges kam Peter Smalun als westpreußischer Flüchtling nach Blankenhain in Thüringen. Hier erlernte er nach Ende seiner Schulzeit von 1953 bis 1956 bei seinem damaligen Lehrmeister Georg Küspert den Beruf des Modelleurs im VEB Weimar Porzellan. Gleich nach dieser Ausbildung wurde er vom Betrieb an die Fachschule für angewandte Kunst Sonneberg und anschließend an die Ingenieurschule für Keramik Hermsdorf/Thür. delegiert. In Hermsdorf schloss er 1962 als Gefäß-Gestalter ab, seine Abschlussarbeit mit dem Thema Entwicklung und Herstellung eines Kaffeeservices unter Berücksichtigung der gestalterischen, technischen und ökonomischen Probleme zur Erreichung hoher Produktionsvorteile im Hinblick auf die Produktionsverhältnisse in der Porzellanfabrik Kalk Nachf., Eisenberg[1] ging ebendort unter dem Namen Stella in Produktion und Smalun wurde für zwei Jahre Leiter der Modellabteilung des Porzellanwerks Kalk. In diesen zwei Jahren absolvierte er neben der Arbeit zusätzlich ein Teilzeitstudium als Dekor-Gestalter, ebenfalls an der Ingenieurschule für Keramik Hermsdorf/Thür.

Aus familiären Gründen wechselte Smalun 1964 zurück zum VEB Weimar Porzellan, Blankenhain. In den Folgejahren entstanden hier viele seiner auch heute noch überaus bekannten und preisgekrönten Porzellanentwürfe. 1967 erhielt Smalun den Auftrag, als Spezialist der Porzellanbranche und Delegierter der DDR in Syrien eine Porzellanfabrik mit aufzubauen. Im Rahmen eines Abkommens über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der DDR und der Syrischen Arabischen Republik wurden zu dieser Zeit 5 Fachkräfte aus der Porzellanbranche entsandt, und so reiste Smalun – als damals 28-Jähriger – mit Frau und Tochter für zwei Jahre nach Damaskus. Dort plante und strukturierte er in dieser Zeit die Modellabteilung, die Formengießerei und die Dekorabteilung mit und lernte neue syrische Mitarbeiter für das Damaszener Porzellanwerk an. Die kulturellen Einflüsse aus dieser Auslandstätigkeit flossen nach Smaluns Rückkehr nach Blankenhain zu Weimar Porzellan besonders sichtbar in die Servicegestaltung „Harmonie“ ein; das Service wurde ein großer Erfolg.

1971 berief der VVB Keramik Peter Smalun nach Ilmenau zur Mithilfe beim Aufbau einer neuen Porzellanfabrik. Das neue Werk sollte zur damals größten und modernsten Porzellanfertigungsstätte ausgebaut werden. Mehrere in und um Ilmenau tätige Porzellanmanufakturen und -fabriken wurden mit neuer Produktionsstätte und rund 2500 Mitarbeitern 1973 zum Neuen Porzellanwerk Ilmenau „Graf von Henneberg“. Smalun war dort Abteilungsleiter der Formgestaltung und insgesamt an 13 Formentwürfen beteiligt – darunter waren auch die beiden eigenen Service „Hera“ und „Diana“. Ebenso absolvierte er in dieser Zeit ein Fernstudium an der Burg Giebichenstein – Hochschule für industrielle Formgestaltung in Halle, welches er 1979 als Diplom-Formgestalter abschloss.

Zwischen 1977 und 1986 war Smalun als Forschungsingenieur im VEB Eisen- und Hüttenwerk Thale tätig. Dort gestaltete er Töpfe und Bräter aus emailliertem Stahl. Zudem entwickelte er gemeinsam mit der Technischen Hochschule Ilmenau und dem Glaswerk Ilmenau neue temperaturwechselbeständige Griffelemente aus dem innovativen silikatischen Gusswerkstoff Ilmavit.

Seit 1986 war Peter Smalun als freischaffender Form- und Dekorgestalter mit eigener Atelierwerkstatt in seinem Wohnhaus in Gehren tätig. Hier beschäftigte er sich vorwiegend mit Fayencen, einer Keramiktechnik aus dem 17. Jahrhundert. Er war bis 1990 Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR.

Ab 2010 war er auch für einen Iranischen Porzellanhersteller tätig, und er entwarf seither bereits mehrere Service. 2021 wurde er erneut als Berater und Porzellanspezialist in den Iran eingeladen.

Aktuell erlebt die von Peter Smalun 1964 bei Weimar Porzellan entworfene Vase „Tini“ eine Neubelebung. Unter dem Label UNVERLOREN von Susanne Katzenberg wird „TINI“ mit verschiedenen limitierten Editionen neu aufgelegt.[2]

„Eigentlich bin ich erst überzeugt, eine optimale Lösung für mein Produkt gefunden zu haben, wenn es auch nach langer Zeit noch vor dem Verbraucher besteht, wenn es aufgrund seiner funktionalen Tauglichkeit und ästhetischen Gestaltung Langlebigkeit beweist.“

Peter Smalun 1986[3]

Er starb am 13. August 2023 im Ortsteil Gehren der Stadt Ilmenau.[4]

Schaffen

Porzellanfabrik Kalk, Eisenberg

  • Stella, 1962–63 (Speise-, Tee-, Kaffee-, Mokkaservice)

VEB Weimar Porzellan

  • Roxane, 1964 (Mokkaservice)
  • Romania, 1964 (Déjeuner)
  • Exquisite, 1964 (Teeservice)
  • Eleganz, 1965 (Speise-, Kaffee-, Mokkaservice)
  • Harmonie, 1970 (Speise-, Tee-, Kaffee-, Mokkaservice)
  • Apart 2, 1991–92 (Speise-, Tee-, Kaffee-, Mokkaservice), nur als Muster produziert
  • diverse Zierteile, z. B. ein 4-teiliges Vasenset (Boni, Kati Susi, Tini) für das 50-jährige Bauhausjubiläum, Vasen und Schalen mit Relief, Dosen mit Relief

Porzellanwerk Damaskus

  • Ahoi, 1968 (Kaffeeservice)

Neues Porzellanwerk Ilmenau „Graf von Henneberg“

  • Hera, 1974 (Kaffee- und Mokkaservice)
  • Diana, 1976 (Speise-, Kaffee- und Mokkaservice)
  • Europa, als Stella im Verkauf, 1995 (Speise-, Tee-, Kaffee-, Mokkaservice)
  • Bonjour, 1995 (Zierserie und Gedeck)
  • alle Flachgeschirre für das Service Ratio für den Palast der Republik

VEB Eisen- und Hüttenwerk Thale

  • Set Bräter, 1979
  • Set Töpfe, 1983
  • neue Griffelemente aus Ilmavit in verschiedenen Farben, 1983

Porzellanfabrik Stadtlengsfeld

  • Bistro, 1992 (Kaffee-Set)

Zariniran

  • Service Fatima, heute Shahrzad, 2011
  • Service Lotus, 2015–16
  • Hotelsortiment (in Arbeit)

Auszeichnungen

Exquisit

  • 1965 Goldmedaille auf der Leipziger Messe
  • 1965 Diplom auf dem Concorso Internazionale della Ceramica d’Arte in Faenza, Italien

Romania

  • 1966 Diplom auf dem Concorso Internazionale della Ceramica d’Arte in Faenza

Eleganz

  • 1967 Goldmedaille auf der Leipziger Messe

Harmonie

  • 1970 Goldmedaille auf der Leipziger Messe

Diana

  • 1977 Goldmedaille auf der Leipziger Messe

Bräter für Thale

  • 1978 Patentanmeldung

Ausstellungen

Literatur

Literatur mit Beiträgen zu Peter Smalun
  • Porzellanikon – Staatliches Museum für Porzellan (Hrsg.): REINE FORMSACHE : Vom Bauhaus-Impuls zum Designlabor an der Burg Giebichenstein Halle. Selb 2019, ISBN 978-3-940027-34-4.
  • Susanne Katzenberg: UNVERLOREN : Hommage an Weimar Porzellan, Thüringen. Edition Braus, Berlin 2020, ISBN 978-3-86228-213-5.
allgemeine Literatur zum Thüringer Porzellan
  • Helmut Scherf: Thüringer Porzellan unter besonderer Berücksichtigung der Erzeugnisse des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Ebeling, Wiesbaden 1980. ISBN 978-3-921452-11-0.
  • Rudolf Küchler u. a.: Weißes Gold aus Blankenhain : Zur Geschichte des VEB Weimar-Porzellan. Ständige Kommission Kultur der Stadtverordnetenversammlung Weimar und des Kreistages Weimar-Land in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Weimar (Hrsg.), Weimar 1981.
  • Wilhelm Stieda: Die Anfänge der Porzellanfabrikation auf dem Thüringerwalde : volkswirtschaftlich-historische Studien. Scherer, Berlin 1992. ISBN 978-3-89433-021-7.
  • Museumsverband Thüringen e. V. (Hrsg.): Porzellanland Thüringen : 250 Jahre Thüringer Porzellan. Städtische Museen, Jena 2010. ISBN 978-3-942176-10-1.
  • Tamara Hawich: Manufakturen Maschinen Manager : Unternehmer und Unternehmen zwischen Apolda und Weimar (Band 4). IHK Erfurt, Erfurt 2009.
Archivalien
  • Privatarchiv Smalun (Zeugnisse, Ehrungen, Zeitungsartikel zu und von Peter Smalun)
  • Transkript der Interviews mit Peter Smalun, April–Mai 2021 (C. Zachow: Manuskript zur Monografie Smalun)
Zeitungsbeitrag
  • Anna Eube: Ostdeutsche Designklassiker, Bericht über die Ausstellung „Peter Smalun – eine Hommage. Leben und Werk eines Industrieformgestalters“ auf der Leuchtenburg, Leipziger Volkszeitung, 22. Februar 2024, Seite 8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gefäß-Gestalter Abschlusszeugnis von Peter Smalun; Quelle: Privatarchiv Smalun
  2. UNVERLOREN und DesignWe.Love retten Kulturgut (Memento des Originals vom 5. November 2023 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/baukultur-thueringen.de, auf baukultur-thueringen.de, abgerufen am 17. Mai 2022
  3. Peter Smalun in: Sonntag, Ausgabe 23, 1986, S. 3
  4. Danny Scheler-Stöhr: Porzellan-Künstler: Formgestalter Peter Smalun gestorben. In: inSüdthüringen. 17. August 2023, abgerufen am 20. August 2023.