Die Siedler (Computerspiel)

Die Siedler
Zählt zur Reihe Die Siedler
Entwickler Deutschland Blue Byte
Publisher Deutschland Blue Byte
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Strategic Simulations
Leitende Entwickler
Komponist Markus Kludzuweit
Veröffentlichung 1993 (Amiga)
1994 (MS-DOS)
2018 (Windows)
Plattform Commodore Amiga, MS-DOS
Genre Aufbaustrategiespiel
Spielmodus Einzelspieler,
Mehrspieler (Splitscreen)
Steuerung Tastatur, Maus, Joystick oder Gamepad
Systemvor-
aussetzungen
80386 CPU
VGA/SuperVGA-Grafikkarte
550 KB RAM
5 MB freie Festplatte
Medium CD, Diskette
Sprache Deutsch, Englisch
Altersfreigabe
USK
USK ab 0 freigegeben
USK ab 0 freigegeben
PEGI
PEGI ab 3 Jahren empfohlen
PEGI ab 3 Jahren empfohlen

Die Siedler ist ein Echtzeit- und Aufbaustrategiespiel und das erste Spiel der Siedler-Reihe. Es wurde von Blue Byte für den Commodore Amiga entwickelt und im Juni 1993 in Deutschland veröffentlicht. Im November des gleichen Jahres folgte die Veröffentlichung im Vereinigten Königreich. Im Folgejahr portierten Blue Byte und Massive Development das Spiel für MS-DOS und über den Publisher Strategic Simulations (SSI) kam es unter dem Namen Serf City – Life is feudal auch auf den US-Markt.

Heute zählt das Spiel zu den Meilensteinen der Computerspiele-Entwicklung und sein großer Erfolg ermöglichte Blue Byte den Aufstieg vom kleinen Entwicklungsstudio zu einem der führenden deutschen Entwickler in den frühen 1990er Jahren. Ubisoft, Eigentümer des Studios seit 2001, veröffentlichte das Spiel im Jahr 2018 noch ein weiteres Mal als „History Edition“. Dabei wurden nur geringfügige Änderungen vorgenommen, um Die Siedler auf modernem Windows-Betriebssystem lauffähig zu machen und eine höhere Bildschirmauflösung zu unterstützen.

Spielprinzip

Der Spieler platziert ein mittelalterliches Schloss als Ausgangspunkt auf einer zufällig generierten Karte und muss die Verfügbarkeit von Bauplatz und natürlichen Ressourcen im Auge behalten. Anschließend werden Warenkreisläufe aufgebaut, die in der Rekrutierung von Rittern münden, mit denen das eigene Gebiet erweitert und das gegnerische Gebiet erobert wird. Die Computergegner haben eigene Charaktereigenschaften und spielen unterschiedliche Taktiken aus.[1]

Entwicklung und Technik

Als Erfinder des Spiels gilt Volker Wertich, der es im ersten Jahr alleine in Assemblersprache für den Motorola 68000 Prozessor programmierte. Inspiriert wurde er von Little Computer People, Populous und SimCity. Er entwickelte eine 2D-Grafikengine, welche die Landschaften und damit die Spielwelt über Flat Shading aus unterschiedlich hellen Texturen erzeugt.[2] Die Bildschirmauflösung betrug 352 × 273 Bildpunkte (PAL-Overscan) auf dem Amiga, was dem damaligen Stand der Technik entsprach. Innovativ war der Zweispielermodus, der es ermöglicht, das Spiel kooperativ zu spielen. Im Split-Screen können die Spieler auch gegeneinander antreten.[3] Als einziger Teil der Serie verfügt Die Siedler über einen Demo-Modus, bei dem man einer vom Computer allein gesteuerten Besiedlung mit den 4.000 bis 64.000 maximal vom Spiel erzeugten Männchen zusehen kann.[2]

Laut Volker Wertich bestand das Spiel schon aus mehr als 70.000 Zeilen Code, bevor überhaupt mit den Arbeiten an der Grafik des Spiels begonnen wurde. Die Grafiken wurden von Christoph Werner erstellt und ein Team von zehn weiteren Mitarbeitern vollendete das Spiel bis zur Marktreife.[4] Die zunächst auf zehn Monate geplante Entwicklung dauerte schließlich zwanzig Monate und kostete etwa 200.000 Deutsche Mark.[5] Am 30. Juni 1993 kam das Spiel erstmalig in den Handel.[6]

Für die Portierung von Amiga Assembler auf PC Assembler engagierte man Massive Development aus Mannheim.[7] Unter MS-DOS waren die Standardauflösungen 320 × 200 und 640 × 480 (SVGA) möglich.

Es gab zunächst dagegen Bedenken, das Spiel in den Vereinigten Staaten auf den Markt zu bringen. Strategiespiele und Simulationen waren dort zwar durchaus populär, aber US-Amerikaner bevorzugten die realitätsnahe Darstellung, weshalb Blue Byte in der „Knuddelgrafik“ des Spiels ein großes Handicap vermutete. Berater rieten davon ab, den deutschen Titel direkt in The Settlers zu übersetzen, da man Siedler in den USA stets mit der eigenen Geschichte, also den Dreizehn Kolonien oder dem Wilden Westen assoziieren und Cowboys und Indianer erwarten würde. Angesichts der guten Verkaufszahlen auf dem deutschen Markt entschied man sich schließlich dafür, das Experiment zu wagen. Der Titel wurde auf Serf City (deutsch „Stadt der Leibeigenen“) geändert. In späteren Versionen und bei der History Edition entschied sich Blue Byte schließlich doch noch für die Verwendung des englischen Titels The Settlers auch in den USA.[5]

Der 1996 erschienene Nachfolger Die Siedler II – Veni, Vidi, Vici brachte lediglich Änderungen an der Grafik und Feintuning am Gameplay. Das erfolgreiche Spielprinzip von Die Siedler wurde nicht angetastet. Thomas Häuser, der im Entwicklungsteam des ersten Siedler-Spiels die Qualitätssicherung und beim Nachfolger die Projektleitung verantwortete, erzählte im Jahr 2007 bei einem Interview mit dem englischen Online-Magazin Rock, Paper, Shotgun, dass die Entwicklung des zweiten Teils der Reihe maßgeblich auf seiner Liste von Vorschlägen zur Verbesserung des ersten Spiels basierte, die aus Zeitgründen nicht mehr verwirklicht werden konnten.[8] Ein nahtloses Weiterarbeiten des Entwicklungsteams war aber nicht ohne weiteres möglich, denn Volker Wertich, der Erfinder brauchte erstmal eine längere Auszeit.[5]

Rezeption

Bewertungen
PublikationWertung
AmigaDOS
ASM10/12[14]
Amiga Joker91 %[13]
PC Games82 %[9]
PC Player83 %[10]
Power Play89 %[12]89 %[11]

PC Games bemängelte Artefakte beim Scrolling und hohe Hardwareanforderungen. Das passive Spielprinzip verbunden mit den langen Wartezeiten kann zur Geduldsprobe werden. Zudem verkommen die wiederkehrenden Aufgaben schnell zur Routine.[9] PC Player hob den Mehrspielermodus hervor und bezeichnete es als ansprechend aufgemachtes Strategiespiel mit Tiefgang. Die Menüs hingegen seien nicht an die höheren Bildschirmauflösungen angepasst und im SVGA-Modus viel zu klein.[10] Power Play merkt an, dass die Simulationszusammenhänge angenehm anschaulich und selbsterklärend sind. Die hohen Bildschirmauflösungen und die Statistikfunktionen sorgen für eine gute Übersicht.[11] Siedler kombiniere Elemente von Lemmings, SimCity und Little Computer People. Die Simulation des wirtschaftlich und ökologischen Kreislaufs sei erstaunlich komplex. Das Spiel sei gewaltfrei, intelligent und technisch perfekt.[12] Es sei innovativ. BlueByte sei ein großer Wurf gelungen.[14]

Amiga Joker kürte die Siedler erst zum MegaHit[13] und letztendlich zum Amiga Spiel des Jahres.[15]

Bis Juni 1996 wurden 215.000 Einheiten weltweit verkauft.[16] Insgesamt wurden über 400.000 Exemplare abgesetzt.[7] Das Spiel war für Blue Byte ein kommerzieller Erfolg.[17]

Von PC Player wurde es in einer Sonderausgabe als Meilenstein innerhalb der Aufbaustrategiespiele bezeichnet.[18]

Reimplementation

Jon Lund Steffensen, ein unabhängiger Entwickler, stellte im September 2011 Freeserf als Open-Source zum Download bereit. Dabei handelt es sich um eine Reimplementierung des Spiels für Linux und Windows, die er als Hobbyprojekt mittels SDL-Bibliothek in C und C++ erstellt hatte.[19] Zum Spielen werden die Originaldateien von Die Siedler benötigt, da die originalen Grafiken und Sounds verwendet werden.[20] Zudem existiert mit Freeserf.net eine Portierung in die Programmiersprache C#.[21]

Einzelnachweise

  1. Dominik Pache: Die Siedler: Die Geburt einer Legende - Retro-Special. In: PC Games. 2. Mai 2021, abgerufen am 7. April 2023.
  2. a b Andreas Link: Die Siedler - Historischer Rückblick der legendären Spieleserie. In: PC Games Hardware. 12. März 2010, abgerufen am 16. März 2021.
  3. Thomas Wilke: Die Siedler: Kleine Männlein ganz groß - Eine große Serie im Rückblick (Siedler 1 bis Siedler 4). In: PC Games. 10. Juni 2008, abgerufen am 13. März 2021.
  4. Julian Laschewski: Die Siedler – History: Die Geschichte der Siedler. In: Gameswelt. 29. Juni 2015, abgerufen am 13. März 2021.
  5. a b c Sonja Billhardt: Game-Erfinder Volker Wertich: „Die Siedler verfolgten mich im Schlaf“. In: Focus Online. 6. Januar 2016, abgerufen am 16. März 2021.
  6. Panagiotis Kolokythas: "Die Siedler" feiern 10-jähriges Jubiläum. In: PC-Welt. 27. Juni 2003, abgerufen am 13. März 2021.
  7. a b Sven Bauduin: C:\B_retro\Ausgabe_38\: Die Siedler von 1993. In: ComputerBase. 12. Juli 2020, abgerufen am 13. März 2021.
  8. Kieron Gillen: Making Of: Settlers II: Veni, Vidi, Vici. In: Rock, Paper, Shotgun. 12. Oktober 2007, abgerufen am 14. März 2021 (englisch).
  9. a b Petra Mauröder: Ritter ohne Furcht und Tadel. In: PC Games. Juni 1994, S. 108–111 (Textarchiv – Internet Archive).
  10. a b Florian Stangl: Die Siedler. In: PC Player. Juni 1994, S. 46–49 (Textarchiv – Internet Archive).
  11. a b Frank Heukemes: Die Siedler - Bauboom. In: Power Play. Juni 1994, S. 38 (Textarchiv – Internet Archive).
  12. a b Christian von Duisburg: Die Siedler - Völkerwanderung. In: Power Play. Januar 1994, S. 38–39 (Textarchiv – Internet Archive).
  13. a b Carsten Borgmeier: Die Siedler - Die Welt am Draht. In: Amiga Joker. Dezember 1993, S. 20–21 (Textarchiv – Internet Archive).
  14. a b Jürgen Borngießer: Im Wald und auf der Heide. In: Aktueller Software Markt. Januar 1994, S. 66 (Textarchiv – Internet Archive).
  15. Carsten Borgmeier: Das Amiga Spiel des Jahres 1994. In: Amiga Joker. Februar 1995, S. 51 (Textarchiv – Internet Archive).
  16. Jörg Langer: Die Siedler 2. In: PC Player. Juni 1996, S. 54 (Textarchiv – Internet Archive).
  17. Matti Sandqvist, Olaf Bleich, Benedikt Plass-Fleßenkämper: Blue Byte-Rückblick: Wie Die Siedler erwachsen wurden - deutsche Aufbau-Tradition. In: PC Games. 11. Februar 2017, abgerufen am 13. März 2021.
  18. Ein Stein auf dem anderen. In: PC Player Spezial Strategie. Januar 1997, S. 130–131 (Textarchiv – Internet Archive).
  19. Settlers I remake now open source. In: settlers2.net. 4. September 2011, abgerufen am 13. März 2021 (englisch).
  20. Jon Lund Steffensen: Settlers 1 remake. In: jonls.dk. 5. Juni 2010, abgerufen am 20. März 2023.
  21. Freeserf.net auf GitHub