„Germanicus“ – Versionsunterschied

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Germanicus unterstützte Tiberius bei der Niederschlagung des [[Pannonischer Aufstand|pannonischen Aufstandes]] und bei der Sicherung der Rheingrenze nach der [[Varusschlacht]]. Im Jahre 13 übernahm er den Oberbefehl am [[Rhein]] und musste im folgenden Jahr, nach dem Tod des Augustus, eine Meuterei der [[Römische Legion|Legionen]] niederschlagen, die ihn gern zum Kaiser ausgerufen hätten.
Germanicus unterstützte Tiberius bei der Niederschlagung des [[Pannonischer Aufstand|pannonischen Aufstandes]] und bei der Sicherung der Rheingrenze nach der [[Varusschlacht]]. Im Jahre 13 übernahm er den Oberbefehl am [[Rhein]] und musste im folgenden Jahr, nach dem Tod des Augustus, eine Meuterei der [[Römische Legion|Legionen]] niederschlagen, die ihn gern zum Kaiser ausgerufen hätten.


Nach einem ersten Einfall in das rechtsrheinische Germanien im Jahr 14 gegen die [[Marser (Germanien)|Marser]] begann Germanicus im folgenden Jahr einen großangelegten Feldzug, zuerst gegen die [[Chatten]], dann zur [[Ems]] und zum Ort der [[Varusschlacht]]. Auf dem Rückmarsch zum Rhein wäre das Heer – vier Legionen – fast vernichtet worden. 16 besuchte Germanicus erneut das Schlachtfeld und stieß bis zur [[Weser]] vor, wo es im Spätsommer bei [[Idistaviso]] zu einer Schlacht gegen [[Arminius]] kam, die keinen eindeutigen Sieger hatte.<ref>Wilfried Horstmann: ''Die Römer an der Weser. Untersuchungen zum Germanicus-Feldzug des Jahres 16 n. Chr.'' In: ''Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins.'' 54, 1982, S. 9–49.</ref> Das glimpflich verlaufene Gefecht am [[Schlacht am Angrivarierwall|Angrivarierwall]] auf dem Rückweg war aber nicht die letzte schwere militärische Auseinandersetzung der römischen Eroberungszüge in die rechtsrheinischen Gebiete ''(Germania magna)'', wie das 2008 entdeckte [[Harzhornereignis]] bezeugt.
Nach einem ersten Einfall in das rechtsrheinische Germanien im Jahr 14 gegen die [[Marser (Germanien)|Marser]] begann Germanicus im folgenden Jahr einen großangelegten Feldzug, zuerst gegen die [[Chatten]], dann zur [[Ems]] und zum Ort der [[Varusschlacht]]. Auf dem Rückmarsch zum Rhein wäre das Heer – vier Legionen – in der [[Schlacht an den Pontes longi]] fast vernichtet worden. Weitere zwei Legionen erfuhren durch eine Gezeitenflut unter dem Legaten Vitellius am [[Wattenmeer]] hohe Verluste. 16 besuchte Germanicus erneut das Schlachtfeld und stieß bis zur [[Weser]] vor, wo es im Sommer bei [[Idistaviso]] zu einer Schlacht gegen [[Arminius]] kam, die keinen eindeutigen Sieger hatte.<ref>Wilfried Horstmann: ''Die Römer an der Weser. Untersuchungen zum Germanicus-Feldzug des Jahres 16 n. Chr.'' In: ''Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins.'' 54, 1982, S. 9–49.</ref> Germanicus gab nach dieser Schlacht sein Primärziel Elbe auf. Es folgte im Spätsommer auf seinem Rückzug ein glimpflich verlaufenes Gefecht am [[Schlacht am Angrivarierwall|Angrivarierwall]] und eine schwere Schifffahrtskatastrophe in der [[Nordsee]] durch einen Seesturm. Von über eintausend, für die Eroberung erbaute Schiffe, ging fast die komplette Flotte unter.


Obwohl Germanicus zwei Jahre lang mit acht Legionen, d.&nbsp;h. einem Drittel der römischen Gesamtstreitkräfte, das Land durchzog, konnte er die Arminius-Koalition nicht entscheidend schwächen, denn ein Jahr nach dem Abzug von Germanicus konnte die 74.000-Mann-Armee des [[Markomannen]]königs [[Marbod]] in einer offenen Feldschlacht die Arminius-Koalition nicht besiegen. Dies spricht eindeutig dafür, dass die Feldzüge des Germanicus trotz einiger Siege ihren Zweck nicht erfüllten. Viele der Gefechte, die als Siege der Römer erscheinen, waren es – so Ralf G. Jahn nach einer gründlichen Analyse – vielleicht nicht. Bestenfalls handelte es sich um Siege, die nicht kriegsentscheidend waren. Tiberius selbst sprach von schwerwiegenden und furchtbaren Verlusten.
Obwohl Germanicus zwei Jahre lang mit acht Legionen, d.&nbsp;h. einem Drittel der römischen Gesamtstreitkräfte, das Land durchzog, konnte er die Arminius-Koalition nicht entscheidend schwächen, denn ein Jahr nach dem Abzug von Germanicus konnte die 74.000-Mann-Armee des [[Markomannen]]königs [[Marbod]] in einer offenen Feldschlacht die Arminius-Koalition nicht besiegen. Dies spricht eindeutig dafür, dass die Feldzüge des Germanicus trotz einiger Siege ihren Zweck nicht erfüllten. Viele der Gefechte, die als Siege der Römer erscheinen, waren es – so Ralf G. Jahn nach einer gründlichen Analyse – vielleicht nicht. Bestenfalls handelte es sich um Siege, die nicht kriegsentscheidend waren. Tiberius selbst sprach von schwerwiegenden und furchtbaren Verlusten. Nach den Berichten von Tacitus ist davon auszugehen, dass Germanicus insgesamt mehr Verluste in Germanien erlitt, als zuvor alle Feldherren, inklusive [[Publius Quinctilius Varus]], zusammen.


Auch von einer gelungenen „Rache für Varus“ kann nicht die Rede sein. Denn erstens befand sich einer der drei [[Legionsadler]] bis 41 n. Chr. noch in germanischer Hand, zweitens fand eine ''deditio'' (Unterwerfung) des Kerns der aufständischen Stämme nicht statt, drittens befand sich Arminius noch an der Spitze einer starken Koalitionsarmee und viertens konnte dieser im Jahre 17 n. Chr. unwidersprochen behaupten, dass er die Römer „hinausgeworfen“ habe, das heißt, er konnte den Erfolg für sich reklamieren, ohne dass dies unglaubhaft erschien.
Auch von einer gelungenen „Rache für Varus“ kann nicht die Rede sein. Denn erstens befand sich einer der drei [[Legionsadler]] bis 41 n. Chr. noch in germanischer Hand, zweitens fand eine ''deditio'' (Unterwerfung) des Kerns der aufständischen Stämme nicht statt, drittens befand sich Arminius noch an der Spitze einer starken Koalitionsarmee und viertens konnte dieser im Jahre 17 n. Chr. unwidersprochen behaupten, dass er die Römer „hinausgeworfen“ habe, das heißt, er konnte den Erfolg für sich reklamieren, ohne dass dies unglaubhaft erschien.


Die von Kaiser Tiberius 16 n. Chr. gegenüber dem Germanicus ausgegebene Doktrin, die Germanen ihren inneren Streitigkeiten zu überlassen, anstatt sie unter hohen römischen Verlusten in ihren Wäldern und Sümpfen zu bekämpfen, ging tatsächlich auf: Nach dem Tod des Arminius (ca. 21 n. Chr.) löschte sich die cheruskische Aristokratie durch Bruderfehden zunehmend aus, so dass im Jahr 47 n. Chr. die Cherusker in Rom um einen geeigneten Fürsten nachsuchten. Rom gewährte ihnen daraufhin den Italicus. Sein Erfolg bei der Befriedung der Blutfehden war jedoch begrenzt. Tacitus konnte um 100 n. Chr. schreiben, dass das vor kurzem noch so starke und wichtige Cheruskergeschlecht bis auf einen elenden Haufen nicht mehr existierte.
Die von Kaiser Tiberius 16 n. Chr. gegenüber dem Germanicus ausgegebene Doktrin, die Germanen ihren inneren Streitigkeiten zu überlassen, anstatt sie unter hohen römischen Verlusten in ihren Wäldern und Sümpfen zu bekämpfen, ging tatsächlich auf: Nach dem Tod des Arminius (ca. 21 n. Chr.) löschte sich die cheruskische Aristokratie durch Bruderfehden zunehmend aus, so dass im Jahr 47 n. Chr. die Cherusker in Rom um einen geeigneten Fürsten nachsuchten. Rom gewährte ihnen daraufhin den Italicus. Sein Erfolg bei der Befriedung der Blutfehden war jedoch begrenzt. Tacitus konnte um 100 n. Chr. schreiben, dass das vor kurzem noch so starke und wichtige Cheruskergeschlecht bis auf einen elenden Haufen nicht mehr existierte. Anderseits hatte Rom weitere Provinzverluste in Germanien - u.a. [[Chauken]], [[Friesen]] - was erst unter Kaiser Vespasian im [[Bataveraufstand]] sein Ende am Rhein fand. Etwa um 90n.Chr. wurden die Provinzen [[Germania superior]] und [[Germania inferior]], sowie das [[Civitas Taunensium]], von Kaiser [[Domitian]] erschlossen.


Weitere Streifzüge der römischen Legionen blieben dennoch nicht aus. So bezeugen Funde am Harzhorn, dass noch im 3. Jahrhundert n. Chr. (über 220 Jahre nach der Varusschlacht) weit im vermeintlich germanischen Gebiet größere römische Verbände tätig waren.<br />
Weitere Streifzüge der römischen Legionen blieben dennoch nicht aus. So bezeugen Funde am Harzhorn, [[Harzhornereignis]], dass noch im 3. Jahrhundert n. Chr. (über 220 Jahre nach der Varusschlacht) weit im vermeintlich germanischen Gebiet größere römische Verbände tätig waren.<br />
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=== Tod ===
=== Tod ===


Germanicus wurde abberufen, in Rom mit einem [[Römischer Triumph|Triumph]] geehrt und von Tiberius in politischer Mission in den Osten des Reiches entsandt. Er reiste über [[Griechenland]], wo er bei den 199. [[Olympische Spiele der Antike|Olympischen Spielen]] 17 n. Chr Olympiasieger beim [[Tethrippon]] wurde,<ref>[[Luigi Moretti (Althistoriker)|Luigi Moretti]]: ''Olympionikai, i vincitori negli antichi agoni olimpici.'' In: ''Memorie della Accademia Nazionale dei Lincei, Classe di Scienze Morali, Storiche e Filologiche.'' Ser. 8, vol. 8, fasc. 2 (1957), S. 154 Nr. 750.</ref> und [[Kleinasien]] nach [[Syrien]], von dort nach [[Ägypten]] und zurück nach Syrien, wo er in [[Antiochia am Orontes|Antiochia]] erkrankte und starb, angeblich vergiftet vom [[Statthalter]] der Provinz, [[Gnaeus Calpurnius Piso]], mit dem er in Streit lag. Die genauen Todesumstände sind jedoch nie aufgeklärt worden.
Germanicus wurde abberufen, in Rom mit einem [[Römischer Triumph|Triumph]] geehrt und von Tiberius in politischer Mission in den Osten des Reiches entsandt. Er reiste über [[Griechenland]], wo er bei den 199. [[Olympische Spiele der Antike|Olympischen Spielen]] 17 n. Chr Olympiasieger beim [[Tethrippon]] wurde,<ref>[[Luigi Moretti (Althistoriker)|Luigi Moretti]]: ''Olympionikai, i vincitori negli antichi agoni olimpici.'' In: ''Memorie della Accademia Nazionale dei Lincei, Classe di Scienze Morali, Storiche e Filologiche.'' Ser. 8, vol. 8, fasc. 2 (1957), S. 154 Nr. 750.</ref> und [[Kleinasien]] nach [[Syrien]], von dort nach [[Ägypten]] und zurück nach Syrien, wo er in [[Antiochia am Orontes|Antiochia]] erkrankte und starb, angeblich vergiftet vom [[Statthalter]] der Provinz, [[Gnaeus Calpurnius Piso]], mit dem er in Streit lag. Die genauen Todesumstände sind jedoch nie aufgeklärt worden. Im [[Senatus consultum de Gnaeo Pisone patre]] ist der komplette Text des Senatsbeschlusses über den Prozess seines Todes zu entnehmen. Ehrungen zu seinem Tod finden sich in der [[Tabula Siarensis]]


Germanicus war, anders als sein Adoptivvater, im ganzen Reich sehr beliebt, was sich an der großen Trauer nach seinem Tod zeigte. Zahlreiche Ehrenmonumente und Totenehrungen wurden für ihn beschlossen. Er war auch literarisch tätig; erhalten ist das [[Astronomie|astronomische]] [[Gedicht]] ''Arati Phaenomena'', 725 [[Hexameter]] nach dem Lehrgedicht ''Phainomena (Himmelserscheinungen)'' des [[Aratos von Soloi]].
Germanicus war, anders als sein Adoptivvater, im ganzen Reich sehr beliebt, was sich an der großen Trauer nach seinem Tod zeigte. Zahlreiche Ehrenmonumente und Totenehrungen wurden für ihn beschlossen. Er war auch literarisch tätig; erhalten ist das [[Astronomie|astronomische]] [[Gedicht]] ''Arati Phaenomena'', 725 [[Hexameter]] nach dem Lehrgedicht ''Phainomena (Himmelserscheinungen)'' des [[Aratos von Soloi]].

Version vom 25. November 2015, 15:07 Uhr

Aureus des Caligula mit dem Abbild des Caesar Germanicus
Germanicus, Marmorbüste, Musée Saint-Raymond
Germanicus als Feldherr, Vatikanische Museen, Rom
Büste von Germanicus, erste Hälfte des ersten Jahrhunderts, Museo Nazionale Romano: Palazzo Massimo alle Terme, Rom

Nero Claudius Germanicus (* 24. Mai 15 v. Chr.; † 10. Oktober 19 n. Chr. in Antiochia am Orontes) war ein römischer Feldherr, bekannt durch seine Feldzüge in Germanien. Er war der Vater des Caligula sowie Großneffe des ersten römischen Kaisers Augustus. Von diesem war er als Nachfolger des Tiberius im Amt des Princeps vorgesehen.

Leben

Familie

Germanicus war ein Sohn des älteren Drusus und der jüngeren Antonia. Den Siegerbeinamen Germanicus erhielt er nicht auf Grund seiner Taten, sondern erbte ihn von seinem Vater. Sein Bruder war der spätere Kaiser Claudius.

Als Augustus im Jahre 4 n. Chr. zum wiederholten Mal seine Nachfolge zu ordnen versuchte, adoptierte er seinen Stiefsohn Tiberius, mit der Maßgabe, dass dieser gleichzeitig seinen Neffen an Sohnes statt annahm. Germanicus war damit als der übernächste Princeps bestimmt. Von dieser Zeit an war sein Name Gaius Iulius Caesar Germanicus. Er heiratete die ältere Agrippina, eine Enkelin des Augustus, mit der er neun Kinder hatte, darunter Nero Caesar, Drusus Caesar, Gaius, den späteren Kaiser Caligula, Agrippina die Jüngere, die Frau des Claudius und Mutter Neros, Drusilla und Iulia Livilla.

Heerführer

Germanicus unterstützte Tiberius bei der Niederschlagung des pannonischen Aufstandes und bei der Sicherung der Rheingrenze nach der Varusschlacht. Im Jahre 13 übernahm er den Oberbefehl am Rhein und musste im folgenden Jahr, nach dem Tod des Augustus, eine Meuterei der Legionen niederschlagen, die ihn gern zum Kaiser ausgerufen hätten.

Nach einem ersten Einfall in das rechtsrheinische Germanien im Jahr 14 gegen die Marser begann Germanicus im folgenden Jahr einen großangelegten Feldzug, zuerst gegen die Chatten, dann zur Ems und zum Ort der Varusschlacht. Auf dem Rückmarsch zum Rhein wäre das Heer – vier Legionen – in der Schlacht an den Pontes longi fast vernichtet worden. Weitere zwei Legionen erfuhren durch eine Gezeitenflut unter dem Legaten Vitellius am Wattenmeer hohe Verluste. 16 besuchte Germanicus erneut das Schlachtfeld und stieß bis zur Weser vor, wo es im Sommer bei Idistaviso zu einer Schlacht gegen Arminius kam, die keinen eindeutigen Sieger hatte.[1] Germanicus gab nach dieser Schlacht sein Primärziel Elbe auf. Es folgte im Spätsommer auf seinem Rückzug ein glimpflich verlaufenes Gefecht am Angrivarierwall und eine schwere Schifffahrtskatastrophe in der Nordsee durch einen Seesturm. Von über eintausend, für die Eroberung erbaute Schiffe, ging fast die komplette Flotte unter.

Obwohl Germanicus zwei Jahre lang mit acht Legionen, d. h. einem Drittel der römischen Gesamtstreitkräfte, das Land durchzog, konnte er die Arminius-Koalition nicht entscheidend schwächen, denn ein Jahr nach dem Abzug von Germanicus konnte die 74.000-Mann-Armee des Markomannenkönigs Marbod in einer offenen Feldschlacht die Arminius-Koalition nicht besiegen. Dies spricht eindeutig dafür, dass die Feldzüge des Germanicus trotz einiger Siege ihren Zweck nicht erfüllten. Viele der Gefechte, die als Siege der Römer erscheinen, waren es – so Ralf G. Jahn nach einer gründlichen Analyse – vielleicht nicht. Bestenfalls handelte es sich um Siege, die nicht kriegsentscheidend waren. Tiberius selbst sprach von schwerwiegenden und furchtbaren Verlusten. Nach den Berichten von Tacitus ist davon auszugehen, dass Germanicus insgesamt mehr Verluste in Germanien erlitt, als zuvor alle Feldherren, inklusive Publius Quinctilius Varus, zusammen.

Auch von einer gelungenen „Rache für Varus“ kann nicht die Rede sein. Denn erstens befand sich einer der drei Legionsadler bis 41 n. Chr. noch in germanischer Hand, zweitens fand eine deditio (Unterwerfung) des Kerns der aufständischen Stämme nicht statt, drittens befand sich Arminius noch an der Spitze einer starken Koalitionsarmee und viertens konnte dieser im Jahre 17 n. Chr. unwidersprochen behaupten, dass er die Römer „hinausgeworfen“ habe, das heißt, er konnte den Erfolg für sich reklamieren, ohne dass dies unglaubhaft erschien.

Die von Kaiser Tiberius 16 n. Chr. gegenüber dem Germanicus ausgegebene Doktrin, die Germanen ihren inneren Streitigkeiten zu überlassen, anstatt sie unter hohen römischen Verlusten in ihren Wäldern und Sümpfen zu bekämpfen, ging tatsächlich auf: Nach dem Tod des Arminius (ca. 21 n. Chr.) löschte sich die cheruskische Aristokratie durch Bruderfehden zunehmend aus, so dass im Jahr 47 n. Chr. die Cherusker in Rom um einen geeigneten Fürsten nachsuchten. Rom gewährte ihnen daraufhin den Italicus. Sein Erfolg bei der Befriedung der Blutfehden war jedoch begrenzt. Tacitus konnte um 100 n. Chr. schreiben, dass das vor kurzem noch so starke und wichtige Cheruskergeschlecht bis auf einen elenden Haufen nicht mehr existierte. Anderseits hatte Rom weitere Provinzverluste in Germanien - u.a. Chauken, Friesen - was erst unter Kaiser Vespasian im Bataveraufstand sein Ende am Rhein fand. Etwa um 90n.Chr. wurden die Provinzen Germania superior und Germania inferior, sowie das Civitas Taunensium, von Kaiser Domitian erschlossen.

Weitere Streifzüge der römischen Legionen blieben dennoch nicht aus. So bezeugen Funde am Harzhorn, Harzhornereignis, dass noch im 3. Jahrhundert n. Chr. (über 220 Jahre nach der Varusschlacht) weit im vermeintlich germanischen Gebiet größere römische Verbände tätig waren.

Tod

Germanicus wurde abberufen, in Rom mit einem Triumph geehrt und von Tiberius in politischer Mission in den Osten des Reiches entsandt. Er reiste über Griechenland, wo er bei den 199. Olympischen Spielen 17 n. Chr Olympiasieger beim Tethrippon wurde,[2] und Kleinasien nach Syrien, von dort nach Ägypten und zurück nach Syrien, wo er in Antiochia erkrankte und starb, angeblich vergiftet vom Statthalter der Provinz, Gnaeus Calpurnius Piso, mit dem er in Streit lag. Die genauen Todesumstände sind jedoch nie aufgeklärt worden. Im Senatus consultum de Gnaeo Pisone patre ist der komplette Text des Senatsbeschlusses über den Prozess seines Todes zu entnehmen. Ehrungen zu seinem Tod finden sich in der Tabula Siarensis

Germanicus war, anders als sein Adoptivvater, im ganzen Reich sehr beliebt, was sich an der großen Trauer nach seinem Tod zeigte. Zahlreiche Ehrenmonumente und Totenehrungen wurden für ihn beschlossen. Er war auch literarisch tätig; erhalten ist das astronomische Gedicht Arati Phaenomena, 725 Hexameter nach dem Lehrgedicht Phainomena (Himmelserscheinungen) des Aratos von Soloi.

Schriften

  • Les phénomènes d’Aratos. texte établi et traduit par André Le Boeuffle. Les Belles Lettres, Paris 1975.
  • José María Bernardo Nicás Montoto: Revisión del texto, léxico, traducción y comentario de “los fenómenos de Arato” de Germánico. Dissertation. Universidad Complutense de Madrid, Facultad de Filología 2004, ISBN 84-669-2862-6. (PDF)

Literatur

  • Giorgio Bonamente (Hrsg.): Germanico. La persona, la personalità, il personaggio; nel bimillenario dalla nascita. Bretschneider, Rom 1987, ISBN 88-7689-029-7.
  • Karl Christ: Drusus und Germanicus. Der Eintritt der Römer in Germanien. Schöningh, Paderborn 1956.
  • Ralf G. Jahn: Der Römisch-Germanische Krieg (9–16 n. Chr.). Dissertation, Bonn 2001.
  • Peter KehneGermanicus. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 11, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1998, ISBN 3-11-015832-9, S. 438–448.
  • Laura Muth: Germanicus. In: Peter von Möllendorff, Annette Simonis, Linda Simonis (Hrsg.): Historische Gestalten der Antike. Rezeption in Literatur, Kunst und Musik (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 8). Metzler, Stuttgart/Weimar 2013, ISBN 978-3-476-02468-8, Sp. 453–458.
  • Dieter Timpe: Der Triumph des Germanicus. Untersuchungen zu den Feldzügen der Jahre 14-16 n. Chr. in Germanien (= Antiquitas. Reihe 1, Band 16). Habelt, Bonn 1968.
Commons: Germanicus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Wilfried Horstmann: Die Römer an der Weser. Untersuchungen zum Germanicus-Feldzug des Jahres 16 n. Chr. In: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins. 54, 1982, S. 9–49.
  2. Luigi Moretti: Olympionikai, i vincitori negli antichi agoni olimpici. In: Memorie della Accademia Nazionale dei Lincei, Classe di Scienze Morali, Storiche e Filologiche. Ser. 8, vol. 8, fasc. 2 (1957), S. 154 Nr. 750.